SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 15.11.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Im Norden teils stürmisch. Nur lokal Nebel und Frost. Am Freitag im Nordosten
etwas Schnee.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … liegt auf dem Ostatlantik ein Langwellentrog, dessen Achse nach
Südosten orientiert von Irland über die Biskaya hinweg ins westliche Mittelmeer
orientiert ist. Im Bodendruckfeld interagiert der Langwellentrog mit dem
ehemaligen Hurrikan NICOLE, dessen aktueller Druck unter 960 hPa liegt, wobei
eine weiter Druckabnehme über die Nacht hinweg zu Morgen einen Kerndruck von
leicht unter 955 hPa erwarten lässt. Auf der Südflanke dieses großräumigen und
somit auch steuernden Zentraltiefs schwimmt ein namenloses Randtief in Richtung
Keltische See, welches sich ebenda im Laufe des morgigen Vormittags auflöst.
Interessanter ist da aus deutscher Perspektive schon das zu Ex-NICOLE gehörende
Frontensystem, welches, teilokkludiert, in der Nacht auf uns übergreift und bis
zum Morgen die Mitte erreicht. Angeschoben wird es dabei von dem angesprochenen
Langwellentrog, der insbesondere in seinem Südteil ostwärts vorankommt und dabei
seine Achse bis ins Elsass schiebt. Das Frontensystem weist eine von
Nord-Nordwest nach Süd-Südost verlaufende Orientierung auf und bringt westlich
einer Linie von Schleswig-Holstein über das Vogtland bis zum Werdenfelser Land
etwas Regen. Akkumuliert über 12 Stunden kommen im Westen durchaus 5 bis 10,
teils sogar um 15 l/qm zusammen, wobei ein Großteil dieser Mengen sogar in 6
Stunden zusammenkommt. An der Grenze zu Frankreich, Belgien und Luxemburg hört
es mit dem Regen gegen Morgen dann schon wieder auf. Mit dem sich nähernden
Trog, der Front und der leichten Vertiefung von Ex-NICOLE ist auch eine leichte
Gradientverschärfung verbunden, da das dem Tief gegenüberstehende blockierende
Hoch ERIK über Skandinavien keine Anstalten macht zurückzuweichen. Im
Küstenbereich frischt entsprechend der Südostwind merklich auf mit Böen 7 Bft,
an Küstenabschnitten mit auflandiger Windkomponente (z.B. nördliche Ostseeküste
Schleswig-Holsteins). Windiger wird es auch im höheren Bergland mit Böen 8-9 Bft
z.B. auf dem Brocken oder dem Feldberg im Schwarzwald. Dazu bleibt es bei WLA
und guter Durchmischung weitgehend frostfrei. Allenfalls im Südosten Bayerns
reicht es für lokale Tiefsttemperaturen um 0°C und ein paar Nebelfelder; von
Sachsen bis hoch nach Mecklenburg-Vorpommern kann es auch vereinzelt Nebel geben
und dort ist zumindest Frost in Bodennähe ein Thema.

Mittwoch … machen die Front und der Trog noch etwas Boden nach Osten hin gut,
haben allerdings zusehends Schwierigkeiten, gegen das sich auf weite Teile
Fennoskandinens ausbreitende Hoch ERIK anzukämpfen. Folglich kommt die
Verlagerung der Front zum Erliegen und der frontale Regen erreicht Oder und
Neiße sowie die angrenzenden Landstriche nicht erreicht. Es ist sogar sehr gut
möglich, dass ganz Vorpommern, halb Mecklenburg (Osthälfte), die Uckermark und
der Berliner Raum vom Niederschlag ausgespart bleiben (Lösung z.B. von ICON oder
IFS). Dafür regnet es von der Deutschen Buch und Schleswig-Holstein bis hinunter
zur östlichen Mitte und nach Bayern z.T. für längere Zeit (man bedenke die
zunehmend schleppende Verlagerung des frontalen Regengebietes), wobei vor allem
im Norden und Nordwesten gebietsweise 5 bis 10, stellenweise um 15 l/qm über den
Tag hinweg fallen können. Der Westen und Südwesten des Landes (etwas verzögert
auch der Nordwesten) gelangen zunehmend auf die Rückseite der Kaltfront, was
zumindest hier und da etwas Sonne verspricht. Die mit auf Südwest drehendem Wind
einströmende erwärmte Meereskaltluft subpolaren Ursprungs sorgt für einen
leichten Rückgang der 850er Temperatur (morgens um 5°C, abends um 3°C) und weist
ganz im Westen ausreichend Labilität auf (T500 um -25°C) um einzelne Schauer zu
generieren. Trotz reichlich Bewölkung (im Wechsel mit einigen Auflockerungen
oder kurzen Sonnenfenstern, s.o.) reicht es in der maritimen Luftmasse auch
wegen der sehr soliden Durchmischung für Tageshöchstwerte zwischen 10 und 14°C,
am Oberrhein punktuell vielleicht bis 16°C. So mild wird es im Osten und
Südosten bei Weitem nicht, was aber nicht nur am bedeckten Himmel und am Regen
liegt, sondern auch daran, dass präfrontal nicht etwa Warmluft advehiert wird
(wie man es vor einer KF erwarten könnte), sondern sich von Osten her
ageostrophisch flach aus dem Hoch ausfließende, kontinental geprägte Kaltluft
der maritimen „Kaltluft“ entgegenstellt. Kurzum, in weiten Teilen der Osthälfte
wird es nicht wärmer als 6 bis 10°C. Da bei den dominierenden Druckgebilden
keine nennenswerten Änderungen bezüglich Lage und Druck zu verzeichnen sind,
bleibt der Wind weiter lebhaft. An der See, wo die Isobaren am komprimiertesten
gedrängt sind, generiert der Südost Böen 7 bis 8 Bft, auflandig-exponiert (z.B.
Schleswig-Holstein) vereinzelt sogar 9 Bft.

In der Nacht zum Donnerstag geht es der maskierten (siehe T850 oben) Kaltfront
im Nordosten zusehends an den Kragen. Das Regenband wird immer schmaler und
schwächer und dürfte Vorpommern sowie die nordöstlichen Teile Brandenburgs auch
bis zum Donnerstagmorgen nicht erreichen. Während postfrontal ein Streifen von
der Deutschen Bucht bis zum (West-)Erzgebirge und nach Ostbayern trocken bleibt,
ziehen in die übrigen Gebiete von Westen schon wieder neue Regenfälle. Diese
gehören zu einem kleinen Randtief namens REGINA, das sich tagsüber südwestlich
von Irland aus einer flachen Welle entwickelt und in der Nacht mit rund 980 hPa
Kerndruck den Süden Englands ost-nordostwärts überquert. Die Intensivierung ist
vorderseitiger PVA, die sich teils mit WLA überlappt, geschuldet. Das
Frontensystem selbst bleibt aber bis zum Morgen noch westlich von uns. Dennoch,
gebietsweise um 5 l/qm innert 12 h sind drin. Außerdem nimmt der Gradient
zwischen dem Randtief und dem fennoskandischen Hoch graduell immer weiter zu,
was natürlich nicht ohne Konsequenzen auf die Windentwicklung bleibt. Vor allem
im Norden und Nordwesten sowie allgemein an der Küste frischt der Südostwind
besonders in der zweiten Nachthälfte merklich auf. Im küstennahen Tiefland und
den Hochlagen des Westens werden dann Böen Bft 7, vereinzelt auch Bft 8
erwartet. An und auf der See sowie in den exponierten Hochlagen des Berglands
(außer im Osten und Südosten sowie der Alpen) stehen die Bft 8 bis 9 auf dem
Programm. Im Südosten sowie in der östlichen Mitte, wo der Wind schwach bleibt
und die Grundschicht durch den vorherigen Regen gepflegt angefeuchtet ist,
bildet sich – Aufklaren vorausgesetzt – das eine oder andere Nebelfeld. Zudem
ist im südlichen Alpenvorland, an den Alpen und im Bayerischen Wald, eventuell
auch schon im äußersten Nordosten, leichter Frost in Bodennähe möglich.

Donnerstag … kommt REGINA unter Beibehaltung ihrer Intensität (um 980 hPa im
Kern) zur westlichen Nordsee voran. Die teilokkludierte Kaltfront verlagert sich
noch etwas nach Osten, wird dann aber, ähnlich wie die Vorgängerfront, mehr und
mehr ausgebremst. Wie und wo dies genau vorstatten geht, darüber sind sich die
Modelle noch nicht einig. Laut ICON oder IFS geht es bis nach Vorpommern, laut
GFS bleibt es nordöstlich einer Linie Rostock – Frankfurt/Oder trocken.
Schlussendlich fusioniert die Front mit den Resten der alten Front zu einer
einzigen Luftmassengrenze. Neben dem trockenen Nordosten bleibt es auch südlich
der Donau bei sehr überschaubaren Regenmengen. Am meisten dürfte im Nordwesten
im Bereich eines PVA-Maximums sowie eines ausgeprägten Bodentrogs fallen mit
gebietsweise 5 bis 10, lokal bis 15 l/qm innerhalb von 12 Stunden, sonst sind es
meist 2 bis 5 l/qm, lokal auch etwas mehr. Postfrontal gelangt abermals ein
Schwall erwärmter und leidlich labil geschichteter Meereskaltluft in weite Teile
des Landes (T850 um 3°C, im Süden etwas mehr, also etwa das Niveau des
Vortages), in der es neben einigen Auflockerungen Schauer gibt (bei T500 bis
-26°C sind kurze Gewitter sehr unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich
ausgeschlossen). Nicht zuletzt wegen guter Durchmischung steigt die Temperatur
in der Südwesthälfte auf 10 bis 15, im Südwesten lokal vielleicht sogar auf 16
oder 17°C. Im Osten und Norden, wo der Ostwind weiterhin dagegenhält, muss man
sich mit 5 bis 10°C zufriedengeben. In Vorpommern, wo die Kaltluft den kürzesten
Weg hat, reicht es lokal nicht mal für 5°C. Die Zugbahn von REGINA sorgt nochmal
für eine Gradientverschärfung und damit einen leicht kräftigeren Wind. Im Norden
weht er mäßig bis frisch aus Südost mit Böen Bft 7, vereinzelt Bft 8 im
Binnenland und je nach Exposition Bft 7 bis 9 Bft an der Küste sowie im
Bergland. Auf der Deutschen Bucht und somit auch auf Helgoland sind 10er-Böen
nicht ausgeschlossen (schwere Sturmböen). Im Westen dreht der Wind postfrontal
auf Süd bis Südwest und frischt schon ausgangs der Nacht, vor allem aber am
Vormittag und Mittag – teils in Verbindung mit Konvektion – böig auf (7 Bft,
Bergland 8 Bft), bevor er am Nachmittag wieder nachlässt.

In der Nacht zum Freitag schwenkt von Westen ein Kurzwellentrog durch, der mit
Ausnahme des Ostens und Nordostens (wo es aber an der ausgebremsten Front noch
etwas regnen kann) schauerartig verstärkten Regen generiert. Über die Mengen und
die regionale Verteilung herrscht noch Uneinigkeit. So soll es laut ICON und
UK10 in Nordrhein-Westfalen nur wenig regnen, laut IFS liegt dort aber ein
Niederschlagsschwerpunkt. Als 12-stündige Summen kommen Mengen um 5 l/qm in die
engere Wahl, lokal können aber auch über 10 l/qm fallen. Abzuwarten ist auch, ob
in den Regen vereinzelte Gewitter eingelagert sind (zum vertikalen
Temperaturgradienten kommt jetzt auch noch etwas mehr Dynamik ins Spiel). Auf
alle Fälle soll sich der Gradient, auch durch ein Auffüllen von Regine, etwas
entspannen, so dass sich der Wind beginnt abzuschwächen. An der See sowie in
höheren Lagen bleibt er aber noch längere Zeit lebhaft und teils stürmisch
unterwegs. Interessant dabei die Richtungsverteilung: im Westen und Süden
Südwest bis West, im Norden und Osten um Ost.

Freitag … liegt Deutschland weiterhin unter der Tiefdruckrinne, die ja auch
eine markante Luftmassengrenze darstellt. Aus dem über Skandinavien liegenden
kräftigen Bodenhoch strömt anhaltend arktische Polarluft aus und dringt in den
Nordosten Deutschlands vor. In einem breiten Streifen von der Nordsee bis in den
östlichen Mittelgebirgsraum hält sich Mischluft, in den Westen und Südwesten
wird mit einer westlichen Strömung zunächst noch relativ milde Luft geführt. Im
Bereich der Tiefdruckrinne sind zeitweise Niederschläge zu erwarten. Etwa
entlang der Elbe und etwas nordöstlich davon gehen diese Niederschläge in Schnee
über. In einem Streifen von der Unterelbe bis in die Niederlausitz hinein werden
einige wenige cm Neuschnee (in der Spitze bis etwa 10 cm) simuliert, wobei
dieser wahrscheinlich nicht liegen bleibt. Von der Ostseeküste bis etwa zur
unteren Oder erfolgt im Randbereich des über Skandinavien liegenden Hochs
Absinken, so dass es dort weitgehend niederschlagsfrei bleibt. In der Nacht zum
Samstag dürften diese Niederschläge mit ähnlicher Intensität andauern, wobei
dann im Nordosten, aber auch in Teilen der Mitte Glättegefahr besteht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Entwicklung der Wetterlage wird von den Modellen recht ähnlich vorhergesagt.
Dass dabei nicht alles übereinstimmt – genannt seien z.B. die
Niederschlagsfelder und -raten – liegt in der Natur der Sache.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas