#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Donnerstag den 29.12.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.12.2022 um 10.30 UTC
Anfangs ungewöhnlich mild mit exponiert stark böigem Wind, ab dem Wochenbeginn
deutlicher Temperaturrückgang mit vermehrten Nachtfrösten und an den Alpen in
den Hochlagen etwas Schnee.
Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 05.01.2023
Am Sonntag (Neujahr) liegt Deutschland zwischen einem Höhenrücken über dem
Balkan und einem Langwellentrog über Westeuropa. Die in diesen Höhenniveau zu
beobachtende recht starke Isohypsendrängung sorgt für eine kräftige
Höhenströmung (Jet), der sich auch in 300 hPa-Level als langgestrecktes Band
präsentiert, welches sich von der Biskaya über die Nordsee bis zum Baltikum
erstreckt. Mit dem Langwellentrog korrespondiert im Bodendruckfeld ein kräftiges
Tief, welches im Tagesverlauf vom Seegebiet westlich von Irland bis zur
südschottischen Nordseeküste vorankommt. Neben den Hebungsprozessen mit
entsprechenden Regenfällen im Bereich des Tiefs selbst zeigt sich auch eine vom
Tief abgesetzte Luftmassengrenze, deren Lage von der Biskaya über Benelux bis
nach Nordwestpolen etwa die Südflanke des o. e. Jets abbildet. Damit ist im
Nordwesten, später auch im gesamten Norden mit leichten Regenfällen zu rechnen
(vor allem auf der kalten Seite der Frontalzone), während es im Süden trocken
bleibt. Dort zeigt sich mitunter auch die Sonne, was der Nähe zu höherem
Luftdruck über dem Balkan geschuldet ist. Die Luftmassengrenze macht sich auch
im thermischen Feld bemerkbar. Während die 850er-Temperaturen zum Abend an der
dänischen Grenze bei nur 2°C liegen, sind es an den Alpen über 12°C. Der
entsprechende Gradient ist auch an den Höchstwerten abzulesen, die im Süden bei
knapp über 20°C, im äußersten Norden dagegen nur bei knapp unter 10°C liegen. Da
nicht nur der mitteltroposphärischen, sondern auch der niedertroposphärische
Gradient recht kräftig ausgeprägt ist, weht der Wind, vor allem im Westen,
Norden sowie in den Mittelgebirgen lebhaft mit steifen Böen und einzelnen
Sturmböen in exponierten Lagen.
In der Nacht zum Montag verlagert sich der Langwellentrog etwas nach Osten. Da
auch das Bodentief bis zur Nordsee vorankommt und die bodennahe Strömung über
Westeuropa damit mehr auf West bis West-Südwest dreht, bekommt die
Luftmassengrenze einen Schub nach Osten. Damit greifen auch die mit ihr
verbundenen Regenfälle etwas weiter nach Südosten aus. Dieser Prozess sorgt auch
dafür, dass über dem Süden die mit 12°C wärmste Luft in 850 hPa nach Ostbayern
verschoben wird, insgesamt sind im thermischen Feld aber keine durchgreifenden
Änderungen festzustellen. Die Tiefstwerte liegen bei 10°C bis 1°C, im Südosten
kann es bei Aufklaren auch leichten Frost geben.
Am Montag kommt der Langwellentrog etwas weiter nach Osten voran, wobei sich
seine Amplitude verringert und er durch einen kräftigen kurzwelligen Anteil, der
in seine Rückseite hineinläuft, beginnt eine Doppelstruktur auszubilden. Das
Bodentief macht sich auf den Weg zum Oslofjord, und da auf seiner Südwestflanke
der Wind weiter zurückdreht, kommt die Luftmassengrenze bis zum Abend bis zur
Donau voran. Das wirkt sich auch auf die 850er Temperaturen aus, die zum Abend
nur n och in einer Spanne von -2°c bis 6°C zu finden sind. Die leichte
Wellenstruktur, die die Luftmassengrenze schon am Vortag aufwies, intensiviert
sich, was auch daran liegt, dass sich an ihr im Einzugsbereich des steuernden
Tiefs ein Randtief mit abgeschlossener 1010er Isobare ausbildet, welches am
Abend im Bereich der zentralen Ostsee aufschlägt. Rückseitig der Ana-charakter
aufweisenden Front greift der Niederschlag bis nach Baden und Brandenburg aus,
der Südosten präsentiert sich von schwachen Hochdruckeinfluss geprägt weiterhin
trocken und gebietsweise sogar sonnig, während sonst die Wolken eindeutig
überwiegen. Bei weiter lebhaftem Wind erreichen die Temperaturen nur noch Maxima
von 8 bis 15°C, ein Rückgang, der beim Blick auf die Entwicklung der 850er
Temperaturen durchaus nachvollziehbar erscheint.
In der Nacht zum Dienstag bildet sich zwischen den beiden Trogachsen ein
allmählich kräftiger werdender Rücken aus. Da auf seiner Vorderseite Absinken
einsetzt, und dieses u.a. auch durch die Lage am linken Jeteingang unterstützt
wird, steigt über Frankreich der Druck, was zum Morgen schon ein großräumiges
1030er Hoch zur Folge hat, das sich von der Bretagne bis nach Ostbayern und vom
Ostausgang des Ärmelkanals bis zu den Pyrenäen erstreckt. Damit entspannt sich
auch die Windsituation, allenfalls an den Küsten ist der Wind noch stark böig,
aber wohl auch dort nicht mehr warnwürdig. Da die Reste der über dem Süden noch
vorhandenen Luftmassengrenze vom Hoch gegen die Alpen gedrückt werden, kann es
dort noch etwas Niederschlag geben, der mit den sinkenden Temperaturen in Höhen
oberhalb von etwa 1200m bis 1500m in Schnee übergeht. Ansonsten fällt nur
vereinzelt etwas Regen, die Temperaturen gehen auf 6 bis 1°C zurück, in
ungünstigen Lagen kann es leichten Frost geben.
Am Dienstag dominiert Hochdruckeinfluss, der von dem weiterhin nur schwach
ausgeprägten Rücken im 500-hPa-Level gestützt wird. Zumeist herrscht bei
Absinken trockenes Wetter, wobei sich gebietsweise aus der Nacht zähe
Nebelfelder halten können. An den Alpen bleiben die Frontenreste und die leichte
Staukomponente des Windes erhalten, was für weitere Niederschläge sorgt. Durch
die dort auf etwas -2°C sinkenden Temperaturen in 850 hPa sinkt auch die
Schneefallgrenze weiter ab, sie sollte am Abend bei etwa 1200m liegen. Im Norden
und der Mitte erreichen die 850er Werte sogar bis zu -5°C. Als Konsequenz daraus
kann es allenfalls im Rheinland und am Oberrhein zweistellige Höchstwerte bis
10°C geben, ansonsten pendeln sich die Werte bei 6 bis 9°C ein.
In der Nacht zum Mittwoch bleibt es bei Hochdruck, der Schwerpunkt des Hochs, am
Tage noch über Bayern zu finden, wandert aber zum Böhmischen Becken. Das sorgt
dafür, dass an den Alpen auch die Staulage nachlässt und damit auch der
Niederschlag zum Erliegen kommt. Somit wird die Nacht wohl trocken sein, wobei
auf der Westflanke des Hochs mit auf Süd bis Südwest drehendem Wind eine erneute
Milderung einsetzt. Bis zum Morgen liegen die 850er Temperaturen im Westen schon
wieder bei +1°C, rund ums Böhmische Becken sollen es weiterhin etwa -5°C sein.
Abgesehen vom frostfreien Norden (um +2°C) tritt bei Tiefstwerten zwischen +1°C
und -3°C wieder verbreiteter Frost auf.
Am Mittwoch wandert das Hoch weiter nach Osten, und da seine Nordwestflanke
zunehmend zyklonale Konturen aufweist, kann schon in der Nacht zum Donnerstag
das Frontensystem eines Nordmeertiefs mit Regen auf den Norden übergreifen.
Diese Verteilung mit einem wolkigen, leicht regnerischen und windigen Norden und
einem trockenen und teils freundlichen Süden bleibt dann bis in die Nacht zum
Donnerstag erhalten. Es setzt sich aber erneut eine Milderung durch. Liegen die
850er-Werte am Mittwochmorgen noch bei -5°C bis 3°C, so sind es in der Nacht zum
Freitag 2°C bis 5°C.
In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag bleibt anfangs weiter Hochdruckwetter
bestimmend, erst am Samstag sollen neue Tiefausläufer von Westen übergreifen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Im Detail zeigt der Vergleich des aktuellen Laufs des IFS mit den Vorläufen
immer wieder deutlichere Unterschiede bezüglich der Lage und Intensität der
Druckgebilde und der Geopotentialstrukturen. Beispiele wären:
das Tief bei den Britischen Inseln, das am Sonntagmittag nach dem aktuellen Lauf
im Bereich der Irischen See zu finden sein soll – das aber im gestrigen
00-UTC-Lauf dagegen noch etwa 700 km weiter südwestlich liegen sollte.
Die Ausrichtung der Kaltfront am Montag, die nach dem gestrigen 00-UTC-Lauf eher
Nord-Süd orientiert sein solle, jetzt aber etwas „diagonaler“ von Südwest nach
Nordost ausgerichtet ist
Dennoch ist die Übereinstimmung gut, denn der Ablauf über die Zeit führt bei
allen Modelläufen zu ähnlichen „Ankerpunkten“ wie z. B. der strammen
Südwestströmung am Sonntag, der wellend über den Norden ziehenden
Luftmassengrenze, der Kaltfrontpassage am Montag und der Ausbildung eines Hochs
über Frankreich in der Nacht zum Dienstag, welches dann über den Süden
Deutschlands hinwegzieht und in der Nacht zum Mittwoch das Böhmische Becken
erreicht.
Bei dieser sehr ähnlichen „Stoßrichtung“ der Modelle treten die
Detailunterschiede in den Hintergrund.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Zu Beginn des Mittelfristzeitraum setzten alle Modelle (ICON, GFS, IFS, UKMO)
auf eine kräftige südwestliche Strömung, sowohl bodennah als auch in der Höhe.
Das mit einem westeuropäischen Langwellentrog korrespondierende Tief bei den
Britischen Inseln wird ähnlich lokalisiert, ICON hat diesbezüglich aber mit
unter 995 hPa den niedrigsten, GFS dagegen mit über 1005 hPa den höchsten Druck
im Programm.
Bei allen Modellen identisch ist auch die Annahme, dass am Montag die
Kaltfrontpassage von statten gehen soll, was auch mit einer Abkühlung verbunden
ist. Diese zentrale Übereinstimmung wird in verschiedenen Varianten angeboten.
So ist diesbezüglich ICON recht forsch, UKMO dagegen sehr zögerlich mit der
langsamsten Frontverlagerung.
Ebenfalls gleich: Die Ausbildung eines Hochs am Dienstag über Frankreich, das
allmählich nach Osten ziehen soll. Von diesem letzten Einheitlichen Statement
entwickeln sich die Modelle nur auseinander. Sowohl IFS als auch UKMO lassen das
Hoch über das Böhmische Becken nach Osten ziehen, wobei sich an der
Nordwestflanke rasch eine zyklonale Krümmung einstellt, die es Atlantischen
Tiefausläufern ermöglicht, auf den Nordwesten und Norden Deutschlands
überzugreifen. Das Hoch bei ICON ist vor allem über der Nordsee ungleich
kräftiger konturiert als das von IFS und UKMO, was bei ICON ein übergreifen
eventueller Störungen verhindert – und ein wesentlich weiteres Ausgreifen der
milden Strömung nach Norden zur Folge hat. Letztendlich geht diese Struktur eher
in die Richtung einer Blockierungslage. Ein kräftiges, weit nach Norden
ausgreifendes Hoch simuliert auch GFS, allerdings deutlich weiter östlich über
der Nordsee, und das Hoch hat auch eher die Form einer von Nord nach Süd
orientierten Hochdruckbrücke.
Letztendlich lässt diese Lösung von GFS, ähnlich wie die UKMO- und IFS-Lösungen,
nach Abzug des Hochs recht zeitig die nächsten atlantischen Tiefausläufer auf
Deutschland übergreifen, während ICON deren Ostverlagerung eher blockiert.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitfenster +72 bis +96 Stunden werden zwar 6 Cluster angeboten, diese liegen
aber allen durchweg in der Wetterkategorie „Positive NAO“ und zeigen alle die
kräftige Südwestströmung über Deutschland, sowohl im 500 hPa als auch im
Bodenniveau.
Danach, also im Intervall +120 bis +168 sind die dann drei Cluster auf
Wetterwechsel gepolt. Der mit 18 Mitgliedern größte Cluster schwenkt zum Ende
des Zeitraums in Richtung „Blocking“, die mit 17 und 16 Mitgliedern nur wenig
kleineren Cluster wechseln dagegen schon zeitiger in die Blockierung.
Interessant: Die Cluster zwei und drei zeigen am Donnerstag bodennah das
„Hauptlaufmuster“ mit einer zyklonalen Krümmung der Isobaren an der
Nordwestflanke des Hochs. Dazu passt, dass der Haupt- wie auch der Kontrolllauf
im Cluster drei liegen. Aber: Der größte Cluster simuliert eine über der Ostsee
liegende, von Nord nach Süd ausgerichtete Hochdruckzone – und greift so die
Lösung der GFS auf.
Im weiteren Verlauf (+192 bis +240 Stunden setzt sich in den beiden größeren
Clustern wieder die positive NAO und damit eine Westlage durch. Nur der mit 14
Mitgliedern kleinste Cluster zeigt zum Ende erneut ein Blockierungsmuster.
Die Rauchfahnen für Offenbach zeigen bei kleiner Streuung in der Nacht zum
Montag die höchsten 850er Temperaturen mit 9°C beim Haupt- und Kontrolllauf.
Danach fallen die Temperaturen wobei sich die Streuung vergrößert. Während der
Hauptlauf bis zum Dienstag auf -4°C und der Kontrolllauf auf -3°C zurückgehen,
zeigen auch die Ensemblemitglieder einen markanten Temperaturrückgang, der aber
nicht so stark ausgeprägt ist wie bei den beiden erstgenannten Läufen. Insgesamt
ergibt sich eine Bandbreite der Ensembles am Dienstag von +6 bis -6°C bei den
850er Temperaturen. Diese Spanne von etwa 12 Grad bleibt danach auch erhalten,
wobei das Temperaturniveau insgesamt wieder ansteigt.
Die GFS-Ensembles stützen die Aussagen des IFS-Ensembles – zumindest bis
Dienstag. Danach zeigt das GFS-Ensemble nicht so einen deutlichen
Temperaturanstieg, wie dies bei IFS der Fall ist.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
TEMPERATUREN:
Der EFI deutet am Sonntag und Montag ein deutlich über dem Klimamittel liegendes
Temperaturniveau an, am Montag allerdings mit nachlassender Tendenz.
WIND:
COSMO-LEPS liefert am Sonntag in den Hochlagen der Mittelgebirge und an der
Nordsee geringe Signale bis 40% (Brocken bis 70%) für stürmische Böen oder
Sturmböen.
Am Montag liegen die entsprechenden Hinweise für Kamm -und Gipfellagen und die
Nordfriesische Küste nur noch in einem Bereich von 20-40%
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas