S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.08.2023 um 10.30 UTC

Anfangs im Norden sehr stürmisch, nachfolgend Übergang zu ruhigen und zunehmend
sehr warmen bis heißen Sommerwetter. Ab Freitag zunehmende Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 12.08.2023

Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Dienstag befindet sich ein für Hochsommer
ungewöhnlich kräftiges Sturmtief mit einem Kerndruck unter 985 hPa über der
südlichen Ostsee. Bis zum Mittag zieht es unter weiterer Verstärkung (nach
Lesart des heutigen 00UTC-Laufs von IFS auf 975 hPa!) zum Oslo-Fjord bzw.
Südnorwegen, wobei es gleichzeitig über der Haltenbank zu einer Leezyklogenese
kommt. Lange Rede, kurzer Sinn…durch den starken Gradienten auf der Südseite,
inklusive möglicher kurzwelliger Anteile, kommt es an Nord- und insbesondere
auch an der Ostsee zu einem veritablen Sturm, der bereits am Montag begonnen hat
und bis Dienstagabend anhält. Die Urlauber werden bei schweren Sturmböen
ordentlich durchgeblasen, an exponierten Küstenabschnitten der Ostsee sind sogar
orkanartige Böen möglich, bei denen Leichtgewichte ihre Standfestigkeit beweisen
können.
Deutlich ruhiger geht es in der Mitte und im Süden des Landes zu, die sich eher
unter dem Einfluss des Rückens befinden, dessen Achse von Spanien nordwestwärts
zum Atlantik geneigt ist. Das dazugehörige Bodenhoch befindet sich zur
Mittagszeit mit seinem Schwerpunkt über der Biskaya und sorgt für einen meist
trockenen Montag mit sonnigen Abschnitten und wieder ansteigenden Temperaturen
über 20 Grad. Nur im Norden gibt es noch eine leichte Schauerneigung,
insbesondere an den Küsten.

Auch am Mittwoch befindet sich das Sturmtief noch über Südskandinavien, wobei
das einstige Leetief über der Norwegischen See mittlerweile zum
gleichberechtigten Gegenspieler geworden ist. Ein sich am ehemaligen Sturmtief
befindlicher und über den Norden Deutschlands durchschwenkender Randtrog lässt
ab der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch im Norden nochmals skalige Regenfälle
aufkommen und von West nach Ost durchziehen, bei rund 20 Grad kommen dort kaum
Sommergefühle auf. Anders in der Südhälfte Deutschlands. Ein steuerndes und
hochreichendes Tief über dem Atlantik bildet nämlich norwestlich der Iberischen
Halbinsel einen Randtrog respektive Randtief aus, welches afrikanische Heißluft
anzapft und nach und nach auch nach Richtung Mitteleuropa advehiert. Zwischen
dem atlatischen Tief und dem Sturmtiefkomplex über Skandinavien kann sich indes
der Rücken von Westeuropa über Großbritannien bis nach Island ausdehnen. Für die
Südhälfte Deutschlands hat dies einen weiteren freundlichen Tag zur Folge. Die
850hPa-Temperaturen steigen im Süden auf bis zu 14 Grad an und die
10hPa-Isotherme erreicht am Abend etwa die Mainlinie. Mit Höchstwerten von 25
bis 30 Grad stehen dort die Zeichen wieder auf Sommer.

Auch am Donnerstag befindet sich der Rücken über Westeuropa und dem Europäischen
Nordmeer und ist eingekeilt zwischen dem hochreichenden Tief über dem Atlantik
und dem Trog über Nord- und dem östlichen Mitteleuropa. Das zum Rücken
korrespondierende Bodenhoch liegt über Deutschland und der Nordsee und verwöhnt
uns mit viel Sonnenschein. Das Randtief zieht über die Biskaya nach Frankreich
und an dessen Vorderseite gelangt weiterhin sehr warme Luft in die Südwesthälfte
Deutschlands, wo die Temperaturen auf 25 bis 32 Grad ansteigen können. Im
Nordosten fließt an der Westflanke des Trogs mit einer nordwestlichen Strömung
weiterhin kühlere Meeresluft ein, sodass sich über Deutschland ein markanter
Temperaturgradient einstellen kann. Allerdings ist aus heutiger Sicht noch nicht
klar, wie weit nach Nordosten die heiße Luftmasse vordringen kann (s.u.).

Am Freitag kommt der allmählich schmaler werdende Rücken nach Osten voran,
sodass dessen Achse nun über Deutschland liegt. Bei 850hPa-Temperaturen von 10
bis 17 Grad erwartet uns ein weiterer hochsommerlicher Tag mit Höchstwerten
meist zwischen 25 und 32 Grad (außer ganz im Norden und Nordosten). Laut IFS
soll es auch noch ganztags störungsfreies Wetter geben. Allerdings gelangt
westlich der Rückenachse zunehmend feuchte Luft zu uns, sodass man Schauer- und
Gewitter mit ins Kalkül ziehen sollte (insbesondere unter Berücksichtigung der
anderen Globalmodelle).

Am Samstag verlagert sich die Rückenachse endgültig über uns hinweg und
Deutschland gelangt auf die Vorderseite des Tiefs über dem Nordatlantik, welches
über der Nordsee zudem einen Randtrog ausgebildet hat. Demnach wird die
Strömungskonfiguration wieder deutlich zyklonaler, sodass es in der feuchtwarmen
Luft vermehrt zu Schauern und Gewittern kommt, die bei der Qualität der
Luftmasse durchaus unwetterartig und durch die zyklonalen Antriebe organisiert
ausfallen können.

In der erweiterten Mittelfrist setzt sich voraussichtlich die blockierende Lage
fort. Nach einer vorübergehend leicht zyklonalen Phase mit Schauern und
Gewittern deutet sich zum Beginn der übernächsten Woche die Ausbildung eines
neuen Rückens über Mitteleuropa an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Sturmtiefentwicklung wird von den letzten IFS-Läufen recht konsistent
simuliert. Nachfolgend nehmen die Unsicherheiten zu. Am Mittwoch wird der
Nordosten von den beiden 00er-Läufen stärker vom Trog beeinflusst, während beim
12UTC-Lauf der Trog flacher ist und dadurch die warme Luftmasse etwas weiter
nach Norden vorankommen kann. Bis Donnerstagabend kann die Warmluft ähnlich weit
wie bei GFS nach Nordosten vordringen, während bei den beiden 00UTC-Läufen der
Nordosten weiterhin von kühler Meeresluft (T850hPa um 4 Grad) beeinflusst wird.
Dieser Trend setzt sich fort und beim 12UTC-Lauf erreicht die Achse früher den
Westen Deutschlands als bei den anderen Läufen, weshalb der Freitag beim
12UTC-Lauf bzgl. Gewittern nicht mehr überall in trockenen Tüchern ist.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Zu Beginn der Mittelfrist sind sich die Modelle recht einig und simulieren
einerseits die Sturmtiefentwicklung (mit gewissen Unschärfen beim Kerndruck und
genauer Position) und andererseits die von Südwesten aufkommende
Wetterberuhigung durch den Rücken und die zunehmende Erwärmung auf ein
(hoch)sommerliches Temperaturniveau. Unklar ist allerdings, wie schnell die sehr
warme Luftmasse nach Nordosten vordringen kann. Die anderen globalen Modelle
sind progressiver als der heutige 00UTC-Lauf des IFS, was vor allem daran liegt,
dass die Achse des Rückens bei IFS ggü. den anderen Modellen weiter westwärts
zurückhängt. Donnerstagabend hat bei ICON und UK10 die 10-Grad-Isotherme bereits
die Neiße und Vorpommern und bei GFS etwa die Elbe erreicht und am Oberrhein
kommt laut ICON und UK10 sogar die 20er-Isotherme rein, bei GFS immerhin die
18-Grad-Isotherme. Bei IFS findet man hingegen über Vorpommern in 850hPa 4 Grad
und am Oberrhein 16 Grad vor.
Diese Entwicklung setzt sich auch an den Folgetagen fort. Demnach erreicht bei
den meisten Modellen die Rückenachse bereits Donnerstagabend bzw. in der Nacht
zum Freitag den Westen Deutschlands, bei IFS erst Freitagmittag. So wird bei IFS
der Freitag noch trocken simuliert, während bei ICON, GFS und UK10 von Südwesten
her teils unwetterartige Gewitter aufkommen und im Tagesverlauf mehr oder
weniger weit nach Osten vorankommen. Bei IFS wird der Samstag der eigentliche
Gewittertag, während bei ICON mit einem durchschwenkenden Kurzwellentrog die
Gewitter bereits bis Mittag ost- oder südostwärts abgedrängt werden. GFS liegt
zwischen beiden Lösungen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen stützen die beschriebene Wetterentwicklung. Das Geopotential
steigt ab dem Beginn der kommenden Woche deutlich an, zunächst im Südwesten
(z.B. Stuttgart), später auch im Osten (z.B. Berlin), was auf den beschriebenen
Rücken zurückzuführen ist. Der Spread ist hierbei v.a. im Südwesten gering. Bei
den 850hPa-Temperaturen gibt es im Südwesten einen deutlichen Anstieg auf Werte
um 15 Grad (Stuttgart) zum Ende der Woche, während im Osten die Temperaturen bei
den meisten Membern bis Freitag auf einem niedrigen Niveau verbleiben
(Ensemble-Mittel von Berlin bei 6-7 Grad). Interessant ist, dass nur wenige
Member einen Anstieg zeigen, wie es von den Hauptläufen der anderen Modelle
(ICON, GFS, UK10) gezeigt wird. Das IFS scheint sich also treu zu bleiben.
Beim GFS-Ensemble zeigen hingegen die Mehrzahl der Member auch im Osten einen
Anstieg der Temperaturen (Ensemble-Mittel bei 11 Grad am kommenden Freitag für
Berlin).

Bei den Clusteranalysen werden im Zeitraum t120h-168h drei Cluster angeboten,
die alle dem Blocking-Regime zuzuordnen sind. Haupt- und Kontrolllauf liegen in
Cluster 1 mit den meisten Membern (30 Member).

In der erweiterten Mittelfrist (t192h-240h) werden die einzelnen Member in fünf
Clustern gruppiert, die überwiegend eine Fortdauer der Blocking-Situation
zeigen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND/STURM:
Der Dienstag wird im Norden weiterhin von einem für Hochsommer ungewöhnlichen
Sturmtief beeinflusst. An den Küsten von Nord- und Ostsee muss verbreitet mit
schweren Sturmböen (Bft 10) aus West bis Nordwest, in exponierten
Küstenabschnitten der Ostsee auch orkanartige Böen (Bft 11) gerechnet werden,
die am Nachmittag nur zögerlich nachlassen. Auch weiter landeinwärts wird es im
Norden und teils auch im Osten zeitweise stürmische Böen (Bft 8) geben.

GEWITTER:
Nach dem ruhigen Wetterabschnitt nimmt ab Freitag die Gewitterneigung von Westen
und Südwesten wieder zu. Bei der Qualität der Luftmasse und zunehmenden
zyklonalen Antrieben werden dann auch wieder unwetterartige Entwicklungen mit
von der Partie sein. Die Ausprägung der Gewitterformen und der zeitliche Ablauf
sind aber noch mit größeren Unsicherheiten behaftet.

HITZE:
Ab Dienstag/Mittwoch wird es zunehmend sehr warm bis heiß. Durch die zunächst
recht trockene Luftmasse und die ausreichende nächtliche Abkühlung hält sich die
Wärmebelastung allerdings noch in Grenzen. Das ändert sich, wenn die Luft ab
Freitag feuchter und damit auch schwüler wird.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, ICON-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel