#SXEU31 #DWAV S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Samstag, den 29.10.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.10.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Sehr milder bis warmer und wettertechnisch ruhiger Monatsausklang. Ab der Nacht
zum Dienstag allmählich unbeständiger, aber bis auf stürmische Böen auf
exponierten Gipfeln bzw. im Nordwesten voraussichtlich keine markanten
Wettergefahren.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
Aktuell … hat die „Hitzewelle“ ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Oberhalb
der bis etwa 900 hPa reichenden Grundschicht hat sich eine für die Jahreszeit
extrem warme Luftmasse über der Südhälfte Deutschlands breit gemacht, die ihren
Ursprung in Nordafrika (Marokko) findet, also die Kriterien einer „kontinentalen
Tropikluft“ (cT) erfüllt. Sie zeichnet sich durch eine von der Obergrenze der
Grundschicht bis etwa 600 hPa reichende, mit einem nahezu trockenadiabatischen
Temperaturgradienten ausgestattete und sehr trockene Luftmasse aus („elevated
mixed Layer“) mit 850 hPa-Temperaturen, die im Süden und Südwesten des Landes
mit 18 bis 19 Grad rekordverdächtig für Ende Oktober sein dürften.
Zu diesen hohen Temperaturwerten hat neben der schon seit Tagen anhaltenden
Advektion dieser Luftmasse aus Nordafrika/Südwesteuropa auch beständiges
Absinken beigetragen, denn der Vorhersagebereich befindet sich nach wie vor im
Einflussbereich eines Höhenrückens, der vom westlichen Mittelmeerraum
nordostwärts bis nach Mitteleuropa bzw. zum Balkan reicht.
Der Rücken wird flankiert von einem Langwellentrog über dem nahen
Nordostatlantik (Drehzentrum aktuell westnordwestlich von Irland). Im Laufe der
Nacht verlagert sich auf dessen Vorderseite ein markanter Kurzwellentrog über
die Hebriden bzw. Schottland hinweg nordwärts ins Seegebiet südlich von Island.
Kräftige trogvorderseite WLA lässt – ausgehend vom Höhenrücken – einen kräftigen
Höhenkeil unter Verkürzung seiner Wellenlänge über Westdeutschland und die
Nordsee bis ins Nordmeer aufwölben, dessen Achse im Laufe der Nacht nur langsam
nach Osten vorankommt und sich morgens in etwa über den mittleren Landesteilen
befindet.
Im Bodenfeld stützt der Rücken eine vom Mittelmeerraum über Südostdeutschland
dem Alpenraum und Ungarn bis nach Bulgarien bzw. Rumänien reichende
Hochdruckzone. Von dort aus weitet sich ein Bodenhochkeil über das östliche
Mitteleuropa und die Ostsee nordwestwärts nach Norwegen bzw. zur Norwegischen
See aus.
Derweil befindet sich die Warmfront des mit dem Trog korrespondierenden
Bodentiefs knapp nordwestlich von Irland über Norddeutschland und bildet im
Prinzip die Vordergrenze der Tropikluftmasse. Im antizyklonalen Umfeld erweist
sie sich als wenig wetterwirksam und zeichnet sich lediglich durch dichte,
mehrschichtige Bewölkung über Nordwest- und Norddeutschland aus, aus der es in
erster Linie präfrontal gebietsweise etwas regnet. Das zugehörige Bodentief
erweist sich zwar als einigermaßen progressiv und erreicht ausgangs der Nacht
bereits das Seegebiet zwischen den Hebriden und Island, die Warmfront hingegen
befindet sich zunächst noch vorderseitig des Höhenkeiles unterhalb einer
schwachen nordwestlichen Höhenströmung und kommt somit mangels Schubkomponente
im Laufe der Nacht nur zögernd nordostwärts voran. Immerhin hat sie bis in die
Frühstunden fast ganz Norddeutschland überquert, lediglich Ostvorpommern
befindet sich dann noch knapp präfrontal.
Viel hohe und mittelhohes Gewölk zeigt sich aktuell auch noch gebietsweise in
den mittleren Landesteilen, während in Süddeutschland fast ganztägig die Sonne
schien. Im Laufe der Nacht lockern aber auch in der Mitte mit abziehender
Warmfront und abnehmender WLA mehr und mehr auf. Bei schwachem Gradienten
breiten sich vor allem im Süden, aber auch in der Mitte vielerorts Nebel- und
Hochnebelfelder aus. Durch lokale Low Level Jets kann es in den Gipfellagen
einiger Mittelgebirge im Laufe der Nacht steife, eventuell auch stürmische Böen
aus Süd bis Südost geben, warnrelevant dürften diese aber nicht sein.
In den Niederungen herrscht dagegen kaum Luftbewegung, und somit kühlt es nach
einem in einigen Regionen wieder sehr warmen Tag (heute hat es mangels
Durchmischung im Gegensatz zum gestrigen Freitag trotz der geringfügig höheren
850 hPa-Temperaturen aber nur für vereinzelte Dekadenrekorde gereicht)
einigermaßen deutlich ab auf Tiefstwerte zwischen 14 und 7 Grad, in einigen
Mittelgebirgs- und Alpentälern auf etwa 4 Grad (in Hochtälern natürlich auch
darunter). Lediglich in mittleren Höhenlagen sowie im Lee einiger Mittelgebirge
bleibt es teils deutlich milder.
Sonntag … verlagert sich der Höhenkeil bzw. -rücken allmählich über
Deutschland hinweg ostwärts, abends erreicht dessen Achse die Grenze zu Polen.
Dahinter dreht die Höhenströmung auf Südwest und die Warmfront kommt nun etwas
rascher nach Nordosten voran, so dass sich das gesamte Vorhersagegebiet im
Warmsektor des bis zum Abend zur Südküste ziehenden Tiefs befindet. Dessen
Kaltfront hat derweil die westliche Nordsee überquert, büßt aber mangels
Schubkomponente deutlich an Verlagerungsgeschwindigkeit ein. An ihr läuft eine
flache Frontalwelle im Tagesverlauf vom Ärmelkanal nordostwärts bis zur
mittleren Nordsee, die mit einem rasch über die Britischen Inseln hinweg
ostnordostwärts schwenkenden Kurzwellentrog interagiert, sich ein wenig
verstärken kann und die Progression der Kaltfront zusätzlich noch einbremst.
Nach Abzug dieser Frontalwelle befindet sie sich abends noch immer westlich der
Deutschen Bucht und erreicht dann grade so die Kanalküste Kontinentaleuropas.
Im Warmsektor gelangt nach wie vor außergewöhnlich warme Luft ins
Vorhersagegebiet mit 850 hPa-Temperaturen um 12 UTC zwischen 12 Grad über der
Deutschen Bucht und 18 Grad in Südostbayern. Dabei zeigt sich die Sonne vor
allem in der Mitte und im Norden häufiger als heute. Lediglich über den Westen
und Norden ziehen neben dünnen hohen auch vorübergehend auch mal mittelhohe
Wolkenfelder hinweg. Das Bodenhoch ändert sich in Lage und Ausrichtung kaum, der
Gradient weicht insgesamt eher noch etwas auf. Für warnrelevante Böen wird es
somit nach wie vor wohl auch in exponierten Gipfellagen nicht reichen.
Vor allem in den Niederungen Süddeutschlands reicht er aber nicht mehr überall
aus, um die Nebel- und Hochnebelfelder rasch aufzulösen. Andererseits geben die
Modelle keine Signale dafür, dass er sich irgendwo, z.B. an der Donau bzw. in
der Oberpfälzer Senke, auch ganztägig halten könnte.
Die Höchsttemperaturen dürften in Süddeutschland nicht mehr ganz an die Werte
der Vortage heranreichen, da es mit der Durchmischung nicht mehr so gut klappt
und auch etwas Saharastaub im Spiel ist. Im Norden wird es dagegen etwas wärmer
als am Samstag. Insgesamt wird es also mit 16 bis 19 Grad ganz im Norden bzw.
dort, wo der Nebel erst spät aufgeht bzw. 20 bis 25 Grad sonst wieder
außergewöhnlich warm. In einigen Lee-Lagen steht erneut ein Sommertag ins Haus.
In der Nacht zum Montag erweist sich der zunehmend kurzwellige, aber weiter
amplifizierende Höhenrücken nach wie vor als wenig progressiv und erstreckt sich
morgens vom westlichen/Zentralen Mittelmeerraum über den Balkan, das östliche
Mitteleuropa, die Ostsee und Nordnorwegen bis zur Bäreninsel.
Der mit der flachen Frontalwelle korrespondierende Kurzwellentrog schwenkt über
die nördliche Nordsee rasch weiter zur Norwegischen See bzw. nach Südnorwegen,
eine weitere flache Kurzwelle greift von der Biskaya her auf Frankreich über.
Die Kaltfront wird zwar vom Kurzwellentrog überlaufen und kommt vorübergehend
etwas flotter nach Südosten voran, so dass sie Montagfrüh auch den Nordwesten
Deutschlands überqueren kann, wird dann aber durch eine weitere flache
Frontalwelle vorderseitig des Kurzwellenanteils über Frankreich erneut
eingebremst. Zwischen beiden Kurzwellen schwenkt ein flacher kurzwelliger
Höhenkeil über Nordwestdeutschland hinweg nordostwärts, so dass die Kaltfront
dort unter Absinken gerät und bis auf vorübergehend dichtere mehrschichtige
Wolkenfelder kaum Wetterwirksamkeit mehr aufweist. Auch im Bodenfeld steigt der
Luftdruck vorübergehend etwas an, insgesamt erweist sich das Druckfeld aber als
außerordentlich schwachgradientig. Während es im Norden und Nordwesten meist
wolkig bis stark bewölkt bleibt und auch im Westen später dichtere hohe und
mittelhohe Wolkenfelder aufziehen, bleibt es sonst oft gering bewölkt, im
Südosten wolkenlos, so dass sich erneut Nebel- und Hochnebelfelder ausbreiten
können. Die Tiefstwerte liegen im Westen und Norden zwischen 14 und 8 Grad,
sonst zwischen 10 und 3 Grad.
Montag … schwenkt der Höhenrücken allmählich weiter nach Osten und wir
gelangen zunehmend auf die Vorderseite des umfangreichen, vom mittleren Nord-
bis zum Ostatlantik reichenden Langwellentrog. Die südwestliche Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet erweist sich aber nach wie vor als relativ mau und ist
eher noch leicht antizyklonal konturiert, so dass der flache Kurzwellentrog, der
im Tagesverlauf von Frankreich her ins Vorhersagegebiet schwenkt, zunehmend an
Kontur verliert. Derweil erreicht ein markanter ausgeprägtes Exemplar bis zum
Abend von Westen her den Westausgang des Ärmelkanals bzw. die Bretagne. Daran
gekoppelt ist ein kleinräumiges Bodentief, das sich noch etwas vertieft (auf
knapp unter 1000 hPa) und sich abends unmittelbar westlich der bretonischen
Küste befindet. Somit setzt auch über dem Vorhersagegebiet Druckfall ein, das
Bodenhoch zieht sich nach Südosteuropa zurück, wobei ein flacher Bodenhochkeil
noch immer bis nach Nordostdeutschland reicht.
Die Kaltfront schleift nach wie vor leicht verwellend über West- und
Norddeutschland und kommt nicht weiter nach Südosten voran, dabei fällt vor
allem im Nordwesten aus dichten Wolken gebietsweise etwas Regen, da der flache
Kurzwellentrog die frontale Hebung dynamisch ein wenig stützen kann.
Ansonsten bleibt aber noch schwacher Hochdruckeinfluss erhalten. Insgesamt
ziehen aber auch über den Südwesten, die Mitte und über die Osthälfte vermehrt
hohe und auch mittelhohe Wolkenfelder hinweg, so dass sich die Sonne dort nicht
mehr so häufig wie am Vortag zeigt. Sonnig bleibt es dagegen im Süden und
Südosten, aber auch am Nordrand des Erzgebirges sowie in der Lausitz. In den
Niederungen Süddeutschlands kann sich allerdings auch der Nebel länger halten,
an der Donau örtlich vielleicht ganztägig. Der Gradient zieht vor allem in der
Höhe etwas an, an den Alpen wird es föhnig (was letztendlich weiter nördlich die
Winddrehung auf bodennah östliche Richtungen und die höhere Erhaltungsneigung
des Nebels bewirkt) und es kann dort auf exponierten Gipfeln steife bis
stürmische Böen aus Süd geben.
Im Nordwesten kühlt die Luftmasse mit der Kaltfront etwas ab, auf etwa 7 bis 10
Grad in 850 hPa. Sonst bleibt es aber nochmals warm mit 11 bis 15, am Alpenrand
bis 17 Grad in 850 hPa. Somit endet der Oktober viel zu warm, wenngleich nicht
mehr die Werte der Vortage erreicht werden. Im Norden und Nordwesten werden etwa
15 bis 19 Grad erreicht, sonst 18 bis 22 Grad, am Alpenrand bei Föhn eventuell
nochmals bis nahe 25 Grad. Bei zähem Nebel werden dagegen kaum 15 Grad erreicht.
In der Nacht zum Dienstag zieht der flache Kurzwellentrog ebenso wie die
Kaltfront über Norddeutschland rasch nordostwärts ab, dabei kann es in der
ersten Nachthälfte im Norden und Nordosten noch etwas regnen, ehe die Wolken
auch dort wieder auflockern.
Der nächstfolgende, weiterhin deutlich markantere Kurzwellentrog über Westeuropa
kommt bis Dienstagfrüh zum Ostausgang des Ärmelkanals bzw. bis nach Belgien und
Nordostfrankreich voran. Das korrespondierende Bodentief kann sich noch ein
wenig vertiefen und zieht zur westlichen Nordsee ins Seegebiet knapp
nordwestlich der Doggerbank. Dessen teilokkludierte Kaltfront erreicht in den
Frühstunden bereits den äußersten Westen Deutschlands. Somit werden die Wolken
von Westen bis in die mittleren Landesteile wieder dichter und im Laufe der
zweiten Nachthälfte setzt etwa vom Emsland über NRW und Rheinland-Pfalz bis nach
Nordbaden leichter Regen ein.
Die Annäherung des Frontensystems geht mit einer deutlichen Gradientverschärfung
in den westlichen Landesteilen einher, so dass es in den Kamm- und Gipfellagen
der Mittelgebirge vermehrt steife, exponiert auch stürmische Böen, auf
exponierten Alpengipfeln eventuell Sturmböen aus Süd bis Südost gibt. Auch über
der offenen Nordsee (Helgoland) sowie im Lee von Eifel und Hohem Venn kann es
morgens für steife Böen reichen.
Im Osten und Südosten bleibt es dagegen aufgelockert bis gering bewölkt, so dass
sich vor allem im Süden und Südosten wieder Nebel- und Hochnebelfelder
ausbreiten bzw. verdichten können. Im Norden und Westen bleibt es mit
Tiefstwerten zwischen 14 und 8 Grad mild, sonst kühlt es auf 10 bis 4 Grad ab,
in einigen Tälern der östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge bzw. der Alpen
auch darunter.
Dienstag … wird der Kurzwellentrog unter Konturverlust rasch über
Nordwestdeutschland und die Nordsee hinweg nordost-, später nordwärts gesteuert,
ein weiterer erreicht bereits am Abend England bzw. Nordwestfrankreich. Somit
nimmt die südwestliche Höhenströmung auch über Deutschland eine zunehmend
zyklonale Kontur an, wobei der vom Balkan über Polen und die Ostsee bis nach
Nordskandinavien reichende Höhenrücken erneut regeneruiert wird und kaum nach
Osten vorankommt. Dadurch verschärft sich die Höhenströmung über uns.
Die Kaltfront des nordwärts Richtung Shetlands ziehenden und sich noch etwas
verstärkenden Bodentiefs kommt nun rasch südostwärts voran und hat bis zum Abend
bereits, abgesehen vom Südosten Bayerns, das gesamte Vorhersagegebiet überquert.
Sie wird rasch vom Trog überlaufen und erweist sich als nur wenig wetterwirksam,
so das mit Frontpassage nur gebietsweise schauerartiger Regen geringer
Intensität fällt. Postfrontal weitet sich von Südwesten her ein flacher
Bodenhochkeil über Südwestdeutschland bis in die mittleren Landesteile aus, so
dass die Wolken auflockern und es meist trocken bleibt. Lediglich im Nordwesten
und Norden kann es im Einflussbereich etwas labilerer Höhenkaltluft noch
einzelne kurze Schauer geben, die meisten wohl im Nordseeumfeld und in
Schleswig-Holstein.
Von Warnrelevanz ist aber auf jeden Fall der Wind. Der Gradient verschärft sich
vor allem in der Nordwesthälfte bis in die mittleren Landesteile vorübergehend
deutlich, so dass es auch in den Niederungen recht verbreitet steife, im Westen
und Nordwesten vom Vormittag bis in den Nachmittag hinein vorübergehend auch
stürmische Böen aus Südwest gibt. Im Nordseeumfeld sowie in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es stürmische Böen, auf dem Brocken und auf
Helgoland auch Sturmböen. Am späten Nachmittag und Abend weitet sich der
Hochkeil allmählich etwas nach Norden aus, der Gradient fächert auf und der Wind
nimmt wieder ab.
Der Kaltfront folgt erwärmte maritime Subpolarluft, die Temperatur in 850 hPa
sinkt auf etwa 4 bis 8 Grad. Dabei scheint präfrontal im Südosten und vielleicht
noch in der Lausitz länger die Sonne, auch postfrontal gibt es durchaus wieder
längere sonnige Abschnitte. Es bleibt somit bei guter Durchmischung für die
Jahreszeit viel zu mild mit Höchstwerten zwischen 14 und 18 Grad, im
Alpenvorland sowie am Nordrand des Erzgebirges und Zittauer Gebirges präfrontal
nochmals bis 20 Grad bzw. knapp darüber.
Modellvergleich und -einschätzung
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und
prognoserelevanten Modellunterschiede ausmachen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff