#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag den 03.03.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 031800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.03.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Allmählicher Rückzug des bisher wetterbestimmenden Hochs und Übergang zu einer
zyklonalen Nordwestlage (NWz) mit zeitweiligen, anfangs eher schwachen, zum Ende
hin gebietsweise mäßigen Niederschlägen (Schnee/Regen).
Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
Aktuell … werden ganz langsam die Vorbereitungen für die bevorstehende, schon
seit Tagen angekündigte Umstellung der GWL getroffen. So beginnt beispielsweise
das bis dato wetterbestimmende Hoch HAZAL, das seine Fühler mittlerweile bis
nach Grönland ausgestreckt hat, sich infinitesimal nach Westen zurückzuziehen.
Gleiches gilt für den überlagerten Höhenrücken, wodurch der über Nord- und
Nordosteuropa positionierte, recht breit aufstellte Trog seine Chance wittert,
nach Südwesten zu expandieren. Wie gesagt, das Ganze noch in sehr kleinen Dosen,
mit dem bloßen Auge – zumal wenn schon altersmüde – kaum oder gar nicht zu
erkennen. Was man dagegen deutlich sieht, sind die beiden nach Osten gerichteten
Keile, einer in der Höhe, der andere leicht nach Süden versetzt am Boden, die im
Laufe der Nacht Deutschland südwärts überqueren.
Die Folgen sind evident. Zum einen beginnt die Strömung von Norden her mehr und
mehr auf Nordwest zu drehen. Außerdem frischt der Wind im Norden,
schwerpunktmäßig an der Nordsee auf. Auslöser ist andauernder Druckfall, der im
Osten durch das von Finnland zum Baltikum ziehende Tief ASKAN stärker ausfällt
als weiter westlich, wodurch sich der Gradient verschärft. Kurzum, an und auf
der Deutschen Bucht sowie im küstennahen Binnenland SHs treten im Laufe der
Nacht die ersten Böen 7 Bft, am frühen Morgen an der Nordfriesischen Küste nebst
vorgelagerter Inseln und Halligen einzelne Böen 8 Bft und auf Sylt vielleicht
sogar eine 9 Bft auf. Deutlich verhaltener präsentiert sich die Ostseeküste, wo
steife Böen 7 Bft über den Einzelstatus nicht hinauskommen dürften. Ganz anders
dagegen die Platzhirsche unter windexponierten Plätzen, dem Brocken und dem
Fichtelberg, wo die ersten 8er bis 9er auf der Karte stehen.
Mit der Winddrehung wird das große Hochnebelfeld, das heute tagsüber weite Teile
der Nordhälfte überdeckt hat, langsam nach Süden verfrachtet. Da zudem leichte
Hebung einsetzt, werden anfängliche Lücken Stück für Stück geschlossen und die
zunächst zwischen 950 und 900 hPa befindliche Inversion auf bis zu 850 hPa
angehoben. Damit nimmt auch die vertikale Mächtigkeit der Grundschichtsättigung
etwas zu, was insbesondere durch Anstau an den Mittelgebirgen hier und da zu
leichtem Nieselregen oder nässendem Nebel führen kann. Dort, wo es noch frostig
ist und vor allem die Belagstemperaturen unter 0°C liegen, besteht die Gefahr
von gefrierendem Nieselregen bzw. Nebelnässen. Gewarnt werden muss das aber in
situ. So sind die apostrophierten Niederschlagsmengen homöopathisch gering, so
dass man schauen muss, ob überhaupt was fällt. Leichter bis mäßiger Luftfrost
tritt insbesondere dort auf, wo es noch längere Zeit klar ist (vor allem südlich
der Mittelgebirgsschwelle) oder die Temperatur tagsüber nicht richtig aus dem
Quark gekommen ist (gebietsweise Mitte).
Samstag … setzen sich die o.e. Prozesse nahtlos fort, ohne allerdings das
Tempo zu verschärfen. Alles findet langsam und graduell statt ohne große Hatz,
aber es findet statt. So weitet sich der Höhentrog weiter nach Südwesten aus,
was bei uns oder besser über uns die nordwestliche Strömung immer zyklonaler
werden lässt. Hinzu kommt die „Attacke“ einer Kaltfront, die von Norden her auf
Teile des Vorhersageraums übergreift. Sie gehört zu dem Tief ASKAN, das morgen
den Weg nach Westrussland antritt und damit schon ganz schön weit weg ist. Und
da im Westen noch immer das Hoch dagegenhält, verwundert es nicht, dass die
Front auf ziemlich antizyklonaler Spur unterwegs ist, nach Nordwesten
zurückhängt und nur wenig Wetteraktivität auf die Rolle bringt. Ausreichend
Feuchtigkeit sucht man im mittleren und oberen Troposphärenniveau vergebens. Nur
unten bis etwa 800 hPa ist die Luft einigermaßen mit Wasserdampf versorgt, was
an und vor der Front gerade mal für tiefe Wolken und im Nordosten gebietsweise
leichten Regen oder Nieselregen reicht. Immerhin, und deswegen hat die Kaltfront
auch nur ihre Existenzberechtigung, strömt postfrontal eine Portion
skandinavischer Kaltluft in den Nordosten, in der die Wolkendecke von der Ostsee
her auflockert und T850 bis zum Abend auf rund -8°C zurückgeht – herzlich
Willkommen im Märzenwinter.
Präfrontal gilt es weiterhin das große Areal mit Hochnebel respektive
hochnebelartiger Bewölkung zu würdigen. Es hat in der Nacht ja die
Mittelgebirgsschwelle ein kleines Stück überschritten, tut sich auf dem weiteren
Weg nach Süden aber schwer. Immer wieder apert bzw. franst die Wolkendecke an
der Vorderkante aus, so dass weite Teile Süddeutschlands einen aufgelockerten,
teils sonnigen Samstag genießen können. Weit weniger freundlich geht es weiter
nördlich über der breiten Mitte zu, wo die Chancen für Auflockerungen oder
kleine Sonnenfenster alles andere als gut stehen. Im Gegenteil, die leichten
Hebungsprozesse dauern an, was nicht nur die Inversion weiter steigen lässt bis
etwa 800 hPa, sondern auch die Dicke der gesättigten Schicht darunter. Von daher
ist insbesondere im Mittelgebirgsraum, wo durch Stau noch eine kleine
Hebungskomponente hinzukommt, mit schwachen Niederschlägen zu rechnen. Aufgrund
der relativ hohen Wolkenoberflächentemperaturen von über -10°C dürfte die
flüssige Phase überwiegen. Mit zunehmender Tageslänge könnten im Bergland aber
auch ein paar Flocken am Start sein.
Der Nordwestwind frischt am stärksten in einem von der Deutschen Bucht bis nach
Sachsen reichenden Korridor auf. Während direkt an der Nordsee sowie im
angrenzenden Binnenland Warnungen nötig sind (7 Bft, nordfriesische Küste 8
Bft), ist das im Rest des Korridors zumindest im Tiefland nicht unbedingt
vonnöten. Zwar wird Windstärke 7 Bft immer mal wieder irgendwo erreicht, ein
hochfrequentes Auftreten ist aber ebenso wenig wahrscheinlich wie eine größere
räumliche Ausdehnung (am ehesten könnte man noch im nördlichen Harzvorland über
eine kleine Windwarnung nachdenken, wo sich eine Art „Leitplankeneffekt light
version“ einstellt). Gleiches gilt im Grunde für die Ostseeküste. Die
Pole-Position übernehmen einmal mehr der Brocken und der Fichtelberg, wo es
hochgeht bis Windstärke 9 Bft.
Kurz noch der Ausblick auf die Temperatur, die meist Höchstwerte zwischen 4 und
8°C erreicht. Im äußersten Süden und Südwesten sind mit Unterstützung der
inzwischen schon relativ hochstehenden Märzensonne punktuell 9 oder 10°C drin.
In der Nacht zum Sonntag sinkt das Temperaturniveau durch Advektion und
Hebungsabkühlung weiter ab. Exemplarisch sei die 850-hPa-Fläche hervorgehoben,
wo die Spanne am Sonntagmorgen von -4°C im äußersten Süden bis knapp -10°C in
Vorpommern reicht. Zwar expandiert der Höhentrog immer weiter nach Südwesten,
trotzdem bekommt die im Nordosten zur Stationarität verdammte Front (Stichwort
strömungsparallele Ausrichtung) immer größere Schwierigkeiten, sich ihrer
Auflösung zu widersetzen. Mal sehen, was der dann zuständige
Nachtdienstanalysator dazu sagen wird.
Front hin oder her, Fakt ist, dass es verbreitet und relativ unorganisiert zu
leichten, meist schauerartigen Niederschlägen kommt. Die Sättigungsschicht
wächst an bis etwa 750 hPa, wodurch die Wahrscheinlichkeit für die feste Phase,
also für Schnee, zunimmt. Am ehesten ist das natürlich im Bergland der Fall und
dort in Staulagen, wo sich hier und da durchaus eine dünne Schneedecke bilden
kann. Favorit für Schneefall bis ganz runter ist der Nordosten, wo sich die
niedertroposphärisch kälteste Luft befindet. Ob es für eine dünne Schneedecke
reicht, bleibt abzuwarten. Wenn nicht, kann es stellenweise trotzdem glatt
werden, nämlich durch gefrierende Nässe.
Das gilt übrigens auch für andere Regionen, wo die Temperatur in den leichten
Frostbereich zurückgeht. Allerdings ist für Glätte weniger die Luft- als
vielmehr die Belagstemperatur von Bedeutung, was noch mal eine andere Geschichte
ist. Die Böden sind nicht gefroren, Auflockerungen selten, so dass es schwierig
wird, die Beläge auf unter 0°C abzukühlen. Ganz schwierig wird es nach Westen
und Nordwesten hin, wo es gebietsweise frostfrei bleibt.
Windtechnisch zeigt das Pendel eher nach unten, trotzdem kann es an der Nordsee,
vereinzelt auch an der Ostsee sowie in höheren Lagen der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge für einige Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft aus Nordwest
reichen.
Sonntag … beult sich der nordosteuropäische Höhentrog weiter aus bis nach
Frankreich und zur Nacht hin sogar etwas über die Pyrenäen hinweg aus. Damit
nimmt die nordwestliche Höhenströmung bei uns noch zyklonalere Konturen als
bisher an. Zyklonal ist auch die bodennahe, in ihrer Intensität etwas
nachlassende West-Nordwestströmung, die nach wie vor vom Hoch über dem nahen
Atlantik und dem Tief über Russland initiiert wird. Während auf 850 hPa das
Temperaturniveau weitgehend konstant bleibt, kühlt es auf 500 hPa noch etwas ab
auf rund -29°C. Mit anderen Worten, die Labilität nimmt zu, wobei sie aber nicht
besonders hochreichend ist. Zwar steigt die Sperrschicht weiter an bis auf rund
700 hPa und schwächt sich dabei auch zusehends ab, ganz von der Bildfläche
verschwindet sie aber nicht.
Wettertechnisch steht uns in der weiterhin einfließenden maritimen Polarluft ein
recht wolkenreicher Sonntag ins Haus, an dem sich angefacht durch den Tagesgang
sowie durch in der Höhe ablaufende Sekundärtröge eine zumindest in Teilbereichen
leidlich rege Schauertätigkeit einstellt. Der Schwerpunkt scheint
modellübergreifend in einem Streifen zu liegen, der von der Nordsee und den
Niederlanden über den westlichen und zentralen bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum reicht. Vornehmlich im West-Nordweststau der Mittelgebirge
sind angesichts apostrophierter Niederschlagsmengen von maximal rund 5 l/m²
einige Zentimeter Neuschnee drin. In tiefen Lagen hingegen wird es schwierig mit
der festen Phase, auch wenn es sicherlich für den einen oder anderen
Schnee(Regen)schauer reicht. Dort, wo der mildernde maritime Einfluss relativ
groß ist, also vornehmlich nach Nordwesten hin, dürfte die flüssige Phase
überwiegen. Vor allem dann, wenn die Intensität schwach ausfällt.
Je weiter wir nach Süden schauen, desto geringer die konvektiven Bemühungen.
Zwar muss auch dort mit einzelnen Schnee- oder Regenschauern gerechnet werden,
Frequenz und Verbreitung sind aber spürbar geringer als weiter nördlich.
Außerdem sind ein paar Auflockerungen, an den Alpen vielleicht sogar sonnige
Abschnitte möglich. Sonne gibt es auch im äußersten Norden und Nordosten der
Nation, etwa von SH bis hinüber nach MV. Grund ist der sogenannte Skandenföhn,
bei dem die von Nordwesten kommende Luftmasse durch Überströmung norwegischen
Gebirge abtrocknet und somit bis in unseren Raum die Wolken auflockert, vielfach
sogar ganz auflöst.
Der West- bis Nordwestwind spielt keine prominente Rolle mehr. Für mehr als ein
paar „7er“ an der Nordsee sowie Böen 8-9 Bft auf Brocken und Fichtelberg wird es
wahrscheinlich nicht reichen. Die Tagestemperaturen sind typisch für die
Luftmasse und Jahreszeit, mehr als 2 bis maximal 8°C gibt es nicht zu holen. Im
höheren Bergland herrscht leichter Dauerfrost.
In der Nacht zum Montag schickt sich ein weiterer, etwas stärker ausgeprägter
Sekundärtrog an, den Haupttrog von Nordwesten her zu füttern. Und da das Futter
offensichtlich reichlich und substanziell ausfällt, ist es beim Trog wie bei uns
Menschen: Er nimmt immer weiter zu. Das führt dazu, dass er dem Tagesgang
nachhaltig Paroli bieten kann, indem er weitere schauerartige Niederschläge
generiert. So weit, so klar. Was derzeit aber noch nicht eingetütet ist, sind
Intensität, räumliche Verteilung und Art der Niederschläge. Mit Ausnahme von
ICON tauch bei den meisten externen Modellen ein relativ schmaler Streifen auf,
in dem es regnen (tendenziell eher nach Westen hin) oder schneien (nach Osten
hin sowie allgemein im Bergland) soll. Mal reicht der Streifen von der Nordsee
über NDS bis nach BB und Sachsen (GFS, UK10 von 06 UTC), mal liegt er etwas
weiter südlich (SuperHD), mal attackiert er von der Nordsee her
Schleswig-Holstein (IFS von 00 UTC).
Schwierig, aber wie immer die Lösung letztlich ausfallen wird, es könnte auch in
einigen Tieflagen mal weiß und rutschig werden. Voraussetzung sind eine
ausreichende Intensität und Andauer des Niederschlags sowie nicht zu viel
Durchmischung (was angesichts des überwiegend schwachen Windes gegeben sein
sollte). In einigen Mittelgebirgen sind ein paar Zentimeter Neuschnee
wahrscheinlich, sofern sie denn von den Schauern getroffen werden.
Im Westen und Süden sowie direkt am Meer bleibt es z.T. frostfrei. Ansonsten
steht leichter, im höheren Bergland lokal mäßiger Frost auf dem Zettel. Auch
dort, wo es nicht schneit, aber noch nass ist, kann es stellenweise glatt werden
durch gefrierende Nässe.
Montag … zieht der nächste, dieses Mal relativ scharf geschnittene
Kurzwellentrog vom Europäischen Nordmeer in Richtung UK/Irland und Nordsee. Er
induziert auf seiner Vorderseite ein kleines Bodentief, das unter Intensivierung
die Nordsee in Richtung Jütland kreuzt. Das Tief als solches haben alle Modelle
auf dem Schirm. Was derzeit noch nicht passt, sind Timing, Zugbahn und
Intensität. Es ist aber davon auszugehen, dass die Hauptwirkung des Tiefs mit
z.T. kräftigen Niederschlägen (Schnee teils bis ganz runter, in einigen
Mittelgebirgen zudem nicht unergiebig) und merklich auffrischendem, teils
stürmischem Wind erst ab der Nacht zum Dienstag eintritt.
Der Montag selbst legt eine „hundsnormale“ Trograndlage aufs Parkett, in der
sich bei wechselnder, häufig starker Bewölkung weitere Schnee-, Regen-, Graupel
oder Mischschauer entwickeln. Die Schneefallgrenze schwankt etwas, ist grob aber
mit 200 bis 500 m anzusetzen. Das heißt nicht, dass nicht auch weiter unten mal
ein paar nasse Flocken aufschlagen. Für eine Schneedecke wird es dort tagsüber
wohl aber nicht reichen, zumindest nicht auf den Straßen. Der Wind dreht zurück
über West auf Südwest und spielt über weite Strecken des Tages keine große
Rolle. Sollte allerdings die jetzige ICON-Lösung wahr werden, die besonders
forsch ist und das Tief um 18 UTC mit etwa 990 hPa im Kern schon über
Nordjütland sieht, würde der Wind an der Nordsee am Nachmittag stark bis
stürmisch auffrischen – Konjunktiv! Weniger konjunktivisch die Temperaturen, die
in der Spitze zwischen 2 und 7°C, im höheren Bergland um oder etwas unter dem
Gefrierpunkt liegen.
Modellvergleich und -einschätzung
Prinzipiell simulieren die Modelle die Entwicklung ähnlich. Das ändert aber
nichts daran, dass gerade die Niederschläge mit zunehmender Prognosedauer immer
schwieriger einzuschätzen sind. Unsicher ist derzeit auch noch die genaue Vita
des Nordseetiefs, das im Laufe des Montags das Licht dieser Welt erblicken wird.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann