SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 22.10.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Leicht wechselhafter, vor allem aber milder bis fast schon warmer
Wetterabschnitt. Am Sonntag in den Alpen Föhn.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite des hochreichenden
Tiefs HELGARD (int. Beatrice) mit Drehzentrum knapp westlich der Biskaya. Die
bei uns wirksame südwestliche Höhenströmung ist und war heuet mit kurzen Wellen
durchsetzt, die nun aber gen Osten abziehen. Von Westen übergreifende WLA sorgt
für Potenzialgewinn und den Aufbau eines zwar nicht überbordend kräftigen, aber
in den Höhenkarten gut erkennbaren Rücken, der am Boden für leichten
Zwischenhocheinfluss sorgt. So ziehen die schauerartigen Regenfälle und
einzelnen Gewitter im Norden und Nordosten alsbald ost-nordostwärts ab und die
eingeflossene sehr milde (T850 6 bis 12°C, zum Morgen hin im Süden noch etwas
darüber; Tageshöchsttemperaturen heute verbreitet um, teils sogar über 20°C) und
recht feuchte (Taupunkte meist 12 bis 16°C) Luftmasse kommt zur Ruhe. Da es
zudem verbreitet aufklart und die Jahreszeit trotz der hohen Temperaturen doch
schon weit fortgeschritten ist, bildet sich vielerorts Nebel. Prädestiniert
dafür sind die mittleren Landesteile und der Süden (vor allem Donautal und
Umgebung), aber auch im Nordwesten wird es gebietsweise undurchsichtig. Frost
ist in dieser Luftmasse kein Thema, insbesondere im Westen sowie in Küstennähe
verbleibt die Temperatur sogar im zweistelligen Bereich.

Sonntag … verschiebt das hochreichende Tief sein Drehzentrum langsam aber sich
in Richtung Irland/UK, wobei sich das Bodentief beginnt aufzufüllen. Zur
Mittagszeit bringt es aber noch stattliche 990 hPa oder sogar etwas weniger
aufŽs Barometer. Durch die andauernde und sich sogar noch etwas verstärkende WLA
gewinnt der o.e. Rücken noch etwas an Amplitude bei gleichzeitig leichter
Progression gen Osten. Deutschland gelangt dadurch zunehmend unter eine
südwestliche, anfangs weitgehend antizyklonal konturierte Höhenströmung. Damit
wird noch wärmere Luft zu uns geschaufelt, auf 850 hPa steigen die Werte auf bis
zu 17°C im äußersten Süden und rund 10°C im Norden. Einzig Richtung MV bleiben
sie etwas niedriger. Dass der Anstieg im Süden so markant ausfällt, ist u.a. dem
einsetzenden Südföhn geschuldet. Während der Luftdruck nördlich der Alpen
allmählich fällt, bleibt er weiter südlich konstant. Die Differenz erreicht in
der Spitze 6 bis 9 hPa (im Westen (Profil Lugano-Zürich) mehr als im Osten
(Profil Bozen-Innsbruck), was ausreicht, das Föhngebläse spürbar in Gang zu
bringen. Auf den Bergen stehen Sturmböen 9 Bft, vereinzelt auch schwere
Sturmböen 10 Bft auf der Karte. Ab dem Mittag, wenn sich die
Durchmischungsbedingungen bessern, kann es der Föhn auch in anfällige Täler
durchbrechen, allerdings mit gebremstem Schaum (Böen 7-8 Bft).

Wettermäßig gilt es erst mal die nächtlichen Nebel- und Hochnebelfelder zu
bearbeiten, was einige Zeit in Anspruch nehmen kann und durch die deckelnde
Wirkung der WLA erschwert wird. Trotzdem sollte es überall für die Auflösung
reichen. Dann scheint vor allem im Süden und Osten z.T. für längere Zeit die
Sonne, wobei das Alpenvorland (Föhn), aber auch die Nordränder der Mittelgebirge
(föhnartige Effekte durch den etwas auflebenden Süd-Südostwind => einzelne
Spitzenböen 6-7 Bft) in der Vorhand sind. Im Westen und Nordwesten, wo man
dichter am Dunstkreis des Tiefs ist und sich zudem die Kaltfront desselbigen
nähert, nimmt die Bewölkung im Tagesverlauf zu und etwa ab Mittag muss mit
zunächst nur sporadischen, später häufiger auftretenden und schauerartig
verstärkten Regenfällen gerechnet werden.

Zurück noch mal zur Temperatur, die am Alpenrand punktuell dicht an die
25°C-Marke herankommt. Die 20°C-Marke ist vor allem bei Sonne und am Nordrand
der Mittelgebirge kein großes Problem. Aber auch sonst kann angesichts
apostrophierter Maxima von 16 bis 19°C nicht gemeckert werden – zur Erinnerung,
wir schreiben den 23. Oktober. Einzig dort, wo sich Nebel/Hochnebel vielleicht
bis in den frühen Nachmittag halten, könnte es etwas frischer bleiben.

In der Nacht zum Montag löst sich aus dem Höhentiefkomplex ein eigenständiger
Randtrog, der sich gen westliche Nordsee orientiert. Vorderseitig verbleiben wir
unter der südwestlichen Höhenströmung, die aber zunehmend zyklonale Konturen
annimmt. Das begünstigt die Wetteraktivität der schleifenden und zur
Wellenbildung neigenden Kaltfront, die von Westen her auf das Bundesgebiet
übergreift. Dabei ist die Bezeichnung „Kaltfront“ eigentlich überkandidelt, denn
was postfrontal da in den Norden und Westen einströmt, ist alles, nur nicht
kalt, ja nicht mal kühl (Rückgang T850 auf knapp unter 10°C).

Immerhin zeichnet sich unmittelbar vor bzw. an der Front ausreichen Labilität
ab, die mit einem Feuchtemaximum korreliert. Dadurch kann etwas MU-CAPE
generiert werden, das wiederum in einzelne Gewitter transformiert werden kann.
In einem gut gescherten Umfeld können die Gewitter mit Böen 7-8 Bft einhergehen,
während Starkregen aufgrund solider Zuggeschwindigkeit nur gering wahrscheinlich
ist. Zu stark sollte das Thema „Gewitter“ aber nicht gewürdigt werden, denn
größtenteils verursacht die Kaltfront schauerartig verstärkte Regenfälle, die
sich bis in den Osten und Süden ausbreiten. Aufgrund ihres vor allem nach
Südwesten hin stark ausgeprägten schleifenden Charakters ist dort in der 2.
Nachthälfte gebietsweise mehrstündiger Starkregen nicht ganz ausgeschlossen.

Während der Föhn in den Alpen allmählich schwächer wird, nimmt der südliche Wind
in den Hoch- und Leelagen der westlichen, südwestlichen und zentralen
Mittelgebirge soweit zu, dass er in Böen Stärke 7-8 Bft erreicht. Erste steife
Böen 7 Bft auch auf der Nordsee und auf dem kahlen Brockenplateau gehtŽs hoch
bis auf Stärke 9-10 Bft.
Dass die Kaltfront thermisch nix taugt, erkennt man auch an den Tiefstwerten,
die aufgrund solider Durchmischung und recht viel Bewölkung größtenteils
zweistellig ausfallen (16 bis 10°C). Lediglich im Südosten, wo es noch längere
Zeit klar ist und auch nicht besonders windig, kühlt es auf etwas unter 10°C ab.

Montag … regeneriert sich das Tief HELGARD noch mal auf rund 990 hPa, wobei
sein Kern in der Mittagszeit unweit von Schottland respektive der Hebriden. Die
weiterhin flotte Höhenströmung dreht etwas zurück auf West-Südwest, was der
Progression der Kaltfront in ihrem nördlichen Teil extrem zugutekommt. Dort
marschiert sie rasch über den Vorhersageraum hinweg Richtung Polen, während sie
über Süddeutschland weiterhin kräftig schleift. Dort, genauer im Süden BaWüs und
Bayerns, kann es für einige Stunden skalig regnen, wobei gebietsweise 10 bis 20
l/m² zusammenkommen. Die Hinweise für mehrstündigen Starkregen oder gar
12-stündigen Dauerregen sind mehr als zaghaft.

Im großen Rest des Landes stellt sich in der frisch einfließenden, alles andere
als kalten Atlantikluft (T850 9 bis 6°C => Tmax 15 bis 20°C, in föhnigen
Leefenstern auch etwas darüber) wechselhaftes und vor allem nach Westen und
Nordwesten hin mitunter windiges Wetter ein. Dabei erreicht der Süd-Südwestwind
in der Spitze und in Böen Stärke 7 Bft, in höheren Lagen 8 Bft, Brocken bis 10
Bft. Zudem entwickeln sich Schauer und in einem vom Südwestdeutschland bis in
den Nordosten verlaufenden Korridor (gute Überlappung von Labilität und Feuchte
bei bester Scherung) sogar einzelne Gewitter, die mit stürmischen Böen 8 Bft
einhergehen können. Starkregen dürfte durch die nach wie vor mehr als solide
Mobilität potenzieller Zellen kaum auf die Anzeigetafel kommen. Im Nordwesten
ist die Gewitterwahrscheinlichkeit nur sehr gering, weil dort trockenere Luft
einströmt und entsprechend weniger bis gar kein CAPE zur Verfügung steht.

In der Nacht zum Dienstag greift ein flacher, aber relativ breiter Höhentrog auf
Deutschland über. Gleichzeitig dreht der außer an der Nordsee wieder
nachlassende Bodenwind etwas nach rechts auf glatt Südwest, was mit der Zufuhr
niedertroposphärisch etwas kühlerer Luft verbunden ist (Rückgang T850 außer im
äußersten Süden auf 7 bis 4°C). Unter dem Strich bedeutet das eine leicht
wechselhafte Nacht mit Schauern und vereinzelten kurzen Gewittern, wobei die
Schwerpunktverteilung von Model zu Modell etwas anders gesehen wird. Markante
Entwicklungen sind aber nicht besonders wahrscheinlich. Vornehmlich im
windschwachen Süden bilden sich bei längerem Aufklaren örtliche Nebelfelder.
Dort kühlt es auch am ehesten unter 10°C ab, während sonst einmal mehr häufig
zweistellige Tiefstwerte auf dem Zettel stehen.

Dienstag … schwenkt der Höhentrog rasch durch bzw. wird durch einen von Westen
hereinlaufenden flachen Rücken ersetzt. Dieser macht sich vor allem im Süden
durch leichten Zwischenhocheinfluss bemerkbar, indem sich dort zeitweise die
Sonne durchsetzt und es weitgehend trocken bleibt. Ansonsten setzt sich die
Wechselhaftigkeit fort, ohne dass es dabei wirklich unfreundlich ist. Ein paar
Schauer ja, aber auch etwas Sonne und mild sowieso – 16 bis 21°C lautet die
deutschlandweite Spanne. Dazu an der See ein mäßiger bis frischer Südwestwind
mit Böen 7 Bft, Tendenz im Tagesverlauf nachlassend.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen schreiben die einzelnen Modelle eine ähnliche Geschichte.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann