#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Dienstag den 20.12.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.12.2022 um 10.30 UTC
Windiger, teils stürmischer und unbeständiger Witterungsabschnitt, bis
Heiligabend gebietsweise kräftige Regenfälle. Mild bis sehr mild.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 27.12.2022
Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Freitag fällt schon beim ersten Blick auf
die Wetterkarten eine ausgesprochen gut ausgeprägte Westwetterlage auf, bei der
sich die Frontalzone mit ihrem Jet vom Ostatlantik bis zur Biskaya und
Frankreich erstreckt. Beim zweiten Blick erkennt man ein Frontensystem, das
ausgehend von einem Tief westlich von Irland auf Deutschland übergreift, und
zwar zunächst mit der Warmfront, am Abend, später auch im Südwesten mit der
Kaltfront. Am Okklusionspunkt, der etwa über die Landesmitte zieht, bildet sich
ein Teiltief. Somit steht uns ein verregneter Freitag bevor, wobei es vor allem
in der Südhälfte auch windig bis stürmisch wird. Bei 850hPa-Temperaturen
zwischen -1 Grad ganz im Norden und 7 Grad am Alpenrand wird es auch am Boden
sehr mild mit 6 Grad ganz im Norden und teils über 15 Grad im Südwesten.
Auch an Heiligabend bleibt uns die Westlage erhalten und vertreibt alle
Hoffnungen auf weiße Weihnachten. Das Zentraltief erreicht im Tagesverlauf
Irland und Schottland und dessen Okklusion schleift noch über dem Norden
Deutschlands und sorgt dort weiterhin für viel nass. Ansonsten zeigt der Jet,
der sich etwa von den Azoren über den Ärmelkanal bis nach Mitteldeutschland und
Südosteuropa erstreckt, eine leicht antizyklonale Form, weshalb die
Niederschläge nachlassen. Dennoch muss weiterhin mit einer gewissen
Schauertätigkeit gerechnet werden und windig bleibt es bei ähnlichen
Temperaturen wie am Vortag auch.
Am ersten Feiertag zieht das Tief über die nördliche Nordsee bis nach
Südnorwegen und gestaltet das Wetter im Norden unbeständig mit schauerartigem
Regen. Westlich der Iberischen Halbinsel befindet sich ein weiteres Tief, dessen
Warmfront von Südwesten her auf Deutschland übergreift und dort noch etwas
mildere Luft mit sich führt. Zudem zieht entlang des Frontensystems eine Welle
über Deutschland hinweg. Trotz der dadurch aufkommenden Aufgleitniederschläge im
Süden, erreichen die Temperaturen im Südwesten erneut rund 15 Grad, etwas
weniger mild ist es mit um 6 Grad weiterhin im Nordosten des Landes. Der Wind
weht weiterhin spürbar, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie an den Vortagen.
Am zweiten Feiertag zieht laut IFS das steuernde Tief weiter nach Schweden und
auf dessen Rückseite fließt zumindest bei dieser Lösung aus Nordwesten wieder
kältere Luft mit 850hPa-Temperaturen von -5 Grad ein. Da gleichzeitig in den
Süden Deutschlands ausgehend vom zweiten Tief, das von den Azoren zu den Kanaren
zieht, weiterhin milde Luft advehiert wird, entsteht eine Luftmassengrenze über
Deutschland, die gebietsweise zu ergiebigen Regenfällen führt. Allerdings ist
dies nur eine mögliche Lösung, andere Globalmodelle haben diese Entwicklung so
nicht drin, um schon etwas auf den Modellvergleich vorzugreifen.
Am Dienstag kommt es nach IFS zu einer deutlichen Meridionalisierung mit einer
Austrogung über Mitteleuropa und einem Rücken über Großbritannien. Damit könnte
sich die Kaltluft mit 850hPa-Temperaturen zwischen -5 und -9 Grad auf ganz
Deutschland ausbreiten und die Niederschläge würden wieder bis in tiefe Lagen
als Schnee fallen. Diese winterliche Variante steht allerdings auf ganz
wackligen Beinen, da sie von anderen Modellen und den IFS-Vorläufen so nicht
gestützt wird. Sie zeigt aber, dass zumindest ab bzw. nach den Feiertagen die
Prognoseunsicherheiten so groß werden, dass auch winterliche Varianten nicht
mehr ausgeschlossen werden können.
Da bereits in der normalen Mittelfrist die Unsicherheiten derart groß sind,
macht ein Ausblick auf die erweiterte Mittelfrist an dieser Stelle wenig Sinn.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis zum 1. Feiertag kann die Konsistenz als gut eingeschätzt werden, sodass auch
die Heiligabend-Wettervorhersage als recht sicher eingeschätzt werden kann. Doch
bereits ab dem 2. Feiertag nehmen die Unterschiede deutlich zu, was v.a. am oben
beschriebenen zweiten Tief über dem südlichen Ostatlantik bzw. an dessen
Randtiefs liegt. Während sich nach dem aktuellen 00UTC-Lauf am zweiten Feiertag
das Randtief rasch von der Biskaya über Süddeutschland als Welle nach
Weißrussland zieht, entwickelte sich dieses Tief im 12UTC-Lauf zu einem
Sturmtief und soll demnach über die Nordsee nach Südschweden ziehen. Damit wird
das Einfließen der oben beschriebenen Kaltluft in den Nordwesten Deutschlands
verhindert. Der gestrige 00UTC-Lauf ist eine Art Mittelding zwischen beiden
Varianten, bei der das Tief als Welle über Norddeutschland zur mittleren Ostsee
zieht. Die Austrogung über Mitteleuropa am kommenden Dienstag und der daraus
resultierende Kaltlufteinbruch wird ebenfalls von den Vorläufen nicht gestützt.
Nach dem 12UTC-Lauf soll die Austrogung weiter westlich über Westeuropa und
weniger stark stattfinden. Im gestrigen 00UTC ist die Austrogung gar nicht zu
erkennen und es bildet sich vielmehr eine Art Luftmassengrenze über Deutschland
aus mit Schnee und Schneeregen im Norden, Regen in der Mitte und sehr milder
Luft im Süden.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass ab dem 2. Feiertag die Unsicherheiten
deutlich zunehmen und bei Niederschlag, Niederschlagsart und
Temperaturverteilung eine ganze Bandbreite an Lösungen möglich sind.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Beim Vergleich mit anderen Globalmodellen werden sogar schon an Heiligabend
deutliche Unterschiede erkennbar. Anstelle des Zentraltiefs über Irland werden
von ICON zwei Tiefs simuliert, eines über der Nordsee und eines weit westlich
von Irland. Auf das Wettergeschehen in Deutschland hat das aber noch keinen
größeren Einfluss. Bei GFS wird hingegen ein Tief über Norddeutschland
simuliert, sodass es nach dieser Variante in Deutschland sehr nass und etwas
kühler als in den beiden anderen Lösungen werden würde. Auch im weiteren Verlauf
werden die Zugbahnen der Tiefs sehr unterschiedlich simuliert.
Am 2. Feiertag befindet sich bei ICON ein Sturmtief über der Nordsee und
Deutschland befindet sich in dessen Warmsektor, während das Tief bei GFS
westlich von Irland zu finden ist und der Warmsektor über Frankreich und
Südwestdeutschland aufgespannt wird. Somit stützen beide Modelle den beginnenden
Kaltluftvorstoß über Deutschland nicht.
Auch die Austrogung über Mitteleuropa am kommenden Dienstag wird von IFS und GFS
nicht gezeigt. Bei GFS befindet sich Mitteleuropa zentral unter einem
ausgeprägten Rücken und eine sehr milde Luftmasse ist wetterbestimmend. ICON
zeigt weiterhin eine eher zonale Konfiguration.
Die Prognose ist also noch mit größeren Unsicherheiten verbunden, wobei alle
Modelle einen unbeständigen Witterungsabschnitt gemein haben.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bei den Rauchfahnen erkennt man, dass der Spread etwa ab dem 1. Feiertag etwas,
v.a. aber ab dem 2. Feiertag deutlich zunimmt. Nach den Feiertagen wird die
Prognose endgültig sehr unsicher. Bei den Temperaturen erkennt man, dass sich
Haupt- und Kontrollauf ab dem 27.12. mit -8 Grad in 850hPa in Offenbach am
unteren Rand befinden (Spread zwischen +8 und -9 Grad). Auch wenn die Mehrzahl
der Member früher oder später einen kalten Kurs einschlagen, steht ein möglicher
Kaltlufteinbruch nach den Feiertagen noch auf sehr wackligen Beinen, wird aber
zumindest wahrscheinlicher.
Auch beim Geoptential nimmt der Spread nach den Feiertagen deutlich zu, was
mitunter an Phasenunterschieden, aber auch an unterschiedlich stark ausgeprägter
Meriodionalisierung liegt.
Beim Niederschlag nehmen die deutlichen Ausschläge erst nach den Feiertagen
etwas ab, was den unbeständigen Witterungsabschnitt stützt.
Bei den Clustern werden im Zeitraum t120h-168h nur zwei Cluster angeboten,
wobei Cluster 1 mit 28 Membern weiterhin auf dem Regime einer negativen NAO
setzt. Cluster 2 mit 23 Membern inklusive Haupt- und Kontrolllauf geht zum
Regime eines atlantischen Rückens über.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Uns steht ein unbeständiger und windiger Wetterabschnitt bevor.
WIND/STURM:
Am Freitag sind bis in tiefe Lagen der Mitte und des Südens stürmische Böen (8
Bft) aus West bis Südwest möglich. Im oberen Bergland sind generell Sturmböen
(8-9 Bft) zu erwarten, auf Gipfeln orkanartige Böen (11 Bft). An Heiligabend ist
es weiterhin gebietsweise windig, starke bis stürmische Böen (7-8 Bft) bis ins
Flachland sind möglich. An den Feiertagen (Sonntag und Montag) sind v.a. im
Küstenumfeld und im Bergland stürmische Böen oder Sturmböen (8-9 Bft), in
Gipfellagen schwere Sturmböen (10 Bft) wahrscheinlich.
DAUERREGEN:
Vor allem in Weststaulagen der Mittelgebirge fällt von Freitag bis Samstag
(Heiligabend) gebietsweise markanter (>35mm in 24h), im Schwarzwald sogar
unwetterartiger Dauerregen (>50 mm in 24h).
SCHNEE:
Vor allem im Norden und Nordosten sind zeitweise Schnee- oder Schneeregenfälle
nicht ausgeschlossen.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, IFS, ICON, EPSe
VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel