#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag den 28.05.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.05.2023 um 10.30 UTC
Warmes bis sehr warmes Hochdruckwetter, nur an den Alpen geringes Gewitterrisiko
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 04.06.2023
Nach den langen Wochen mit wiederholt bei uns einkehrenden Tiefdruckgebieten
haben die europäischen Wetterkarten nun ein ganz anderes Aussehen und das setzt
sich auch in der ab Mittwoch beginnenden Mittelfrist fort. Im Mittelpunkt steht
hohes Geopotenzial über dem Nordostatlantik, das zeitweise über die Britischen
Inseln bis nach Mitteleuropa reicht, als lupenreines Blocking fungiert und
Tiefdruckgebiete bzw. ihre Ausläufer von Deutschland fernhält.
Im Detail erstreckt sich am Mittwoch eine Zone hohen Geopotenzials vom Seegebiet
südlich von Grönland bis nach Island, Polen und Frankreich. Das Zentrum liegt
mit knapp 586 gpdam über Schottland. Am Boden korrespondiert dieses System mit
einem Bodenhoch mit Kerndruck von etwa 1036 hPa, wobei das Zentrum rund 1000 km
nordwestlich vom Höhenkern liegt. Ausgehend von diesem Bodenhoch findet sich
eine Hochdruckbrücke bis nach Polen und bis zur West-Ukraine (Großwetterlage
„HB“). Bei T850 hPa von 7 bis 12 Grad ist es auch am Boden warm, teils mit
sommerlichen Höchsttemperaturen über 25 Grad. Einzig an den Alpen könnten durch
Impulse eines Höhentiefs über Norditalien etwas feuchtere Luftmassen über den
Hauptkamm von Süden herüberschwappen, sodass die Konvektion ein wenig angefacht
wird und ein geringes Gewitterrisiko besteht.
Am Donnerstag zieht über Skandinavien ein Trog von Nordwesten heran und schwächt
die Brücke in ihrem östlichen Teil zusehends. Damit gerät Deutschland in
Hochdruckrandlage zum Hoch nordwestlich der Britischen Inseln (Großwetterlage
„HNa“). Signifikante Auswirkungen auf das Wetter hat das nicht, an den Alpen ist
durch die weiterhin feuchtere Luft erneute Konvektion nicht ausgeschlossen.
HNa bleibt auch das Credo am Freitag, wenn der Trog gen Baltikum weiterzieht und
dabei leicht den Nordosten von Deutschland touchiert. Dort ist ein Schauer also
nicht völlig ausgeschlossen. Ansonsten ändert sich fast nichts (auch nicht bei
den möglichen Gewittern an den Alpen), außer das sich nun mit nördlicher
Strömung kühlere Luft mit T850 hPa von 2 bis 6 Grad bis in den Süden durchsetzt.
Das dürfte das Temperaturniveau in 2 m etwa 2 bis 4 Kelvin absenken.
Am Samstag verschwindet der Trog wieder aus unserem Einflussbereich, übrig
bleibt HNa mit Tendenz zu HB, weil sich über Polen eine neue Hochzelle bildet.
Das begünstigt dann auch eine Strömungsdrehung im Süden, dort steigen die T850
hPa wieder über 10 Grad.
Am Sonntag ändert sich daran weiterhin nicht viel, die warme Luft setzt sich
aber voraussichtlich überall wieder durch.
In der erweiterten Mittelfrist ab Montag übernächster Woche versucht ein neuer
Trog von Skandinavien aus die Hochdruckbrücke oder Hochdruckrandlage bei uns zu
durchbrechen. Mit dem neuesten Lauf wird diesem Versuch mehr Erfolg eingeräumt,
was die Zyklonalität erhöhen (Großwetterlage „HNz“) und insbesondere im Süden
die Konvektion in feucht-warmer Luft befeuern würde. In der Nordhälfte ist
dagegen trockenere Luft unterwegs, die mit nördlicher Strömung eine erneute
Abkühlung erfahren würde.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die grundsätzlichen Felder sehen im Prinzip so aus wie bei den gestrigen Läufen,
insofern kann dem neuesten Lauf des EZMW alles in allem eine gute Konsistenz
bescheinigt werden. Im Detail gibt es allerdings doch ein paar Unterschiede. So
wird der Trog am Donnerstag/Freitag etwas kräftiger und früher an Deutschland
heran gerechnet. Im gestrigen 0 UTC-Lauf sollte dieser erst am Samstag bei uns
eintreffen und Sonntag dann abziehen. Beim gestrigen 12 UTC-Lauf wurde schon die
Donnerstag/Freitag-Schiene gefahren, der Trog sollte allerdings weiter
nordöstlich bleiben. In der erweiterten Mittelfrist ab Montag übernächster Woche
ist die zunehmende Zyklonalität ein neuer Aspekt, den schon der gestrige 12
UTC-Lauf andeutete.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Das Rad neu erfinden können aktuell auch die anderen globalen Modelle nicht.
Knackpunkt ist der Trog am Donnerstag/Freitag, den ICON, GFS und UK10 weiter
nordöstlich rechnen, also ähnlich dem gestrigen 12 UTC-Lauf des EZMW. Am Samstag
wird vom ICON und vom UK10 ein neuer schwacher Randtrog angedeutet, der über uns
hinwegziehen soll. Nach ICON hat er kaum Auswirkungen auf das Wetter, beim UK10
gibt es jedoch ein wenig Konvektion. In der erweiterten Mittelfrist steht nur
noch GFS zur Verfügung, das den Hochdruckeinfluss noch länger anhaltend bei uns
simuliert. JMA ist zunächst nahe am EZMW, am Ende jedoch eher beim GFS. GEM
prognostiziert den Trog am Donnerstag/Freitag offensiver (etwas mehr
Konvektion), tendiert danach aber wieder zu Hochdruckeinfluss. NAVGEM ist von
allen Modellen am Hochdruck-lastigsten. Weder am Donnerstag/Freitag noch danach
sind Tröge erkennbar, die uns beeinflussen könnten.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles bestätigen für verschiedene deutsche Städte
den deterministischen Lauf. So betten sich Haupt- und Kontrolllauf jeweils gut
im engen Median ein, der den deterministischen Lauf nachzeichnet. Ab Freitag
öffnen sich die Kurven zwar ein wenig, Schuld daran sind aber meist nur wenige
Ausreißer in beide Richtungen. Das lässt die Frage zu, inwieweit der Trog uns
tatsächlich erreicht. In der erweiterten Mittelfrist wird durch das leicht
sinkende Geopotenzial die zunehmende Zyklonalität ebenfalls bekräftigt.
CLUSTER:
Im ersten Zeitraum zwischen Mittwoch und Donnerstag gibt es 4 Cluster, in denen
die Unterschiede beim Trog ebenfalls zutage treten (mal näher, mal weiter
entfernt). In den beiden weiteren Zeiträumen wird dann erst gar kein großes Fass
aufgemacht. Sowohl zwischen Freitag und Sonntag als auch zwischen Montag und
Mittwoch existiert jeweils nur ein Cluster, der dem Hauptlauf somit viel
Vertrauen schenkt. Die Regime wechseln munter zwischen Blockierung und
atlantischer Rücken.
FAZIT:
Am beständigen Hochdruckeinfluss mit warmen oder sehr warmen Verhältnissen und
einzelnen Wärmegewitter an den Alpen bestehen in der Mittelfrist kaum Zweifel.
Ob am Donnerstag/Freitag als kleine Randnotiz Schauer im Nordosten auftreten,
ist noch fraglich. Ebenso ist die damit im Zusammenhang stehende leichte
Abkühlung auch noch nicht ganz sicher. Was in der erweiterten Mittelfrist
passiert, darüber müssen weitere Läufe Aufschluss geben. Derzeit besteht
allerdings eine Tendenz zu mehr Zyklonalität bei vor allem im Norden leicht
sinkenden Temperaturen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
Am Mittwoch zeigt EFI im Südwesten leichte Signale für starken Wind. Dieser
weitet sich als Folge der Bise bis in den deutschen Raum aus, ob es aber für
stürmische Böen reicht, ist doch sehr fraglich.
GEWITTER:
An den Alpen können sich tagsüber vereinzelte Wärmegewitter entwickeln. Bei
CAPE-Werten bis 600 J/kg steht bei langsam ziehenden Zellen vor allem der
Starkregen im Fokus. Die Probabilistik ist diesbezüglich allerdings
erwartungsgemäß sehr zurückhaltend.
Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-ENS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler