S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.11.2022 um 10.30 UTC

Samstag nach Trogpassage rasche Wetterberuhigung. Danach SWa; in der
Nordwesthälfte leicht unbeständig, im Südosten meist ruhige Hochdruckrandlage.
An der Nordsee und auf einigen Bergen zeitweise Böen Bft 8 bis 9, sonst
voraussichtlich keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 09.11.2022

Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am kommenden Samstag, hat sich aus dem
(dann Ex-) Hurrikan „Martin“ über dem mittleren Nordatlantik südwestlich von
Island ein hochreichendes und zentralsteuerndes Sturmtief entwickelt. Diesem
steht ein umfangreicher Höhenrücken gegenüber, der sich vom östlichen
Mittelmeerraum über Osteuropa nordwärts bis nach Nordwestrussland erstreckt und
entsprechend auch blockierend wirkt, was das Vordringen etwaiger Tröge vom
Atlantik her über Mittel- nach Osteuropa angeht.
Ein solcher Höhentrog hat bereits in der Nacht zum Samstag von Westen her auf
Mitteleuropa übergegriffen, inzwischen hat sich aber über dem Tyrrhenischen Meer
ein Cut-Off-Prozess vollzogen und das nördliche Trogresiduum schwenkt bis
Sonntagfrüh über Mitteleuropa und Skandinavien hinweg ostwärts.
Mit der Sturmtiefentwicklung über dem Nordatlantik wurde dem ganzen System
Energie entzogen und der Trog hat deutlich an Kontur verloren.
Im Bodenfeld ist am Samstag lediglich noch eine flache, meridional ausgerichtete
Tiefdruckrinne über dem östlichen Mitteleuropa auszumachen, die gegen das
kräftige Hochdruckgebiet über Osteuropa läuft, somit kaum mehr nach Osten
vorankommt und sich mehr und mehr auffüllt.
Ihr folgt ein kräftiger Bodenhochkeil, der sich von Südwest- nach Mitteleuropa
ausweitet, wobei sich eine eigenständige Hochdruckparzelle etabliert, die in der
Nacht zum Sonntag allmählich über Deutschland hinweg ostwärts schwenkt und
wiederum gestützt wird durch einen Höhenrücken weiter westlich, vorderseitig des
Sturmtiefs über dem Atlantik.
Rückseitig der Rinne ist ein Schwall maritimer Polarluft ins Vorhersagegebiet
vorgedrungen (T850 hPa um 0 Grad), die anfangs noch hochreichend labil
geschichtet ist, so dass es im Osten und Südosten noch einzelne Schauer geben
kann, an den Alpen oberhalb von etwa 1500 m als Schnee. Im Tagesverlauf sollten
diese aber auch dort abklingen. Der scharfe Gradient vorderseitig des Hochkeils
kann den Küsten noch steife und einigen Mittelgebirgsgipfeln auch stürmische
Böen aus West bis Nordwest bescheren, später nimmt der Wind aber ab und dreht im
Nordwesten auf Südwest, wobei es in der Nacht zum Sonntag an der Nordsee erneut
steife bis stürmische Böen geben kann.
Vor allem im Osten und Süden muss dagegen in der Nacht gebietsweise mit leichtem
Frost gerechnet werden.

Am Sonntag schwenkt der Höhenrücken rasch über das Vorhersagegebiet hinweg
ostwärts, wird dann etwas weiter östlich unter Amplifizierung eingebremst und
wölbt sich bis zur Nacht zum Montag über das Baltikum und die mittlere Ostsee
hinweg nordwestwärts bis zu den Lofoten auf.
Dahinter dreht die Höhenströmung über Mitteleuropa auf Westsüdwest. Aus dem
Zentraltief über dem mittleren Nordatlantik verlagert sich ein darin
eingebetteter Höhentrog rasch über die Britischen Inseln hinweg ostnordostwärts
und überquert bereits in der Nacht zum Montag den Norden Deutschlands.
Das Bodenhoch verabschiedet sich bereits am Sonntagvormittag nach Osteuropa,
wobei eine über den Südosten und Süden Deutschlands hinwegreichende
Hochdruckbrücke erhalten bleibt. Der Westen und Norden des Landes wird hingegen
von einer Frontalwelle gestreift, deren Kaltfront in der Nacht zum Montag noch
bis etwa in die mittleren Landesteile vordringt und sich dort dann aber auflöst.
Lediglich im Westen und Norden fällt dabei kaum nennenswerter Regen, mit
Trogpassage gibt es vor allem im Nordwesten noch einzeln Schauer bzw. kurze
Gewitter. Im Nordseeumfeld und in den Kammlagen einiger Mittelgebirge kann es
vorübergehend stürmische Böen bzw. Sturmböen geben. Im Süden und Südosten
bekommt man von alldem kaum etwas mit. Vor allem an den Nordrändern von Alpen
und Erzgebirge scheint länger die Sonne, in den Flussniederungen im Südosten
hält sich gebietsweise auch ganztägig Nebel bzw. Hochnebel.

Am Montag zieht der Trog über Norddeutschland rasch nordostwärts ab. Derweil
kommt der vom Zentraltief ausgehende Höhentrog über dem Ostatlantik unter
Amplifizierung allmählich Richtung Britische Inseln voran, wodurch die
Höhenströmung über dem westlichen Mitteleuropa weiter aufsteilt und sich durch
WLA erneut ein Höhenrücke aufwölbt, der etwas robuster als sein Vorgänger
aufgestellt ist, sich als nicht ganz so progressiv erweist und erst in der Nacht
zum Dienstag auf das Vorhersagegebiet übergreift.
Im Bodenfeld stützt der sich aufwölbende Rücken nach wie vor das Hochdruckgebiet
über Ost- und Südosteuropa, wobei weiterhin ein Keil bis in den Südosten des
Vorhersagegebietes gerichtet bleibt.
Die Warmfront des Zentraltiefs überquert derweil die Nordsee, die Kaltfront in
der Nacht zum Dienstag die Britischen Inseln.
Somit klingen die Schauer im Norden mit Abzug des Troges ab, im Nordwesten und
Norden macht sich im Tagesverlauf dann WLA-Bewölkung bemerkbar, es regnet dort
zumindest ach Lesart des aktuellen IFS-Laufs aber kaum. Im Warmsektor verschärft
sich der Druckgradient im Nordwesten, so dass es im Nordseeumfeld sowie auf
einigen Mittelgebirgsgipfeln eventuell für stürmische Böen aus Südwest reicht.
Ansonsten dominiert eher ruhiges Hochdruckwetter mit Sonne vor allem am
Alpenrand bzw. in einigen Lee-Lagen und teils beständigem Nebel/Hochnebel in den
Niederungen Süddeutschlands.

Am Dienstag wölbt sich der Höhenrücken über Osteuropa und Skandinavien weiter
nordnordwestwärts auf und reicht Mittwochfrüh bis ins Nordmeer. Das sein
Drehzentrum inzwischen ins Seegebiet unmittelbar südwestlich von Island
verlagernde Zentraltief wird durch einen von Nordwesten heranschwenkenden
markanten Randtrog regeneriert, der inzwischen breit angelegte Höhentrog über
den Britischen Inseln verliert dadurch deutlich an Kontur und zieht über die
Nordsee hinweg allmählich nordostwärts.
Im Bodenfeld schleift die daran gekoppelte Kaltfront zunächst über der Nordsee
und greift erst in der Nacht zum Mittwoch auf den Nordwesten Deutschlands über,
wobei sie sich deutlich abschwächt und es nur noch geringe Niederschläge gibt.
Somit bleibt das Vorhersagegebiet tagsüber noch im Warmsektor, wobei der
Gradient dem Nordwesten einen recht windigen Tag beschert mit teils stürmischen
Böen aus Süd über der Nordsee und Sturmböen auf exponierten
Mittelgebirgsgipfeln. Generell dürften sich auch in den Niederungen
Süddeutschlands die Nebel/Hochnebelfelder etwas besser auflösen, ob es überall
dafür reicht, ist aber fraglich. Wie auch am Montag wird es generell mit
Höchstwerten zwischen 11 und 16 Grad recht mild, lediglich bei Dauernebel bleibt
es teils deutlich kühler.

Am Mittwoch überquert vom nahen Ostatlantik her der markante Randtrog vor allem
den Norden der Britischen Inseln und die nördliche Nordsee ostnordostwärts. Der
Südteil des Troges verliert dabei deutlich an Kontur, hängt nach Westen zurück
und greift als flache und breit angelegter Trog in der Nacht zum Donnerstag auf
das Vorhersagegebiet über.
Der Höhenrücken über Ost- und Nordeuropa wird weit nach Osten abgedrängt und
insgesamt zonalisiert die Höhenströmung vom mittleren Nordatlantik bis ins
westliche Mitteleuropa vorübergehend, ehe sich in der erweiterten Mittelfrist,
ab Donnerstag, erneut eine Austrogung über dem mittleren Nordatlantik andeutet,
auf deren Vorderseite sich nach Lesart des IFS ein kräftiger, von Südwest- bis
nach Mitteleuropa reichender Höhenrücken aufwölbt.
Die Kaltfront im Bodenfeld kommt noch etwas nach Südosten voran, löst sich dann
aber auf. Eine weitere, an den markanten Randtrog gekoppelte Front erweist sich
als etwas wetterwirksamer und kann in der Nacht zum Donnerstag tatsächlich mal
das gesamte Vorhersagegebiet mit etwas Regen bzw. einzelnen Schauern überqueren.

Dahinter verstärkt sich nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes aber rasch wieder
der Hochdruckeinfluss und dauert bis mindestens zum Samstag (also bi zum
Vorhersageende des operationellen Laufes) an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Dem aktuellen IFS-Lauf kann eine gute Konsistenz zu seinen beiden Vorgängern
bescheinigt werden. Die Abfolge der vor allen den Nordwesten streifenden
Höhentröge bzw. Frontensysteme ist einigermaßen „in Phase“. Die Trogpassage über
der Nordhälfte in der Nacht zum bzw. am Montagvormittag wird im aktuellen Lauf
allerdings etwas markanter simuliert als vor allem vom gestrigen 00 UTC-Lauf.
Auch die Trog- bzw. Frontpassage in der Nacht zum Donnerstag betreffend waren
die beiden gestrigen Läufe eher etwas antizyklonaler aufgestellt.
Den breiten und stabileren Höhenrücken ab Donnerstag haben die beiden gestrigen
Läufe auch auf der Agenda, wobei der aktuelle Lauf am Freitag dazu noch eine
eigenständige umfangreiche Höhenantizyklone über Frankreich und Deutschland
simuliert (Großwetterlage HM) und der gestrige 12 UTC-Lauf eher Richtung SWa
tendiert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Trogpassage am Samstag wird noch mit gewissen Differenzen simuliert. Vor
allem das GFS hat den Trog markanter auf der Agenda mit einem sich von der
westlichen Ostsee nach Südschweden verlagernden Bodentief und somit noch en
verbreiteter auftretende Schauertätigkeit, die erst im späteren Tagesverlauf
deutlich abnimmt. UKOM simuliert den Trog zumindest über Norddeutschland noch
kräftiger, während ICON dem IFS ähnelt.
Danach sind die Trogpassagen einigermaßen „in Phase“. Der flache Trog am
Dienstag bzw. in der Nacht zum Mittwoch wird nach GFS etwas progressiver
simuliert, das ICON lässt dagegen die daran gekoppelte Front mit geringen
Niederschlägen in der Nacht zum Mittwoch ein wenig weiter nach Süden ausgreifen.

Ab Mittwoch werden die Differenzen dann größer. Nach Lesart des GFS ist der in
der Nacht zum Donnerstag über die Nordsee ostnordostwärts schwenkende Trog auch
über dem Vorhersagegebiet deutlich kräftiger ausgeprägt als im IFS und auch im
GEM. Daran gekoppelt, wird ab Mittwochabend bis Donnerstagfrüh auch im Bodenfeld
eine markante Frontpassage simuliert mit einem kräftigen, von der nördlichen
Nordsee nach Jütland ziehenden Bodentief. Unbeständiges und windiges, auf den
Bergen und an den Küsten vorübergehend stürmisches Wetter stünden somit auf der
Agenda. Momentan ist das aber noch eine Einzellösung.
In der erweiterten Mittelfrist nimmt dann aber auch nach Lesart des GFS der
Hochdruckeinfluss allmählich zu, wobei der Norden und Osten zumindest bis in die
Nacht zum Freitag noch im Einflussbereich des über Polen abtropfenden und nach
Süden ziehenden Troges bleiben sollen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Vom Regime „Blocking“ (der blockierende Höhenrücken über Ost- und Nordosteuropa)
schwenkt die Großwetterlage zu Beginn der Mittelfrist mit Annäherung des
Zentraltiefs Richtung Island vorübergehend um auf „NAO+“. Dabei verteilen sich
die 49 ENS-Member, der Haupt- und Kontrolllauf im Zeitraum 72 bis 96 Stunden
noch auf die maximale Anzahl von 6 Clustern. Große Unterschiede für Mitteleuropa
ergeben sich dabei aber kaum und betreffen lediglich den Cut-Off-Prozess sowie
die Intensität des „Resttroges“ über Mitteleuropa.
Für den nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) ergeben sich dann
lediglich zwei Cluster (jeweils 30 und 21 Member, Haupt- und Kontrolllauf in
Cluster 1). Weiterhin unterscheiden sich die beiden Cluster nur wenig, beide
haben das umfangreiche Zentraltief über dem mittleren Nordatlantik auf der
Agenda und einen Höhenrücken über Ost- und Nordosteuropa. In Cluster 2 ist der
Rücken lediglich vor allem a Dienstag etwas robuster aufgestellt, so dass die
meisten Member dieses Clusters noch eine etwas antizyklonalere Variante fahren
dürften als der Hauptlauf.
In der erweiterten Mittelfrist stehen dann 5 Cluster auf der Agenda (jeweils 15,
12, 10, 7, 7 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1). Alle münden zum Ende
kommender Woche in einen umfangreichen, von Südwest- über Mittel-, teilweise bis
weit nach Nordosteuropa reichenden Höhenrücken, der in den Clustern 3 bis 5 noch
am robustesten aufgestellt ist. Cluster 2 hat auf dem Weg dorthin am
Mittwoch/Donnerstag noch den zyklonalsten „Einschlag“ auf der Agenda, wenngleich
nicht so kräftig wie im deterministischen Lauf des GFS von 00 UTC.

Die Rauchfahnen spiegeln die oben beschriebene Wetterentwicklung gut wider, die
Kurvenscharen der 850 hPa-Temperaturen der einzelnen Member verlaufen für
unterschiedliche Gitterpunkte in einem relativ engen Spread.
Dabei geht es nach der Trogpassage am Samstag (um 0 Grad in 850 hPa) ab Sonntag
mit leichten Schwankungen und mit einem ab Dienstag wieder etwas größer
werdenden Spread im Großen und Ganzen bergauf.
Am Mittwoch/Donnerstag deutet sich ein vorübergehender Temperaturrückgang an,
der – je nach „zyklonalen Einschlag“ der Einzelmember unterschiedlich kräftig
ausfällt, wobei nur wenige Member bis auf nahe 0 Grad zurückgehen und auch die
Niederschlagssignale in Grenzen halten. Der zyklonalen Version des
deterministischen GFS-Laufes folgt also kaum eines der Member. Danach, also in
der zweiten Hälfte der kommenden Woche, geht bei deutlich abnehmenden
Niederschlagsignalen temperaturtechnisch wieder bergauf, wobei sich der Haupt-
und Kontrolllauf im oberen Bereich der Member bewegen.

FAZIT:
Nach Abzug des Troges vom Samstag ab Sonntag bis Mittwoch vor allem im Süden und
Osten meist ruhige Hochdruckrandlage mit leicht zyklonalem Einschlag am ehesten
im Westen und Norden. Danach wohl Andauer des ruhigen Hochdruckwetters, dann
wohl auch in der Nordwesthälfte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Im Mittelfristzeitraum steht eher unspektakuläres Wetter auf der Agenda. Die
anstehenden Trogpassagen fallen nicht sonderlich wetterwirksam aus. Lediglich
der Wind zieht immer mal wieder etwas an. Vor allem im Nordseeumfeld kann es im
Zeitraum Sonntag bis Dienstag immer wieder steife, mitunter auch stürmische Böen
aus Süd bis Südwest geben. Gleiches gilt für die Kamm- und Gipfellagen einiger
Mittelgebirge, auf dem Brocken sind auch Sturmböen durchaus mal in Betracht zu
ziehen.
Unsicherheiten ergeben sich noch für den Mittwoch bzw. die Nacht zum Donnerstag,
wo es nach Lesart des GFS von 00 UTC durchaus auch im Binnenland
Norddeutschlands für markante Böen reichen sollte, nach GEM und IFS allerdings
bei Weitem nicht.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff