S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.02.2023 um 10.30 UTC

Übergang zu einer trockenen und zunächst recht kalten antizyklonalen Nordostlage
(NEa). Dabei verbreitet Nachtfrost, teils mäßig, stellenweise streng. Im
Südwesten Bise.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 02.03.2023

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag weist die
großräumige Potenzialverteilung ein ausgeprägtes Omega-Muster auf, das – so weit
sei an dieser Stelle schon verraten – sehr eingefahren ist und durch einen noch
zu beschreibenden Abtropfprozess zusätzlich zementiert wird. Doch zunächst mal
zu den drei Hauptsäulen, von denen die hochreichende Antizyklone HAZAL (türkisch
„die Herbstblume“) mit Zentrum knapp nördlich von Schottland den Mittelpart
ausfüllt. Flankiert wird das Hoch von zwei Trögen, von denen der westliche weit
draußen über dem Atlantik liegt. Knapp östlich von uns befindet sich Trog #2,
der nicht nur über eine verdammt lange Amplitude verfügt, sondern zudem auch
noch eine positive Achsneigung hat, sprich, nach Südwesten zurückhängt – eine
Konstellation, die förmlich danach riecht, sich in dieser Form nicht halten zu
können. Und tatsächlich werden am Sonntag die Vorbereitungen für einen
bevorstehenden Cut-Off getroffen, der dann spätestens in der Nacht zum Montag
über oder unweit der Schweiz Realität wird. Das abgetropfte Höhentief (HT), das
mangels eines korrespondierenden Bodentiefs als Kaltlufttropfen durchgeht, zieht
in Richtung Südfrankreich. Dort übernimmt es die Rolle eines zuvor schon
präsenten (Iberische Halbinsel/westliches Mittelmeer), inzwischen aber etwas in
„die Jahre“ gekommenen HTs.

Bevor wir auf das Sonntagswetter bei uns zu sprechen kommen, zunächst noch ein
etwas ausführlicherer Blick auf die Bodenwetterkarte, die ein überaus
imposantes, fast schon gemäldeartiges Aussehen offenbart (siehe auch TKB+84h):
in der Mitte das fette und sich weiter intensivierende Blockade-Hoch
(Druckanstieg auf etwas über 1035 hPa am Tagesende), an den Flanken in allen
vier Himmelrichtungen mal mehr, mal weniger ausgeprägte Tiefs. Am auffälligsten
ist dabei das Sturmtief über dem mittleren Nordatlantik mit einem Kerndruck nahe
950 hPa und dem Aussehen einer inzwischen zur Nostalgie gewordenen
Vinyl-Schallplatte. Da können die drei anderen Mitbewerber, die um 12 UTC
nördlich von Spitzbergen, in Westrussland und – als doppeltes Lottchen – über
dem Ligurischen Meer und der Adria ihren Lunch einnehmen, nicht mithalten.

Kommen wir in unsere Gefilde, wo kurz zuvor auf direktem Weg eine knackige
Portion maritimer Polarluft eingeflossen ist. Inzwischen hat der schwache bis
mäßige, im Süden mitunter frische Wind auf Nordost gedreht, wodurch die
Luftmasse ein wenig abgetrocknet ist. Gleichzeitig hat sich auf 850 hPa die
-10°C-Isotherme! eingefunden. Typisch, jetzt wo zumindest der meteorologische
Winter kurz vor dem Aus steht (am Mittwoch ist Frühlingsanfang) und viele nicht
mehr so den rechten Bock darauf haben, knallt uns die Atmosphäre salopp
formuliert einen vor den Latz. Egal Freunde, ist nicht zu ändern, müssen wir
volens nolens so hinnehmen. Immerhin scheint im Norden und Westen, wo das
Absinken am kräftigsten ist, häufiger die Sonne. In den übrigen Regionen
(dichter am abtropfenden Trog dran => höhere Labilität) stellt sich wechselnde,
vor allem im Osten mitunter auch starke Bewölkung ein, aus der sich einzelne, in
den östlichen und südöstlichen Mittelgebirgen sowie an den Alpen etwas häufigere
Schneeschauer entwickeln. Für viel mehr als 5 cm Neuschnee dürften die
Niederschlagsraten aber nicht mehr reichen.

Zu Beginn der neuen Woche schwenkt ein von der Höhenantizyklone nach
Skandinavien gerichteter Keil langsam südwärts, während das abgetropfte HT die
Pyrenäen ansteuert. Ansonsten tut sich herzlich wenig an der großräumigen
Strömungskonstellation – wie auch, angesichts dieser hochdekorierten
Blockierungslage. Deutschland verbringt den Montag zwischen hohem Druck nördlich
und tiefem Luftdruck südlich von uns in einer zumindest nach Süden hin mäßigen
bis frischen nordöstlichen Strömung. Im Osten werden auf 850 hPa noch 1 oder 2
Grad „aufgelegt“ (bis -12°C), im Südwesten stellt sich Bise ein mit stürmischen
Böen oder Sturmböen im Hochschwarzwald. Ansonsten heißt die Kurzformel im Norden
und Westen wenig Wolken, viel Sonne, sonst mehr Wolken, weniger Sonne, aber nur
noch wenige Flocken (Alpenrand, östliche und südöstliche Mittelgebirge). Ach ja,
besonders warm wird es angesichts maximal zu erwartender 0 bis 6°C nicht, im
Bergland, teils aber auch im Süden, herrscht sogar Dauerfrost.

Im weiteren Verlauf der Woche bis Donnerstag schiebt sich von Norden her der
o.e. Höhenkeil zu uns rein, der sich zunehmend auch bis ins Bodendruckfeld
durchpaust. Donnerstagmittag verläuft die Divergenzachse zonal über die
Norddeutsche Tiefebene, was nichts anderes bedeutet, dass die Mitte und im Süden
bis dahin in einer nur langsam nachlassenden nordöstlichen Strömung verbringen.
Eine ganz extravagante, für uns aber nur von peripherer Bedeutung ausgestattete
Bewegung legt unser HT über Südwesteuropa aufŽs Parkett. Es zieht sich immer
mehr in die Länge, um letztlich (am Mittwoch) einen Split hinzulegen. Während
der westliche Part über der Iberischen Halbinsel kreiselt, zieht es den
östlichen Teil gen Italien respektive Balkan.

Noch mal zurück nach Deutschland, wo durch das permanente Absinken nahezu
gesamttroposphärisch ein merklicher Temperaturanstieg ausgelöst wird. Wurden am
Montagmittag auf 850 hPa noch um oder sogar etwas unter -10°C registriert, sind
es Mittwochmittag bereits rund 0°C und am Donnerstag sogar noch einen Ticken
mehr. Kein Wunder also, dass sich eine veritable Inversion bildet, die
wahrscheinlich sehr weit runter reichen wird. Trotzdem dürfte eine wenn auch
nicht übermäßig mächtig ausfallende Grundschicht übrigbleiben, in der die
thermische Entwicklung der Tagestemperaturen nicht mithalten kann mit dem Tempo
auf 850 hPa. Zwar schreiben wir Anfang März, der schon eine stattliche
Tageslänge hat und auch mit einem soliden Sonnenstand aufwartet. Allerdings
müssen die frostigen Nächte (leichter bis mäßiger, anfangs über Schnee und bei
Aufklaren auch strenger Frost) erst einmal getilgt werden, was vor allem in
Süddeutschland dann schwer wird, wenn sich in den Niederungen Hochnebel bilden
sollte. Überhaupt muss man konstatieren, dass die Bewölkungs- bzw.
Hochnebelprognose für die kommende Woche noch mit Unsicherheiten behaftet ist.
Es zeichnet sich aber ab, dass z.B. in den Norden sukzessive etwas feuchtere
Luft einsickert, die auch dort die Wahrscheinlichkeit für Hochnebel oder tiefe
Bewölkung erhöht.

Abschließend noch ein kurzer Ausblick in Richtung erweiterte Mittelfrist bis
Sonntag: von Nordosten her Passage eines Höhentrogs, der uns mit frischer
Polarluft versorgt, insgesamt aber nur mäßig wetteraktiv ist (von Nord nach Süd
etwas Regen oder Schnee). Zum Sonntag hin dann wieder zunehmender
Hochdruckeinfluss (das o.e. Hoch soll nur kurzzeitig etwas zurückweichen, um
danach wieder Einfluss zu nehmen).

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Modellkonsistenz von IFS (ECMF) ist weiterhin gut bis sehr gut. Somit ist es
unstrittig – auch vor dem Hintergrund anderer Modelllösungen -, dass wir nächste
Woche trockenes und zunächst auch recht kaltes Hochdruckwetter mit verbreitetem
Nachtfrost (teils im strengen Bereich) erwarten dürfen. Erst zum Ende hin
(erweiterte Mittelfrist) Richtung Wochenende wird die Vorhersage allmählich
unsicherer. Allerdings wurde auch in den Vorläufen schon eine Störung der
eingefahrenen Hochdrucklage simuliert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie bereits oben angedeutet, sind die anderen Globalmodelle ebenfalls auf der
Schiene von IFS. Auch wenn das abgetropfte Höhentief in jedem Modell anders
behandelt wird, spielt das für uns nur eine marginale Rolle. Der Kurs ist wie
schon geschrieben unstrittig.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Temperatur- und Potenzialkurven von IFS-EPS für verschiedene deutsche Städte
zeigen bis Mitte nächster Woche einen gutmütigen Verlauf, der keine Zweifel
offenlässt. Dass der Spread am Dienstag bei T850 etwas größer wird, liegt daran,
dass das Timing der kräftigen Erwärmung noch mit einer leichten Unschärfe
versehen ist. Außerdem gibt es ein bis zwei Lösungen, die nach dem Anstieg
gleich wieder nach unten donnern – Außenseiter! Nach hinten raus (2.
Wochenhälfte) wird es diffuser, allerdings lassen sich gegenüber gestern ein
paar lose Trends herausarbeiten: 1.) T850 und Pot500 gehen tendenziell wieder
etwas nach unten, die Temperatur z.T. sogar auf das Ausgangsniveau von Montag
mit rund -10°C (u.a. auch der Haupt- und Kontrolllauf). 2.) Die Signaldichte für
Niederschlag nimmt ab Donnerstag wieder zu, im Norden etwas stärker als im
Süden.

Die Cluster zeigen bis einschließlich nächsten Donnerstag durchweg eine
Blockierungslage. Warum dabei für den Zeitraum T+72…96h (Sonntag auf Montag) die
Maximalzahl von sechs Cluster ausgereizt wird, erschließt sich dem Verfasser
nicht. Das Omega-Muster findet man jedenfalls überall. Ab Dienstag (T+120…168h)
verringert sich die Anzahl auf vier. Sie alle zeigen eine
High-over-Low-Konstellation mit deutlichem Hochdruckeinfluss bei uns. Was sich
dabei leicht unterscheidet sind die genaue Position des Höhenkeils und der
Divergenzachse des Bodenkeils. Zu wenig, um die grundlegende Prognose ernsthaft
anzuzweifeln.
Obwohl die Streuung der Ensemblekurven nach hinten raus zunimmt, verringert sich
die Anzahl der Cluster nochmalig auf nur noch zwei (34 Fälle + HL/KL, 17). Beide
simulieren den Trog von Nordosten her, der in CL 2 aber kräftiger ausfällt und
nachhaltiger ist (statt Klimaregime „Blockierung“ wie in CL 1 wird hier
„Atlantischer Rücken“ angeboten).

FAZIT: Der Hauptlauf findet große Unterstützung innerhalb der Statistik. Erst
nach hinten raus wird die Prognose unschärfer.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Vieles an signifikantem Wetter lässt sich aus dieser Wetterlage nicht rausholen.
Allerdings sind wir frostige Nächte, die vornehmlich im Süden und Osten und dort
besonders in den Mittelgebirgen und an den Alpen sogar strengen Frost bringen
können (Schneedecke und Aufklaren vorausgesetzt), nicht mehr gewohnt. Außerdem
erwartet man zum meteorologischen Jahreswechsel vielleicht etwas anderes, was
grundsätzlich aber töricht wäre.
Beim Wind gilt es den Südwesten des Landes auf dem Schirm zu haben, wo sich eine
Bisenlage einstellt. Für die Kämme und Kuppen des Hochschwarzwalds bedeutet das
eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen oder Sturmböen 8-9 Bft aus
Nordost bis Ost. Selbst schwere Sturmböen 10 Bft scheinen auf dem Feldberg nicht
gänzlich ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS. Temperaturen gegenüber MOS z.T. etwas nach unten
korrigiert.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann