#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag den 07.01.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.01.2023 um 10.30 UTC
Zeitweise windig bis stürmisch, nass und mild, aber in der erweiterten Frist
voraussichtlich kühler.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 14.01.2023
Zu Beginn der Mittelfrist liegt der NAO-Index (auf 500 hPa) weiterhin im
positiven Bereich (mit leicht sinkender Prognose lt. GFS), wohingegen der
AO-Index (auf 1000 hPa) zunächst leicht negativ verharrt. Letzteres ist auf
mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen ist die Frontalzone zonal gemittelt
leicht nördlich verschoben. Somit gelingt es amplifizierten langen planetaren
Wellen, in der mittleren und oberen Troposphäre warme Luft mit großer
Schichtdicke nordwärts zu transportieren und somit dynamisch getriggertes hohes
Geopotenzial in einer Region zu hinterlassen, wo die Wellen mehr oder mehr
quasistationär werden. Derzeit ist hohes Geopotenzial im Arktisumfeld über
Kanada sowie Nordwestrussland vorhanden und erklärt den leicht negativen
AO-Index. Tendenziell soll sich aber der AO-Index in Richtung neutrale bzw.
leicht positive Werte entwickeln. In Bezug auf die weitere Entwicklung kann man
bereits resümieren, dass mehr oder weniger modifizierte zyklonale Westlagen bis
zum Ende der Mittelfrist überwiegen werden. Ein guter Indikator hierfür ist der
zonal gemittelte zonale Wind auf 60 Grad Nord in 100 hPa (untere Stratosphäre),
der bis zum 20.Januar um die 20 m/s herum pendelt. Dies spricht für eine recht
straffe Frontalzone, allerdings unter Berücksichtigung der oben genannten
Faktoren. Zudem wird man sehen, wie sich die zirkumpolaren (zonalen)
Wellenzahlen weiters entwickeln, um die in den Ensemble-Membern des IFS-EPS und
GEFS angedeuteten Blockierungstendenzen richtig einzuordnen.
In Bezug auf den Stratosphärischen Polarwirbel (SPV) in der mittleren und oberen
Stratosphäre kann kurz angemerkt werden, dass letzterer bis in die erweiterte
Mittelfrist überdurchschnittlich stark ausgeprägt ist, bei insgesamt recht guter
dynamischer Kopplung in die untere Stratosphäre (siehe Vertikalprofil
NAM-Index).
Nun folgen noch zusammenfassende Einschätzungen zur Mittelfrist, einschl. kurzem
Ausblick.
Nach kurzem Zwischenhocheinfluss am Dienstag gelangt Mitteleuropa rasch auf die
Vorderseite eines Troges westlich der Britischen Inseln, wobei die
Schichtdickenadvektion einen flachen Rücken stützt, in den eine Warmfront
eingebettet ist. Die 850 hPa-Temperatur steigt im Warmsektor auf 3 bis 6 Grad
an, sinkt hinter der Kaltfront in einer recht gut durchmischten subpolaren, aber
erwärmten Meeresluft bis Donnerstagnacht wieder auf -1 bis -4 Grad (Schnee im
Bergland). Der nachfolgende Trog schwenkt am Donnerstag mit recht windigem
Schauerwetter durch. Bis zum Samstag zieht nach einem flachen Rücken ein neuer
Trog mit Tief über dem Nordmeer durch, mit ähnlichem Ablauf.
Am Samstag selbst wird eine barokline Welle auf der antizyklonalen Seite der
Frontalzone (rechter Jet-Eingang, etwa nördlich der Azoren) durch IFS mittels
nachfolgender Interaktion (Phasierung von Temperatur- und Geopotentialwelle und
damit aufkommende barokline Instabilität) mit einem Trog am linken Jet-Ausgang
über den Britischen Inseln rapide intensiviert. Durch nachfolgende Glättung des
zunächst noch gesplitteten Jets und fehlender PV-Unterstützung in der oberen
Troposphäre (Kaltluftnachschub etwas abgeschnürt) soll sich das Tief aber in
Richtung Mitteleuropa nicht weiter intensivieren. Nichtsdestotrotz ist eine
veritable und flächige Sturmlage nicht ausgeschlossen!
Zum Ausblick lässt sich festhalten, dass IFS die Frontalzone nach letzterem
Trogdurchgang über West- und Mitteleuropa südlicher verlaufen lässt, wodurch man
insgesamt mit kühlerem Wetter rechnen sollte (850-hPa-Temperatur etwa bei -3 bis
-5 Grad zu Wochenbeginn, im Norden bis -6 Grad), also sinkende Schneefallgrenze,
allerdings bei weiter recht ordentlichem Gradienten und somit guter
Durchmischung zunächst wohl eher die Bergwintervariante.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs ist insgesamt recht gut über die
Mittelfrist. Die synoptischen Muster werden weitgehend beibehalten, d.h. mehr
oder weniger modifizierte zyklonale Westlagen bestimmen weiterhin das Geschehen.
Zum Wochenende sieht IFS eine intensive Zyklogenese über den Britischen Inseln,
die in den Vorläufen so nicht vorhanden war.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
IFS und ICON sehen zunächst recht ähnlich aus, die intensive Tiefentwicklung am
Samstag wird von ICON aber nicht unterstützt (Phasierung der Wellen passt nicht
so gut, wird aber am Freitag auch angedeutet). GFS lässt die Strömung zum
Wochenende stark amplifizieren und divergiert somit ab Donnerstag/ Freitag
zunehmend. Die Blockierungstendenz von GFS zum Wochenende (Blocking Ostatlantik,
später ggf. über Skandinavien) erklärt auch den eingangs erwähnten Rückgang des
NAO-Index.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bei den gruppierten Clustern wird zunächst der Zeitschritt t+120 bis +168 h
betrachtet. Hier finden sich vier Clusterlösungen mit überwiegendem Muster NAO
positiv, allerdings mit den weiter oben beschriebenen Bereichen hohen
Geopotenzials im Arktisumfeld. Andererseits unterscheiden sich die Cluster wenig
in Bezug auf die Trog-Keilstrukturen, was in der recht straffen westlichen
Strömung nicht verwunderlich ist.
Im nächsten Zeitschritt (t+192 bis +240 h) existieren sechs gruppierte
Clusterlösungen, wobei die Mehrheit weiterhin auf eher zonale Verhältnisse
setzt, bei leicht südlich verschobener Frontalzone über West- und Mitteleuropa.
Demgegenüber tauchen hier erste Blockierungslösungen auf wie z.B. Trog
Mitteleuropa (TrM) oder auch Hoch Britische Inseln (HB) bzw. Atlantischer Rücken
(AtR) auf, die in die Richtung der angebotenen Lösungen von Membern bei GEFS
gehen.
Bezüglich der Rauchfahnen wird ein beliebiger Ort im norddeutschen Flachland
(zentral gelegen) gewählt.
In Norddeutschland verdeutlicht die Sinuskurve bei der 850 hPa-Temperatur den
beschriebenen Wettercharakter. Ab dem Wochenende gehen Haupt- und Kontrolllauf
zunehmend in den Keller (bis ca. -6 Grad), wobei nicht wenige Member recht
deutlich nach oben streuen. Niederschläge (leichte bis mäßige) sind über den
gesamten Zeitraum vorhanden. Beim Geopotenzial in 500 hPa gibt es ein ähnliches
Rauf und runter wie bei der Temperatur, bei guter Bündelung bis zum Wochenende.
Danach nimmt die Streuung stark zu, Haupt- und Kontrolllauf sind bei recht
tiefem Geopotenzial angesiedelt, wohingegen recht viele Member deutlich höheres
Geopotenzial sehen wollen. Diese Erkenntnisse stehen in keinem großen
Widerspruch zur Beschreibung weiter oben.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Dienstag zunächst Wetterberuhigung, in der Nacht in der Westhälfte stürmische
Böen (Bft 8), an der Nordsee sowie im Bergland Sturmböen und schwere Sturmböen
aus Südwest (Bft 9 bis 10, exponiert Bft 11). Im Südosten (Ostbayern) in der
Nacht Regen mit Glatteis nicht ausgeschlossen.
Am Mittwoch v.a. im Bergland sowie im Nordseeumfeld stürmisch (Bft 9, Hochlagen
Bft 10 bis 11). Im Südwesten (Schwarzwald) und Süden (Allgäu) Signale für
Dauerregen (über 30 l/qm in 24 h).
Am Donnerstag und Freitag weiterhin recht windig, vor allem im Süden und Westen
sowie im Bergland zeitweise stürmisch. Signale für markanten Dauerregen
weiterhin im Süden (Allgäu) und Südwesten (Schwarzwald), teils auch im Westen
(Bergisches Land) auch 48-stündig vorhanden (Cosmo-Leps, ICON-EU-EPS, IFS-EPS),
bei relativ hoher Schneefallgrenze.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, MOSMIX, NOAA-NAO, Strat Observe
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz