#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag den 22.01.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 22.01.2023 um 10.30 UTC
Ab der zweiten Wochenhälfte allmählich unbeständiger, aber zunächst meist nur
leichte Niederschläge, zumindest im Bergland als Schnee, mäßig kalt.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 29.01.2023
Im Mittelfristzeitraum vollzieht sich der allmähliche Übergang zu einer
(zunächst) mehr oder weniger antizyklonal konturierten Nordwestlage (bzw.
anfangs auch eher Brücke Mitteleuropa). Ursächlich dafür verantwortlich sind
einerseits ein sich noch verstärkendes und umfangreiches Blockadehoch über dem
Ostatlantik und wiederholte Trogvorstöße aus dem Raum Grönland/Nordmeer Richtung
Nord-, am Wochenende auch Richtung Osteuropa, so dass das Muster dann auch bei
uns zyklonaler aufgestellt sein könnte.
Nun aber zur vom IFS simulierten Wetterentwicklung im Detail:
Am Mittwoch erstreckt sich anfangs noch, ausgehend von der bereits existierenden
blockierenden Höhenantizyklone über dem Ostatlantik ein markanter, zonal
ausgerichteter Höhenkeil über GB und die südliche Nordsee bis weit ins östliche
Mitteleuropa. Er stützt eine Hochdruckzone im Bodenfeld, vom Ostatlantik über
Mitteleuropa bis nach Russland reicht und auch dem Vorhersagegebiet ruhiges,
teilweise zu Hochnebel neigendes und mäßig kaltes Hochdruckwetter beschert.
Währenddessen dreht, wie schon seit Tagen, ein umfangreiches, mit mehreren
Drehzentren ausgestattetes Höhentief über dem westlichen Mittelmeerraum seine
Kreise, hat aber keinen (direkten) Einfluss auf die Wetterentwicklung im
Vorhersagegebiet.
Im Tagesverlauf und in der Folgenacht vollzieht sich dann von Nordwesten her ein
Trogvorstoß Richtung Skandinavien, Nordsee und Süd-GB, wodurch die Höhenströmung
deutlich meridionalisiert. Dadurch werden sowohl Höhenkeil als auch Bodenhoch
rasch abgebaut und nach Süden abgedrängt. Die Kaltfront eines Tiefdruckkomplexes
über Nordskandinavien bzw. der Barentssee greift abends bzw. in der Nacht zum
Donnerstag mit leichten Regenfällen auf den Nordwesten des Landes über. Im
Vorfeld frischt der Wind im Nordwesten aus Südwest auf und dreht nachts oder
morgens mit Frontpassage auf Nordwest, ob es im Nordseeumfeld für markante Böen
reicht, ist aber noch fraglich.
Am Donnerstag tropft nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes bereits in den
Frühstunden die Südspitze des Troges über dem Süden der Britischen Inseln ab,
zieht zur südlichen Biskaya und wird in das Höhentief über dem westlichen
Mittelmeerraum inkludiert. Kleine Ursache, große Wirkung: Aufgrund des
Abtropfprozesses wird der Trog über der südlichen Nordsee eingebremst, dessen
Achse erreicht am Abend grade so den äußersten Norden Deutschlands und verliert
deutlich an Kontur. In der Nacht zum Freitag folgt von Nordwesten her ein
markanter Höhenkeil, der sich Freitagfrüh über den Norden der Britischen Inseln
bis nach Südskandinavien erstreckt, so dass der nur noch flache und kurzwellige
Trog unter weiterem raschen Konturverlust über das Vorhersagegebiet hinweg
südwärts abgedrängt wird.
Somit kommt auch die Kaltfront im Bodenfeld nur zögernd nach Süden voran, gerät
von Norden her unter deutlichen Druckanstieg und verliert an Wetterwirksamkeit.
Dabei werden mit Frontpassage nur noch geringe Niederschläge simuliert, die im
Bergland, so ab etwa 400 bi 600 m, meist als Schnee fallen. Der Front folgt
erwärmte maritime Polarluft mit etwa -4 Grad in 850 hPa.
Am Freitag kommt der Höhenkeil nach Süden voran und erreicht in der Nacht zum
Samstag den Norden Deutschlands. Gleichzeitig vollzieht sich von Grönland her
ein weiterer Trogvorstoß Richtung Nordmeer und Norwegische See, so dass der Keil
von Norden her bald wieder abgebaut wird.
Im Bodenfeld schwenkt im Tagesverlauf bzw. in der Nacht zum Samstag ein vom
Höhenkeil gestützter Bodenhochkeil über das Vorhersagegebiet hinweg südwärts.
Die vorgelagerte Kaltfront erreicht die Alpen und löst sich dort zögernd auf.
Dabei gelangt zwischen ihr und dem nachrückenden Hochkeil von Nordosten her ein
Schwall skandinavischer Kaltluft vor allem in den Süden und Osten des Landes, so
dass die 850 hPa-Temperatur dort auf -6 bis -10 Grad sinkt. Die dort noch
auftretenden leichten Niederschläge fallen somit bis in tiefe Lagen als Schnee,
klingen aber im Tagesverlauf ab, lediglich an den Alpen und im angrenzenden
Vorland kann es noch bis weit in die Nacht hinein etwas schneien.
Im Norden und Westen sowie in weiten Teilen der Mitte des Landes lockern die
Wolken dagegen auf und es bleibt überwiegend trocken. Nachdem die Achse des
Bodenhochkeils im Laufe der Nacht Norddeutschland passiert hat, ziehen im
Nordwesten mit auf Südwest drehendem und auffrischendem Wind im Vorfeld einer
Warmfront erneut dichte Wolken auf und es kann dort auch etwas regnen.
Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag greift der Höhentrog unter
Amplifizierung Richtung Süden auf Skandinavien über. Der vorgelagerte Höhenkeil
wird abgehobelt und rasch über Deutschland hinweg südwärts abgedrängt, so dass
sich eine kräftige nordwestliche Höhenströmung einstellt.
Im Bodenfeld überquert das okkludierende Frontensystem eines vom Nordmeer zur
Kola-Halbinsel ziehenden Sturmtiefs bis Sonntagfrüh südwärts, ihm folgt erneut
erwärmte maritime Polarluft (-3 bis -7 Grad in 850 hPa), vor alle in der Nacht
zum Sonntag kann es somit in einigen Mittelgebirgslagen auch etwas Neuschnee
geben. Allzu üppig fallen die Niederschläge nach Lesart des IFS allerdings nicht
aus. Der Wind frischt aus West bis Nordwest auf, zumindest im Bergland und an
den Küsten gibt es stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturmböen.
Am Sonntag schwenkt der Höhentrog südostwärts nach Osteuropa, ihm folgt ein nur
flacher Höhenkeil, der bis Montagfrüh bereits das Vorhersagegebiet überquert
hat, gefolgt von einem weiteren Höhentrog über dem Nordmeer.
Von Nordwesten her gelangen somit am Rande des kräftigen Hochs über dem
Ostatlantik nach wie vor mäßig kalte Meeresluftmassen nach Deutschland (meist -4
bis -8 Grad in 850 hPa), wobei es einzelne Schneeregen-, Schnee- und
Graupelschauer gibt, vereinzelt auch kurze Gewitter, an den Alpen sowie am
Nordrand einiger Mittelgebirge kann es auch mal länger schneien. Lediglich im
Norden und Nordosten bleibt es aufgrund der Leewirkung des skandinavischen
Küstengebirges meist trocken. Bereits in der Nacht zum Montag greift dann das
Frontensystem eines zur Norwegischen See ziehenden Sturmtiefs von Nordwesten her
auf Deutschland über und führt vor allem in den Norden und Westen wieder
deutlich mildere Luftmassen.
Der Wind weht weiterhin lebhaft aus westlichen Richtungen mit stürmischen Böen
an den Küsten sowie Sturmböen auf den Bergen und schwächt sich nur vorübergehend
ab.
In der erweiterten Mittelfrist bleibt es dann unbeständig, vor allem am Montag
ist die Nordwestlage vorübergehend deutlich zyklonaler konturiert mit einer
eventuellen Sturmlage. Im Bergland, vor allem an den Alpen könnte es markante
Schneefälle geben. Erst zu Wochenmitte deutet sich eine Wetterberuhigung an.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Zwar haben auch die Vorläufe das Blockadehoch über dem Ostatlantik, die
Trogvorstöße nach Nord- und Osteuropa und somit die Nordwestlage auf der Agenda,
allerdings war bis Freitag vor allem der gestrige 00 UTC-Lauf deutlich
zyklonaler aufgestellt. Ursächlich verantwortlich dafür ist der oben
beschriebene Abtropfprozess in der Nacht zum Donnerstag über dem Süden der
Britischen Inseln, der vom gestrigen 00 UTC-Lauf nicht simuliert wurde. Somit
kann die Trogpassage nach Lesart des Laufes bereits in der Nacht zum Donnerstag
und deutlich markanter als im aktuellen Lauf erfolgen. Entsprechend wurden das
Übergreifen und die Passage der Kaltfront progressiver und auch etwas
verbreiteter auftretende, allerdings ebenfalls nicht allzu üppige Niederschläge
simuliert.
Zum Wochenende hin passen sich die Läufe wieder etwas mehr an. Der
durchschwenkende Höhenkeil in der Nacht zum und am Samstag ist im aktuellen Lauf
allerdings etwas robuster aufgestellt als vor allem im gestrigen 12 UTC-Lauf,
der den nachfolgenden Trogvorstoß und das Vordringen des nächsten Frontensystems
etwa 12 Stunden früher und auch weiter westlich als der aktuelle auf der Agenda
hat. Im Prinzip deuten aber vor allem zum Sonntag hin und zu Beginn der
erweiterten Mittelfrist alle Läufe einen zyklonaleren „Touch“ der Nordwestlage
an, so dass es vor allem in den Staulagen, in erster Linie am Alpennordrand,
auch mal länger schneien könnte und auch im Tiefland stürmische Böen
wahrscheinlicher werden.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Im Prinzip gilt das im vorherigen Abschnitt Geschriebene auch für den Vergleich
der aktuell vorliegenden Läufe der deterministischen Modelle. Nach Lesart des
ICON erfolgt beim ersten Trogvorstoß am Donnerstag der Abtropfprozess erst etwas
später als im IFS, so dass es insgesamt, ähnlich wie de gestrige 00 UTC-Lauf des
IFS, etwas zyklonaler aufgestellt ist. GFS und GEM fahren dagegen eine selbst
gegenüber dem IFS noch etwas antizyklonalere Variante, während UKMO dem IFS sehr
ähnelt.
Den Trogvorstoß Richtung Nord- und nachfolgend Osteuropa am Wochenende hat dann
ICON erneut progressiver und weiter westlich auf der Agenda als das IFS, was die
Wahrscheinlichkeit für markante Schneefälle in einigen Staulagen und für
stürmische Böen auch im Tiefland erhöht. Nach Lesart des GFS und des UKMO, vor
allem aber auch des GEM erfolgt der Vorstoß erst deutlich später; der Samstag
steh ganz im Einfluss eines nur zögernd durchschwenkenden Höhekeils, der für
ruhiges Wetter sorge würde. Erst zum Sonntag, vor allem aber auch zu Beginn der
kommenden Woche schwenken auch GFS und GEM auf die IFS-Linie.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden, also zu Beginn der Mittelfrist, verteilen sich
die 49 ENS-Member, der Haupt- und der Kontrolllauf auf 6 Cluster, die allesamt
dem Regime „Blocking“ zugeordnet sind. Für Mitteleuropa unterscheiden sich die
Cluster allerdings kaum, nach Lesart aller Cluster dominiert über dem
Vorhersagegebiet bis Donnerstag, 00 UTC, abgesehen vom äußersten Nordwesten,
noch weitgehend Hochdruckeinfluss.
Danach, im Zeitraum 120 bis 168 Stunden, dominiert dann der Ostatlantikblock
(„atlantic ridge“) in allen Membern, die somit nur noch einem einzigen Cluster
zugeordnet sind. Dem Durchschwenken des Höhenkeiles am Freitag (GWL: BM) folgt
dann am Wochenende die Umstellung auf Nordwest zyklonal mit der Zufuhr maritimer
Polarluft.
Auch bis weit in die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) bleibt die
Dominanz des „atlantic ridge“ erhalten, nach wie vor werden alle Läufe nur einem
Cluster zugeordnet. Vor allem für den Zeitraum Sonntag/Montag deuten wohl einige
Einzelläufe eine Sturmtiefentwicklung knapp nordöstlich von uns an, so dass eine
großräumigere Sturmlage zu Beginn der erweiterten Mittelfrist nicht
ausgeschlossen werden kann. Die Zufuhr teilweise erwärmter maritimer Polarluft
dauert an.
Die Einzelmember der Rauchfahnen verschiedener Gitterpunkte im Vorhersagegebiet
haben den ersten Trogdurchgang am Donnerstag gegenüber gestern jetzt doch
deutlich einheitlicher nur abgeschwächt auf der Agenda mit nur wenigen
Niederschlägen, allerdings mit einem recht deutlichen Rückgang der 850
hPa-Temperatur, wobei sich die meisten Member für die nördlichen und westlichen
Gitterpunkte am Do und Fr zwischen -3 und -6 Grad bewegen, im Süden und Südosten
wegen der vorübergehenden Advektion skandinavischer Kaltluft dagegen zwischen -5
und -9 Grad.
Nach Durchschwenken des Höhenkeiles am Freitag nehmen die Niederschlagssignale
am Wochenende dann wieder deutlich zu, in einigen Läufen bereits am Samstag, bei
den meisten Membern aber erst am Sonntag, ähnlich wie im Hauptlauf. Der Spread
der 850 hPa-Temperaturen der einzelnen Member wird vor allem ab Sonntag größer,
was auf unterschiedlich progressiv simulierte Frontpassagen hindeutet. Für
markante Schneefälle bis in tiefe Lagen bleibt es meist zu mild, in den
Mittelgebirgen und vor allem im Stau der Alpen deuten sich aber durchaus
markante Neuschneemengen an.
FAZIT:
Nach relativ ruhigem Mittelfristbeginn vor allem zum Wochenende hin
unbeständiger, spätestens ab Sonntag mit Option für markante Neuschneemengen in
einigen Mittelgebirgen, vor allem aber an den Alpen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Markante Wetterereignisse stehen zunächst kaum auf der Agenda. Mit Übergreifen
der Kaltfront in der Nacht zum und am Donnerstag kann es vor allem in den
mittleren Landesteilen vorübergehend gefrierenden Regen geben. Im Nordwesten ist
es dann bereits zu mild, im Süden und Osten fallen die (leichten) Niederschläge
dagegen meist bis in tiefere Lagen als Schnee. Die Neuschneemengen bleiben aber
wegen des vorübergehend zunehmenden Hochdruckeinflusses auch am Freitag tagsüber
bzw. in der Nacht zum Samstag selbst im Stau der Alpen nur gering.
Am Wochenende wird es dann spannender. Zwar gehen die Modelle noch ein wenig
auseinander, was den Samstag betrifft, aber spätestens am Sonntag bzw. am Montag
simulieren alle Modelle deutlich zunehmenden Tiefdruckeinfluss mit verbreitet
auftretenden Niederschlägen. Diese fallen zumindest im Bergland als Schnee mit
steigenden Wahrscheinlichkeiten für markante Neuschneemengen vor allem am
Alpenrand. Der Wind nimmt ebenfalls zu mit recht hohen Wahrscheinlichkeiten für
stürmischen Böen bzw. Sturmböen an den Küsten und auf den Berggipfeln. Exponiert
sind dort auch schwere Sturmböen möglich. Am Sonntag kann es mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch in tiefen Lagen stürmische Böen geben.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff