SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.05.2023 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag in der Südwesthälfte teils kräftige Gewitter, Unwetter aufgrund von
Starkregen, im Süden auch von Hagel nicht ausgeschlossen, im Anschluss in der
Nacht örtlich teils ungewittriger Starkregen.
Am Montag ganz im Westen, im Südwesten und an den Alpen nochmals Gewitter, aber
mit „gebremsten Schaum“.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … weist sich das Bodendruckfeld über der Südwesthälfte Deutschlands
keinen nennenswerten Gradienten auf. Anders im Nordosten des Landes: Diese
Region befindet sich nach wie vor an der Südwestflanke eines umfangreichen
fennoskandischen Hochs mit Schwerpunkt über der mittleren Ostsee und dem
Baltikum, das sich im Laufe der Nacht sogar noch etwas verstärken und ausweiten
kann, so dass im ganzen Land schwacher Druckanstieg einsetzt. Gestützt wird das
Hoch durch einen breiten, von Süden über Mitteleuropa hinweg bis zur
Norwegischen See bzw. zum Nordmeer reichenden Höhenrücken, der sich noch etwas
verstärkt, zögernd nach Osten vorankommt und mit seiner Achse Sonntagfrüh den
Südwesten und Westen des Vorhersagegebietes erreicht.
An der Südflanke des Hochs gelangt zunehmend trockene, aber weiterhin recht
kalte Luft (T850 hPa zwischen -1 Grad auf Rügen und 3 bis 4 Grad an der Elbe) in
den Nordosten des Landes. Somit lockert dort die anfangs noch recht dichte
Bewölkung von Osten her mehr und mehr auf, vor allem im Nordosten Brandenburgs
und in Ostvorpommern klar der Himmel auch auf, so dass es dort Bodenfrost, in
ungünstigen Lagen eventuell auch leichten Luftfrost geben kann. Dazu weht vor
allem an der Ostsee sowie über der offenen Nordsee noch lebhafter Ost- bis
Südostwind, der sich nachts vorübergehend abschwächt, an Küstenabschnitten mit
auflandigem Wind von der Flensburger Förde bis nach Fehmarn sowie auf Rügen kann
es noch starke bis steife Böen (Bft 6 bis 7) geben.
Der Rest des Landes befindet sich dagegen im Einflussbereich einer deutlich
milderen und etwas feuchteren, ehemals aus dem südwesteuropäischen Raum
stammenden Luftmasse (T850 hPa zwischen 6 Grad in der Mitte und 11 Grad an den
Alpen). Diese Luftmasse ist potenziell instabil geschichtet und, wohl ausgelöst
durch schwache Bodenkonvergenzen bzw. durch die Orographie, haben sich im Westen
sowie an den Alpen und im angrenzenden Alpenvorland einzelne Schauer entwickelt,
die auch von kurzen Gewittern begleitet wurden bzw. werden, lokal eng begrenzt
kann bei PPW-Werten knapp über 20 mm und geringer Zuggeschwindigkeit auch ein
Starkregenereignis nicht ausgeschlossen werden. In den kommenden Stunden sollten
sich die Schauer und Gewitter aber allmählich auflösen.
Im Laufe der Nacht verlagert sich ein flacher, nach Süden zu aber durchaus
scharf konturierter Höhentrog von der Biskaya in den Westen Frankreichs. Auf
dessen Vorderseite verstärkt sich mitteltroposphärisch die WLA über dem
Nordwesten, Westen und der Mitte des Landes, die sich aktuell bereits in Form
hoher Wolkenfelder bemerkbar macht. Gleichzeitig kommt bodennah die kühlere
Luftmasse noch etwas nach Südwesten voran, so dass sich im Bodenfeld vor allem
vom Nordwesten bis in die Mitte des Landes ein schwach konvergentes Windfeld
etablieren kann. Die Konvergenz und eine schwache Gegenstromlage (Ost am Boden,
Nordwest in der Höhe) bietet im Zusammenspiel mit der WLA so viel
Hebungsantrieb, so dass es vom Westen/Nordwesten über die Mitte des Landes bis
etwa nach Sachsen überwiegend stark bewölkt bleibt und vor allem vom
Westen/Nordwesten bis in die Mitte gebietsweise etwas Regen fällt.
Im Südwesten und Süden des Landes bleibt es dagegen aufgelockert, teils auch
gering bewölkt, so dass sich stellenweise Nebel ausbilden kann. Der Höhenkeil
wird bereits von schwachen und kaum auszumachenden kurzwelligen Troganteilen
überlaufen, die sich eventuell morgens schon ganz im Südwesten bemerkbar machen
können mit ersten Schauern oder gar kurzen Gewittern, die dann vielleicht schon
den Kaiserstuhl erreichen.
Generell verläuft die Nacht mit Tiefstwerten zwischen 13 und 8 Grad in der
breiten Südwesthälfte Deutschlands deutlich milder als im Nordosten.

Sonntag … tropft der Höhentrog bis zum Abend in etwa über den Balearen ab. Das
Trogresiduum weiter nördlich zerfällt vor allem in 500 hPa und darunter in
mehrere kurzwellige Anteile, die den nur langsam nach Osten vorankommenden
Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet allmählich unterlaufen und auf den Westen
des Landes übergreifen. Der dynamische Hebungsantrieb aus der Höhe bleibt
mangels PVA aber gering.
Im Bodenfeld kann sich allerdings eine flache, etwa vom Niederrhein über
Südhessen bis nach Oberschwaben bzw. ins Alpenvorland reichende Tiefdruckrinne
etablieren, wobei sich über Südbayern bzw. Südbaden eventuell auch kleinräumige
Bodentiefs entwickeln. Das fennoskandische Hoch ändert sich dagegen in Lage und
Intensität kaum, so dass der Ost- bis Südostwind an den Küsten wieder ein wenig
zulegt. An exponierten Abschnitten kann es für steife Böen reichen.
Die nun recht trockene Festlandsluft kommt im Tagesverlauf noch weiter nach
Südwesten voran und durch Entrainment dieser Luftmasse trocknet die feuchtere
Luftmasse im Vorfeld der Rinne allmählich etwas ab. Im Rinnenbereich bleibt die
Luftmasse dagegen potenziell instabil und aufgrund des konvergenten Windfeldes
steigt PPW auf 25 bis 30 mm. Während es im Nordosten – abgesehen von hohen
Wolkenfeldern – überwiegend sonnig bleibt und auch vom Nordwesten über die
östliche Mitte bis in den Osten Bayerns die Wolkendecke größere Lücken zeigt und
längere sonnige Abschnitte zulässt, entwickeln sich im Südwesten, vor allem im
Bereich der Rinne, hochreichende Quellwolken. Bereits am Vormittag kann es im
Südwesten sowie im westlichen Bergland erste Schauer und Gewitter geben,
nachmittags und abends dann in der gesamten Region mit Schwerpunkt vom
Niederrhein über das südliche NRW und Rheinland-Pfalz, Südhessen bis nach
Südbaden, etwas später dann auch an den Alpen und im Vorland. Hochreichende
Scherung ist nur wenig vorhanden, durch die Orographie können aber in einigen
Regionen, vor allem im Südwesten und an den Alpen, günstige Scherungsbedingungen
generiert werden. Dazu gesellen sich, etwas Einstrahlung vorausgesetzt, etwa 200
bis 600 J/kg ML-Cape, vor allem im Süden auch bis an die 1000 J/kg. Die
entstehenden Gewitter werden dann neben Starkregen auch von Hagel begleitet,
wobei Korngrößen über 2 cm vor allem von der Alb bis zu den Alpen aufgrund der
höheren Cape nicht ausgeschlossen sind.
Ansonsten steht eindeutig der Starkregen im Fokus. Die meist multizellulären
Systeme weisen eine nur geringe Zuggeschwindigkeit auf, einige Regionen werden
auch mehrmals getroffen. Somit sind die markanten Warnschwellen rasch erreicht,
kleinräumig sind sicherlich auch mal unwetterartige Mengen (über 25 l/qm in
kurzer Zeit) möglich (ID-2 zeigt relativ hohe Wahrscheinlichkeiten dafür in den
westlichen Mittelgebirgen, entlang der Schwäbischen Alb und im Ostallgäu),
extreme Unwetter (über 40 l/qm) nicht ausgeschlossen, wobei die nicht exorbitant
hohen PPW-Werte eher dagegen sprechen.
Dazu gibt es steife bis stürmische Böen, sollten sich orographisch getriggert
bzw. durch das Zusammenspiel von Outflow Boundaries Multizellen besser
organisieren können, sind auch Sturmböen möglich.
Überhaupt dürfte die Gewitter zum Abend hin mehr und mehr verclustern, so dass
gebietsweise auch mehrstündig Starkregen auftreten kann.
Nach wie vor bleibt temperaturtechnisch das Südwest-Nordostgefälle aufrecht
(T850 hPa zwischen 0 Grad an der Oder und 10 Grad an den Alpen). Somit liegen
die Höchstwerte zwischen 12 Grad rund um Rügen und 24 Grad bei etwas Sonne im
Südwesten.

In der Nacht zum Montag tropft der an Kontur verlierende Trog in etwa über
Westdeutschland ab und der ihn umgebende Höhenrücken kann sich etwas verstärken,
dessen Achse verlagert sich im Laufe der Nacht nach Nordostdeutschland und
Schweden. Auch das Bodenhoch macht mit seinem Schwerpunkt (inzwischen mit einer
1035 hPa-Kernisobare ausgestattet) etwas nach Osten an Boden gut.
Die Tiefdruckrinne füllt sich ein wenig auf, bleibt aber ansonsten nahezu
ortsfest. Dabei bleibt mit dem Abtropfprozess vor allem in der Mitte und im
Süden beständig ein, wenn auch schwacher, dynamischer Hebungsantrieb aufrecht.
Dieser sorgt dafür, dass die Gewitter nicht rasch in sich zusammenfallen,
sondern eher in schauerartigen Regen übergehen. Besonders vom westlichen
Bergland über die Mitte bis nach Baden-Württemberg bzw. bis nach Mittelfranken
und ins westliche Oberbayern zeigt I-D2 erhöhte Wahrscheinlichkeiten für
mehrstündigen Dauerregen (Unwetter nicht ausgeschlossen, aber zunehmend
unwahrscheinlich) bis weit in die Nacht hinein. Von Westen her lassen die
Niederschläge dann allerdings allmählich nach, ganz im Westen lockern die Wolken
auf, so dass sich örtlich Nebel bilden kann.
Im Rest des Landes bleibt es trocken und vor allem nach Norden und Osten zu
aufgelockert bis gering bewölkt. Erneut kann es in Ostvorpommern Bodenfrost
geben, während es im Südwesten und Westen mit meist zweistelligen Tiefstwerten
recht mild bleibt.

Montag … füllt sich das kleinräumige und nur flache Cut-Off-Tief weiter auf
und wandert zögernd südostwärts. Von ihm geht kaum mehr dynamischer
Hebungsantrieb, da sich der Höhenrücken sogar noch etwas verstärkt. Abends
reicht dessen Achse über den Westen und Nordosten des Landes bis zur Ostsee.
Das Bodenhoch bleibt nahezu ortsfest und schwächt sich an seiner Südwestflanke
etwas ab. Dabei steilt die südöstliche Bodenströmung über dem Vorhersagegebiet
ein wenig auf, da die flache Tiefdruckrinne durch Druckfall über Westeuropa sich
Richtung südwestliche bzw. westliche Nordsee ausweitet. Der Wind dreht somit im
Norden und Osten mehr auf Südost und frischt nun auch in den Kammlagen der
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge etwas auf, ist aber, ebenso wie im
Ostseeumfeld und über der Nordsee, voraussichtlich nicht warnrelevant (abgesehen
von einzelnen Böen Bft 7 im Bereich der Flensburger Förde).
Die Rinne ist nun noch flacher als am Vortag und auch die Luftmassengrenze
schwächt sich ein wenig ab. Die 850 hPa-Temperatur liegt um 18 UTC zwischen 4
Grad an der Oder und 8 Grad im Breisgau. Dennoch bleibt die Luftmasse im
Rinnenbereich potenziell instabil und bei PPW-Werten zwischen 20 und 25 mm,
kleinräumig auch etwas darüber, können im äußersten Westen und Südwesten sowie
an den Alpen – Wolkenauflockerungen vorausgesetzt – nochmals wenige 100 J/kg
ML-Cape generiert werden, Scherung ist großräumig kaum vorhanden.
Somit dürften die Regenfälle in der Mitte, im Südwesten sowie an den Alpen aus
der Nacht heraus bis zum Mittag allmählich nachlassen und die Wolken lockern
auch gelegentlich mal stärker auf. Rasch bilden sich dann aber wieder
Quellwolken, die Schauer, etwa vom Westmünsterland oder Emsland bis zur
Schwäbischen Alb sowie an den Alpen und im angrenzenden Vorland auch Gewitter
bringen können. Gebietsweise fällt auch schauerartiger Regen. Mit deutlich
geringerer Wahrscheinlichkeit als am Vortag kann es lokal eng begrenzt auch
wieder Starkregen und kleinkörnigen Hagel geben.
Mit dem auf Südost drehenden Wind wird es auch im Norden und Nordosten mit 15
bis 19 Grad milder als an den Vortagen, im Süden und Westen wird es dagegen – je
nach Bewölkung – mit 16 bis 22 Grad nicht mehr ganz so warm.

In der Nacht zum Dienstag gilt es den Blick nach Westen zu richten. Mit einem
Trogvorstoß ins Seegebiet westlich der Britischen Inseln greift die Frontalzone
über die Biskaya bis nach Nordwestfrankreich aus. Ein vorlaufender flacher
Randtrog überquert die Britischen Inseln und erreicht morgens die Nordsee,
wodurch der Höhenrücken ins östliche Mitteleuropa abgedrängt wird und die
Höhenströmung über dem Westen und Nordwesten Deutschlands auf Südwest dreht.
Trogvorderseitig kann durch etwas PVA dynamische Hebung generiert werden und im
Bodenfeld setzt über dem Vorhersagebiet nun etwas verstärkt Druckfall ein. Das
fennoskandische Hoch zieht sich allmählich nach Südosten zurück, dessen
Schwerpunkt verlagert sich nach Weißrussland bzw. in den Südwesten Russlands. In
den Frühstunden erreicht die Kaltfront eines Tiefs bei Island Benelux und die
mittlere Nordsee.
Somit klingen die Schauer und Gewitter bzw. die schauerartigen Regenfälle im
Westen und Südwesten bzw. an den Alpen zunächst ab. Ausgangs der Nacht setzt
dann im Westen und Nordwesten mit Annäherung der Kaltfront erneut schauerartiger
Regen ein.
Im Osten und Nordosten verläuft die Nacht dagegen gering bewölkt oder klar und
auch in der Mitte bzw. im Süden lockeren die Wolken vorübergehend mal stärker
auf, ehe sie sich mit Annäherung der Front später wieder verdichten. Die
Tiefsttemperaturen erreichen Werte zwischen 4 Grad in einigen Tälern der
östlichen Mittelgebirge und 12, vielleicht 13 Grad im Westen/Nordwesten.
Der Wind frischt in den Kammlagen der östlichen und zentralen Mittelgebirge noch
etwas aus Südost auf, ist aber weiterhin wohl nicht warnrelevant.

Dienstag … greift der flache Höhentrog von der Nordsee auf das
Vorhersagegebiet über, wird aber durch den Höhenrücken über dem östlichen
Mitteleuropa und der Ostsee blockiert und nimmt eine leicht negative Achsneigung
an.
Der schwache Druckfall über dem Vorhersagegebiet setzt sich weiter fort, das
osteuropäische Hoch zieht sich etwas zurück, kann aber nach wie vor die
Kaltfront blockieren, die bis zum Abend somit lediglich auf den äußersten Westen
und Südwesten des Landes übergreift. Immerhin kommen die schauerartigen
Regenfälle allmählich ostwärts voran und erreichen abends in etwa eine Linie
Nordfriesland-Werdenfelser Land, wobei die Modelle sich diesbezüglich
erwartungsgemäß noch nicht ganz einig sind (die Blockadewirkung des Hochs wird
noch unterschiedlich simuliert). Aufgrund der geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit der Niederschläge kann es gebietsweise auch mal
längere Zeit regnen, einige Modelle simulieren im Westen auch etwas
großflächiger Mengen zwischen 10 und nahe 20 l/qm in 12 Stunden. Mit Übergreifen
der Kaltfront kann es am Nachmittag und Abend im äußersten Westen/Nordwesten
auch kurze Gewitter geben, ebenso präfrontal vor allem im Südwesten bzw. an den
Alpen.
In der Osthälfte bleibt es dagegen allgemein trocken und vor allem von der
Ostsee bis zum Erzgebirge scheint häufig die Sonne, während es im Westen und
Nordwesten meist stark bewölkt bleibt. Die 850 hPa-Temperatur erreicht allgemein
Werte zwischen 6 und 8 Grad, somit liegen die Höchsttemperaturen – je nach Sonne

meist zwischen 16 u8nd 20 Grad, im Osten gebietsweise bis 22 Grad. Bei
längerem Regen werden kaum 15 Grad erreicht.
Der Wind frischt vor allem im Nordosten auch in den Niederungen etwas aus Südost
auf, bleibt aber wohl unterhalb der Warnschwellen.

Modellvergleich und -einschätzung

Alle vorliegenden Modelle fahren im Großen und Ganzen eine recht einheitliche
Linie.
Für die Gewitter am morgigen Sonntag lassen sich zwar einige
Schwerpunktsregionen festmachen, das kann sich aber in den kommenden Läufen
wieder ändern, so dass von einer Vorabinformation erst einmal abgesehen wird.
Ob eine solche überhaupt sinnvoll ist, kann in der morgigen Frühkonferenz
entschieden werden, ist aber fraglich, da die Parameter zwar durchaus sehr
kleinräumige Unwetterereignisse zulassen (punktuell sogar extremes Unwetter),
die weitaus meisten Regionen aber sicherlich mit lediglich markanten
Begleiterscheinungen davonkommen dürften.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff