#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 22.03.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.03.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Unbeständig mit wiederholten Regenfällen, Schauern und teils Gewittern. Dabei
windig, teils stürmisch.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
Aktuell … hat sich vom Atlantik bis ins nordwestliche Mitteleuropa eine schöne
Frontalzone formiert mit einem Jet, der über der Deutschen Bucht verläuft. Die
Strömung kommt dabei aus Südwest, ist insgesamt leicht zyklonal konturiert und
über unserer Region leicht diffluent. Über dem Süden des Landes ist die
Südwestströmung deutlich schwächer. Auf ihrer Nordseite liegt über dem Atlantik
das umfangreiche Zentraltief Hilmar, dessen tiefster Kern Hilmar II nördlich von
Schottland liegt. Über dem Mittelmeerraum ist dagegen eine flache Hochdruckzone
zu finden und Deutschland ist dazwischen eingebettet im Bereich eines im Süden
recht schwachen, im Norden und Nordwesten etwas stärkeren Gradienten. Dabei weht
der Wind landesweit aus südwestlicher Richtung. Die Kaltfront des Tiefs Hilmar
II hat mittlerweile den Nordwesten Deutschlands erreicht. Sie liegt deutlich
hinter dem im Rader schön zu sehenden Regenbandes (aus dem aber fast nichts am
Boden ankommt) im Bereich der eher zerfledderten Niederschlagssignale. Sie ist
thermisch nicht besonders stark ausgeprägt: Im Süden Deutschlands ist auf ihrer
Vorderseite eine sehr milde subtropische Atlantikluft einflossen, die in 850 hPa
bis 8°C aufweist. Auf ihrer Rückseite liegt erwärmte Polarluft, die einen weiten
Weg über den Atlantik zurückgelegt hat und in der in 850 hPa etwa +2°C erreicht
werden.
In der Nacht zum Donnerstag kommt diese Kaltfront mangels Schubkomponente nur
wenig südostwärts voran, an ihr dürfte sogar eine sehr flache Welle ablaufen.
Sie erreicht in etwa eine Linie vom Niederrhein bis zur Lübecker Bucht, die ihr
zugehörigen Regenfälle kommen aber schon deutlich weiter voran. Diese
intensivieren sich in der Nacht etwas, da aufgrund eines in der südwestlichen
Höhenströmung heranziehenden Kurzwellentroges etwas Hebung durch PVA aufkommt.
Vor allem in einem Streifen in der Nordwesthälfte, der von den Modellen durchaus
noch in unterschiedlicher Lage simuliert wird, können 5 bis über 10 l/qm fallen,
nach Arome in Westniedersachen teils auch über 15 l/qm. Ansonsten sind es meist
unter 5 l/qm. Im Südosten bleibt es noch trocken, dort ziehen aber ab der
zweiten Nachthälfte stetig recht dichte mittelhohe Wolken über den Himmel.
Mit dem Höhentrog nähert sich auch ein Bodentrog von hinten der Kaltfront. Er
sorgt ab der zweiten Nachthälfte für zweierlei:
Zum einen verstärkt sich der Gradient im Nordwesten etwas, was ausgangs der
Nacht im Nordseeumfeld schon zu ersten steifen Böen aus Südwest führen kann.
Auch der niedertroposphärische Wind über weiten Teilen Deutschlands legt zu, was
nach einer vorübergehenden Abnahme eine erneute Zunahme des Windes auf den
Berggipfeln zur Folge hat. Dort kommt es dann vielfach zu stürmischen Böen oder
Sturmböen, auf dem Brocken zu schweren Sturmböen.
Zum anderen wird rückseitig der Kaltfront die Schichtung etwas labilisiert und
auf der Vorderseite des Kurzwellentroges soll eine Schauerstaffel von der
Nordsee her aufziehen.
Unter den vielen Wolken verläuft die Nacht sehr mild: Im Südosten kann die Luft
in etwa auf 7 bis 2°C abkühlen, ansonsten werden Minima von meist 11 bis 7°C
erreicht.
Am Donnerstag … schwenkt in der weiterhin vor allem über der Nordwesthälfte
Deutschlands recht kräftigen Südwestströmung der Kurzwellentrog in der ersten
Tageshälfte rasch nordostwärts, ihm folgt im Laufe des Nachmittages recht starke
WLA, in der ein kurzwelliger und flacher Rücken nachfolgt. Die Kaltfront kommt
in den Vormittagsstunden erst einmal recht flott nach Südosten voran und
schwächt sich ab dem späteren Vormittag deutlich ab. Sie liegt dann in der
zweiten Tageshälfte ziemlich diffus und schwer analysierbar (kein Windsprung,
kein markanter Temperaturgegensatz) in etwa auf einer Linie von Sachsen bis zur
Pfalz. Auf ihrer Rückseite schwenkt der Kurzwellentrog mit der Schauerstaffel
über den Norden Deutschlands hinweg. An dieser kann es auch mal kräftige Schauer
geben, vielleicht reicht es bei Wolkenobergrenzen bei -20°C auch mal für ein
kurzes Gewitter. Dabei kann es bei 850-hPa-Winden um 40 Knoten auch mal einzelne
Sturmböen geben. Am Nachmittag kommt dann von Nordwesten zunehmend trockene Luft
in den Norden des Landes, zudem gerät die Region unter leichtes Absinken, so
dass die Schauerneigung zunehmend gedämpft wird. Damit wird auch das von ICON-EU
simulierte CAPE kaum noch ausgelöst.
In etwa südlich der Donau bleibt es den ganzen Tag über noch trocken, dort zieht
aber ebenso reichlich an Bewölkung über den Himmel. Auch in den anderen Regionen
liegen die Niederschlagssummen meist unter 5 l/qm, lediglich Arome und UK10
zeigen einen stärkeren Niederschlagsstreifen im Raum NRW.
Kommen wir nun zum Wind: Dieser lebt vor allem tagesgangsbedingt wieder deutlich
auf und weht weiterhin aus Südwest. Im Süden meist nur mäßig, von der Mitte bis
in den Norden vielfach frisch und mit steifen Böen. Vor allem bei Schauern und
ganz im Norden kann die in den unteren Schichten gute Durchmischung auch mal für
stürmische Böen sorgen, im höheren Bergland sind diese sowieso wieder dabei. Auf
einzelnen exponierten Bergen kann es Sturmböen geben, auf dem Brocken wieder
schwere Sturmböen. Bereits ab dem Spätnachmittag lässt der Wind aber mit
abnehmendem Gradienten deutlich nach.
Das Temperaturniveau ist weiterhin ausgesprochen mild mit im Vergleich zu heute
ziemlich unveränderten Temperaturen in 850 hPa, auch wenn die etwas kältere Luft
etwas nach Süden vorankommt. Jedenfalls sind südlich des Mains wieder vielfach
16 bis 21°C zu erwarten, ansonsten meist 14 bis 17°C, ganz im Norden und an der
See nur 10 bis 13°C.
In der Nacht zum Freitag schwenkt in der Südwestströmung der Höhenrücken recht
rasch bei uns durch und wölbt sich dabei stärker auf. Dies geschieht auf der
Vorderseite eines kräftigeren und langwelligeren Troganteils, der an der
Südflanke des atlantischen Tiefdruckkomplexes entlangläuft. Auf seiner
Vorderseite gibt es nicht nur die den Rücken amplifizierende Warmluftadvektion,
sondern später auch PVA, so dass reichlich Hebung einsetzt. Diese führt an der
als Warmfront wieder rasch nach Norden vorankommenden Luftmassengrenze zu
stärkeren Regenfällen, zudem zieht aus Nordfrankreich eine Welle (Johannes) auf,
die in den Frühstunden über die Deutsche Bucht hinweg Nordfriesland erreicht.
Damit greift gegen Ende der Nacht auch schon wieder die Kaltfront mit teils
recht kräftigen Regenfällen auf den Nordwesten über. Zunächst sind mit weiterer
Stabilisierung der Schichtung die Regenfälle rein stratiformer Natur, im Umfeld
der Kaltfront setzt dann zwar nicht wirklich eine Labilisierung ein, aber es
gelangt hohe Feuchte mit niederschlagbarem Wasser über 20 l/qm zu uns, was für
geringe CAPE-Werte sorgt. Dies führt dann aber eher zu schauerartigen
Regenfällen, für Gewitter reicht der Auftrieb nicht hoch genug. Abgesehen vom
Südosten fällt verbreitet Regen, im Westen und Nordwesten sogar vielfach 5 bis
10 l/qm, in einigen Staulagen vor allem der westlichen Mittelgebirge auch
durchaus bis 20 l/qm.
Nachdem der Wind in der ersten Nachthälfte recht schwach weht, frischt er gegen
Morgen aus Süd deutlich auf und im Nordwesten kann es steife Böen geben, im
westlichen Bergland auch stürmische Böen. Ein Low-Level-Jet schwenkt an der
Südflanke der Welle ostwärts in lässt in 850 hPa den Wind auf über 100 km/h
auffrischen, so dass auf exponierten Bergen noch stürmischer wird: Auf dem
Feldberg (Schwarzwald) voraussichtlich bis hin zu schweren Sturmböen, auf dem
Brocken bis zu orkanartigen Böen.
Am Freitag … schwenkt ein erster kurzwelliger Troganteil recht rasch über den
Nordwesten Deutschlands hinweg, ein breiterer Trog erreicht am Abend Frankreich.
Dazwischen kommt am Nachmittag ein flacher Rücken nach Deutschland herein. Die
Welle Johannes zieht auf der Vorderseite des ersten Kurzwellentroges rasch nach
Nordosten ab und entwickelt sich über Schweden zu einem abgeschlossenen Tief.
Dessen Kaltfront überquert Deutschland im Laufe des Tages komplett südostwärts
mit vielfach schauerartigen Regenfällen. Bei leichter Labilität kann es auch
vereinzelt mal eingelagerte Gewitter geben. Auf der Rückseite erhöht sich in
einfließender kälterer Luft die Labilität, so dass es auch dort vor allem im
Westen des Landes einzelne Schauer und Gewitter geben kann. Dies wird zumindest
von den Modellen so simuliert, allerdings ist etwas schwer nachzuvollziehen, wo
in dieser Region die simulierte Hebung herkommt. Insgesamt können in manchen
Regionen durchaus wieder 5 bis 10 l/qm Regen fallen, meist jedoch deutlich
weniger. An den Alpen kann es durch einsetzender Stau etwas mehr sein. Dort
sinkt die Schneefallgrenze erst im Tagesverlauf unter 2000 m. Mit den sehr hohen
Niederschlägen von oftmals 10 bis 20 l/qm steht UK10 ganz alleine da.
Der Wind frischt im Tagesverlauf vor allem im Norden, Westen und Süden wieder
deutlich auf und dreht rückseitig der Kaltfront auf Westen. Dort muss vielfach
mit steifen, in etwas exponierteren Lagen auch mit stürmischen Böen gerechnet
werden. Über den den Bergen schwenkt der oben erwähnte Low-Level-Jet recht rasch
durch, was am Nachmittag dort zu einer Abnahme der Windgeschwindigkeiten führt.
Zum Abend lässt der Wind überall deutlich nach.
Die rückseitig der Kaltfront einfließende Luftmasse ist niedertroposphärisch
nicht allzu kühl, in 850 hPa sinkt im Norden die Temperatur nahe 0°C, im Süden
auf etwa 4°C. Dies hat etwas niedrigere Höchstwerte als am Vortag zur Folge:
Diese verteilen sich zwischen 11°C auf Sylt und 19°C im Chiemgau.
In der Nacht zum Samstag schwenkt der breite Trog von Frankreich her nach
Deutschland. Mit diesem Geopotentialrückgang ist auch eine Verringerung der
Temperatur in allen Schichten verbunden. In 850 hPa geht es landesweit nur wenig
auf etwa 0°C zurück, nur an den Alpen bleibt es noch geringfügig milder. In 500
hPa geht die Temperatur dagegen fast flächendeckend auf -28 bis -30°C zurück,
womit die Luftmasse einigermaßen labil wird. In der Folge muss von West nach
Osten recht verbreitet mit Schauern, einzelnen Gewittern und schauerartigen
Regenfällen gerechnet werden. Meist fallen aber weniger als 5 l/qm, vereinzelt
vor allem in Staulagen und vor allem im Westen auch mal um 10 l/qm. Da die
Schneefallgrenze erst auf etwa 1000 m zurückgeht, sind Schneefallwarnungen noch
kein Thema.
Mit dem Höhentrog nähert sich von Westen auch ein Bodentief, dies dürfte Hilmar
I sein. Es erreicht in den Frühstunden die Nordsee. Damit nimmt der Gradient in
den Nachtstunden etwas zu, was zusammen mit der Labilisierung dazu führt, dass
der Wind bereits in den Nachtstunden wieder aus Südwest auflebt. Vor allem im
westlichen Bergland muss dann verbreitet mit steifen und stürmischen Böen
gerechnet werden. Nach Osten hin bleibt der Wind etwas schwächer.
Die Temperaturen gehen auf 8°C im Westen und bis 3°C im höheren Bergland zurück.
Am Samstag … schwenkt die Achse des Troges etwas nach Osten durch, das
Geopotential bleibt aber tief und auch die Temperaturen in 500 hPa steigen nur
marginal an. Insgesamt bleibt also die sehr labile Schichtung erhalten, zudem
wird durch den Tagesgang auch noch die Grenzschicht labilisiert, so dass es
richtiges Aprilwetter mit zahlreichen Schauern und Gewittern gibt. Diese dürften
meist in etwa bis in 500 hPa/-30°C reichen, als limitierender Faktor könnte sich
vielleicht teilweise die Feuchte erweisen, denn die spezifischen Feuchten sollen
nur so um 5g/kg liegen und die ppw’s um 12 l/qm. Somit kommen auch keine allzu
hohen Regensummen zustande, die Modelle simulieren meist zwischen 2 und 10 l/qm,
nur bei IFS gibt es im Schwarzwald teils über 20 l/qm.
Die Zuggeschwindigkeiten der Schauer und Gewitter dürften recht hoch ausfallen,
denn der bodennahe Wind legt noch einmal deutlich zu: Von dem Nordseetief Hilmar
ausgehend soll nämlich ein Bodentrog über die Deutsche Bucht schwenken, der den
Gradienten noch einmal verstärkt. Das Ganze sorgt zusammen mit dem Tagesgang und
der ordentlichen Labilität in weiten Teilen des Landes für verbreitet steife bis
stürmische Böen bis in tiefe Lagen. Nur der Nordosten ist wohl davon
ausgenommen. Im höheren Bergland muss vielfach mit Sturmböen gerechnet werden,
auf exponierten Bergen mit schweren Sturmböen. Die derzeit von MOSMIX
angebotenen orkanartigen Böen auf dem Feldberg und dem Brocken scheinen
angesichts der Höhenwinde, die kaum über 90 km/h in 850 hPa reichen, etwas
übertrieben. Allerdings muss natürlich aufgepasst werden, wie sich die Schauer
und Gewitter dann organisieren, denn der Sturm könnte durchaus bei stärkeren
Entwicklungen auch heruntergemischt werden.
Bei all‘ dem Sturm fallen die Sonnenanteile nicht allzu hoch aus. Die
Tageshöchstwerte bekommen einen Dämpfer, fallen aber für die Jahreszeit mit 9
bis 14°C immer noch recht mild aus.
Modellvergleich und -einschätzung
Im Großen und Ganzen wird die synoptische Entwicklung recht übereinstimmend
simuliert. Bei der Lage und Stärke der Niederschlagsmaxima und auch bei den
Windfeldern gibt es bei den Details durchaus noch größere Unschärfen. Auch die
Bodendruckkonfiguration am Samstag ist noch etwas unsicher, denn GFS und noch
mehr UK10 lassen den Kern des Zentraltiefs Hilmar gar nicht bis in die Nordsee
ziehen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann