#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Dienstag, den 27.12.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.12.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz, später SWz
Unbeständig, zeitweise windig und sehr mild. Vornehmlich an der Nordsee und im
Bergland Sturm.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
Aktuell … bleibt uns die Westlage erhalten, sie nimmt im Verlauf der Kurzfrist
sogar eher wieder etwas an Fahrt auf. Bis zum Jahreswechsel steht uns also
unbeständiges, teils nasses und vor allem mildes Wetter bevor. Während
Dauerregen wohl kaum ein Thema sein wird, nimmt die Sturmgefahr tendenziell zu –
wahrscheinlich aber ohne, dass sich eine signifikante, schwere Sturmlage
einstellt.
Heute Nachmittag und Abend sorgte ein in die westliche Höhenströmung
eingebetteter Rücken für schwachen Zwischenhocheinfluss, sodass die
eingeflossene, vorübergehend etwas kühlere, polare Meeresluft (T850 -1 bis -6
°C) zur Ruhe kam. Die Wetterberuhigung ist aber nur von kurzer Dauer. Der
nächste Kurzwellentrog steht über den Britischen Inseln bereits ante portas und
schwenkt im Laufe der Nacht zum Mittwoch nach Deutschland. Der Trog stützt ein
Tief bei den Hebriden. Nahe dem Okklusionspunkt soll sich – wahrscheinlich
begünstigt durch Umströmungseffekte an der Südspitze Norwegens – in der Nacht im
Bereich des Skagerraks ein kleines Teiltief bilden. Die Warmfront dieses Tiefs
sorgt, unterstützt von kräftiger Warmluftadvektion, zunächst im Nordwesten und
Norden für etwas Regen. Die Kaltfront erreicht Deutschland in der zweiten
Nachthälfte von Benelux, womit sich schauerartig verstärkte Regenfälle von
Westen und Nordwesten bis zur Mitte des Landes ausbreiten. Viel kommt dabei
nicht zusammen, Warnrelevanz besteht also nicht. Zwar kann sich in den Kammlagen
der Mittelgebirge auch mal eine Schneeflocke verirren, das sollte aber kaum zu
Glätte führen, zumal mit Advektion wieder milderer Luft (T850 von Westen auf 0
bis +3 Grad ansteigend) die Schneefallgrenze über die Kammlagen hinweg ansteigt.
Sehr wohl Warnrelevanz hat aber der Wind. Bedingt durch die Teiltiefentwicklung
fällt die Windentwicklung an der Nordsee am markantesten aus. Dort ist im
Nachtverlauf mit Sturmböen, auf den Inseln eventuell sogar mit schweren
Sturmböen zu rechnen. Vor allem ICON6 und ICON-D2 haben diese Böen auf der
Agenda. Ansonsten sind zunächst die Berg- und Leelagen von Windböen betroffen,
mit Annäherung der Kaltfront dann aber auch das west- und nordwestdeutsche
Tiefland. Aufgrund der stabilen Schichtung nimmt der Wind mit der Höhe rasch zu,
sodass in Kamm- und Gipfellagen mit deutlich stärkeren Böen von – je nach
Höhenlage – Bft 8-11 gerechnet werden muss. Immerhin sorgen Wolken und Wind
dafür, dass es frostfrei bleibt, die Tiefstwerte liegen meist bei 7 bis 1 Grad.
Eine Ausnahme stellt der äußerste Süden und der Südosten dar, wo sich der
neuerliche Trogeinfluss kaum bemerkbar macht. Dort dominieren
Grenzschichtprozesse. Es kühlt kräftig ab auf Tiefstwerte zwischen +1 und -3
Grad. Glätte ist allerdings eher unwahrscheinlich, tritt am ehesten dort auf, wo
sich dichter (gefrierender) Nebel bilden.
Mittwoch … zieht der Kurzwellentrog bereits in der ersten Tageshälfte nach
Osten ab. Der nachfolgende Rücken wölbt sich durch kräftige Warmluftadvektion
vor dem nächsten, vor die Tore des Kontinents ziehenden Trog stärker auf und
zieht ebenfalls über uns ostwärts. Abends liegt die Achse schon an der
Ostgrenze. Die Kaltfront schwenkt mit den schauerartigen Regenfällen bis zum
Mittag über die Nordhälfte zügig ostwärts. Über der Mitte wird sie zunächst
stationär, bevor sie bis zum Abend als Warmfront des mit dem nächsten Trog
korrespondierenden Tiefs bei den Hebriden wieder nach Nordosten geführt. Die
frontalen Niederschläge lassen im Einflussbereich des Rückens allerdings
vorübergehend nach. Erst zum Abend intensivieren sie sich auf der diffluenten
Trogvorderseite im Westen und Nordwesten wieder etwas. Die feste Phase spielt
übrigens bei den Niederschlägen höchstens eine untergeordnete Rolle, lediglich
anfangs sind im höheren Bergland ein paar Schneeflocken möglich. Mit den
Tiefausläufern verstärkt sich nämlich die Zufuhr milderer Meeresluft, in der die
Temperatur in 850 hPa auf +1 bis +5°C steigt.
Mit Abzug des Teiltiefs über Südschweden zur Ostsee, steigt der Luftdruck von
Westen vorübergehend an und der Gradient fächert auf. An der Nordsee treten
vormittags noch Sturmböen, im west- und nordwestdeutschen Tiefland sowie an der
Ostsee bis zum Mittag Windböen auf. Danach lässt der Wind vorübergehend nach.
Dann sind nur noch das Bergland und einige Leelagen von einzelnen Windböen
betroffen. In Kammlagen bleibt es dagegen weiterhin stürmisch.
Der Süden profitiert erneut am meisten vom antizyklonalen Einfluss und
trockeneren Luftmassen. Südlich des Mains bleibt es folglich weitestgehend
niederschlagsfrei. Am meisten Sonne gibt es zwischen Breisgau und Alpenvorland.
Gegenüber dem Vortag erfolgt ein leichter Temperaturanstieg auf 6 bis 11, am
Oberrhein bis 13 °C.
In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der neue Trog über die Nordsee bis nach
Südskandinavien aus, seine Hauptachse liegt aber noch westlich des
Vorhersagegebietes. Für Deutschland resultiert daraus eine zyklonal konturierte
Südwestströmung. Das mit dem Trog verbundene Sturmtief kann sich noch etwas
verstärken und zieht von den Hebriden zu den Shetlands. Deutschland gelangt
zunächst in den Warmsektor, in dem es durch WLA, teils auch durch etwas PVA vor
allem über der Nordhälfte zeitweise leicht, im Norden und in Südweststaulagen
der Mittelgebirge mäßig regnet. Im Nachtverlauf greift die Kaltfront mit
schauerartig verstärktem Regen von Nordwesten über und liegt ausgangs der Nacht
diagonal vom Oberrhein bis nach Brandenburg über dem Land. Insbesondere ganz im
Norden sowie in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge können 12-stündig
auch mal mehr als 10 mm fallen. Hinter der Kaltfront folgt eine zumindest bis
etwa 600/700 hPa durchlabilisierte Meereskaltluft (T850 auf Werte um 0 °C
sinkend), in der noch einige Schauer folgen.
Im Warmsektor zieht der Gradient bereits deutlich an, aufgrund stabiler
Verhältnisse macht sich das aber zunächst nur im Berg- und Leelagen bemerkbar.
Mit Passage der Kaltfront und in den Schauern dahinter wird es im Westen und
Nordwesten dann aber auch im Tiefland zunehmend windig. In tieferen Lagen bleibt
es meist bei Windböen, in Schauernähe sind aber auch stürmische Böen nicht
ausgeschlossen. Im Bergland und an der Nordsee sind häufiger stürmische Böen und
Sturmböen wahrscheinlich, in Kammlagen schwere Sturmböen, auf Gipfel orkanartige
Böen oder Orkanböen. Schwächer ist der Wind im Osten und Nordosten sowie im
Südosten.
Apropos Südosten: bis dorthin schafft es der Regen nicht, bei teils
aufgelockerter Bewölkung kühlt es gebietsweise wieder auf leicht frostige Werte
bis -3 °C ab, ansonsten ist die Nacht mit 10 bis 4 °C recht mild.
Donnerstag … nähert sich die Haupttrogachse und erreicht den Westen am Abend.
Deutschland bleibt damit unter einer zyklonalen west-südwestlichen
Höhenströmung. Das Sturmtief gelangt über dem Nordmeer unter die Trogachse,
womit der Entwicklungshöhepunkt erreicht und es die Funktion eines Zentraltiefs
annimmt. Im Bereich des Skagerraks bildet sich allerdings ein neues Teiltief,
das nach Südschweden gesteuert wird. Die damit in Verbindung stehende Kaltfront
erreicht den Süden Deutschlands, wo sie mangels Schubkomponente zu Schleifen
beginnt. Da der Trog von Kaltluftadvektion überlaufen ist und der Luftdruck im
Tagesverlauf bereits ansteigt, verlieren die frontalen Regenfälle allerdings an
Intensität.
Durch eine leicht föhnige Komponente knapp außen vor bleibt der äußerste
Südosten. Dort bleibt es trocken und auch die Sonne kann sich noch zeitweise
zeigen.
Im übrigen Land breiten sich in der postfrontal einfließenden Meereskaltluft, in
der die 850-hPa-Temperatur auf 0 bis -3 °C absinkt, einzelne Schauer über dem
Land aus. Kurze Gewitter mit Graupel sind nicht ausgeschlossen, aber eher
unwahrscheinlich.
Der Gradient bleibt durch die Teiltiefentwicklung zunächst noch gut aufgestellt,
sodass es – mit Ausnahme des Südostens und Teile des Ostens verbreitet zu
starken, in Schauernähe stürmischen Böen kommt. Im höheren Bergland bleibt es
generell sehr stürmisch, auf den exponierten Gipfeln treten weiterhin Böen
zwischen Bft 10 und 12 auf. Die ICON-Modellkette hat abermals auch für die
Nordsee schwere Sturmböen im Programm, die externen Modelle sind mit Sturmböen
etwas zurückhaltender. Gegen Abend lässt der Wind – vom Bergland und dem
Küstenumfeld abgesehen – vorübergehend nach.
Aufgrund des maritimen, gut durchmischten Charakters der postfrontalen
„Kalt“luft werden verbreitet Höchstwerte zwischen 9 und 13 Grad erreicht, im
Südwesten bis 15 Grad.
In der Nacht zum Freitag schwenkt die Trogachse unter Verkürzung der Wellenlänge
zügig ostwärts hinweg. Dabei wird die über dem Süden und Südosten schleifende
Kaltfront nochmal leicht aktiviert, sodass zeitweise auch mal mäßiger Regen
fällt. Ausgangs der Nacht lässt der Niederschlag aber schon wieder nach.
Ansonsten sorgt ein hereinlaufender, flacher Rücken für Wetterberuhigung. Die
Wolken lockern gebietsweise stärker auf, teils ist es gering
bewölkt und die Schauer klingen ab.
Der Wind ist im Binnenland nicht mehr warnwürdig, auch an den Küsten lässt er
nach, vor allem an der Nordsee sind aber auch über die Nacht hinweg starke bis
stürmische Böen aus Südwest möglich. Im höheren Bergland muss weiter mit
stürmischen bis Sturmböen, exponiert mit schweren Sturmböen gerechnet werden.
Freitag … zieht der Rücken rasch nach Osten ab. Dahinter stellt sich eine
recht glatte, aufgrund einer neuen Austrogung über dem Nordatlantik langsam auf
Südwest aufsteilende Höhenströmung ein. Die Frontalzone verschärft sich an der
Flanke des neuen Troges, was in einen markanten Jet-Streak mündet, der sich vom
Nordatlantik bereits bis zu den Britischen Inseln ausweitet. Eine Frontalwelle,
die sich trotz nicht ganz optimaler Position am Jetausgang zu einem markanten
Randtief entwickeln kann, zieht über die Britischen Inseln zur Nordsee. Die
Warmfront des Tiefs schwenkt mit Regenfällen über Deutschland ostwärts,
lediglich der Südosten und Osten bleibt noch außen vor, dort bleibt es trocken
und vor allem in der ersten Tageshälfte auch noch zeitweise sonnig.
Im Warmsektor der Welle breitet sich in der Westhälfte bereits eine sehr milde
Subtropikluft aus, die Temperaturen auf 850 hPa steigen auf 3 bis 6 Grad. In der
zudem außerordentlich feuchten Luft (spezifische Feuchte von knapp 8 g/kg bis
500 m kann schon fast als sommerlich bezeichnet werden), bleibt es dicht bewölkt
und gebietsweise nieselt es.
Natürlich zieht auch der Wind wieder an. Vom Südosten und von Teilen des Ostens
abgesehen muss verbreitet mit starken Böen gerechnet werden. Stürmische Böen und
Sturmböen bleiben aufgrund der stabilen Grenzschicht selbst im Warmsektor wohl
den höheren Lagen und der Nordsee vorbehalten. Die exponierten Gipfel warten
wieder vermehrt mit Böen Bft 10-12 auf.
Im Westen und Südwesten werden erneut Höchsttemperaturen von 11 bis 15 Grad
erreicht, die 7 bis 11 in den anderen Landesteilen sind aber auch alles andere
als kühl.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Fortdauer und Verschärfung der zyklonalen West- bis Südwestlage wird von
allen Modellen recht übersteinstimmend simuliert. Kleinere Phasenunterschiede
sind natürlich unvermeidbar, aber kaum von Prognoserelevanz.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser