SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 28.12.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zeitweise windig, im Bergland mit Sturmböen, im Norden und in der Mitte häufig
Regen und vor allem am Samstag ungewöhnlich mild. Von Winter weit und breit
keine Spur.

WIND/STURM:
Zunächst nur in Kammlagen Sturmböen Bft 8-9, auf exponierten Gipfeln Böen Bft
10-11.
Am Abend und in der Nacht zum Donnerstag im Nordwesten und Westen auffrischender
Südwestwind und dort sowie an der Nordsee stürmische Böen 8 Bft. Auf den Bergen
teils schwere Sturmböen 10 Bft, auf dem Brocken und dem Feldberg Böen Bft 11 bis
12, bis in den Donnerstag hinein andauernd.
In der zweiten Tageshälfte abflauend, zum Abend hin und auch in der Nacht zum
Freitag nur noch auf exponierten Berggipfeln sowie über der offenen Nordsee
Sturmböen Bft 8/9.
Am Freitag auflebender Wind, an der Küste und im Lee der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge stürmische Böen, über der offenen Nordsee sowie im
Bergland Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln schwere Sturm- oder
orkanartige Böen Bft 10/11. In der Nacht zum Samstag abflauend, dann nur noch
auf exponierten Gipfeln Sturmböen Bft 8/9.
Am Samstag von Nordwesten und Westen bis in die Mitte hinein erneut
auffrischender Wind mit stürmischen Böen bis ins nordwestliche Binnenland hinein
sowie in den Leelagen der nördlichen und westlichen Mittelgebirge. In den Kamm-
und Gipfellagen der meisten Mittelgebirge sowie über der offenen Nordsee
Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln schwere Sturm- bis Orkanböen Bft
10-12.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland im Bereich der zonal gerichteten und leicht
mäandrierenden Frontalzone. Nach Passage eines flachen Rückens folgt ein Trog,
der die Britischen Inseln überquert. Das korrespondierende Tief verlagert sich
über Schottland hinweg nordostwärts. Dessen Warmfront sorgt im Norden und
Nordwesten für Niederschläge meist geringer Intensität. Im Süden und Südosten
hält sich schwacher Zwischenhocheinfluss. Mit einer kräftigen südwestlichen
Strömung wird milde Atlantikluft herangeführt. Warnrelevante Böen sind zunächst
vor allem auf Leelagen und einige Küstenabschnitte beschränkt; Sturmböen Bft 8/9
treten vorerst nur in exponierten Kamm- und Gipfellagen auf.
In der Nacht zum Donnerstag erfolgt mit Annäherung und dem nachfolgenden
Übergreifen der Kaltfront des sich zu den Shetlands verlagernden Bodentiefs ein
weiteres Rückdrehen der südwestlichen Strömung, einhergehend mit einer leichten
Gradientzunahme. Hierdurch sind dann von Nordwesten und Westen bis in die Mitte
hinein sowie an der Ostsee Windböen Bft 7, im Lee der nördlichen und westlichen
Mittelgebirge stürmische Böen und in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
sowie über der offenen Nordsee Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten. Auf exponierten
Berggipfeln (Brocken, Fichtel- und Feldberg) zeichnen sich schwere Sturm- und
orkanartige Böen ab.
Etwas ausgespart von dieser Entwicklung ist der Südosten Deutschlands, etwa die
Gebiete vom Alpenrand bis zum Bayerischen Wald. Dort greift die Gradientzunahme
noch nicht, so dass es bei Aufklaren leichten Frost geben kann. Ansonsten bleibt
es durchweg frostfrei.

Donnerstag … erreicht der Trog von den Britischen Inseln kommend Frankreich.
Die diesem Trog vorgelagerte Kaltfront überquert leicht schleifend den Norden
und die Mitte Deutschlands, ist allerdings von Kaltluftadvektion überlaufen und
daher wenig wetterwirksam. Meist kommen nur wenige Millimeter Niederschlag
zusammen, selbst in Staulagen werden es nicht mehr als 10 mm. Allerdings wird
weit in der zweiten Tageshälfte die Kaltfront durch einen nach Nordosten
ablaufenden Kurzwellentrog in ihrem Südteil etwas aktiviert, was von Südwesten
her bis in die Mitte hinein eine leichte Verstärkung der Niederschläge zur Folge
hat, ohne dass jedoch Warnschwellen erreicht werden.
Bis zur Frontpassage ist die Windlage gegenüber der Nacht weitgehend
unverändert. Postfrontal flaut der Wind rasch ab, so dass zum Abend hin Wind-
und stürmische Böen nur noch an der See sowie in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge auftreten und selbst auf exponierten Gipfeln Bft 9 wahrscheinlich
nicht mehr überschritten wird.
Auflockerungen sind am ehesten im Südosten zu erwarten, ansonsten kommen in den
Leegebieten der Mittelgebirge lediglich ein paar Wolkenlücken zustande. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 9 bis 14, im höheren Bergland Werte um 5 Grad.

In der Nacht zum Freitag überquert der Trog mit seinem nördlichen Teil rasch das
Vorhersagegebiet. Nachfolgend erfolgt eine Drehung der Strömung auf West, wobei
ein flacher Rücken Deutschland erreicht. Durch diesen weicht der Gradient auf,
so dass nur noch in exponierten Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge sowie an und über der Nordsee Wind- und stürmische Böen
auftreten.
Der südliche Teil des Troges hängt zurück, wodurch die über dem Süden und
Südosten Deutschlands leicht schleifende Kaltfront wettertechnisch am Leben
gehalten wird. In deren Bereich sind weiterhin einige bis etwa 10, in den
Staulagen des Schwarzwaldes und im Allgäu auch bis 20 mm Niederschlag innerhalb
von 12 Stunden zu erwarten, wobei durchweg Regen fällt. Bis auf einige
Alpentäler bleibt es ansonsten durchweg frostfrei.

Freitag … wird ein weiteres Tief über Schottland hinweg nordostwärts
gesteuert. Vorderseitig greift kräftige Warmluftadvektion auf Deutschland über,
die in Verbindung mit der Warmfront dieses Tiefs steht. Dies lässt von Westen
her bis auf die Mitte Deutschlands übergreifend erneut Regen aufkommen.
Vorderseitig, d.h. im Nordosten und im Südosten, zeichnen sich Auflockerungen
ab. Im Lee der östlichen Mittelgebirge und am östlichen Alpenrand sind durchaus
längere sonnige Abschnitte möglich.
Mit der Annäherung und dem Übergreifen der Warmfront erfolgt im Tagesverlauf
eine markante Gradientzunahme. Bis Mittag sind Windböen auf einige Leelagen und
den Nordseeküstenbereich beschränkt, auf höheren Berggipfeln treten bereits
Sturmböen Bft 8/9 auf. Bis zum Abend legt der Wind weiter zu. Im Nordwesten und
Westen sowie bis in die Mitte hinein sind dann Windböen Bft 7, im Lee der
Mittelgebirge sowie bis ins nordwestliche Binnenland hinein stürmische Böen zu
erwarten; an und über der Nordsee sowie im Bergland gibt es dann Sturmböen Bft
8/9 und auf exponierten Berggipfeln schwere Sturm- und orkanartige Böen.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 8 bis 14 Grad. Dabei wird im Westen und
Südwesten ein weiterer Temperaturanstieg durch die einsetzenden Niederschläge
gedämpft.

In der Nacht zum Samstag setzt sich über Mitteleuropa eine straffe und relativ
glatte west-südwestliche Strömung durch. Gegenüber Freitagabend ändert sich die
Windlage nicht wesentlich, so dass mit lange laufenden Warnungen operiert werden
kann.
Die Warmfront des sich dann in die Norwegische See verlagernden Sturmtiefs wird
aufgrund einer nahezu frontsenkrechten Windkomponente rasch bis weit nach Polen
befördert. Die nachfolgende Kaltfront wird durch eine Welle, die sich Südengland
nähert, bereits über dem Norden, spätestens aber über der nördlichen Mitte
Deutschlands als Warmfront rückläufig. Dort und über dem Westen Deutschlands
ergibt sich dann ein längeres Schleifen der Front, wobei sich die Schleifzone
noch nicht genau lokalisieren lässt. Relativ großflächig kommen durch die
Passage der Warm- und Kaltfront einige bis etwa 10, im Schleifbereich der
rückläufig werdenden Front 10 bis (in Staulagen) über 20 mm Niederschlag
zusammen. Eine Überschreitung warnrelevanter Schwellenwerte in Bezug auf 12-std.
Niederschlagssummen für Dauerregen kann daher in einigen Staulagen der
westlichen Mittelgebirge nicht ganz ausgeschlossen werden.
Es bleibt durchweg frostfrei, im Rheinland und am Oberrhein geht die Temperatur
wahrscheinlich nicht unter +10 Grad zurück.

Samstag … Silvester – wird die Welle von Südengland kommend nord-nordostwärts
gesteuert und erreicht am Samstagabend wahrscheinlich Jütland. Deutschland kommt
in den Genuss des breiten Warmsektors dieser Welle. Dabei erfolgt eine weitere
leichte Gradientzunahme, wodurch im Nordwesten, Westen und bis in die Mitte
hinein stürmische Böen zu erwarten sind. Im Bergland sind dann durchweg
Sturmböen, in Kamm- und Gipfellagen (auch der Alpen) schwere Sturmböen zu
erwarten. Auf exponierten Gipfeln erreicht der Wind in Böen Orkanstärke. Etwas
ausgespart ist hiervon der Süden und Südosten, wo die Gradientzunahme noch nicht
so recht greifen kann und einzelne Windböen Bft 7 auf freie Lagen beschränkt
sind. In Abhängigkeit von der Verlagerung dieser Welle kann auch der
Küstenbereich von Wind- und stürmischen Böen verschont bleiben. Allerdings
bestehen hier noch Unsicherheiten. UK10 zeigt eine weiter südlich liegende
Zugbahn, EZMW deutet diese Wellenentwicklung nur an.
Als relativ sicher lässt sich das Niederschlagsmaximum lokalisieren. Bedingt
durch die Zugbahn dieser Welle ist der meiste Niederschlag im Nordwesten und im
Norden Deutschlands zu erwarten. Großflächig sind einige bis etwa 10, vom
Münsterland bis nach Westmecklenburg in einem schmalen Streifen 10 bis 15 mm
Niederschlag innerhalb von 12 Stunden zu erwarten. Sollte die Passage der Welle
weiter südlich erfolgen (UK10), wären durchaus warnrelevante Niederschlagsmengen
vorstellbar.
Im Bereich des Warmsektors der sich ostwärts verlagernden Welle wird
Subtropikluft aus dem Azorenraum nach Mitteleuropa geführt. Aufgrund des
kräftigen Gradienten hatte diese Luftmasse keine Zeit, sich einer Transformation
zu unterwerfen. In der Mitte und im Süden steigt daher die Temperatur auf
ungewöhnlich milde 15 bis 20 Grad (nein, das ist kein Tippfehler). Dies wird
begünstigt durch größere Auflockerungen, die sich vor allem über dem Süden
Deutschlands abzeichnen. Selbst im Nordwesten und Norden werden im Niederschlag
10 bis 14 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auf die Unsicherheiten in Bezug auf die Passage der Welle
am Samstag ist bereits weiter oben hingewiesen worden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann