S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 04.03.2023 um 10.30 UTC

Unsichere Grenzwetterlage mit Spätwinter auf der kalten Seite einer
Luftmassengrenze.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 11.03.2023

Am Dienstag überdeckt ein Langwellentrog Nordeuropa und bringt über Mitteleuropa
eine westliche Höhenströmung, in der kurze Wellen ostwärts ablaufen. Dabei zieht
ein Tiefdruckgebiet über Südskandinavien zur Ostsee, dessen Kaltfront im
Tagesverlauf Norddeutschland überquert und über dem Süden ins Schleifen gerät.
Während südlich der Luftmassengrenze mildere Meeresluft (etwas über 0°C in 850
hPa) liegt, gelangt postfrontal ein Schwall polarer Kaltluft mit -5 bis -10°C in
850 hPa nach Norddeutschland. Vor allem im Bergland und im Norden frischt der
Wind zeitweise stark auf, im Mittelgebirgsraum wird es zum Teil winterlich.
Am Mittwoch liegen wir weiter unter der westlichen Höhenströmung auf der kalten
Seite der Frontalzone, entsprechend einer südlichen Westlage. An der
Luftmassengrenze über Süddeutschland zieht eine Welle nach Osten. Sie lässt über
der Südhälfte verbreitet Niederschläge aufkommen. Dabei verschärft sich der
Temperaturkontrast über Deutschland erheblich. Über dem Süden steigt durch
Warmluftadvektion die Temperatur bis +5°C in 850 hPa, während es über
Norddeutschland bei ähnlichen Werten wie am Vortag bleibt. In den südlichen
Mittelgebirgen regnet es bis in Gipfellagen, an der Nordflanke der Welle schneit
es bis in tiefe Lagen, teils mit Bildung einer Schneedecke. Weiter nördlich ist
es ruhiger mit Schneeschauern nahe der höhenkalten Luft (fast -40°C in 500 hPa)
im äußersten Norden. Auf der milden Seite der Front frischt der Wind zeitweise
stark auf. Zugbahn der Welle und deren Entwicklungspotential sind aber unsicher.

Am Donnerstag folgt möglicherweise auf ähnlicher Zugbahn das nächste Wellentief
an der Luftmassengrenze. An der großräumigen Strömung ändert sich nicht so viel,
die Grenzwetterlage hält an; auch wenn die Entwicklung im Detail unsicher ist.
Es bliebe auf jeden Fall wechselhaft mit vielen Niederschlägen, im Norden dabei
aber winterlich, im Süden teils stürmisch und mild.
Am Freitag schiebt sich ein Höhenrücken nach Westeuropa vor, während der
Langwellentrog über Nordeuropa dagegen hält. An der westlichen Strömung über uns
ändert das nichts, nur kann sich die Luftmassengrenze nordwärts verschieben.
Daran wird nun wieder eine Welle simuliert, die dann aber eher auf
Norddeutschland übergreift. Durch Interaktion mit dem Jet in der Höhe, kann sich
die Welle zu einem durchaus kräftigen (Sturm)Tief entwickeln, was vom aktuellen
Lauf zur Nacht zum Samstag angedeutet wird. Die Gegensätze über Deutschland
dauern an. Dem Spätwinter im Norden steht windiges und mildes Wetter im Süden
gegenüber.
Am Samstag kann die Strömung auf der Rückseite des nach Osteuropa abziehenden
Tiefs auf Nord drehen und die Luftmassengrenze, nunmehr al Kaltfront kommt unter
weiterer Wellenbilden wieder nach Süddeutschland voran.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich eine Andauer des unbeständigen
Wetters an, vielmehr lässt sich aber nicht sagen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Was die südliche Westlage mit scharfer Luftmassengrenze über Deutschland für die
Mittelfrist angeht, sind sich die letzten Läufe des europäischen Modells sogar
halbwegs einig. Die genauen Abläufe, wie die Lage der Luftmassengrenze und die
Abfolge der Wellen bzw. Tiefs sind aber unsicher, weshalb die Konsistenz aus
Sicht des Verfassers dann doch nur mäßig ist. Fragezeichen sind auch hinter dem
Zusammenspiel der Bodenfrontalzone mit dem Jet und kurzwelligen Trögen in der
Höhe zu sehen. Den einzelnen Wellen, schon ab Mittwoch, wohnt jeweils ein
gewisses Entwicklungspotential inne mit entsprechend verschärfter Niederschlags-
und vor allem Windentwicklung.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Das kurze Fazit: Unsichere Grenzwetterlage trifft es auch was die Zusammenschau
der Globalmodelle angeht. Die wechselhafte südliche Westlage mit wiederholten
und teils kräftigen Niederschlägen zeigen auch ICON, GFS und UKMO. Was die
Details angeht, sind die Abweichungen aber teils erheblich. UKMO simuliert die
Luftmassengrenze am Mittwoch über der Landesmitte, weiter nördlich als die
anderen Modelle, und daran ein recht kräftiges Tief, das nach Osten zieht. ICON
hat die südlichste Variante der Luftmassengrenze. Letztlich geht es die
Folgetage so weiter. Ausprägung der Wellentiefs und deren Zugbahn variieren
deutlich.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Unsicherheiten spiegeln sich auch in den Rauchfahnen der Ensembles des
europäischen Modells wider. Sicher erscheint aber zunächst mal der wechselhafte
Wettercharakter, der sich in stetigen Niederschlagssignalen wiederfindet. Nach
einer Talsohle am Dienstag steigt das Geopotential langsam wieder an, wenn auch
leicht schwingend durch die kurzwelligen Tröge. Ab Mittwoch streut die 850 hPa
Temperatur stark und bildet zwei Äste, bei 0° und ca. -8°C über der Landesmitte,
was Ausdruck der unsicheren Lage der Luftmassengrenze ist, bzw. deren Schwingung
mit Passage der Wellen.
Die 3 Cluster im Hauptmittelfristzeitraum zeigen alle die westliche Strömung,
bzw. südliche Westlage über Europa und den Höhentrog über Nordeuropa. Die eher
kleinräumigen Details, die die spannenden Unterschiede für unser Wetter
ausmachen, sind hier kaum nachvollziehbar. Allerdings auch nicht, warum die
Cluster von negative NAO (+120h) in Atlantic ridge (+144, +168h) sortiert
werden, der sich zum Ende lediglich andeutet.
Für die erweiterte Mittelfrist wird ein Cluster angeboten, der den Übergang in
positive NAO andeutet mit westlicher Strömung über Mitteleuropa.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Angesichts der Grenzwetterlage mit Spätwinter in einigen Landesteilen spielen
teils kräftige Schneefälle und Glätte im Warnmanagement der Mittelfrist eine
große Rolle. Am ehesten über der Landesmitte sind bis in tiefe Lagen Schneefälle
zu erwarten, allerdings greifen diese mit Passage der einzelnen Wellen teilweise
in den Süden und Norden aus. Je nach Entwicklung der Wellen frischt der Wind
zeitweise stark auf, wobei aktuell der Süden und dort vor allem das Bergland mit
Sturmböen im Focus steht. Auch die flüssige Phase könnte für Warnungen taugen.
So können am Mittwoch und Donnerstag von der Mitte in den Südwesten gebietsweise
um 50 l/qm Regen in 48 h fallen. Angesichts der Unsicherheiten zeigen die
probabilistischen Verfahren noch keine belastbaren Signale, was Schnee oder
Regen angeht.

Basis für Mittelfristvorhersage
Mos, IFS und deren EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner