#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag den 25.03.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.03.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag 3-Zonen-Wetter, ab Montag kurzes „WIntermezzo“.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland zumindest teilweise noch unter einem nicht
allzu stark amplifizierten Höhentrog, der zügig gen Osten schwenkt. Warum nur
teilweise? Nun, der Trog ist stark negativ geneigt, heißt, er hängt nach
Nordwesten hin zurück, so dass er im Süden bereits weitgehend durch ist, während
das im Norden noch ein paar Stunden dauert. Bis Mitternacht ist das Thema aber
erledigt, was einem von Westen nachrückenden flachen Rücken die Möglichkeit
gibt, bei uns vorstellig zu werden. Pech für den Rücken, dass die Nacht eine
Stunde kürzer ist als normal und somit seine Präsenzzeit verkürzt wird. Grund
ist die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit, die ja eigentlich irgendwann mal
abgeschafft werden sollte. Winterzeit hin, Sommerzeit her, das Potenzial steigt
von Südwesten her an und auch der Luftdruck orientiert sich zwischen zwei
Tiefdruckgebieten nach oben. Zum einen zieht das südskandinavische Tief HILMAR
langsam weiter in Richtung Baltikum, zum anderen ist das Nachfolgemodell KHUSRU
bei Irland noch zu weit weg, um seinen Stempel auch bei uns aufzudrücken.
Obwohl, so ganz stimmt das nicht, denn weit nach Osten ausgreifende WLA auf der
Vorderseite des Tiefs erfasst spätestens in der zweiten Nachthälfte den Westen
und Südwesten, wo zunächst hohe, später mehrschichtige und noch später – die
Rede ist von den frühen Morgenstunden – leichter Regen aufzieht. Ansonsten setzt
mit Abzug des Troges und damit auch der höhenkältesten und labilsten Luftmasse
sowie dem Tagesgang eine Stabilisierung ein, die ein Nachlassen der anfangs noch
z.T. gewittrigen Konvektion zur Folge hat. Trotzdem, es wird wohl bis weit in
die zweite Nachthälfte dauern, bis die letzten Schauer im Osten von der
Bildfläche verschwunden sind. Nachlassen tut übrigens auch der westliche Wind,
weil der Gradient mit Abzug des „hilmarschen“ Bodentrogs auffächert und
natürlich auch hier der Tagesgang seine Finger im Spiel hat. Einzig auf Fehmarn
sowie von der Kühlung über Fischland-Darß bis hinüber nach Rügen (6-7 Bft) sowie
auf einigen Höhen (7-9 Bft, Brocken bis 10 Bft) hält der Wind noch länger durch,
was aber nicht überall zwingend eine Warnung erfordert. Mit Ausnahme einiger
weniger Hochlagen bleibt die Nacht frostfrei.
Sonntag … wirdŽs ein bisserl kompliziert auf der Wetterkarte. Zunächst aber
erst mal die einfachen Dinge. Der flache Rücken wandert rasch nach Osten
achteraus und macht Platz für den nächsten Trog bzw. das nächste Höhentief, die
sich von Westen her nähern. Korrespondierend dazu zieht unser Freund KHUSRU via
Bretagne gen Zentralfrankreich, wobei er sich zusehends auffüllt. Um nicht
Gefahr zu laufen, von der meteorologischen Bühne für immer zu verschwinden,
produziert KHUSRU knapp westlich von uns ein hochreichendes Teiltief, das zur
Mittagszeit mit rund 1000 hPa auf der Waage in NRW aufschlägt. Sowohl KHUSRU als
auch ein Nachfolger bilden mit dem inzwischen in den baltischen Staaten
angekommenen HILMAR eine Art breiter Tiefdruckrinne, die mitten über Deutschland
verläuft und einen stark frontogenetischen Charakter aufweist. So wird sich etwa
über der nördlichen Mitte des Landes eine recht scharfe Konvergenzlinie
etablieren, an der nördliche bis westliche (Norden) auf südliche bis westliche
(Süden) Winde treffen. Nördlich der Linie wird zunehmend polare und relativ
trockene Kaltluft advehiert (Rückgang T850 bis zum Abend auf -2 bis -6°C),
während in den Süden ein Schwall milder und labil geschichteter Atlantikluft
strömt (T850 0 bis +3°C). Trotz frontogenetischer Tendenzen fällt es zunächst
schwer, prognostisch eine Luftmassengrenze entlang der Linie zu legen, weil die
thermischen Gegensätze bzw. die Baroklinität zunächst nicht besonders ausgeprägt
sind. Trotzdem wurde in der jüngsten Bodenvorhersagekarte (T+24h) eine
Luftmassengrenze installiert, die in der Folge als Kaltfront südwärts schwenkt.
Egal, ob mit oder ohne Luftmassengrenze, in Summe eine schöne und nicht
alltägliche synoptische Konstellation, mit der die diesjährige Sommerzeit
meteorologisch gebührend eingeleitet wird. Kommen wir zu den Auswirkungen und
fangen im Norden an. Dort passiert eigentlich am wenigsten. In der einfließenden
trockenen Kaltluft (Tmax 7 bis 11°C, was natürlich nicht wirklich kalt ist)
bleibt es nicht nur trocken, es setzt sich auch zunehmend die Sonne durch,
insbesondere im Norden Norddeutschlands. Der mehr und mehr auf Nord drehende
Wind frischt vor allem an und über der Nordsee immer mehr auf, bis am Abend
vermehrt steife Böen 7 Bft auf den Windgebern registriert werden.
Vom Norden in die Mitte, wo die Hoffnung auf Sonnenschein bei null und die
Wahrscheinlichkeit für Regen nahe hundert Prozent liegt. So dreht das
Regengebiet von Süden bzw. Südwesten bis zur Mitte ein und intensiviert sich
dabei durch ein ausgeprägtes PVA-Maximum vorderseitig des „neuen“ Höhentiefs.
Aufsummiert über 12 Stunden kommen in der Mitte 5 bis 10, nach Westen hin teils
bis zu 15 l/m² zusammen. Temperaturmäßig stehen etwa 9 bis 12 °C auf der Karte,
bei Dauerregen im Bergland z.T. deutlich weniger.
Von der Mitte in den Süden, wo sich die Sonne ebenfalls rarmacht, es aber ein
paar Aufhellungen oder Auflockerungen gibt. Das könnte reichen, der von Haus aus
labilen und leidlich feuchten Luftmasse etwas CAPE zu verleihen, das wiederum in
konvektive Umlagerungen bis hin zu einzelnen Gewittern transformiert wird. Dazu
frischt der von Süd auf West drehende Wind im Laufe des Vormittags zunächst im
Südwesten, später auch weiter östlich auf mit Böen 7 Bft, in freien und höheren
Lagen 8 Bft. Die Tageshöchstwerte liegen meist zwischen 10 und 14°C.
Es versteht sich, dass die soeben ausgeführte Drei-Zonen-Prognose eine
schematisch vereinfachte Betrachtungsweise darstellt. Zwischen den Zonen gibt es
mehr oder weniger breite und aus heutiger Sicht noch nicht klar zu
positionierende Übergangsbereiche, wo sich die Charaktereigenschaften der
einzelnen Zonen vermischen.
Aufgemischt wird auf alle Fälle in der Nacht zum Montag, wenn die Schleusen ganz
weit geöffnet werden. Wie meinen? Ganz einfach. Von Norden her weitet sich ein
mit fetter Kaltluft (T500 teils unter -40°C) angefüllter Potenzialtrog deutlich
nach Süden aus, wo er das inzwischen zum Randtrog mutierte Höhentief bei uns in
sein Zirkulationsmuster aufnimmt und zügig nach Osten steuert. Damit wird auch
die zonal exponierte Tiefdruckrinne bei uns aufgelöst bzw. nach Osten gedrückt,
während gleichzeitig der Luftdruck über dem nahen Atlantik merklich steigt. Mit
Ausnahme des äußersten Südens dreht der Wind auf Nordwest bis Nord und die über
Südskandinavien und der nördlichen Nordsee angestaute arktische Polarluft
(Mittelding zwischen xA und mA) kann straight ahead nach Süden schießen. Bis zum
Morgen sinkt T850 auf -5 bis -10°C, nur ganz im Süden halten sich anfangs noch
etwas mildere Luftmassen.
Die stratiformen Regenfälle ziehen sich in den Süden und Südosten zurück, wobei
die Schneefallgrenze von Norden her immer weiter absinkt. Die Frage ist nun, was
am Ende dabei herauskommt. Ist die Kaltluft schneller oder der Niederschlag?
Schwer zu sagen, sehr wahrscheinlich irgendwas dazwischen. Stand heute läuft es
darauf hinaus, dass sich in den mittleren und höheren Lagen der zentralen
Mittelgebirge sowie in den höheren Lagen des südlichen Berglands eine 1 bis 5
cm, im Stau der Allgäuer Alpen vielleicht um 10 cm dünne/dicke Neuschneedecke
bildet. Mal sehen, was die sonntäglichen Modellprognosen so zu bieten haben.
Fakt ist, dass mit Übergreifen des Troges von der Nord- und Ostsee her einige
Schneeschauer ins Landesinnere ziehen, die aber maximal etwas Schneematsch
produzieren, wenn überhaupt. Der Nordwestwind frischt vornehmlich an der Nordsee
sowie in höheren Lagen auf mit Böen 7-8 Bft, exponiert 9 Bft. Ein bis zwei
Windstärken weniger sind es entlang der Ostseeküste. Die Temperatur geht in
weiten Landesteilen auf Werte unweit des Gefrierpunktes zurück (im Bergland eher
-, im Tiefland eher +), während es im Süden noch weitgehend frostfrei bleibt.
Montag … halten uns die Gewerkschaften eindrucksvoll vor Augen, welche Macht
sie in diesem Land haben und die Natur, dass wir uns weder auf irgendwelche
Konventionen wie „meteorologischer Frühling“, noch auf astronomische Vorgaben
wie „kalendarischer Frühling“ verlassen können. Auf der anderen Seite ist es
nichts Besonderes oder Einmaliges, wenn Ende März noch mal eine Portion Kaltluft
aus hohen Breiten den Weg zu uns findet. Das kann auch im April noch drohen.
Zwischen tiefem Luftdruck bzw. Geopotenzial östlich von uns – darunter auch die
Altmeister HILMAR und KHUSRU – und dem immer prominenter zutage tretenden Hoch
LILOSA mit Schwerpunkt über UK/Irland (etwas über 1025 hPa) inkl. stützendem
Höhenrücken wird auf direktem Wege arktische Polarluft (mA/xA) nach Süden
geschleust, wo sie sich an den Alpen, in abgeschwächter Form auch am Erzgebirge
staut. Auf 850 hPa liegt die Temperatur zwischen -5 und -10°C, auf 500 hPa
schwenkt die -40°C-Isotherme über den Norden hinweg. Da die Luft auf ihrem Weg
von Norden zumindest teilweise über das norwegisch-schwedische Festland
gestrichen ist, kommt sie bei uns relativ trocken an, wie PPWs unter 10 mm und
spezifische Grundschichtfeuchten unter 5 g/kg eindrucksvoll belegen.
Entsprechend fallen die Schnee- bzw. Schneeregenschauer (Nordwesten), die sich
am Tage über das Land verteilen (im Luv mehr, im Lee weniger) relativ unergiebig
aus. Im Nordweststau der Mittelgebirge reicht es immerhin für 1 bis 5 cm
Neuschnee, während es im Tiefland tagsüber nur kurz anzuckern dürfte respektive
nur etwas Stundenmatsch auf den Plan tritt. Den meisten Neuschnee gibt es im
Alpenstau, wo in den Tälern bis zum Abend 5 bis 10 cm, in höheren Lagen 10 bis
15 cm, lokal um 20 cm zusammenkommen. In der Nordhälfte, wo der thermische Trog
am ausgeprägtesten ist und trotz des geringen Wasserdampfgehalts etwas CAPE
geboten ist, sind einzelne kurze Kaltluftgewitter mit Böen 8 Bft, bei
einigermaßen Organisation (Scherung ist durchaus vorhanden) 9 Bft möglich.
Zwischen den Schauern scheint auch immer mal wieder die Sonne, im Lee mehr als
im Luv. Ganz im Norden könnte sich durch den Skandenföhn sogar ein längeres
Sonnenfenster auftun. Der Nordwestwind frischt insbesondere in einem breiten,
von der Deutschen Bucht bis in den östlichen und südöstlichen Mittelegebirgsraum
reichenden Korridor stark böig auf mit Böen 7-8 Bft, an der Nordsee sowie in
einigen exponierten Hochlagen 9 Bft. Nach Südwesten hin sowie im Nordosten
bleibt der Wind zwar schwächer, aber durchaus spürbar.
Spürbar ist auch die Abkühlung in der frischen Luftmasse. So erreicht die
Temperatur trotz guter Durchmischung nur noch Höchstwerte zwischen 4 und 9°C. Im
höheren Bergland stellt sich leichter Frost ein.
In der Nacht zum Dienstag verschiebt sich das gesamte Strömungsmuster leicht
nach Osten. Mit anderen Worten, Luftdruck und Potenzial steigen von Westen her
an und setzen eine Stabilisierung in Gang, die im Osten aber erst spät oder noch
gar nicht ankommt. Dort kommt es bis weit in die Nacht hinein noch zu
Schneeschauern, die auch in tiefen Lagen eine dünne Schneedecke verursachen
können. Im Stau des Erzgebirges sind sogar 5 bis 10 cm, am Alpenrand je nach
Höhe und Ausrichtung 5 bis 15 cm Neuschnee drin, lokale Schneeverwehungen
inklusive. Zwar lässt der Nordwestwind im Zuge des Druckanstiegs und der damit
einhergehenden Gradientaufweichung nach, im höheren Bergland sowie direkt an der
Küste bleibt er aber noch längere Zeit prominent unterwegs (Böen 7-8 Bft,
exponierte Hochlagen 9 Bft).
In der vielfach auflockernden Bewölkung geht die Temperatur verbreitet in den
leichten, im Bergland über Schnee auch mäßigen Frostbereich zurück. Frostfrei
bleibt es direkt an der See (auflandiger Wind), gebietsweise im Nordwesten
(Nordseeeffekt) sowie punktuell in einigen Flussniederungen. Dort, wo noch
Restnässe vorhanden ist, kann es stellenweise glatt werden durch gefrierende
Nässe.
Dienstag … gelangen wir zwischen den inzwischen nach Osten abgezogenen Trog
und dem sich dezent über Westeuropa zurückhaltenden Rücken unter eine relativ
glatte nordwestliche Höhenströmung. Darunter schiebt sich das Zentrum des
Bodenhochs mit 1025 bis 1030 hPa bis nach Deutschland vor. Vor allem im
Südwesten und im Nordosten setzt sich häufig die Sonne durch. Dazwischen
befindet sich ein von Nordwest nach Südost verlaufender Korridor, in dem es
tendenziell wolkiger zur Sache geht und wo auch noch ein paar schwache
Schneeschauer auftreten können. Auf der Ostflanke des Tiefs im äußersten Osten
frischt der Nordwestwind nochmals böig auf (7 Bft, höhere Lagen 8 Bft),
ansonsten spielt der Wind keine große Rolle mehr. Am Rhein und seinen
Nebenflüssen erreicht die Temperatur bereits wieder untere zweistellige Werte.
Ansonsten stehen 4 bis 9 Grad, im höheren Bergland um 0°C (Ost-Südost darunter,
sonst eher leicht darüber) auf dem Zettel.
Modellvergleich und -einschätzung
Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle die Entwicklung sehr ähnlich.
Leichte Unschärfen bei der Zugbahn des morgigen Teiltiefs sind noch vorhanden,
weshalb die Windwarnung für den Südwesten erst morgen ausgegeben wird.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann