S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Dienstag den 15.11.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 15.11.2022 um 10.30 UTC
Wechselhaft, typisches Novemberwetter. Im Nordosten nasskalt, dort etwas Schnee.
Auch sonst nicht mehr so mild wie bisher.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 22.11.2022
Am Freitag liegt Deutschland unter einer Tiefdruckrinne, die eine markante
Luftmassengrenze darstellt. Aus einem über Skandinavien liegenden kräftigen
Bodenhoch strömt arktische Polarluft aus und dringt in den Nordosten
Deutschlands vor. In einem breiten Streifen von der Nordsee bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum hält sich Mischluft, in den Westen und Südwesten wird mit
einer westlichen Strömung zunächst noch relativ milde Luft geführt. Im Bereich
der Tiefdruckrinne sind zeitweise Niederschläge zu erwarten. Etwa entlang der
Elbe und etwas nordöstlich davon gehen diese Niederschläge in Schnee über. In
einem Streifen von der Unterelbe bis in die Niederlausitz hinein werden einige
bis etwa 10 cm Schnee simuliert, wobei dieser wahrscheinlich nicht liegen
bleibt. Von der Ostseeküste bis etwa zur unteren Oder erfolgt im Randbereich des
über Skandinavien liegenden Hochs Absinken, so dass es dort weitgehend
niederschlagsfrei bleibt. In der Nacht zum Samstag dürften diese Niederschläge
mit ähnlicher Intensität andauern, wobei dann im Nordosten, aber auch in Teilen
der Mitte Glättegefahr besteht.
Am Samstag dauert die Grenzlage an. Die Tiefdruckrinne füllt sich auf, wobei
sich die Luftmassenunterschiede verringern. Dabei kann sich die kältere Luft
eher noch etwas weiter südwärts bis in die mittleren Regionen durchsetzen.
Tendenziell sollten die Niederschläge (im Nordosten sowie im höheren Bergland
als Schnee bzw. in Mischphase, sonst als Regen) nachlassen. In der Nacht zum
Sonntag ist bei geringen Luftdruckgegensätzen und feuchter Grundschicht wieder
vermehrt Nebel zu erwarten. Abgesehen vom Westen und Südwesten besteht
Glättegefahr durch überfrierende Nässe oder gefrierendes Nebelnässen.
Am Sonntag greift ein breiter Trog auf Frankreich über; stromaufwärts zeichnet
sich eine Zonalisierung ab. Vorderseitig erfassen Niederschläge den Nordwesten
Deutschlands. Mit einer Drehung der bodennahen Windkomponente auf Süd kann sich
dort eine leichte Milderung einstellen. In den anderen Gebieten erfolgt
Absinken, was vor allem in den Leegebieten der Gebirge Auflockerungen zur Folge
hat. Da dann mit südöstlichem Wind gealterte Polarluft einsickert, erfolgt keine
Temperaturänderung. In der Nacht zum Montag greifen die Niederschläge mit dem
sich ostwärts bis in die Mitte Deutschlands verlagernden Trog etwa bis zur Elbe
über, wobei dann zumindest in den nördlichen, östlichen und zentralen
Mittelgebirgen etwas Schnee fallen dürfte. Eine kräftige Austrogung über der
Biskaya entzieht dem nach Deutschland hereinschwenkenden Trog Energie. Da dieser
zudem gegen das über Fennoskandien liegende Hoch anläuft, büßt am Montag dieser
Trog nach Nordosten hin an Wetterwirksamkeit ein, was dort nur noch geringe
Niederschläge (diese aber teils in Mischphase, teils als Schnee) zur Folge hat.
Der von der Biskaya nach Frankreich schwenkende kräftige Trog induziert eine
intensive Zyklogenese. Das resultierende Sturmtief verlagert sich bis Dienstag
nach Südostengland. Ein kurzwelliger Anteil des Troges läuft über die Westalpen
hinweg nach Osten ab und bringt über Oberitalien eine weitere Zyklogenese in
Gang. Letztere entzieht dem Tief über Südengland Energie, so dass für
Mitteleuropa die Gefahr einer Sturmlage gebannt ist. Im Randbereich des über
Südostengland liegenden Tiefs gelangt in den Westen Deutschlands wahrscheinlich
wieder etwas mildere Luft, wogegen in den anderen Gebieten kein
Luftmassenwechsel erfolgt. Daher sind vor allem in den östlichen Mittelgebirgen
weitere Niederschläge zu erwarten, die meist in fester Phase fallen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum ändert sich zunächst die
Verteilung der Luftmassen nur unwesentlich. Wahrscheinlich am Mittwoch setzt
sich im Südwesten und Westen mit erneut aufkommenden Niederschlägen etwas
mildere Luft durch. Bis Freitag erfolgt dann auch im Nordosten ein zögernder
Luftmassenwechsel.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis einschließlich Sonntag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich mit den
gestrigen Simulationen weitgehend konsistent. Die danach über Westeuropa
erfolgende kräftige Zyklogenese wird etwas weiter im Osten positioniert, was ab
Wochenbeginn die Milderung im Westen wahrscheinlicher werden lässt. Im
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird im Gegensatz zum gestrigen
00 UTC-Lauf eine flache Druckverteilung simuliert. Dies zögert den
Luftmassenwechsel im Nordosten Deutschlands hinaus.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis einschließlich Samstag wird die oben beschrieben Entwicklung von den
verfügbaren Modellen gestützt. Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der
Intensität des Kaltluftvorstoßes in den Nordosten Deutschlands. UKMO zeigt am
Samstag in Neißenähe im 850 hPa-Niveau Temperaturen bis -12 Grad, was aber eine
Außenseiterposition darstellt. Dieses Modell simuliert auch als einziges einen
Kaltlufttropfen, der von den Baltischen Staaten über die Ostsee hinweg bis
Montag zu den dänischen Inseln gesteuert wird. Hierdurch wird der gesamte Norden
von der skandinavischen Kaltluft erfasst. Wahrscheinlicher ist jedoch (nach den
anderen deterministischen Modellen), dass sich bis Dienstagfrüh im Westen und
Südwesten wieder eine leichte Milderung durchsetzt. Diese bleibt nach ICON noch
aus, da auch in den westlichen Landesteilen eine östliche bodennahe
Windkomponente bestehen bleibt. Bis Freitagfrüh sollte sich nach allen Modellen
auch im Nordosten ein Luftmassenwechsel bemerkbar machen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Das EPS des GFS stützt weitgehend die oben beschriebene Entwicklung. Nach wie
vor wir hohes Geopotential über Fennoskandien gezeigt, was als Indiz gegen eine
kräftige Milderung zu sehen ist. Die Ensemblemember weisen bis in den
erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum hinein nur einen geringen Spread
auf. Im 850 hPa-Niveau stellen sich im Westen und Süden Temperaturen um 0 Grad
ein. Im Nordosten ist dies zum Ende des erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraumes hin auch der Fall.
Das EPS des EZMW wird bis kommenden Dienstag in 5 Cluster unterteilt. Von drei
Clustern, die etwas mehr als die Hälfe der EPS-Member beinhalten, wird ein
Kaltlufttropfen gezeigt, der auf ähnlicher Zugbahn wie bei UKMO nach Westen
gesteuert wird. Dieses Szenario sollte daher verfolgt werden. Demnach wäre eine
rasche erneute Milderung eher unwahrscheinlich. Auch im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum spricht vieles dafür, dass sich die
Frontalzone eher weiter im Süden, d.h. über die Pyrenäen hinweg zur
Balkanhalbinsel, nach Osten durchsetzt. Dies wird von 31 EPS-Membern gestützt,
nicht aber vom deterministischen Lauf. Folglich wäre eine durchgreifende
Milderung im Gegensatz zu den deterministischen Modellen auch im Westen und
Südwesten eher nicht in Sicht. Wie beim EPS des GFS sind im 850 hPa-Niveau
Temperaturen um 0 Grad zu erwarten.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Freitag fällt in einem Streifen von der Nordfriesischen Küste bis in die
Niederlausitz hinein Schneeregen oder Schnee, meist sind jedoch nur wenige
Zentimeter nasser Schnee zu erwarten. Vor allem in der Nacht zum Samstag besteht
dabei Glättegefahr. Außerdem gibt es an der Küste stürmische Böen 8 Bft aus
Südost bis Ost, exponiert sowie auf dem Brockenplateau sind Sturmböen 9 Bft
nicht auszuschließen.
Am Samstag muss in den Frühstunden vor allem im Nordosten streckenweise mit
Glätte gerechnet werden. Tagsüber fällt im zentralen Bergland und im Osten noch
etwas Schnee, wodurch sehr wahrscheinlich nur wenige Zentimeter Schnee
zusammenkommen. Zudem gibt es auf höheren Berggipfeln der nördlichen
Mittelgebirge mit geringer Wahrscheinlichkeit Sturmböen 9 Bft.
Am Sonntag frischt an der Nordsee der Wind erneut aus Südost auf, wahrscheinlich
mit stürmischen Böen 8 Bft an der Nordfriesischen Küste und Böen bis Sturmstärke
über der offenen See. Außerdem kann es auf höheren Berggipfeln der nördlichen
und westlichen Mittelgebirge stürmische Böen geben. Am Montag sind dann
wahrscheinlich keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse zu erwarten.
Basis für Mittelfristvorhersage
EPS (EZMW), anfangs MOS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann