S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 06.07.2023 um 10.30 UTC

Nach einer kurzen und heftigen Hitzewelle schwere Gewitter und Übergang zu einer
zyklonalen Westlage, daher leicht wechselhaft und nicht mehr so warm.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 13.07.2023

Am Sonntag liegt Deutschland unter einem Höhenkeil, der sich vom Alpenraum bis
ins Nordmeer erstreckt. Durch diesen Keil wird ein schwaches Hoch gestützt. Mit
der allmählichen Verlagerung des Zirkulationsmusters nach Osten setzt an der
Vorderseite eines umfangreichen Höhentiefs mit Zentrum westlich von Irland
zunächst im Westen Deutschlands eine südwestliche Strömung ein. Mit dieser wird
feuchtlabile Luft von der Biskaya herangeführt. Im Tagesverlauf entwickeln sich
daher im Westen und über dem südwestdeutschen Bergland erste und zum Teil
bereits heftige Gewitter, wobei Unwetter (vor allem durch Starkregen) nicht
auszuschließen sind. Zuvor heizt sich die Luftmasse auf 30 bis 35 Grad, im Süden
vielleicht noch etwas darüber, auf. In der Nacht zum Montag verlagert sich die
Schauer- und Gewittertätigkeit, die an eine flache Tiefdruckrinne gekoppelt ist,
in den Norden. Ansonsten erfolgt am Rande eines sich von Westen
hereinschiebenden Hochkeils Wetterberuhigung.
Am Montag hat sich im Norden und Westen Deutschlands eine gemäßigtere Luftmasse
durchgesetzt, wobei sich die Schauer- und Gewittertätigkeit auf den
Küstenbereich beschränkt. Im Süden und Osten konnte dagegen noch kein
Luftmassenwechsel erfolgen, so dass sich dort und vor allem aus den Alpen heraus
erneut Gewitter mit Unwettergefahr entwickeln können. In der Nacht zum Dienstag
sollte die Konvektion im Bereich eines Zwischenhochs, ausgenommen vielleicht die
alpennahen Gebiete, alsbald in sich zusammenfallen.
Am Dienstag verlagert sich das o.g. Höhentief nach Schottland. Ein hiervon
ausgehender Kurzwellentrog streift den Nordwesten Deutschlands, was in
Nordseenähe Schauer und einzelne kurze Gewitter zur Folge hat. Im Süden und
Südosten hält sich, bedingt durch die weiterhin andauernde südwestliche
Strömung, noch feuchtlabile Subtropikluft, wodurch die Gewittertätigkeit
tagesgangsbedingt vor allem über dem süddeutschen Bergland und aus den Alpen
heraus erneut auflebt. In der Nacht zum Mittwoch gelangt das wetterbestimmende
Höhentief, das bis dahin längst den Charakter eines Zentraltiefs angenommen hat,
in die nördliche Nordsee. Dessen Kaltfront erreicht leicht schleifend den
Nordwesten Deutschlands und arbeitet sich im Laufe des Mittwochs mit
schauerartigen Niederschlägen bis in die mittleren Regionen vor. Durch
Kurzwellentröge, die nach Nordosten ablaufen, wird die Front aktiviert. Aber
auch ganz im Süden und Südosten ist die Gewitterlage noch nicht ausgestanden.
Ein leichtes Aufsteilen der Strömung lässt die feuchtwarme und labil
geschichtete Luft im Osten etwas nach Norden vorankommen, so dass diese
Gewitter, wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit, auch auf das östliche
Bergland übergreifen können. Die kräftigsten Entwicklungen sind hierbei in
Alpennähe und aus den Alpen heraus zu erwarten.
In der Nacht zum Donnerstag deutet sich im Bereich eines Zwischenhochkeils
Entspannung an, so dass selbst an den Alpen dann die Niederschläge weitgehend
nachlassen. Am Donnerstag stellt sich dann das für eine zyklonale Westlage
typische Wettergeschehen ein, d.h. Schauer und kurze Gewitter im Nordwesten und
an der See (Gewitter vor allem in Nordseenähe), leichte Gewitterneigung auch an
den Alpen und dazwischen, d.h. im weitaus größten Teil Deutschlands, wechselnde
Bewölkung und kaum Schauer. Selbst ganz im Süden wird dann die 30 Grad-Marke
nicht mehr erreicht.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum bleibt die zyklonale Westlage
bestehen, wobei in rascher Folge kurzwellige Keil-Trog-Strukturen das
Vorhersagegebiet überqueren. Gegenüber Donnerstag erfolgt daher keine
wesentliche Wetter- und Temperaturänderung.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Mittwoch ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich zu den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Als einziger Unterschied lässt
sich vielleicht herausarbeiten, dass das Höhentief sich bereits in die nördliche
Nordsee verlagert, die Strömung vorderseitig über Mitteleuropa etwas mehr
aufsteilt und sich daher der Luftmassenwechsel ganz im Süden Deutschlands ein
wenig hinauszögert. Bis Donnerstag hat sich aber auch dort eine etwas
gemäßigtere Luftmasse durchgesetzt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird der Hochkeil, der sich
von Westen hereinschiebt, etwas schwächer gerechnet. Ansonsten sind keine
prognoserelevanten Unterschiede zu finden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die vorliegenden Modelle zeigen ebenfalls keine signifikanten Unterschiede.
Lediglich ICON zeigt am Donnerstag eine etwas ausgeprägtere südwestliche
Komponente, was ein geringfügig höheres Temperaturniveau zur Folge hätte. Im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum setzen auch die externen
Vorhersagemodelle auf eine zyklonale Westlage und daher auf ein eher
gemäßigteres Temperaturniveau.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS hat auch eine zyklonale Westlage zu bieten, lässt jedoch eine
negative Anomalie beim Geopotential 500 hPa über den Britischen Inseln
entstehen, was im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum dann eher
wieder eine leichte Drehung der Strömung auf Südwest zur Folge hätte. Der Spread
ist über den gesamten Vorhersagezeitraum hinweg relativ gering; Unterschiede zu
weiter zurückliegenden Modellläufen sind nicht erkennbar. Ein kühler
Witterungsabschnitt ist nicht zu erwarten; auch im Norden sollte die 20
Grad-Marke noch größtenteils überschritten werden.
Das EPS des EZMW folgt der oben beschriebenen Entwicklung und zeigt im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ebenfalls die Tendenz zu einer
eher auf Südwest drehenden Strömung. Dabei ist der Spread, sowohl was das
Geopotential 500 hPa als auch die 850-er Temperaturen betrifft, im östlichen und
südlichen Mitteleuropa höher als über der Nordsee und Südskandinavien. In diese
Richtung tendieren mehr als zwei Drittel der EPS-Member, wogegen 15 Läufe ein
zyklonaleres Gepräge zeigen. Diese werden in einem Cluster zusammengefasst,
welches auch die beiden ungestörten Läufe beinhaltet. Die Frontalzone ist daher
über Mitteleuropa zu erwarten. Niederschlagssignale sind über weiten Teilen
Deutschlands dünn gesät, lediglich im Norden und dort vor allem in Küstennähe,
im Nordwesten sowie in und an den Alpen ist die Niederschlagswahrscheinlichkeit
höher.
Das Clustering gemäß Großwetterlagen vollzieht ebenfalls ab Wochenbeginn den
Übergang zu einer zyklonalen Westlage, wobei ab der zweiten Wochenhälfte das
Temperaturniveau ganz im Norden etwas unter und im Süden sowie im Südosten
leicht über dem langjährigen Mittel liegen dürfte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Sonntag ist in weiten Teilen Deutschlands eine starke Wärmebelastung zu
erwarten. Im Tagesverlauf entwickeln sich im Nordwesten und Westen sowie über
dem südwestdeutschen Bergland Gewitter, dabei besteht Unwettergefahr durch
heftigen Starkregen und größeren Hagel.
Am Montag ist es im Osten und Süden erneut schwülheiß und daher herrscht eine
hohe Wärmebelastung. In diesen Gebieten sind im Tageverlauf erneut Gewitter bis
hin zum Unwetter durch heftige Regengüsse und größeren Hagel möglich, auch
(schwere) Sturmböen nicht ausgeschlossen.
Am Dienstag gibt es in Nordseenähe sowie an Oder und Neiße einzelne und meist
kurze Gewitter mit geringer Starkregengefahr. Darüber hinaus entwickeln sich
zwischen Schwarzwald, Bayerischen Wald und Alpen erneut Gewitter, Unwetter sind
dabei nur noch wenig wahrscheinlich.
Am Mittwoch können sich in Donaunähe, südlich davon sowie über dem Bayerischen
Wald weitere Gewitter bilden, Starkregen ist dabei nicht auszuschließen.
Unwetter sollten nicht mehr auftreten. Außerdem kann es auf einigen exponierten
Berggipfeln mit geringer Wahrscheinlichkeit Sturmböen geben.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann