#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag, den 02.12.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 021800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 02.12.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Bis Samstagvormittag von Teilen Frankens bis nach Thüringen, Sachsen und
Südbrandenburg Schneefälle. Nachfolgend abklingend, aber vielfach trüb. Zum
Wochenwechsel zögernd etwas milder und zeitweise Regen.
Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
Aktuell … können sich die Schneefälle in den mittleren Landesteilen trotz
Abzug des Kaltlufttropfens südwestwärts nach Frankreich regenerieren.
Verantwortlich dafür zeichnet sich ein recht markanter, scharf gekrümmter
Randtrog, der vom Salzburger Land nordwärts ausgreift und morgen Früh unter
Ausbildung eines eigenen Drehzentrums über dem Vogtland ankommt. Vorderseitige
PVA begünstigt dabei vom Bayerischen Wald bis nach Thüringen, dem Großraum Halle
und dem äußersten Süden Brandenburgs weitere 1 bis 3, stellenweise auch um 5 cm
Neuschnee. Entsprechende Warnungen wurden bereits am frühen Nachmittag
herausgegeben.
Mit jedem Kilometer nach Westen ist die Glättegefahr aufgrund niedriger
Niederschlagsraten (allenfalls leichtes Geflöckel) und unterhalb etwa 300 Metern
eh zu warm geringer. Oberhalb davon besteht Glättegefahr durch Überfrieren oder
geringfügigen Schnee/Schneegriesel. In tiefen Lagen westlich der Weser und
südlich des Mains bleibt es bei bedecktem Himmel und positiven Taupunkten erneut
größtenteils frostfrei.
An der See ist dies aufgrund des nach warmen Nordsee- und Ostseewassers ohnehin
der Fall. Ein schwach konvergentes Windfeld am Südrand des umfangreichen Hochs
über Skandinavien verursacht die klassischen Schauerstraßen, die allerdings
phasenweise aufgrund zeitweiliger Fluktuationen in Windrichtung und -stärke
unterbrochen sind und wegen fehlender Höhenkälte auch nicht sonderlich intensiv
ausfallen. Die Niederschlagsphase ist ohnehin primär flüssig und damit
unkritisch. Punktuell können durchaus mal 5 l/m binnen 3 bis 6 Stunden fallen,
vor allem zwischen Flensburg und Kiel.
In den Schneefallgebieten, im Nordosten und ganz im Süden gibt es dagegen häufig
leichten Frost zwischen 0 und -3 Grad. Sollte es später Richtung Oberrhein,
Bodensee und Alpenvorland doch einmal stärker auflockern, bildet sich rasch
Nebel.
Ein bisschen aufpassen muss man in den Frühstunden rückseitig des Troges, wo die
Luftschichten aus der Höhe rasch abtrocknen. Aus der übrig bleibenden tiefen
Bewölkung kann es bei Temperaturen von -5 Grad in 850 hPa (tendenziell Richtung
0 ansteigend) etwas nieseln, was örtlich zu Glatteis führen kann.
Glücklicherweise fällt der Großteil davon in die frisch gefallene Schneedecke an
einem ruhigen Samstagmorgen.
Samstag … zieht das Höhentief über dem Vogtland, das als weiterer
Kaltlufttropfen agiert, nordwärts weiter und erreicht am Abend
Mecklenburg-Vorpommern. Seine scharfe Krümmung nebst diffluenter Vorderseite
büßt er dabei zunehmend ein, sie orientiert sich eher nach Nordpolen und
Richtung Baltikum. Dementsprechend nehmen auch die Hebungsprozesse allmählich ab
und die Schneefälle gehen auf dem Weg Richtung Wendland, Altmark und
Mecklenburger Seenplatte in unbedeutendes Geflöckel über. Dafür braucht es
selbst bei leichtem Dauerfrost wohl kaum noch eine Glättewarnung.
Aus Trogresten über Jütland formiert sich zudem im Tagesverlauf ein weiteres
„Höhenei“, das für uns allerdings nur indirekt relevant ist, da es mit der
Bodenströmung westwärts zur Nordsee zieht. Insgesamt hat sich daraus im Verbund
mit dem Höhentief vom heutigen Freitag, das zwischenzeitlich im Raum Bordeaux
angekommen ist, ein Triple aus Höhentiefs ergeben. Deren gedachte Rotationsachse
verläuft etwa entlang der Belgisch-Französischen Grenze, womit auf kurz oder
lang auch das südlichste Höhentief für uns wieder interessanter wird. Doch dazu
gleich mehr.
Das Wettergeschehen hierzulande ist abseits der bereits erwähnten nachlassenden
Schneefälle schnell erzählt:
Vielerorts in der feuchten Grundschicht in der schwächen östlichen Strömung
weiterhin trüb, aber meist trocken bei 0 bis 6 Grad.
An der See weiterhin im Bereich der Schauerstraßen Regenfälle, teils mit Schnee
vermischt, aber glättetechnisch irrelevant. Dazu auf an exponierten
Küstenabschnitten einzelne steife Böen (Bft 7).
Mit der rückseitig des nordwärts ziehenden Schneetiefs rechtdrehenden Strömung
auf Süd bis Südost in der unteren Troposphäre gelangt mildere Luft zu uns. So
steigt die Temperatur in 850 hPa im Süden bis zum Abend auf +5 Grad an, wodurch
sich die ohnehin vorhandene (schwache) Inversion noch verstärkt. Lagen oberhalb
700 bis 800 Meter haben gute Chancen oberhalb der Inversion und damit im
Sonnenschein zu sein.
In der Nacht zum Sonntag verabschiedet sich der Kaltlufttropfen über
Mecklenburg-Vorpommern unter weiterer Abschwächung allmählich nach Südschweden.
In 300 bis 500 hPa wird die Isohypsenkrümmung vorübergehend mal leicht
antizyklonal, „überschattet“ jedoch von leichter WLA, die sich kontinuierlich
von Süden weiter fortsetzt. So erreicht die 0 Grad Isotherme in 850 hPa bis zum
Morgen schon die zentralen Mittelgebirge.
Am Boden spürt man davon noch nix. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bleibt
es vielerorts trüb, aber trocken. Ein latentes Risiko bezüglich gefrierenden
Sprühregens besteht vor allem in den östlichen Landesteilen.
Auf Helgoland und den Ostfriesischen Inseln bleibt es sehr windig mit Böen der
Stärke 7.
Sonntag … bleibt das Hoch über Skandinavien mit über 1035 hPa im Zentrum
omnipräsent. Mit der östlichen Strömung (geostrophisch Südost,
reibungskorrigiert Nordost bis Ost) gelangt nun allerdings schleichend etwas
mildere Luft zu uns. Diese wird in einem weiten Bogen um den Tiefdruckkomplex
über Südfrankreich und Italien über die Adria und den Balkan, über Tschechien
und Polen schließlich zu uns geführt. So wird die -5 Grad Isotherme in 850 hPa
bis zum Abend zur Dänischen Grenze abgedrängt, die Mitte und der Süden des
Landes sind unterdessen längst im „Plus“. An den Alpen sind mit föhniger
Unterstützung bis +8 Grad drin. Die Druckdifferenz zwischen Bozen und Innsbruck
hat immerhin mal knapp über 4 hPa avisiert – gleichwohl zu wenig für einen
Durchbruch bis in die Alpentäler.
Dementsprechend verschärft sich die Inversion zwischen 850 und 900 hPa weiter,
was Auflockerungen bei meist nur schwachen bodennahen Winden aus Nordost bis Ost
nicht gerade wahrscheinlicher macht. Nur an der See ist er weiterhin frisch
unterwegs mit steifen Böen an den bekannten Stellen der Vortage.
So sind dann letztlich aber auch vereinzelte leichte Niesel- oder
Sprühregenfälle, die es vor allem in der ersten Tageshälfte geben kann, immer
unkritischer bei dann meist positiven Taupunkten und Höchstwerten zwischen +1
und +6 Grad, bei föhnigen Auflockerungen in Niederbayern oder am Alpenrand bis
knapp 10 Grad. Sonst ragen wohl erneut allenfalls die Gipfellagen der
Mittelgebirge aus der Wolkendecke heraus.
Zum Abend nähert sich dann zunehmend der einstige KLT vom Freitag von
Südfrankreich der Schweiz an. Da er sich nun auch am Boden schwach abbildet,
verliert er diese Eigenschaft zunehmend. Dessen Hebungsprozesse mitsamt
Niederschlägen bleiben aber voraussichtlich noch außen vor.
In der Nacht zum Montag erreicht das Höhentief die Schweiz und der Druckfall aus
Süden setzt sich fort. Da sich zeitgleich auch das Hoch über Skandinavien etwas
abschwächt, hat das keine Windzunahme an der Küste zur Folge. Gleichwohl jedoch
Aufgleitniederschläge, die vor allem die Bereiche entlang von Main und Mosel
betreffen, wo sich PVA und Reste von WLA gewinnbringend überlagern. Am Boden
deutet sich dabei auch die Entwicklung einer flachen Tiefdruckrinne an mit
Nordostwinden am Nordrand und westlichen Winden am Südrand.
Nun stellt sich die große Frage, ob bis dahin die Nordflanke noch kalt genug für
die feste Phase oder zumindest gefrierenden Regen ist? Immerhin liegt in diesen
Bereich gerade nach Osten hin aktuell teilweise Schnee. Sollte es vor Ankunft
der Niederschläge nochmal auflockern, was nach aktueller Modelllage nicht zu
erwarten ist, dann sollte es durchaus nochmal für leichten Frost zumindest in
einigen „Kältelöchern“ in Thüringen und Nordhessen reichen.
Nach Top Down Methode sollte es für Schnee kaum reichen, die Nullgradgrenze ist
mit rund 2000 Metern ziemlich hoch, auch wenn die Schmelzflächen darunter gering
sind. Sie sinkt erst in den Frühstunden durch die fortwährenden Hebungsprozesse
etwas ab. Allzu schnell sind allerdings die mittleren Troposphärenschichten auch
nicht durchfeuchtet, so dass die Niederschläge anfangs durchaus auch Niveaus um
oder wärmer -10 Grad fallen. Kurzum: die Schneephase erscheint in der ICON06
Wetterinterpretation deutlich zu offensiv simuliert zu sein. Allenfalls in den
Gipfellagen oberhalb etwa 600 Meter könnte die Schneephase zumindest zeitweise
dominieren. Und auch Glatteis durch gefrierenden Regen sollte nach aktuellem
Stand nur ein vereinzeltes, lokal eng begrenztes Problem darstellen. Vielerorts
wird es leicht regnen bei +1 bis +4 Grad.
Im Süden und auch im Norden bleibt es meist noch trocken. Die Windverhältnisse
an der See mit Böen Bft 7 an exponierten Abschnitten bleiben ebenfalls bestehen.
Montag … bleibt das Zirkulationsmuster mit hohem Luftdruck über Russland und
zunehmend auch von Grönland nach Island ausweitend stark gestört. Über
Skandinavien beginnt der Druck allerdings mit einem kräftigen Trogvorstoß von
der Framstraße zu fallen.
Hierzulande nistet sich das Höhentief mitsamt Bodenrinne zentral über uns unter
einer feuchten, wenn auch nicht mehr ganz so kalten Grundschicht ein. Die
Luftmasse mit Werten um 0 Grad in 850 hPa und 25 im Theta Feld ist mehr
herbstlich denn winterlich angehaucht, vor allem aber hochreichend gesättigt.
Kleinere Randtröge, die das komplexe Tief umlaufen, führen dabei wiederholt zu
(meist leichten) Regenfällen mit wenigen Litern binnen 12 Stunden. Glätte ist
allenfalls in den Kamm- und Gipfellagen noch ein Thema. Die Temperaturen liegen
tagsüber meist zwischen 3 und 7 Grad.
Der frische Nordostwind lässt zumindest im Tagesverlauf an der Ostsee etwas
nach. Warnwürdige Böen beschränken sich dann vor allem noch auf die
Ostfriesische Küste und Helgoland. Sonst ist es meist nur schwachwindig.
Modellvergleich und -einschätzung
Grundsätzlich besteht weitgehend Einigkeit bei den vorliegenden Modellläufen –
trotz der vergleichsweise komplexen Lage. Was das Höhentief am Montag allerdings
genau macht (Niederschlagsphase und Schwerpunkte), wird sich erst mit den
nächsten Läufen en detail klären lassen. Ein vorläufiger Höhepunkt des
Frühwinters in Teilen Deutschlands aktuell und am morgigen Samstag ist aber
wahrscheinlich.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen