S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.08.2023 um 10.30 UTC
Wechselhaft, am Sonntag und Montag windig mit Sturmböen zumindest an der See und
im Bergland und für die Jahreszeit zu kühl. Wahrscheinlich erst deutlich nach
Wochenmitte allmählich freundlicher und wärmer.
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 09.08.2023
Am Samstag liegt Deutschland unmittelbar an der Vorderseite eines breiten
Troges, der sich vom Nordmeer über die Britischen Inseln nach Süden erstreckt
und der mit seinem südlichen Teil in die Nordsee schwenkt. In
entwicklungsgünstiger Lage zu diesem Trog liegt ein kleinräumiges Tief, das sich
dank kräftiger positiver Vorticityadvektion über Südengland intensiviert und zum
Ostausgang des Ärmelkanals gesteuert wird. Dessen Frontensystem lässt von
Nordwesten und Westen her bis auf die Mitte übergreifend Niederschlag aufkommen.
Während es im Nordosten wahrscheinlich noch weitgehend trocken bleibt, sind im
Südosten noch weitere Niederschläge zu erwarten, wodurch sich staubedingt vor
allem am östlichen Alpenrand die Dauerregenlage, wenn auch unter Abschwächung,
zunächst noch fortsetzt.
In der Nacht zum Sonntag verlagert sich dieses Tief unter beginnender Auffüllung
in den Wesen Deutschlands, wodurch die Niederschläge dann auch die übrigen
Landesteile erfassen. An der Südflanke dieses Tiefs und somit über dem Südwesten
Deutschlands frischt der Wind auf, in höheren Berglagen sind Sturmböen möglich.
Am Sonntag schwenkt der Trog nach Deutschland, was landesweit kühles
Schauerwetter mit kurzen Gewittern zur Folge hat. In den Staulagen ist dann
schauerartig verstärkter Regen zu erwarten. Die 20 Grad-Marke wird dann kaum
noch überschritten. Da sich das Tief, das in den Nordosten Deutschland gelangt,
nur zögernd weiter auffüllt, bleibt es im Westen und Süden windig mit Sturmböen
in höheren Berglagen. In der Nacht zum Montag verlagert sich dieses Tief in den
Ostseeraum, wodurch dann auch in den nördlichen und östlichen Mittelgebirgen
sowie in exponierten Küstenlagen Sturmböen auftreten können. Mit dem Schwenken
des Troges nach Polen stellt sich eine straffe nordwestliche Strömung ein.
Diese bleibt auch am Montag noch bestehen, wodurch ein weiterer, wenn auch
schwächerer Teiltrog in die Nordsee gesteuert wird. Dieser Trog hält in weiten
Teilen Deutschlands eine rege Schauertätigkeit bis hin zu kurzen Gewittern
aufrecht. Diese können im Norden und Nordosten auch abseits der Küste mit
stürmischen Böen einhergehen. Lediglich südlich der westlichen Mittelgebirge
besteht die Chance auf schwachen antizyklonalen Einfluss mit weniger Schauern
und einigen Auflockerungen, der sich in der Nacht zum Dienstag verstärkt, so
dass dann südlich der Mittelgebirgsschwelle die Niederschläge nachlassen.
Am Dienstag überquert der nachfolgende, in der nordwestlichen Strömung
eingelagerte Trog den Norden Deutschlands, was von der Küste bis zu den
Mittelgebirgen erneut schauerartige Niederschläge, die im Küstenbereich auch
gewittrig sein können, übergreifen lässt. Im Süden bleibt es weitgehend
niederschlagsfrei, aber Warmluftadvektion an der Vorderseite einer zu den
Benelux-Staaten ziehenden Welle und die hierdurch aufziehende mehrschichtige
Bewölkung lässt keinen Temperaturanstieg zu. Diese Welle sorgt in der Nacht zum
Mittwoch im Norden Deutschlands für eine Verstärkung der Niederschläge, die in
abgeschwächter Form auch auf den Süden Deutschlands übergreifen können.
Am Mittwoch wölbt sich über dem nahen Ostatlantik ein flacher Rücken auf,
wodurch über Mitteleuropa die nordwestliche, aber zusehends antizyklonal
geprägte nordwestliche Strömung bestehen bleibt. Hierdurch setzt sich
deutschlandweit Zwischenhocheinfluss durch. Die Niederschläge ziehen über den
östlichen Mittelgebirgsraum hinweg südostwärts ab. Im Süden dürfte sich dann ein
leichter Temperaturanstieg einstellen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verlagert sich das Höhenhoch,
das bisher über Nordwestrussland lag und den über Mitteleuropa liegenden Trog
flankierte, über die Barents-See hinweg in Richtung Ostgrönland. Der Rücken über
dem nahen Ostatlantik kräftigt sich und wandelt sich in einen Keil um, der sich
dann mit dem Hoch östlich von Grönland verbindet. Dies würde eine
Blockierungssituation ergeben. Das korrespondierende Bodenhoch liegt zwar weit
im Norden, weist aber einen Keil auf, der sich über die Nordsee hinweg bis in
den Nordwesten Deutschlands erstreckt. In der nach wie vor nordwestlichen
Strömung läuft ein weiterer Trog nach Südosten ab, der austropft und der die
Schauertätigkeit im Nordosten und auch im Südosten Deutschlands, wenngleich in
abgeschwächter Form, noch einmal aufleben lässt und den Temperaturanstieg
hinauszögert. Ansonsten stellt sich jedoch eine Erwärmung ein. Zumindest im
Westen und Südwesten sind dann wieder sommerliche Temperaturen in Sicht.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Gegenüber dem gestrigen 00 UTC-Lauf hat EZMW das kräftige Tief, das am Sonntag
Deutschland überquert, auch im Programm (wie es bei ICON und GFS bereits am
Vortag der Fall war). Abgesehen davon ist der aktuelle Lauf gegenüber den
gestrigen Modellrechnungen relativ konsistent. Am Mittwoch ändert sich das Bild.
Während der gestrige 00 UTC-Lauf wie auch die aktuelle Simulation auf eine
nordwestliche Strömung setzen, hatte der gestrige 12 UTC-Lauf eine südwestliche
Strömung im Angebot. Den im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum
zunehmenden antizyklonalen Einfluss zeigen jedoch alle Modellläufe, wobei die
gestrige Simulation von 12 UTC das Hoch über Mitteleuropa positioniert und
nicht, wie die beiden 00 UTC-Läufe, über Nordwest- oder Nordeuropa.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis in die Nacht zum Mittwoch hinein stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten. Selbst die weiter oben beschriebene Welle, die die
Niederschlagstätigkeit erneut aufleben lässt, ist bei allen Vorhersagen mehr
oder weniger deutlich zu finden. Am Mittwoch erfolgt nach EZMW relativ rasch
Zwischenhocheinfluss, wogegen die anderen Modelle den Norden im Schleifbereich
einer Front belassen, was zumindest dort die Wetterbesserung hinauszögert.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum liegen GFS und EZMW weitgehend
auf einer Linie. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes verlagert ein
Bodenhoch über Mitteleuropa hinweg ostwärts, was der gestrigen Version des
EZMW-Modells nahekommt.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Das EPS des GFS zeigt wie der deterministische Lauf ebenfalls Signale für eine
im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum einsetzende Blockierung. Diese
setzt (bei Betrachtung des EPS-Mittels) aber weiter westlich an, d.h. der Norden
und Osten Deutschlands wird nach wie vor leicht zyklonal beeinflusst: Insgesamt
wird eine Erwärmung ausgebremst, ein leichter Temperaturanstieg zeichnet sich am
ehesten im Westen und Süden Deutschlands ab. Dort ist auch der Spread des EPS am
ausgeprägtesten, d.h. es sind noch eine hinreichende Anzahl von Membern zu
finden, die auch in diesen Gebieten einen Temperaturanstieg hinauszögern.
Generell zeichnet sich jedoch ein Druck- und Geopotentialanstieg bei leicht
geringer werdenden Niederschlagssignalen ab. Die Tendenz zu einer weit im Norden
einsetzenden Blockierung ist beim aktuellsten Modelllauf ausgeprägter als bei
weiter zurückliegenden Modellrechnungen.
Das EPS des EZMW setzt wie der hauseigene deterministische Lauf ebenfalls auf
eine über der Barents-See einsetzende Blockierung und davon ausgehend
zunehmenden antizyklonalen Einfluss über Mitteleuropa. Allerdings kann dieses
blockierende Hoch (gemäß EPS-Mittel) durch eine relativ weit südlich liegende
Frontalzone faktisch unterlaufen werden. Hierdurch bliebe ein eher wechselhafter
Wettercharakter bestehen. Wie bereits am Vortag wird das EPS in 6 Cluster
untergliedert. Diese unterscheiden sich in der Ausprägung des Rückens, der über
Westeuropa liegt. Eine Blockierung weit im Norden, östlich von Grönland, zum
Teil aber auch über dem Nordmeer oder der Kara-See, wird von allen Clustern
gezeigt. Etwa die Hälft der Member setzen deutschlandweit auf Hochdruckeinfluss,
die andere Hälfte lassen zumindest im Norden und Osten Deutschlands das
unbeständige Wetter andauern.
Wie beim EPS des GFS ist der Spread nach Nordosten hin geringer als im Westen
und Süden. Vor allem nach Südwesten hin sind die EPS-Member über die gesamte
Spannbreite der Temperaturen annähernd gleichverteilt, während, je weiter die
Lage nach Nordosten und Norden hin betrachtet wird, sich die Mehrzahl der Member
auf tiefem Temperatur- und Geopotential festsetzen und die Niederschlagssignale
nur zögernd schwächer werden. Als Schlussfolgerung sollte eine durchgreifende
Wetterbesserung und ein Temperaturanstieg auf den Südwesten Deutschlands
beschränkt bleiben.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen zeigt bis einschließlich Mittwoch eine
erdrückende Dominanz zyklonaler West- oder Troglagen. Erst danach kommen
vermehrt antizyklonale Lagen ins Spiel, die aus der weit im Norden ansetzenden
Blockierung resultieren. Auch nach Wochenmitte setzen einige bis etwa ein
Viertel der Member auf eine westliche Zirkulation. Von einer Erwärmung kann dann
erst zum zweiten Augustwochenende hin die Rede sein.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Samstag muss an den Alpen vor allem nach Osten hin noch mit Dauerregen von 30
bis 40 l/qm, in Staulagen der Berchtesgadener Alpen auch um 50 l/qm gerechnet
werden. Sonst sind wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse
zu erwarten.
Am Sonntag gibt es im Bereich des hereinschwenkenden Troges wiederholt kurze
Gewitter, die im Westen und Süden bis in tiefe Lagen mit Sturmböen Bft 8/9
einhergehen können. Darüber hinaus gibt es in den westlichen und süddeutschen
Mittelgebirgen sowie bis ins Alpenvorland hinein stürmische oder Sturmböen Bft
8/9 und auf exponierten Berggipfeln dieser Gebirge schwere Sturmböen bis Bft 10
(um 100 km/h).
Auch am Montag sind abgesehen vom Südwesten und Süden wiederholt kurze Gewitter
zu erwarten, dabei besteht im Norden und Osten Gefahr stürmischer Böen. An der
Küste und auf höheren Berggipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
sind auch abseits von Gewittern sehr wahrscheinlich Böen bis Sturmstärke
möglich, die an der See bis in die Nacht zum Dienstag hinein andauern.
Am Dienstag sind im Küstenbereich erneut kurze Gewitter möglich, die an der See
weiterhin mit stürmischen Böen einhergehen. Ansonsten bestehen sehr
wahrscheinlich keine markanten Wettergefahren.
Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann