#SXEU31 #DWAV S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Montag, den 17.10.2022 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.10.2022 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Im Südwesten durchweg mild bis sehr mild, im Nordosten kälter und dort in der
Nacht zum Donnerstag zunehmende Frostgefahr in Bodennähe inkl. lokalem
Luftfrost. In den Nächten teils neblig. Nacht zum Dienstag über der Mitte
einzelne Gewitter, lokal mit Starkregen.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
Aktuell … wird ein umfangreicher Langwellentrog bei rund 25 Grad West und 48
Grad Nord analysiert. Ein weiteres Drehzentrum liegt knapp westlich von Irland
(55 Grad N, 10 Grad W), wobei letzteres im Begriff ist in die nordöstlich
liegend Frontalzone zeitnah eingebunden zu werden. Östlich dieser Welle liegt
ein umfangreicher Keil, dessen Achse von Algerien über Italien bis nach Ungarn
reicht, sodass Deutschland an dessen Westflanke in den Genuss warmer und
feuchter Luftmassen gelangt. Mit gemessenen (föhnig verstärkten) knapp 19 Grad
in 900 m Höhe und 15 Grad in 850 hPa (Wien-Schwechat) liegen wir im 99-iger
Perzentilbereich der 79-21 Klimatologie. Ähnliche Werte findet man z.B. im
jüngsten AMDAR von München (7:17 UTC). Kein Wunder, dass bei solchen
Temperaturwerten trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit bodennah Werte von
verbreitet über 20 Grad gemessen werden mit einzelnen richtig warmen Messungen
von aktuell (12Z) z.B. 25.8 Grad im sächsischen Aue (knapp 400 m über NN). Diese
Erwärmung wird auch durch fast ungestörte Durchmischung in weiten Bereichen
Deutschlands gefördert, da die Sonne, abgesehen vom Nordwesten, von einem
wolkenlosen Himmel scheint – regional mit dekorativen Cirren geschmückt.
Anders sieht es im Nordwesten aus, wo sich am Ostrand des Langwellentroges ein
schleifender bzw. wellender Frontenzug aufmacht Deutschland Schritt für Schritt
ost- bis südostwärts zu überqueren. Dies geschieht zur Mittags- und
Nachmittagszeit bereits im Nordwesten, wo es wiederholt Niederschläge gibt,
zeitweise auch schauerartig verstärkt bzw. gewittrig. Präfrontal der Kaltfront
deuten jüngste Vorhersagesoundings geringe Labilitätswerte bis 200 J/kg MUCAPE
in der 1-4 km AGL Schicht an, sodass eher die 0-3 km Scherung von 15 m/s als
effektiv angesehen wird und weniger die hochreichende Scherung bis 6 km AGL (25
m/). Dennoch reicht die Scherung aus, dass die Konvektion zeitweise auch
organisierter daherkommt mit stürmischen Böen oder kleinem Hagel/Graupel. Zum
Abend sollte dabei die Hebung nachlassen und eine sich weiter stabilisierende
Grenzschicht eher gegen weitere Gewittertätigkeit sprechen, die sich zügig über
Schleswig-Holstein in Richtung südliche Ostsee verlagert. Dennoch deutet das EPS
von ID2 bis zum Abend zwischen Hamburg und Lübeck in Verbindung mit wiederholten
Schauern/letzten Gewittern 6-std. Niederschlagsmengen von 20 bis lokal 30 l/qm
an (40-50 % für mehr als 20 l/qm), wobei dieses Signal recht persistent in den
Vorläufen vorhanden war. Abgesehen davon aber steht außer Sturmböen auf dem
Brocken (abends nachlassend) und einzelne Windböen auf Sylt warntechnisch bis
zum Abend nichts mehr auf dem „Warntablett“.
Nach Maxima von 19 bis 27 Grad sollten die abendlichen Werte zwischen weiterhin
sehr milden 15 bis 23 Grad liegen.
In der Nacht zum Dienstag macht das schleifende Frontensystem nur wenig Boden
nach Osten gut und sollte ausgangs der Nacht in etwa den Bereich Eifel – Harz –
Berlin erfassen. Im Verlauf der Nacht findet im Zuge einer Wellenpassage (die
auch die Progressivität der Front mindert) erneut eine Intensivierung der
Hebungsvorgänge im Umfeld der Front statt, sodass die Niederschläge von West
nach Ost an Intensität zulegen. Vorhersagesoundings deuten weiterhin einen
leicht labilen Bereich bis rund 4 km AGL an, sodass bei 15 m/s 0-3 km Scherung
erneut das eine oder andere kräftigere Gewitter am direkten Südrand der Front
nicht ausgeschlossen werden kann (inkl. stürmische Böen und kleiner Hagel).
Insgesamt deuten die meisten Modelle einen 12-std. Niederschlagsschwerpunkt im
nördlichen RP, südlichen NW, HE bis ins südliche NI an mit Mengen von 10 bis 20
l/qm, konvektiv verstärkt auch mal strichweise 20 bis 30 l/qm. Innerhalb der
Ensembles (wie dem ID2 EPS) wird dieser Bereich ebenfalls mit
Wahrscheinlichkeiten für markante Mengen hervorgehoben, wobei auffällt, dass in
der Historie dieser Bereich schon mal fokussierter und mit höheren
Wahrscheinlichkeiten hervorgehoben wurde. Mittlerweile sind die
Wahrscheinlichkeiten recht breit gelaufen und liegen mit 10 bis 30 % für mehr
als 25 l/qm/12h in einem überschaubaren Bereich. Bei PPWs um 30 mm (entspricht
dem 99-iger Perzentil der 79-21 Klimatologie) muss man aber auf jeden Fall im
Umfeld von Schauer- und Gewitterstraßen strichweise mit größeren Regenmengen
rechnen, was im EPS Max mit bis zu 50 l/qm strichweise abgebildet wird.
Nach Nordosten zu regnet es nur leicht mit wenigen Litern auf den Quadratmeter
und südlich des Main bleibt es meist trocken, wobei die Nacht dort vielerorts
klar verläuft. Postfrontal der Front klingen die Niederschläge im Nordwesten
eingangs der Nacht ebenfalls zügig ab und dort bleibt es bei wechselnder
Bewölkung dann ebenfalls trocken.
Die Minima liegen unter den Wolken und Niederschlägen bei 14 bis 11 Grad, im
Süden zwischen 10 und 6 Grad und im Nordwesten um 9 Grad. Der Wind weht schwach
aus Südwest bis West und frischt in Richtung Sylt zeitweise böig auf (und ja,
auf dem Brocken könne zeitweise stürmische Böen Bft 8 aus West in Erscheinung
treten).
Dienstag … wird das Tief (ehemals 55N/10W) unter Auffüllung in einen
umfangreichen Trog über Skandinavien eingebunden und zieht unter
Amplitudenverringerung über Südschweden ostwärts in Richtung Ostsee. Das andere
steuernde Drehzentrum westlich der Biskaya sollte noch etwas nach Süden driften,
wird jedoch im IFS-ENS mit einer recht engen Bündelung der Member (Bodendruck)
bei rund 20 Grad West gezeigt. Stromab dieses nun im Abtropfprozess befindlichen
Troges wölbt sich ein umfangreicher Keil von Frankreich in Richtung Irland auf,
sodass Deutschland zunehmend in eine westliche bis nordwestliche Höhenströmung
gerät.
Blickfang bleibt weiterhin die schleifende Front, die am Dienstag eine zunehmend
zonale Ausrichtung erfährt und mehr oder weniger im Umfeld der zentralen
Mittelgebirge analysiert werden dürfte. Die ostwärts abwandernde Welle trägt die
kräftigste Hebung und somit auch den üppigsten Niederschlag über die Mitte in
den Osten Deutschlands. Der voraussichtliche Niederschlagsschwerpunkt sollte
Thüringen, Sachsen und das südliche Brandenburg sein (nur AROME sieht auch weite
Bereiche Frankens im Fokus), wobei die Wahrscheinlichkeiten für markante 12-std.
Regenmengen immer diffuser werden. Da zudem auch die Wahrscheinlichkeiten für
eingelagerte Gewitter im Tagesverlauf rasch in die Knie gehen sollte das finale
Ergebnis des 12-std. Niederschlags homogener als am Vortag ausfallen mit Mengen
von 10 bis 20 l/qm. Postfrontal im gesamten Norden kann ein freundlicher und
trockener Tag erwartet werden, wobei in der eingeflossenen modifizierten marinen
Polarluft mit 850 hPa Temperaturwerten von 4 bis 6 Grad ein reger Tagesgang der
diabatisch forcierten Haufenwolkenbildung erwartet werden kann.
Im Süden (Umfeld der Donau) stehen die Zeichen mit im Tagesverlauf nur schwach
gedeckelten 300-600 J/kg MUCAPE recht gut für stärkere Konvektion am Nachmittag,
wobei trotz Hebung aus der Synoptik heraus die Numerik insgesamt eher
zurückhaltend auf die Entwicklung agiert. Ein Problem aus der Grenzschicht
heraus könnte die nur schwach konfluente Bodenströmung darstellen, doch für
mindestens einzelne Gewitter mit kleinem Hagel und Platzregen sollten die
Bedingungen auf jeden Fall gut sein (Donau bis München und Bayerischer Wald).
Abseits der Konvektion gestaltet sich der Tag sehr freundlich, teils auch sonnig
und letztendlich vielerorts trocken. Die Maxima liegen in der postfrontalen
Luftmasse zwischen 16 und 19 Grad und im präfrontalen Warmsektor bei 20 bis 25
Grad (mit den höchsten Werten am Oberrhein). Der Nordwestwind weht mäßig, im
Norden frisch mit Böen Bft 7 im Küstenumfeld.
In der Nacht zum Mittwoch steilt die Strömung über Nordeuropa zwischen dem
kräftigen Keil (Achse über der Nordsee) und den immer progressiver nach Südosten
ablaufenden Langwellentrog über Nordosteuropa weiter auf, sodass die Kaltfront
im Verlauf der Nacht etwas besser südostwärts in Richtung Bayerischer Wald und
östlicher Alpenrand gedrückt wird. Von daher verläuft die Nacht im Südosten
stark bewölkt mit Niederschlägen, die am Alpenrand nur zögernd, sonst recht
flott von Norden nachlassen (12-std. Mengen von meist unter 10 l/qm).
Im restlichen Deutschland stehen die Zeichen auf viel Nebel – sei es Hochnebel
oder Bodennebel, trübt wird es allemal. Die quer über Deutschland liegende Front
sorgt mit Feuchte und etwas Hebung für viel Nebel, wobei im Umfeld der Front vor
allem zwischen Emsland und Franken mit viel dichtem Bodennebel zu rechnen ist
(dank besserer Ausstrahlung), während den Süden eher dichte Hochnebelfelder
(inklusive regionaler Bodennebelfelder) plagen sollten. Und auch der Nordosten
wird davon nicht verschont, denn nach einem recht klaren Einstieg in die Nacht
streifen die Reste einer Feuchteschliere (gealterte Okklusion) den Nordosten,
sodass auch dort im Verlauf der Nacht mit dichtem Hochnebel zu rechnen ist. Dies
wird auch schön in den Vorhersagesoundings abgebildet, wo sich im Nordosten
unterhalb einer ausgeprägten und sehr trockenen Absinkinversion eine 2-3 km
dichte Feuchteschicht befindet.
Die Tiefstwerte liegen im Umfeld der Front (Pfalz bis Niederbayern) um 10 Grad
und sonst je nach Ausprägung und zeitlichem Einsetzen des Nebels zwischen 8 und
3 Grad. Im Nordwesten kann lokal leichter Frost in Bodennähe nicht
ausgeschlossen werden und das bei schwachem Wind aus Ost bis Nordost, im
Nordosten mäßig bis frisch aus Nordwest. Über Rügen kann die eine oder andere
Böe Bft 7 nicht ausgeschlossen werden.
Mittwoch … und in der Nacht zum Donnerstag erfolgt dann die Keilpassage,
sodass mit einem ruhigen Wetterabschnitt zu rechnen ist. Allerdings kommt die
Kaltfront unter steigendem Geopotenzial nun endgültig über dem Süden und
Südwesten zu liegen und wird als wetterinaktive Warmfront zum Abend zunehmend
nach Nordosten gedrückt, was in den Nachtstunden weiter anhält.
Tagsüber lösen sich die nächtlichen Nebelfelder regional nur sehr zögernd auf,
sonst erwartet uns ein freundlicher, teils auch sonniger Tag. Auch die Nacht zum
Donnerstag verläuft trocken, im Osten klar und im Westen im Umfeld der Front
wechselnd bewölkt, gebietsweise mit Bodennebel über der Mitte und dem Süden.
Die Höchstwerte liegen im Nordosten in der eingeflossenen marinen Polarluft
zwischen 11 und 14 Grad, entlang und südlich der Mittelgebirge zwischen 15 und
21 Grad (mit den höchsten Werten im Südwesten). Die Tiefstwerte verbleiben im
Südwesten mit 11 bis 8 Grad im milden Bereich, während sie sonst auf 8 bis 4
Grad zurückgehen. Anders sieht es im Osten aus, wo in der trockenen
modifizierten Polarluft mit Taupunkten nur knapp über 0 Grad die Tiefstwerte auf
4 bis 0 Grad zurückgehen. Verbreitet muss in diesen Regionen mit leichtem Frost
in Bodennähe gerechnet werden, lokal auch mit Luftfrost. Der aus Ost wehende
Wind spielt warntechnisch keine größere Rolle, einzig in der Nacht zum
Donnerstag sorgt ein zunehmender Bodendruckgradient für einzelne Böen Bft 7 auf
exponierten Berglagen.
Donnerstag … wandert die Keilachse nach Osten, sodass der Westen Deutschlands
zügig auf eine zyklonal geprägte Trogvorderseite und somit in eine wechselhafte
Südwestströmung gerät. Dabei erfasst eine ausgeprägte Warmfront den Nordwesten
mit skaligen Niederschlägen, die in der Fläche 5 bis 10 l/qm Nass in 12 Stunden
bringen, während sonst im gesamten Westen geringere Mengen fallen. Dabei lockert
die Wolkendecke nur zeitweise kurz auf.
Anders sieht es im Osten aus, wo der Tag freundlich beginnt, jedoch muss man
hier im Tagesverlauf ebenfalls Abstriche bei den Sonnenstunden hinnehmen, da
sich die dichte Bewölkung im Tagesverlauf von Westen bis zur Oder ausbreitet.
Insgesamt stellt diese Warmfrontpassage den Startschuss in einen wechselhaften
und milden mittelfristigen Witterungsabschnitt dar.
Die Höchstwerte liegen in Deutschland weiterhin recht weit auseinander mit einem
ausgeprägten Nordost-Südwestgefälle: 12 Grad im Umfeld der Oder und 21 Grad am
Oberrhein.
Der Südostwind weht mäßig bis frisch, im Bergland sowie über der Deutschen Bucht
stark böig bis stürmisch (Bft 7 bis 8), im Süden schwach bis mäßig.
Modellvergleich und -einschätzung
Insgesamt wird die Kurzfrist innerhalb der Numerik sehr gut erfasst. Einzig die
Intensität des Keils und dessen Progressivität ist noch geringen Unsicherheiten
unterworfen. ICON ist weiterhin ein bisschen zügiger als GFS, stimmt aber
mittlerweile recht gut mit den IFS-Vorhersagen überein. Die Auswirkungen auf das
Übergreifen der Warmfront auf Nordwestdeutschland halten sich aber mittlerweile
stark in Grenzen und erzeugen nur noch eine geringe zeitliche Unschärfe.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy