S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.05.2023 um 10.30 UTC

Nach fast sommerlichen Wochenstart, ab Dienstag wieder kühler und unbeständiger.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 26.05.2023

Zu Beginn der Mittelfrist am Montag verbindet eine schmale Hochdruckbrücke über
der Nordsee und Skandinavien zum einen eine umfangreiche und hochreichende
Hochdruckzelle über dem Atlantik, mit einem ebenfalls hochreichenden
Hochdruckgebiet über Russland. Bei Grönland entwickelt sich ein Langellentrog,
der im Laufe des Tages weiter nach in Richtung Schottland und Nordsee strebt und
dabei die Hochdruckbrücke über der Nordsee zunehmend abschnürt und ein über der
südlichen Nordsee befindliches Höhentief stärkt. Über Deutschland hält sich
indes eine schwach gradientige „Sumpflage“. Ein hochreichendes Tief über der
Iberischen Halbinsel hat für den Zustrom feuchtwarmer und potentiell instabiler
Luftmassen nach Deutschland gesorgt. Die 850 hPa Temperaturen liegen zwischen 10
und 15 Grad. Vor allem im Nordwesten entstehen dabei im Umfeld des Höhentiefs
teils kräftige, evtl. auch unwetterartige Gewitter mit Starkregen und Hagel.
Nach Süden zu befindet sich Deutschland am Boden zwar unter zyklonalem Einfluss,
in der Höhe ist aber ein schwacher antizyklonaler Einfluss erkennbar, der
hochreichende Konvektion wohl meist unterdrücken sollte. Die
Tageshöchsttemperaturen liegen verbreitet zwischen 25 und 28 Grad, im Südwesten
ist vereinzelt eine 30 Grad nicht auszuschließen.
In der Nacht zu Dienstag greift die zum Langwellentrog gehörige Kaltfront auf
den Nordwesten von Deutschland über und es bildet sich eine Tiefdruckrinne die
sich im Laufe der Nacht nach Osten verlagert. Der Wind frischt zwar im
Küstenumfeld etwas auf, Hauptaugenmerk werden im Norden aber die Gewitter mit
Starkregen und Hagel sein. Nach Süden hin wird die Kaltfront aber auch der Trog
von dem hohen Potential blockiert. Die Front gerät unter Absinken und der Trog
greift auf Skandinavien über. Ausgangs der Nacht liegt die Kaltfront in einen
Bogen von Nordostdeutschland bis zur zum Hunsrück.

Am Dienstag verlagert sich der Trog weiter nach Osten, wobei sich seine
Trogachse weiterhin bis zum Ärmelkanal erstreckt bzw. zurückhängt. Die Kaltfront
bzw. auch die Tiefdruckrinne zieht langsam nach Polen ab, wobei die
Gewittertätigkeit auch schon vormittags ein Thema in Ostdeutschland sein könnte.
Nachmittags und abends erreicht die Kaltfront die Alpen, dabei werden wieder
teils kräftige Gewitter erwartet. Postfrontal fließen relativ kühle und auch
trocknere Luftmassen ein, die von Westen her rasch wieder unter
Hochdruckeinfluss geraten. Die 850 hPa Temperaturen liegen abends zwischen 3
Grad im Nordwesten und bis 9 Grad am östlichen Alpenrand.

Am Mittwoch bleibt die Frontalzone an den Alpen liegen. Das zurückhängende
Residuum des nach Osten abgezogenen Troges über der Nordsee füllt sich zwar
unter dem nach ostwärts strebenden Atlantikhochs etwas auf, verlagert sich aber,
abgesehen von der Bewölkung, wenig Wetterwirksam ebenfalls nach Osten. In der
eingeflossenen trockenen Luftmasse bilden sich aber vereinzelt kurze Schauer. Am
Alpenrand hält sich aber noch die etwas feuchtere und labile Luftmasse. Am Tage,
aber auch in der Nacht zu Donnerstag, wenn die schwache Achse des Höhentroges
auf die Alpen trifft kann es zu einzelnen Schauern oder Gewitterentwicklungen
kommen. Da aber Hochdruckeinfluss bodennah dominiert, werden diese, abgesehen
vom Alpenrand nur vereinzelt auftreten.
Gleichzeitig formiert sich über dem europäischen Nordmeer ein neuer
Langwellentrog, der in der Nacht zu Donnerstag auf die Nordsee und Skandinavien
übergreift.

Am Donnerstag zieht zum einen die schwache Achse (Tiefdruckrinne in höheren
Schichten) südostwärts ab. Zum anderen greift die zum neuen Langwellentrog
gehörige Kaltfront auf den Nordwesten Deutschlands über. Da aber in der Höhe
antizyklonaler Einfluss dominiert, gerät die Kaltfront unter Absinken und ist
vorraussichtlich nur wenig Wetterwirksam. Im Tagesverlauf bzw. in der Nacht zu
Freitag erreicht die Kaltfront den Alpenrand und der Trog greift auf
Norddeutschland über. Hinter der Kaltfront fließen nochmal kühlere Luftmassen
mit 850 hPa Temperaturen um 0 Grad nach Norddeutschland ein.

Am Freitag kräftigt sich die atlantische Hochdruckzelle in Richtung europäisches
Nordmeer, so das der Trog über Skandinavien nun „freie Bahn“ nach Süden, sprich
Richtung Polen und Österreich hat. Während der Westen von Deutschland immer noch
von Hochdruckwetter beeinflusst wird, stellt sich in der Osthälfte kühles
Rückseitenwetter ein. Viel Niederschlag sollte in dieser trockenen Luftmasse
aber nicht fallen.

In der erweiterten Mittelfrist ändert sich an dieser Konstellation nicht viel.
Im Laufe des Wochenendes könnte jedoch der Langwellenztrog über Österreich
Abtropfen und sich über Südosteuropa mit feucht warmen Luftmassen aus dem
Mittelmeer wieder verstärken.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Gro ist die Konsistenz des aktuellen IFS Lauf mit den Vorläufen recht gut.
Jedoch gibt es gewisse Unterschiede, was den Einfluss von teils kleinräumigen
Höhentiefs auf Deutschland angeht. Auch die Konturierung einzelner Randtröge
wird jeweils etwas anders dargestellt. Die Trog- und die dazugehörige
Kaltfrontpassage am Dienstag und Mittwoch wird im aktuellen Lauf deutlich
Gradient schwächer simuliert, dafür kommt aber die Kaltfront auch nicht so rasch
nach Süden voran. Dies hat direkten Einfluss auf die mögliche Schwergewitterlage
bzw. auf dessen Begleiterscheinungen. Nach Trogdurchgang soll sich aber immer
wieder Hochdruckeinfluss vom Atlantik bemerkbar machen. Das Temperaturniveau
wird ähnlich simuliert, auch wenn vom aktuellen IFS Lauf etwas kühlerer
Luftmassen in 850 hPa nach Deutschland advehiert werden sollen als im gestrigen
12 UTC Lauf.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis Dienstag ist die Prognose der betrachteten Globalmodelle recht ähnlich,
jedoch simuliert GFS am Mittwoch die schwache Trogachse vom IFS als richtigen
hochreichenden Trog mit eingelagerten Höhentiefs und höhenkalter Luft bis -25
Grad in 500 hPa über Deutschland.
ICON simuliert diese Situation noch schwächer als IFS. Auch Nachfolgend lässt
GFS den Hochdruckeinfluss erst für Freitag wieder zu, wenn IFS und ICON schon
den nächsten Trog auf Deutschland übergreifen lassen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

In dem Plume des ECMWF Ensembles ist ab Dienstag ein recht großer Spread von
etwa 10 Grad in der 850 hPa Temperaturverteilung zu finden. Der Hauptlauf liegt
bis zum Ende der Vorhersage im unteren Drittel der Verteilung. Das
Geopotentialfeld bleibt dabei quasi unverändert hoch.

In dem Ensemble des GFSs ist die Kaltluftzufuhr von Dienstag auf Mittwoch
kommender Woche gut zu erkennen, jedoch liegt der Hauptlauf an dem äußerten
kalten Rand der Verteilung. Der Median in der 850 hPa Temperaturkurve liegt etwa
2 bis 5 Grad über dem Hauptlauf, bis zum Ende der Vorhersagezeit.

In der Clusteranalyse des ECMWFs gibt es im Zeitbereich 120 bis 168 h 3 Cluster
die fast gleichverteilt sind. Der Hauptlauf befindet sich mit insgesamt 16
Membern in Cluster 2. Der Kontrolllauf befindet sich mit 19 Membern in Cluster

  1. Insgesamt unterschieden sich die verschiedenen Cluster in der Stärke der
    atlantischen Hochdruckzelle bzw. wie weit die Tröge nach Süden/Mitteleuropa
    vorstoßen können. Ab Mittwoch scheint die Vorhersage für Deutschland deutlich
    unsicherer zu werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER:
Am Montag sind im Nordwesten und Westen, sowie im Südwesten und Alpenraum teils
kräftige Gewitter zu erwarten; dabei besteht Unwettergefahr durch heftigen
Starkregen. Auch größere Hagelansammlungen nicht auszuschließen.

Am Dienstag entwickeln sich im Tagesverlauf im Osten und Süden erneut kräftige
Gewitter, dabei muss mit Unwettern durch heftigen Starkregen und zusätzlich
durch Sturmböen gerechnet werden.
Ab Mittwoch lassen die Wahrscheinlichkeiten für Starkregen und Sturmböen nach.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, IFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christina Speicher