S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 03.01.2023 um 10.30 UTC

Weiterhin wechselhaft, zeitweise windig und für die Jahreszeit zu mild, trotz
leichten Temperaturrückgangs.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 10.01.2023

Um’s kurz zu machen: Erst zur Monatsmitte deutet sich eine südwärtige
Verschiebung des aktuell sehr gesunden Polarwirbels bei zeitgleich stark
kräftigenden Aleutenhochs an. Auch die Vorhersagen zum NAO Index streben laut
Amerikanischen Wetterdienst zur Monatsmitte von aktuell deutlich positiven
Werten einer „neutralen Null“ entgegen. Bis mindestens dahin ist ein
Wintercomeback äußerst unwahrscheinlich.

Nun zur Detailbeschreibung der kommenden Tage:

Am Freitag, dem 06. Januar und Feiertag der Heiligen Drei Könige, setzt sich die
rege atlantische Tiefdruckaktivität fort. So hat sich im Seegebiet südwestlich
von Island ein fettes Orkantief mit einem Kerndruck unweit 950 hPa eingenistet,
das dem alternden vorgelagerten Tief bei den Färöer Inseln von Westen die
Energie abgräbt. Dem gegenüber steht (vorübergehend) ein winterliches Hoch mit
über 1030 hPa über Finnland, dessen Keil südwärts bis nach Ungarn reicht. Damit
sammelt sich zumindest in Skandinavien und Osteuropa wieder arktische Kaltluft
an.
Hierzulande bleibt die bodennahe Strömung allerdings eher auf Südwest und vom
Oslofjord erstreckt sich ein teilokkludiertes Frontensystem über Norddeutschland
hinweg bis nach Nordfrankreich. Präfrontal dreht der Wind im äußersten Nordosten
vorübergehend zurück auf Südost. Aufgrund der milden Vorgeschichte reicht es
aber bei T850 um 0 Grad Richtung Rügen und Usedom maximal für Schneeregen – ohne
Glätte. Sonst muss über der Nordhälfte mit zeitweiligen Regenfällen gerechnet
werden, bevor die Niederschläge am Nachmittag von Nordwesten nachlassen. Die
Kaltfront (mit postfrontal gut durchmischt Atlantikluft und damit alles andere
als kalt) gelangt über der Landesmitte ins Schleifen und wird westlich der
Bretagne in einer Welle rückläufig.
Südlich des Mains bleibt es unter einem flachen Höhenrücken weitgehend trocken,
südlich der Donau neben vereinzelten Nebelfeldern teils länger sonnig. Die
Höchstwerte liegen meist bei milden 10 bis 14 Grad, in Binz und Karlshagen nur
bei rund 5 Grad. Der Wind lebt in der Nordhälfte mit Frontpassage mitunter stark
böig auf mit starken bis steifen Böen. An der See und auf den Bergen gibt es
auch einzelne Sturmböen.
Die Nacht auf Samstag bleibt mit 8 bis 1 Grad frostfrei.

Am Samstag, füllt sich das Tief über der Norwegischen See auf bzw. wird vom
nahenden Orkantief „geschluckt“. Vorderseitige kräftige WLA begünstigt ein
weiteres Aufsteilen des Höhenrückens über Mitteleuropa, dessen Achse sich
zunehmend bis ins südliche Skandinavien erstreckt. Bodennah wird die zuvor
schleifende Kaltfront als Warmfront rückläufig und unter Abschwächung über
Deutschland nordwärts geführt. In der Nacht zum Sonntag erreicht die
nachfolgende Kaltfront des Orkantiefs Deutschland von Westen.
Unterm Strich steht dadurch in weiten Landesteilen ein milder und freundlicher
tag ins Haus. Nur im Norden kann es hin und wieder leicht regnen. In der
südlichen Strömung wird es am Nordrand der Berge am sonnigsten bei weiterhin
überdurchschnittlichen 10 bis 14, im teilweise von der Grenzschicht entkoppelten
Niederbayern und im Nordosten 7 bis 10 Grad. Bei letztgenannten kann es in der
Nacht zum Sonntag lokal auch für leichten Frost reichen.

Am Sonntag schwenkt der Haupttrog in 500 hPa von West- nach Mitteleuropa. Das
Orkantief wird langsam achsensenkrecht und beginnt sich im Bereich der Hebriden
langsam abzuschwächen. Eine schwache Okklusion überquert dabei Deutschland.
Durch fehlende Antriebe (in der Höhe teils konfluente Strömung) hält sich die
Niederschlagsaktivität aber in Grenzen. Erst zum Abend sind mit Annäherung der
Haupttrogachse im Südwesten stärkere Regenfälle möglich. Der Wind frischt vor
allem an der Nordsee und im westlichen Bergland etwas auf. Mehr als Bft 7 bis 8
sollten es aber nach jetzigem Stand nicht werden. An den Temperaturen ändert
sich kaum etwas.

Am Montag schießt eine flache Welle von der Biskaya in den westlichen
Mittelmeerraum. Die KLA dahinter begünstigt die Ausweitung des Troges nach
Süden. In 500 hPa setzt sich dadurch hierzulande moderat kalte Luft mit an die
-30 Grad durch. Zusammen mit T850 um oder knapp unter 0 Grad ergibt es sich eine
leidliche labile Schichtung, in der die Niederschläge zunehmend konvektiven
Charakter annehmen. Die Schneefallgrenze bleibt mit rund 1000 Metern hoch. Die
Sonnenanteile und Temperaturen gehen in zunehmend feucht-kühlere
Nordatlantikluft etwas zurück.

Am Dienstag schwenkt der Südteil des Troges unter Amplifizierung vom Golf von
Genua über die Adria hinweg zum Balkan. Über Deutschland resultiert daraus eine
nordwestliche Höhenströmung, in der sich die leichten Abkühlungstendenzen in
nahezu allen Höhenniveaus fortsetzen. Bodennah kann sich von Frankreich ein
schwacher Zwischenhochkeil in den Südwesten vorarbeiten. Derweil produziert die
hochbarokline Frontalzone über dem Atlantik westlich von Irland ein neues
Sturmtief. Deren Ausläufer erreichen uns voraussichtlich in der Nacht zum
Mittwoch. So treten bei uns immer noch einzelne Schauer auf, die bei T850 bis -5
Grad zunehmend auch in den Kammlagen der Mittelgebirge in Schnee übergehen. Für
einen nennenswerte Schneedecke reichen die Mengen aber kaum. Von Westen und
Südwesten klingen die Niederschläge zögernd ab. Die Höchstwerte liegen allgemein
noch zwischen 3 und 10 Grad und sind damit noch immer mehrheitlich zu mild für
die Jahreszeit.

Für die erweiterte Mittelfrist im Anschluss deuten sich keine gravierenden
Änderungen an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Zugbahn des Tiefs am Freitag wurden in den jüngsten Läufen sukzessive weiter
nach Norden verschoben (von Jütland in die nördliche Nordsee bis aktuell zu den
Färöer). Schneefälle im äußersten Nordosten Deutschlands sind dadurch
unwahrscheinlicher geworden – zumal auch der Kaltluftvorstoß vom Baltikum
rückseitig einer sich entwickelnden Warmfrontwelle über Polen zum Samstag
inzwischen verworfen wurde.

Sonst ist die Konsistenz im Allgemeinen zufriedenstellend, im Detail könnten
sich jedoch einige Unterschiede bezüglich der Wind- und Niederschlagsentwicklung
in der neuen Woche ergeben.

Ob sich an der Trogspitze am Montag über Frankreich ein kleines, aber giftiges
Sturmtief entwickeln kann (siehe gestriger 12z Lauf IFS), hängt maßgeblich von
der Trogkonfiguration (Schärfe des Troges, diffluente Vorderseite) ab.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am generellen Ablauf einer wechselhaften, zeitweise windigen und milden
Witterung mit allmählicher Abkühlung nächste Woche halten alle gängigen
Globalmodelle fest.

Unterschiede ergeben sich vor allem bei der Berechnung etwaiger
Schnellläufer/Randtiefentwicklungen – kein Wunder angesichts der hochbaroklinen,
aktiven Frontalzone. Vor allem GFS sticht dabei mit einer markanten Entwicklung
am Sonntag über Ostengland, im 06z Lauf sogar über Benelux heraus. Bei den
anderen Modellen bleibt die Südwestströmung deutlich glatter und die Lage weit
weniger brisant. Dennoch ist das Sturm-/Überraschungspotential am Sonntag/Montag
durchaus erhöht über Deutschland.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Beim Blick auf die Rauchfahnen der Temperatur in 850 hPa offenbart sich doch ein
recht gut gebündeltes Bild, was für die Verlässlichkeit der Vorhersage spricht.
Ein landesweiter Rückgang in der kommenden Woche auf leicht negative
Temperaturen bis an die -5 Grad ran bei gleichzeitigem Rückgang des 500 hPa
Geopotentials erhöhen die Chancen auf eine Rückkehr des Winters zumindest im
höheren Bergland.

Zur neuen Woche geht der Spread allerdings deutlich auseinander, weshalb es da
im Detail durchaus noch einiges an Spielraum gibt. Nach einem Minimum des
Niederschlags am Samstag nehmen in der Folge auch diese Signale im EPS wieder
deutlich zu. Schaut man sich die Windrosen in den Diagrammen an, so wird an
Südwest allerdings kaum zu rütteln sein.

Diese Entwicklung wird im Prinzip vom GFS-Ensemble bestätigt, wobei der 0z
Hauptlauf hintenraus einen deutlichen Ausreißer zur warmen Seite darstellt.

Die Clusteranalyse ist angenehm übersichtlich gehalten: 2 Cluster im Zeitraum
120-168h (So-Di), 1 Cluster im Zeitraum 192-240h (Mi-Fr). Kurze Ansätze eines
Blockings am Di und Mi werden von der starken zonalen Strömung über dem Atlantik
rasch wieder verdrängt. Insgesamt überwiegt eindeutig ein positives NAO Regime.

Aber: Über Finnland und Osteuropa setzt sich eine positive Geopotentialanomalie
fest. Das erhöht die Tendenzen zu einer winkelförmigen Westlage über
Mitteleuropa, statt durchgängig Südwest zyklonal.

FAZIT: Weiterhin unbeständig mit zeitweiligen Regenfällen und mitunter auch sehr
windig. Gerade zum Wochenwechsel mit Sturmpotential. In der neuen Woche langsame
Abkühlung, für die Jahreszeit aber immer noch vielfach zu mild. Dafür im höheren
Bergland wieder zunehmende Winteroptionen – im Flachland wohl frühestens zur
Monatsmitte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Signifikante Wettererscheinungen sind allenfalls in geringen
Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen zu finden. Die Signale im EFI sind dabei
komplett unauffällig. Im COSMO-LEPS und IFS-EPS findet man zumindest für den
kommenden Freitag in Küstennähe signifikante Wahrscheinlichkeiten von 10-30,
punktuell bis 50% für Sturmböen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen