#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag den 25.02.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.02.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
HAZAL und YGIT auf Winterkurs – polare Kaltluft bringt Schnee und Frost (und der
Hertha aus Berlin mit orangenem! Ball auf schneebedecktem Rasen einen Sieg gegen
die „Datschis“). Zur nächsten Woche hin meist trockenkaltes Hochdruckwetter.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
Aktuell … , die Rede ist vom frühen Samstagabend, hat sich im ganzen Land eine
hochreichende nord-nordwestliche Strömung durchgesetzt, mit der auf direktem Weg
polare Luftmassen aus hohen Breiten herangeführt werden. Die kälteste Luft
befindet sich aktuell im Norden und Osten, wo auf 850 hPa rund -10°C registriert
werden. Kalt ist es z.T. auch auf 500 hPa, wo die Werte im Osten um -36°C
liegen. Grund ist die Nähe zu einem Höhentrog, der von Sibirien bis zum
östlichen Mitteleuropa reicht. Angefacht durch permanente KLA weitet sich der
Trog Stück für Stück nach Südwesten aus, während er gleichzeitig seine
Wellenlänge verkürzt. Mit anderen Worten, es droht irgendwann mal eine
Abtropfung, allerdings noch nicht in der kommenden Nacht.
Stellt sich noch die Frage, wer oder was überhaupt für die nördliche Strömung
verantwortlich zeichnet. Es ist ein klassisches Duett bestehend aus dem
hochreichenden Hoch HAZAL mit Zentrum knapp nördlich von Schottland und dem Tief
YIGIT, das inzwischen die baltischen Staaten passiert hat und nun den Westen
Russlands ansteuert. Dazwischen hatte sich ein veritabler Gradient aufgebaut,
der durch Druckanstieg mittlerweile aber zusehends aufweicht. Folgerichtig wird
auch der Nordwest- bis Nordwind immer schwächer, am längsten hält er sich noch
an den Küsten mit Böen 7 Bft, anfangs vereinzelt 8 Bft.
Wettertechnisch sieht die Sache so aus, dass in den Norden und Westen tagsüber
bereits trockenere Luft eingeflossen ist (Td um oder etwas unter
-5°C, PPW um 5 mm). Wenn man so will, handelt es sich um eine orografisch
abgetrocknete Luftmasse (Überströmung der norwegischen Gebirge), die zwar noch
einen kleinen Bogen über die Nordsee geschlagen hat, dort aber nicht genügend
Zeit hatte, wieder ausreichend Wasserdampf aufzunehmen. Kurzum, im Norden und
Westen bleibt die Nacht nicht nur weitgehend niederschlagsfrei (wenige Schauer
von der Nordsee her), sondern auch gering bewölkt oder klar.
Anders die Situation in der Südosthälfte, wo die Polarluft labiler ist und es
trotz „ungünstiger“ Tageszeit bei wechselnder bis starker Bewölkung zu weiteren
Schneeschauern kommt. Am höchsten ist die Frequenz am Alpenrand sowie in den
sächsischen Mittelgebirgen, wo noch Staueffekte dazukommen. Dort sind
stellenweise um 5 cm, in den Alpen um 10 cm Neuschnee innert 12 h drin. Im
vorgelagerten Tiefland (in der Mitte bis nach Thüringen ausgreifend), sind es 1
bis 3 cm, z.T. sogar noch weniger. Evtl. muss man aber auch noch mal im
Nordosten nachjustieren (Hochstufen von „Glätte“ auf „Schnee“; ist regional
schon passiert), weil sich von der Ostsee her zumindest aktuell ein paar
schmale, aber stationäre Schauerstraßen eingestellt haben. Die Temperatur geht
verbreitet in den leichten bis mäßigen Frostbereich zurück, im höheren Bergland
punktuell gar auf rund -10°C. Nur direkt an der See, vor allem in Abschnitten
mit auflandigem Wind (der ja nicht vollständig einschläft), bleibt es frostfrei.
Thema Glätte: Neben Schneeglätte, die streckenweise auftritt, kann es auch durch
gefrierende Nässe glatt werden.
Sonntag … erreicht die Bodenwetterkarte fast schon Gemäldestatus, womit sie
sich für eine Ausstellung im Frankfurter Städel bewerben kann: In der „Mitte“
das umfangreiche Hoch HAZAL (inzwischen über 1030 hPa) mit Zentrum über
Schottland, drum herum (Norden, Osten, Süden, Westen) vier satte
Tiefdruckgebiete, eines schöner als das andere. Vor allem das Sturm- respektive
Orkantief weit draußen auf dem Atlantik mit Kerndruck unter 950 hPa ist ein
Prachtexemplar, das mit seiner engen Isobarenführung an eine Vinylschallplatte
früherer Jahre erinnert. Für uns spielt dieses Tief keine Rolle (deswegen auch
namenlos), weil es vom Hoch geblockt und nach Nordwesten in Richtung
Südgrönland/Labradorsee abgelenkt wird. Wenig bis keine Bedeutung (mehr) haben
auch die Tiefs im Norden (nördlich Spitzbergens) und Osten (YIGIT;
Westrussland), so dass wir uns ganz auf ZAKARIYYA südlich der Alpen fokussieren
können. Es handelt sich um ein doppeltes Lottchen mit zwei Kernen knapp unter
995 hPa, die um 12 UTC über der Adria und dem Ligurischen Meer zu finden sind.
Zwischen diesem Tief und dem Hoch wird ein überaus solider Gradient aufgebaut,
der im Südwesten unseres Landes, aber auch in der benachbarten Schweiz für eine
deftige Bise sorgt. Dieser böige und kalte Nordostwind erreicht im Tiefland in
Böen Stärke 7 Bft, im Süden BaWüs sowie in freien Lagen vereinzelt 8 Bft, im
höheren Bergland 8-9 Bft und auf dem Feldbergplateau später vielleicht sogar 10
Bft.
Ansonsten präsentiert sich die Wetterlage ziemlich eingefahren mit hohem
Blockierungspotenzial. Einzig den o.e. Höhentrog schert das nur wenig, er tropft
im Laufe des Tages entweder gerade noch über der schönen Schweiz oder erst etwas
weiter westlich im benachbarten Frankreich ab, um via Zentralmassiv in Richtung
Pyrenäen zu ziehen. Das Trogresiduum verabschiedet sich nur sehr zögerlich aus
dem Vorhersagegebiet, weshalb sich wettertechnisch grob gesprochen eine
Zweiteilung ergibt: in der Nordwesthälfte sonnig oder nur locker bewölkt,
weitgehend niederschlagsfrei. In der Südosthälfte wechselnd, mitunter auch stark
bewölkt und noch einzelne, in und an den Mittelgebirgen sowie den Alpen etwas
häufigere Schneeschauer. Die Neuschneeakkumulation geht aber zurück, im
Erzgebirge und an den Alpen sind punktuell noch mal um 5 cm drin. In der
weiterhin einströmenden, allmählich etwas abtrocknenden Polarluft (T850 am
Mittag -7 bis -11°C) wird es nicht wärmer als 0 bis +6°C mit den höchsten Werten
zwischen Niederrhein und Ostfriesland. Im Süden (stellenweise) sowie allgemein
im Bergland herrscht leichter, in höheren Lagen mäßiger Dauerfrost.
In der Nacht zum Montag kräftigt sich das Hoch auf über 1035 hPa im Zentrum, das
weiterhin über Schottland liegt. Gleichzeitig füllt sich das Tief über dem
Mittelmeer auf bis auf rund 1005 hPa. Damit beginnt der Gradient im Südwesten
etwas aufzuweichen, was die Bise in den Süden BaWüs zurückdrängt. Mit
Unterstützung von Low-Level-Effekten könnte es aber im Hochschwarzwald noch mal
hoch hergehen mit Böen bis 11 Bft auf dem Feldberg.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich das Trogresiduum nebst
höhenkältester Luft langsam aber sicher gen Osten verabschieden, was einer
Stabilisierung der Schichtung gleichkommt. Folglich wird es auch mit der
Schauerei immer weniger. Allerdings ist die Luft niedertroposphärisch noch so
kalt, dass es fast aus jeder Wolke herauskrümelt. Mit anderen Worten, im Osten
und Süden sind noch ein paar schwache Schneeschauer unterwegs, insbesondere
dort, wo Berge in der Nähe sind. In den übrigen Regionen nimmt die Bewölkung ab
bzw. ist erst gar nicht vertreten. Von daher wird es einmal mehr eine frostige
Nacht mit Tiefstwerten zwischen -2 und -8°C, in einigen Mittelgebirgen und
vielleicht auch an den Alpen bei Aufklaren um oder etwas unter -10°C (strenger
Frost). Einzig direkt an der See bleibt es an der einen oder anderen Stelle
frostfrei.
Montag … baut sich ausgehend von nahezu stationären Hoch ein breiter Höhenkeil
auf, der in Richtung Skandinavien gerichtet ist und nur ganz langsam südwärts
schwenkt. Ihm vorgeschaltet ist ein nicht minder breiter Bodenkeil, der sich
über Südskandinavien hinweg bis zu den Baltischen Staaten erstreckt. Deutschland
verbleibt am Rande der beiden Keile in einer nordöstlichen Grundströmung, mit
der weiterhin polare Kaltluft advehiert wird (T850 -7 bis -11°C, nur im Westen
und Nordwesten nicht ganz so kalt). Die Bise im Südwesten lässt etwas nach, weil
sich das Mittelmeertief weiter auffüllt. Gleichwohl muss vornehmlich im
südlichen BaWü noch mit Böen 7-8 Bft, in höheren Lagen 8-9 Bft, exponiert
(Feldberg) 10 Bft gerechnet werden.
Wettermäßig scheint vor allem im Westen, aber auch in Teilen der Mitte häufig
die Sonne. Ansonsten herrscht wechselnde Bewölkung, wobei sich nun auch in den
zuvor meist sonnigen Norden ein paar dichtere Wolkenfelder reinschieben. Im
südlichen und östlichen Bergland reicht es noch für ein paar Flocken, die den
Kohl aber nicht mehr fett machen. Auf der Temperaturskala tut sich nur wenig
gegenüber dem Sonntag.
In der Nacht zum Dienstag eiert ein kleines Höhentief von Osten her über
Deutschland hinweg west-südwestwärts. Es handelt sich um ein Relikt aus
Altbeständen des o.e. Trogresiduums, das als kleiner Kaltlufttropfen (klassische
Verteilung von WLA/KLA und PVA/NVA in den Diagnosekarten) für einige Wolken,
aber nur wenige Schneeschauer sorgt. Ansonsten gibt sich die Wetterlage eher
konservativ, wobei die Bise im Südwesten weiter auf dem absteigenden Ast ist.
Was uns erhalten bleibt ist der – je nach Bewölkung – leichte bis mäßige, bei
längerem Aufklaren und präsenter Schneedecke lokal strenger Frost. Nur in
Meeresnähe bleibt es z.T. frostfrei.
Dienstag … zieht das Höhentief nach Westen ab und das Potenzial steigt etwas
an. Außerdem schiebt sich ganz langsam der Bodenkeil in den äußersten Norden und
Nordosten. Das Absinken nimmt zu und es bildet sich eine Inversion, die am Abend
etwa zwischen 850 und 900 hPa positioniert ist. Von oben her trocknet die
Luftmasse nicht nur sukzessive ab (=> allmähliche Wolkenrückbildung respektive
-auflösung), sie wird auch wärmer – zumindest oberhalb der Grundschicht. So
steigt T850 je nach Region auf -8 bis -2°C, was natürlich immer noch recht kalt
ist und dem Bergland zum Ende des meteorologischen Winters noch mal einen
Dauerfrosttag beschert. Weiter unten stehen Tageshöchstwerte von 0 bis 7°C auf
der Karte. Zwar bleibt der Nordostwind im Süden noch mäßig unterwegs,
warntechnisch dürfte aber kaum noch was anbrennen (vielleicht einige exponierte
Mittelgebirgslagen mit Böen 7-8 Bft).
Modellvergleich und -einschätzung
Die Großwetterlage wird modellübergreifend sehr ähnlich simuliert. Das heißt
aber nicht, dass alle Prozesse korrekt erfasst werden. So muss in der kommenden
Nacht nicht nur das Schneefall genaustens gemonitort werden, auch ein regionales
Hochstufen von Glättewarnungen wegen plötzlich auftretender gefrierender Nässe
(dort, wo es nicht mehr ausreichend abtrocknen konnte) muss ins Kalkül gezogen
werden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann