#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag, den 22.07.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 22.07.2023 um 10.30 UTC
Wetter mit Tiefdruckeinfluss: zeit- und gebietsweise Gewitter, örtlich längerer
Regen, an den Küsten windig, teils stürmisch. Dabei recht kühl.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 29.07.2023
Fazit: Kein Hochsommer in der Mittelfrist, dafür wechselhaft mit wiederholten
Niederschlägen und etwas zu kühl.
Zu Beginn der Mittelfrist (Dienstag) liegt ein Tiefdruckgebiet über
Südskandinavien und Dänemark. Über West-, Ost- und Südeuropa herrscht hoher
Luftdruck vor. Ein erster Randtrog hat den Norden Deutschlands überquert und es
fließt kühle Luft ein. Nach Süden hin hält sich noch mildere und instabile Luft.
Ein weiterer, deutlich kräftigerer Trog mit einer eingelagerten Kaltfront zieht
im Tagesverlauf von Nordwesten ins Land und räumt die noch im Süden liegende
wärmere Luft (um 10 Grad in 850 hPa) aus. Im Süden entwickeln sich teils
kräftige Gewitter. Hinter dem Trog macht sich bodennah hoher Luftdruck aus
Südwesten bemerkbar. Der ansteigende Druckgradient sorgt im Norden für
auffrischenden Wind. Die in der höhe einfließende kühle Luft macht sich auch am
Boden bemerkbar. Maximal noch im äußersten Osten und Südosten liegen 25 Grad
(Sommermarke) in greifbarer Nähe. In der Westhälfte des Landes erreichen wir
kaum 20 Grad.
In der Nacht zum Mittwoch beruhigt sich die Lage vorübergehend. Nach Mitternacht
schwenkt jedoch ein Langwellentrog mit -22 Grad in 500 hPa ins Land. Er
induziert vor allem im Norden und Westen erneut Schauer. Die an den Alpen
schleifende Front sorgt dort für länger anhaltenden Regen.
Mittwochmittag liegt die Achse des Langwellentroges über Ostdeutschland. Auf der
Rückseite kommt es verbreitet zu Schauern und Gewittern, bei ppw um 20 mm ist
Starkregen unwahrscheinlich und auch der Wind erreicht kaum 30 kn in 850 hPa.
Die Temperatur in 850 hPa liegt bei knapp 5 Grad im Norden und 7 Grad im Süden,
das resultiert in Höchstwerten am Boden zwischen 17 und 22 Grad. Am Boden
befinden wir uns weiterhin zwischen einem Hoch über dem mittleren Atlantik und
dem Tief über Skandinavien. Über dem Nordatlantik liegt ein Tiefdruckgebiet, das
sich allmählich verstärkt und in Richtung Britische Inseln zieht, dann aber
nicht weiter ostwärts wandert. Die zum Tief gehörige Warmfront erreicht uns in
der Nacht zum Donnerstag von Westen her.
Am Donnerstag selbst schwenkt zunächst die Warmfront ins Land und erreicht am
Abend den Nordosten Deutschlands. Die zum Tief gehörige Kaltfront liegt tagsüber
noch über Benelux und dem Ärmelkanal, hat aber keine Überlebenschance. Sie wird
von warmer Luft aus Südwesten unterwandert und erreicht den Nordwesten
Deutschlands erst in der Nacht zum Freitag. Die Warmfront bringt nördlich der
Mittelgebirge dichte Wolken und verbreitet Regen. Der Okklusionspunkt der
Fronten liegt über der Nordsee, nah an Deutschland. Entsprechend nass ist der
Tag im Norden. Nach Süden hin ist die Luft trocken. Bei leicht antizyklonaler
Krümmung herrscht dort ruhiges und sonniges Wetter. Die milde Luft sorgt für
einen spürbaren Anstieg der Temperatur am Boden: verbreitet 20 bis 23, im
Südwesten nahe 25 Grad. Das Zentrum des steuernden Tiefs liegt in der Nacht
immer noch vor den Britischen Inseln. Die Warmfront hat Deutschland ostwärts
verlassen, die Kaltfront sorgt im Norden und Nordwesten für einzelne kräftige
Gewitter, hat sonst aber kaum Einfluss. Der erhöhte Druckgradient zwischen einem
sich über der Nordsee bildenden Randtief und höherem Druck über
(Süd-)Deutschland lässt den Wind auffrischen.
Am Freitag befinden wir uns zwischen hohem Luftdruck über den Alpen bzw.
Südeuropa und tiefem Luftdruck über Nordeuropa. Dort gibt es zwei große
Tiefzentren, eines vor den Britischen Inseln und eines über dem Baltikum und
Finnland. Deutschland liegt in einer westlichen Strömung mit feuchter Luft im
Norden und trockenerer Luft im Süden. Die Warmfront des Vortages hat die Luft
kräftig erwärmt: von Nord nach Süd 11 bis 16 Grad in 850 hPa und 20 bis 26 Grad
am Boden. Die Reste der Frontalzone liegen über der Nordhälfte des Landes und
sorgen dort für Schauer. Im Tagesverlauf induziert eine Randtrogbildung über
Frankreich eine leicht südwärtige Verlagerung der feuchten Luft. Sodass gegen
Abend einzelne Schauer oder Gewitter im Süden möglich sind.
In der Nacht zum Samstag beginnt sich das Tief bei den Britischen Inseln
ost-südostwärts zu verlagern. Sein Trog reicht bis in die Biskaya. Wir gelangen
auf die Vorderseite und allmählich in den Zustrom kühlerer Luft. Entsprechend
wechselhaft gestaltet sich der Tag. Im Osten und Süden hält sich noch relativ
milde Luft, im Westen und Norden fließen in 850 hPa um die 7 Grad ein. Dazu gibt
es zeit- und gebietsweise Schauer, nach Süden hin auch einzelne Gewitter.
Am Sonntag verlagert sich das Tief von den Britischen Inseln über die Nordsee
nach Südskandinavien. Der zugehörige Trog schwenkt mit kalter Luft ostwärts über
uns hinweg und sorgt in der Nordhälfte für verbreitete Schauer. Nur im äußersten
Süden kann sich milde Luft halten, das Schauerrisiko ist dort gering.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Kurzum: Es gibt keine Konsistenz. Bereits der Eingang in die Mittelfrist
gestaltet sich anders. Das Tief über Südskandinavien liegt heute eher über
Dänemark. Der Höhentrog über Westeuropa ist stärker amplifiziert und holt im
Tagesverlauf den leicht vorlaufenden Bodentrog (gestern noch ein Randtief) ein.
Beide schwenken nun deutlich früher von Westen her ins Land. Hinter dem Trog
(Mittwoch/Donnerstag) ist die heutige Modellrechnung der von gestern sehr
ähnlich. Ab Freitag ergeben sich Unterschiede in Bezug auf die Druckverteilung
über Nord- und Ostsee. Im heutigen Lauf gibt es eine Tiefdruckzone zwischen zwei
Tiefzentren mit entsprechend zyklonaler Westlage in Deutschland, gestern war die
Krümmung noch leicht antizyklonal.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Im Vergleich mit anderen Modellen stellt IFS keinen Ausreißer dar. ICON und GFS
haben ähnliche Strömungsmuster. Unterschiede ergeben sich bei der exakten Lage
der Tiefzentren und deren Verlagerung zum Ende der Woche, die am Wochenende noch
größer werden. Zum Freitag lässt IFS etwas mildere Luft aus Süden einfließen,
die sich auch länger halten kann. ICON und GFS simulieren einen schnelleren
Übergang zu West zyklonal und daher den Zustrom kühlerer Luft.
Nächstes Wochenende lässt GFS einen Randtrog mit Kaltlufttropfen ostwärts über
Deutschland ziehen. IFS hält das Höhentief weiter nördlich und lässt „nur“ den
Trog durchschwenken.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Clusteranalyse bietet im ersten Zeitschritt (Dienstag 0 und 12 UTC und
Mittwoch 0 UTC) 5 Lösungen. Haupt- und Kontrolllauf liegen in Cluster 1 mit
Schwenk von NAO- zu Atlantischem Rücken. Die Unterschiede für Deutschland sind
gering. Im Grunde zeigen alle den durchschwenkenden Trog. Zeitschritt 2 liefert
ebenfalls 5 Lösungen mit Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1, diesmal
allerdings mit NAO+. Die anderen Lösungen sind so divers, dass eine Beschreibung
einen Roman hervorbrächte. Der Hauptunterschied liegt in der Zyklonalität bzw.
Antizyklonalität der Strömung. Da ist sich IFS noch nicht sicher (siehe auch
Konsistenz). Auch die erweiterte Mittelfrist (Zeitschritt 3, ab Sonntag) bietet
eine große Varietät und hält alle Strömungs- und Wettermuster parat.
Die Rauchfahnen liefern zwar keine großen Ausreißer, aber eine schöne und
konsistente Spannbreite über die gesamte Mittelfrist. Deutlich sichtbar ist ein
Abfall sowohl bei Temperatur als auch Geopotential zu Beginn der Mittelfrist,
dann eine leichte „Erholung“ und einen weiteren Abfall in der erweiterten
Mittelfrist. Vor allem im Süden ist der Abfall der Temperatur zum Mittwoch
bemerkenswert drastisch, fast schon ein Sturz. Haupt- und Kontrolllauf liegen
brav mittig der Ensembles. Ab Samstag geht der Spread aber sehr deutlich
auseinander, eine „Mitte“ lässt sich dann nicht mehr ausmachen.
Bei den Ensembles des GFS und ICON ist die Verteilung ähnlich. Auffällig ist
beim GFS, dass der Hauptlauf Anfang August einen echten Ausreißer nach oben bei
der Temperatur in 850 hPa darstellt. Kein Ensemble geht höher.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Der EFI zeigt leichte Signale für zu kühles und im Nordwesten zu nasses Wetter.
Auch der Wind (Bft 7 im Binnenland, Bft 8 an den Küsten und auf Bergen) ruft im
EFI Signale der Abnormalität hervor. Das vereinzelte Auftreten starker Gewitter
findet hingegen keinen Eingang in die EFI-Reihe. Nicht ungewöhnlich, immerhin
ist Sommer.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn