#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Montag den 08.05.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.05.2023 um 10.30 UTC
Insgesamt wechselhaft und normaltemperiert, am Wochenende bei GWL ‚BM‘
Nordhälfte freundlicher, danach wohl Trog Mitteleuropa, unbeständig und etwas
kühler.
Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 15.05.2023
Anknüpfend an die Übersicht von gestern (07.05.23) weitet sich am Donnerstag, zu
Beginn der Mittelfrist ein breiter Langwellentrog mit der Achse etwa östlich von
Island-Britische Inseln-Westeuropa weiter nach Süden aus, womit sich auch die
stärksten Hebungsprozesse dorthin verlagern. Dies hat wiederum zur Folge, dass
in der meridionalen Tiefdruckrinne zunehmend ein Tief über Italien an Bedeutung
gewinnt. An seiner Nordflanke setzen dabei neben kurzwelligen Anteilen auch
verstärkte Aufgleitprozesse (Q-Vektor-Divergenz) ein, die dafür sorgen, dass
sich die Niederschläge von den Alpen her wieder auf den Südosten und Osten
Deutschlands ausdehnen. Im Westen sind tagsüber bei wechselnder Bewölkung
konvektive Niederschläge (Schauer und einzelne Gewitter) zu erwarten. Ganz im
Osten Deutschlands ist zudem eine verwellte Front (Okklusion, ehemals Kaltfront)
liegengeblieben, die durch die skaligen Hebungsprozesse in Teilbereichen
aktiviert wird. In der Nacht zum Freitag, bedingt durch den fortschreitenden
Abtropfprozess über dem zentralen Mittelmeerraum, betreffen die stärksten
Aufgleitniederschläge dann wieder mehr die Mitte und den Süden Deutschlands. Die
850 hPa-Temperatur liegt dabei zwischen 2 und 4 Grad.
Am Freitag tropft dann das Höhentief in etwa über dem Löwengolf ab, während
gleichzeitig ein aus dem östlichen Rücken entstehendes Höhenhoch über
Nordwestrussland allmählich Tuchfühlung mit einem positiv achsengeneigten
atlantischen Rücken aufnimmt, so dass sich bis Samstagfrüh etwa von den
Britischen Inseln bis ins Baltikum/Nordwestrussland eine Geopotentialbrücke
aufbaut. Auch bodennah wird die Tiefdruckrinne von Nord- bis Ostsee durch
frontolytische Prozesse durchbrochen, stattdessen bildet sich eine
Hochdruckbrücke zwischen dem Hoch nordöstlich der Azoren und dem Hoch über dem
Baltikum, damit herrschen in ganz Deutschland vorwiegend östliche Winde vor. Die
Niederschläge ziehen sich nach vorübergehender Ausweitung nach Norden (Randtrog)
somit im Verlauf wieder mehr in die Mitte und den Süden zurück und sind vom
Charakter her teils konvektiv. Das Temperaturniveau in 850 hPa ändert sich
geringfügig nach oben.
Am Samstag modifiziert sich das Geopotentialmuster weiter. Weil das östliche
Höhenhoch allmählich schwächelt und ein Langwellentrog mit Bodentief östlich von
Island ostwärts auf dem Nordatlantik vorankommt, bröckelt die Geopotenzialbrücke
nun wieder (Schwachstelle Britische Inseln, durch verstärkten Luftdruckfall
trogvorderseitig). Gleichzeigt liegt das Höhentief mittlerweile über dem
Tyrrhenischen Meer mit verstärkten Hebungsprozessen auch über
Südosteuropa/Balkan. Über Deutschland ist aber v.a. in der Nordhälfte
Hochdruckeinfluss wirksam, auch bodennah reicht der Hochkeil über
Norddeutschland hinweg weiterhin bis ins Baltikum. Im Süden, teils auch in der
Mitte dagegen bestimmen weiterhin kurzwellige Anteile des Höhentiefs über
Südeuropa das Geschehen und führen zu Schauern oder einzelnen Gewittern.
Bis Sonntagabend stößt von Nordwesten nun der kräftige LW-Trog bis zu den
Britischen Inseln vor und durchbricht die vormalige Potentialbrücke nun
vollends. Auch die schwache bodennahe Hochdruckbrücke wird gekappt. Das
Bodentief östlich von Island zieht allerdings in die Grönlandsee. Dadurch kann
der Höhenrücken über Skandinavien nicht nur regeneriert, sondern gleich noch
stärker amplifiziert werden. Andererseits verlagert sich auch das Höhentief zum
westlichen Balkan, gerät durch die aufgelöste Potenzialbrücke unter die
Fernwirkung des atlantischen LW-Troges und bewirkt nun advektiv (PVA und WLA)
wieder verstärkte Hebungsantriebe v.a. im Süden und Südosten des Landes mit eher
skaligen Niederschlägen, wohingegen im Rest des Landes (nach Norden und Westen)
im Tagesverlauf bis ca. 300 J/Kg CAPE simuliert wird, was bei nun weitgehend
ungedeckelten Verhältnissen erneut Schauer und Gewitter auf den Plan ruft.
Andererseits wird der Trogvorstoß durch das neuerliche Skandi-Blocking
ausgebremst.
Am Montag nun kommt zwar ein Troganteil des LW-Troges über Westeuropa südwärts
voran, andererseits bilden sich zusammen mit dem ehemaligen Höhentief (jetzt
über Polen) in einem breiten LW-Trog über Mitteleuropa zwei Drehzentren heraus –
über Frankreich und Polen/Slowakei. Dadurch wird es dann wohl mit der GWL Trog
Mitteleuropa (TrM) insgesamt wieder wechselhaft bis unbeständig. Die 850
hPa-Temperatur geht im Westen etwas zurück (0 bis 2 Grad), bleibt sonst aber
weitgehend unverändert (3 bis 4 Grad).
Auch hiernach sollte unter TrM zumindest bis Wochenmitte das wechselhafte bis
unbeständige Wetter andauern, bei eher durchschnittlichem Temperaturniveau, ggf.
mit leichtem Temperaturrückgang.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der neue IFS-Lauf ist bis zum Wochenende recht konsistent in Bezug auf die
synoptische Entwicklung. Ab Sonntag wird im aktuellen lauf ein markanter
Randtrog über der Nordsee weniger progressiv simuliert, d.h. dessen
Amplifizierung soll einerseits über Westeuropa erfolgen, andererseits zunächst
auch nicht so stark ausfallen. Grund dafür ist die weiterhin starke Blockierung
(breiter Höhenrücken) über Skandinavien und Nordosteuropa.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die beschriebene synoptische Entwicklung wird von anderen Globalmodellen wie
ICON und GFS bis zum Wochenende recht ähnlich gesehen, einschließlich
‚Trogrestvorstoß‘ über Westeuropa zum Montag hin. Die sich abzeichnende
Großwetterlage Trog Mitteleuropa (TrM) ab Sonntag scheint somit gesetzt. Bis
dahin herrscht die GWL Hoch Nordmeer Fennoskandien zyklonal (HNFz) vor.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitschritt t+120 bis t+168 h (Samstag- bis Montagfrüh) existieren drei
gruppierte Cluster, alle im Regime Blocking in der Ausprägung NAO positiv. Die
Cluster simulieren übereinstimmend das Durchbrechen der Geopotenzialbrücke in
etwa über der Nordsee, einschließlich nachfolgender Entwicklung hin zu Trog
Mitteleuropa.
Im nächsten Zeitschritt (t+192 h bis t+240 h) haben wir nur noch zwei gruppierte
Cluster, weiterhin im Regime Blocking. An sich manifestiert sich die Lage Trog
Mitteleuropa, bei ansonsten sehr eingefahrener Synoptik bei langen planetaren
Wellen mit großer Amplitude. Interessant ist hierbei die Verschiebung zum
Skandi-Blocking sowie einem persistenten Blocking über Teilen des westlichen
Nordamerikas.
Für die Rauchfahnen wird eine repräsentative Station im norddeutschen Flachland
gewählt. Auffälligkeiten sollen kurz diskutiert werden. In Bezug auf die 850
hPa-Temperatur ergeben sich über den gesamten MiFri-Zeitraum kaum Schwankungen
(um 3 Grad), erst ab übernächster Woche gehen Haupt- und Kontrolllauf in den
Keller (bis ca. -1 bis -3 Grad), obwohl der Median auf ähnlichem Niveau wie
zuvor verbleibt.
Niederschlagssignale sind ebenso über den gesamten Zeitraum vorhanden, lediglich
am Wochenende fast gar nicht (schwacher Hochdruckeinfluss).
Das Geopotenzial in 500 hPa bewegt sich zunächst um die 560 gpdam herum, fällt
aber dann ab Montag (TrM) unter zunehmender Streuung stärker ab (teils unter 550
gpdam).
FAZIT: Das wechselhafte Wetter hält an, vorübergehender Hochdruckeinfluss am
Wochenende wird wohl schnell wieder beendet. Eine deutliche Abkühlung in der
übernächsten Woche mit Nachtfrösten (Stichwort Eisheilige) erscheint derzeit als
recht recht unsicher.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Über den gesamten Mittelfristzeitraum gebietsweise Schauer/Gewitter mit
Starkregenpotenzial, räumlich eng begrenzt bis in den Unwetterbereich möglich
(EFI).
Am Donnerstag im Südosten geringe Wahrscheinlichkeit für markanten Dauerregen
(>30 l/qm in 24 h, IFS-EPS, COSMO-LEPS). Am Sonntag/Montag ganz im Süden
zunehmende Signal für markanten Dauerregen, vereinzelt auch Unwetter (>50 l/qm
in 24 h, IFS-EPS), auch längerer Warnzeitraum denkbar.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GEFS, ICON, MOSMIX, NOAA-NAO, StratObserve
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz