#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag den 25.03.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.03.2023 um 10.30 UTC
Wechselhaft mit Regenfällen. Zunächst Milderung, am Wochenende wieder leichte
Abkühlung. Von Donnerstag bis Sonntag Sturm nicht ganz ausgeschlossen.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 01.04.2023
Wohin geht die Reise nach all den tiefdruckgeprägten Wochen mit einem Wechselbad
der Temperaturen im März? Kommt das von vielen ersehnte stabile „Frühlingshoch“
mit Sonne und Wärme? Nun, diesen Gefallen will die Atmosphäre uns auch in der
Mittelfrist weiterhin nicht tun, sodass wir auf weitere Tiefdruckgebiete mit
Niederschlägen und unterschiedlich temperierten Luftmassen zählen können.
Hintergrund ist eine weiterhin von hoher Wellenzahl (5 bis 7) geprägte
Höhenströmung immer noch als Resultat des SSW Mitte Februar, sodass einerseits
die Verlagerung von Trog-Keil-Mustern recht flott ist und andererseits
Großwetterlagen mit „W“ (West) am Anfang oder „z“ (zyklonal) am Ende bei uns
dominieren. Dazwischen findet Zwischenhocheinfluss meist nur kurz Platz.
Immerhin baut sich am kommenden Dienstag zum Beginn der Mittelfrist über dem
Alpenraum ein solches Hoch auf, das von einem von den Britischen Inseln
hereinschwenkenden Rücken unterstützt wird. Mit nördlicher Anströmung ist zuvor
Luft polaren Ursprungs eingeflossen, die die 850 hPa Temperaturen auf -3 Grad im
Südwesten und bis -11 Grad im Nordosten hat sinken lassen. Das Hoch verhindert
konvektive Umlagerungen in der Osthälfte nicht vollständig, die Kälte lässt
dabei noch die feste Phase bis nach „ganz unten“ zu.
Am Mittwoch erreicht der Rücken die Nordsee und drängt das Hoch nach Tschechien
ab. Da der Rücken aber von kräftiger WLA überlaufen wird, können ausgehend von
einem neuen, hochreichenden Tief über dem Nordostatlantik Ausläufer nach
Deutschland vordringen. Diese haben nicht nur deutlich mildere Luft mit T850 hPa
von 2 bis 5 Grad im Gepäck, sondern auch einiges an Feuchtigkeit und daher
Niederschläge.
Am Donnerstag schickt das hochreichende Tief mit Schwerpunkt südwestlich von
Island in fast schon zonaler Strömung über West- und Mitteleuropa weitere
Ausläufer nach Deutschland. So ist auch dieser Tag der Kategorie wechselhaft
zuzuordnen, bei T850 hPa von 1 bis 5 Grad bleibt es aber mild.
Am Freitag bildet sich mit einem von Grönland kommenden Randtrog am Südrand des
hochreichenden Tiefs knapp westlich der Britischen Inseln ein neues Höhentief,
das am Boden aus einer Welle eine Zyklogenese induziert. Da Boden- und Höhentief
bald schon senkrecht zueinander stehen, ist der Höhepunkt der Entwicklung
schnell überschritten. Im Tagesverlauf zieht das Tief Richtung Schottland, die
Ausläufer dringen mit Regenfällen von Südwesten nach Deutschland ein. Das
Temperaturniveau ändert sich dabei kaum.
Am Samstag dreht sich das neue Tief bei den Britischen Inseln im Kreis, womit
sich über Nordostdeutschland eine Tiefdruckrinne aufbaut, die sich kaum
verlagert. In ihr eingebettet befindet sich das Frontensystem des Tiefs, das
somit ins Schleifen gerät. Im Bereich der Tiefdruckrinne fällt in einem schmalen
Streifen länger Regen, sonst kommt eher die konvektive Komponente zum Zug. Das
Temperaturniveau sinkt in 850 hPa geringfügig auf 0 bis 3 Grad.
In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag herrscht am Rande eines sich über
Skandinavien aufbauenden Hochdruckgebietes bei uns Trog- und Tiefdruckeinfluss
(HNFz), wobei die Strömung auf Ost dreht und zumindest vorübergehend kältere
Luft mit T850 hPa von -1 bis -8 Grad einsickern kann.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Angesichts der Zyklonalität ist die Konsistenz bis zum Donnerstag hoch. Ab
Freitag kommt das neue hochreichende Tief bei den Britischen Inseln ins Spiel,
das in den Vorläufen nur als Trog zu sehen war. Im gestrigen 12 UTC-Lauf war
dieser recht schmal und hätte Raum gelassen für einen Rücken, der
Zwischenhocheinfluss gebracht hätte. Nachfolgend hätte sich im 12 UTC-Lauf ein
Tief über der Nordsee gebildet, dass zur Ostsee weiterziehen sollte und einen
recht starken Gradienten in petto hätte. Das hätte am Wochenende starken Wind
bringen können, ist nun aber vorerst wieder vom Tisch. Zwischen den beiden 0
UTC-Läufen sind die Unterschiede dann nicht so groß, auch wenn die Entwicklung
zu HNFz mit dem heutigen 0 UTC-Lauf deutlicher ist.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis zum Donnerstag zeigen GFS, ICON und UK10 keine anderen Entwicklungen als das
EZMW. Am Freitag sticht GFS jedoch heraus, indem es das neue hochreichende Tief
über Benelux platziert und nachfolgend über Deutschland nach Polen ziehen lässt.
Das würde bei uns Sturm und viel Regen bringen. Beim UK10 ist das neue
hochreichende Tief am Freitag stärker ausgeprägt, was mehr Wind für Deutschland
bedeuten würde. Am Ende seines Vorhersagehorizontes zeigt UK 10 am Samstag, 0
UTC, außerdem einen über den südlichen Britischen Inseln nach Westen laufenden
Schnellläufer, der nachfolgend Deutschland behelligen könnte.
GEM fährt zunächst im Fahrwasser des EZMW, lässt in der erweiterten Mittelfrist
aber kein HNFz und somit keine deutliche Abkühlung erkennen.
NAVGEM entspricht am ehesten der gestrigen 12 UTC-Variante des EZMW mit windigen
Verhältnissen am Freitag/Samstag.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
RAUCHFAHNEN:
Bis zum Donnerstag zeigen die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für verschiedene
deutsche Städte einen engen Spread, der nur durch wenige Ausreißer stärker
geöffnet wird. Dadurch wird der Hauptlauf mit dem Anstieg der Temperatur gut
bestätigt. Beim Geopot 500 hPa gibt es ebenfalls einen soliden Anstieg, der aber
dem tiefdruckgeprägten Wetter am Boden nicht entgegensteht. Dieses zeigt sich
auch in wiederholt auftretenden Peaks in den Niederschlägen bis zum Ende des
Vorhersagehorizontes am Montag. Am Freitag laufen Haupt- und Kontrolllauf bei
T850 hPa zum Teil aus dem Median an den oberen Rand der Streuungen, um
nachfolgend wieder dahin zurückzukehren. Zum Ende hin gehen die T850 hPa
entsprechend oben beschriebenen Szenario bei den meisten Mitgliedern des
Ensembles zurück, womit die Wahrscheinlichkeit dafür steigt.
CLUSTER:
Im zweiten Zeitschritt (Do, 0 UTC bis Sa, 0 UTC) werden 6 Cluster gebraucht, um
die Unsicherheiten im Ensembleraum zu beschreiben. Ein vorwiegendes Regime
kristallisiert sich dabei nicht heraus. Außer C6 besitzen alle einen Trog und
ein Bodentief bei den Britischen Inseln, mit unterschiedlich starkem Einfluss
bei uns. Keine Variante zeigt Sturm, was allerdings auch am Verfahren liegen
könnte, bei dem Details verloren gehen.
Im dritten Zeitschritt (So, 0 UTC bis Di, 0 UTC) werden erneut 6 Cluster
benötigt. Weiterhin gibt es kein vorherrschendes Regime. Die Lösungen
differieren sehr stark voneinander und reichen von milder Südwestlage (zyklonal
oder antizyklonal) bis HNFz mit Haupt- und Kontrolllauf in C2. Mit nur 11
Mitgliedern sind aber nur etwa 20% des Ensembles auf diesem Weg, was der
Vorhersage große Unsicherheit beschert.
FAZIT:
Das tiefdruckgeprägte und wechselhafte Wetter bei zunächst steigenden
Temperaturen ist sicher. Von Donnerstag bis Sonntag könnte es zudem windig
werden, auch Sturm ist nicht ausgeschlossen. Zum Wochenende gehen die
Temperaturen bei weiterhin wechselhaftem Wetter etwas zurück. Nachfolgend sind
mehrere Szenarien möglich. Ob es zu einer weiteren Abkühlung kommt, wie der
Hauptlauf des EZMW es zeigt, ist wie die ganze Vorhersage dann noch unsicher.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
EFI schlägt am Donnerstag im Süden mit geringen Werten um 0.5 für
überdurchschnittlich starken Wind an. Nach COSMO LEPS sind die
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen Bft 8 dann erhöht, insbesondere in der
Mitte und Süden und vor allem im Bergland. In den Hochlagen könnten auch
Sturmböen Bft 9 auftreten.
Von Freitag und Sonntag ist weder bei EFI noch bei den Ensembles was zu sehen,
gemäß obiger Erkenntnisse ein Wind- oder Sturmereignis allerdings nicht ganz
ausgeschlossen.
NIEDERSCHLAG:
Am Donnerstag und Freitag reagiert EFI mit geringen Signalen für
überdurchschnittlich viel Regen. Dabei existieren sogar Gebiete mit
SOT-Signalen, was ein extremes Ereignis bedeuten könnte. Die Ensembles spiegeln
das (noch?) nicht wider, nach GFS gibt es am Donnerstag und Freitag im Süden
aber gebietsweise jeweils 30-50 l/qm in 24 Stunden. Noch ist das jedoch eine
Außenseiterlösung.
GEWITTER:
Am Donnerstag zeigt EFI-CAPE über Deutschland ebenfalls SOT-Signale, jedoch
gänzlich ohne EFI-Signale. Am Freitag ist beides im Südwesten vorhanden. Damit
können kräftige Gewitter, sofern sie tatsächlich auftreten, mit Sturmböen Bft 9
und/oder mit Starkregen einhergehen.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZWM-EPS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler