S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Freitag, den 19.08.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.08.2022 um 10.30 UTC
Erneuter Temperaturanstieg. In weiten Teilen Deutschlands Andauer der extremen
Trockenheit. Am Freitag im Westen und Nordwesten Gewitter, Unwetter nicht
auszuschließen.
Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 26.08.2022
Zu Wochenbeginn zeigt sich eine typische Druck- und Geopotentialverteilung mit
einem Tiefdruckkomplex bei Island und über dem Nordmeer und einem ausgedehnten
Hoch im Azorenraum, von welchem sich ein Keil bis zu den Alpen erstreckt.
Allerdings verhindert ein blockierendes Hoch über Westrussland, dass sich die
Frontalzone über Mitteleuropa hinweg nach Osten durchsetzen kann. So nimmt am
Montag ein Frontensystem einen Anlauf, aber es reicht nur im äußersten Westen
und Nordwesten für ein wenig Regen. Zudem wird dieser Frontenzug von einem
ostwärts schwenkenden Trog überlaufen, so dass von Seiten der Dynamik kaum noch
Unterstützung erfolgt.
In der Nacht zum Dienstag können im Bereich des sich schließenden Warmsektors
des Frontensystems konvektive Umlagerungen den Westen Deutschlands erfassen und
über dem Bergland vermehrt zu Niederschlägen führen, die jedoch nur kleinräumig
auftreten. Starkregen ist nur gering wahrscheinlich. Am Dienstag weitet sich ein
über Frankreich liegender Keil nach Nord-Nordost aus. Absinken in dessen
Randbereich bewirkt eine Abschwächung der ohnehin geringen Niederschläge, die
dann auch Teile der Mitte Deutschlands erreichen können.
Ab Mittwoch gelangt Deutschland unter die Vorderseite eines vom Raum Island sich
nach Süden ausweitenden und auf die Britischen Inseln übergreifenden Troges.
Dieser wird durch den in den Südwesten Deutschlands reichenden Keil ausgebremst.
Durch diesen Keil wird zudem eine Hochbrücke gestützt, die eine Verbindung
zwischen dem Hoch nördlich der Azoren und dem blockierenden Hoch über
Westrussland darstellt. Absinken in deren Bereich bewirkt eine Austrocknung der
Luftmasse, so dass einem erneuten Temperaturanstieg auf Maxima, die vielerorts
die 30 Grad-Marke überschreiten, nichts mehr im Wege steht.
Nachfolgend schwenkt der Trog von den Britischen Inseln kommend über die Nordsee
hinweg nach Südskandinavien, wobei jedoch westlich von Irland eine erneute
Trogbildung zustande kommt. Mit der Passage des Troges sind in Nordseenähe
einzelne Schauer oder kurze Gewitter zu erwarten. Bereits im Tagesverlauf des
Donnerstags setzt von der Nordsee her wieder Stabilisierng ein.
Am Freitag dreht an der Vorderseite des dann auf England und Nordfrankreich
übergreifenden Troges die Strömung über Mitteleuropa auf Süd-Südwest. Mit dieser
Strömung gelangt in den Nordwesten und Westen Deutschlands zusehends
feuchtlabile Luft, so dass sich im Bereich einer flachen Tiefdruckrinne teils
heftige Gewitter entwickeln können. Unwettergefahr besteht dabei durch
Starkregen, auch größerer Hagel ist nicht auszuschließen. Im Osten und Süden
Deutschlands ist dann der Höhepunkt der erneuten Hitzewelle zu erwarten.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum überquert die dem Trog
vorgelagerte Kaltfront das Vorhersagegebiet. In der vorgelagerten Warmluft
entwickeln sich im Osten und Südosten Gewitter, wobei abgesehen vom Alpenrand
die Unwettergefahr alsbald geringer wird. Wahrscheinlich tropft dieser Trog aus,
so dass Deutschland an die Südflanke eines über Südskandinavien liegenden
Höhentiefs gelangt. Dessen Wetterwirksamkeit wird durch einen Bodenhochkeil, der
sich, ausgehend von einem Bodenhoch westlich von Irland, bis ins östliche
Mitteleuropa ausweitet, gedämpft. So kommen im Norden nur leichte Schauer
zustande, aber immerhin erfolgt ein merklicher Temperaturrückgang auf Maxima
deutlich unter 25 Grad. Im Süden bleibt es weitgehend niederschlagsfrei,
abgesehen vielleicht vom Alpenrand, wo Reste feuchtlabiler Luft eine leichte
Gewitterneigung bestehen lassen. Die Temperaturen gehen dort nur wenig zurück,
aber immerhin wird die 30 Grad-Marke vorerst nicht mehr erreicht.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis einschließlich Donnerstag ist der aktuelle Modelllauf mit den beiden
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konform. So lässt sich lediglich ein etwas
verringertes Geopotential herausarbeiten; auch wird die 15 Grad-isotherme der
Temperaturen nicht mehr so weit nach Norden ausgreifen wie es noch die beiden
Läufe des Vortages gezeigt hatten. Für Temperaturmaxima um oder leicht über 30
Grad sollte es dennoch reichen.
Der im erweiterten Mittelfristzeitraum auf Deutschland übergreifende Trog wurde
von den beiden Modellläufen des Vortages nicht so weit nach Süden ausgreifend
gerechnet. Demnach wäre die erneute Bildung eines Bodenhochs über dem nahen
Ostatlantik zu erwarten, was der Lösung der amerikanischen Modelle näher kam
(siehe weiter unten, Modellvergleich). Allerdings liegt beim aktuellen Lauf des
EZMW der Schwerpunkt des Bodenhochs deutlich weiter nordwestlich.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis einschließlich Freitag stützen die vorliegenden Modelle weitgehend die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten.
Danach divergieren die Vorhersagen. GFS lässt den Trog, der sich nach EZMW bis
nach Nordfrankreich ausweiten soll, relativ flach auf Südnorwegen übergreifen.
Die kräftige Zyklogegese, die EZMW im Programm hat, bleibt nach GFS aus, von der
Nordsee her stößt rasch ein Hochkeil nach. Die Folge wäre eine weitgehend
trockene Kaltfrontpassage (wie bereits so oft in diesem Sommer). Das Modell des
kanadischen Wetterdienstes versucht einen Mittelweg zwischen beiden Szenarien zu
finden, wonach wenigstens etwas Regen zu erwarten wäre.
Nachfolgend, d.h. am Sonntag und Montag, weitet sich nach EZMW, ausgehend von
einem Hoch nördlich der Azoren, ein Hochkeil über Mitteleuropa hinweg nach Osten
aus. Nach GFS bringt sich ein Hoch mit Schwerpunkt zwischen Island und
Südnorwegen in Position. An dessen Südostflanke wäre ein Zustrom feuchterer Luft
mit gelegentlichen Niederschlägen zu erwarten. Das kanadische Modell setzt das
Hoch nicht so weit nördlich an wie GFS, zeigt bzgl. der Position des Hochs
wieder einen Zwischenweg. An der Nordostflanke des Hochs dürfte demnach ein
Kurzwellentrog (vielleicht auch mehrere Tröge) nach Südosten ablaufen und im
Osten und Süden für einen eher wechselhaften Wettercharakter (aber ohne größere
Niederschlagsmengen) sorgen. Nach diesem Modell wäre der Temperaturrückgang am
ausgeprägtesten; in einigen Regionen wären demnach Temperaturmaxima unter 20
Grad zu erwarten.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Das EPS des GFS stützt ab dem letzten Augustwochenende am ehesten die Version
des Modells des kanadischen Wetterdienstes und lässt ein ausgedehntes Bodenhoch
mit Schwerpunkt über Irland und Nordengland entstehen, was weiter südlicher ist
als wie es der hauseigene deterministische Lauf zeigt. Der Spread erhöht sich
erst ab Freitag merklich, wobei vor allem der jüngste Modelllauf den
Temperaturrückgang etwas stärker betont als die weiter zurückliegenden
Modellläufe des EPS des GFS. Dabei ist zunächst noch der deterministische
Modelllauf am warmen Rand der Verteilung zu finden. Zwar generieren die Member
verstärkt Niederschlagssignale, aber das steht im Widerspruch zu dem sich vor
allem vor allem im Norden und weniger ausgeprägt im Süden erneut verstärkenden
Hochdruckeinfluss.
Das EPS des EZMW stützt, wenn man das Mittel des Bodendrucks betrachtet, am
ehesten die Variante des kanadischen Modells. Demnach würde sich erneut eine
Hochbrücke bilden, an deren Südflanke eine eher nördliche bodennahe
Windkomponente zustande kommt. Das ist keine Wetterlage, die kräftigere
Niederschläge zustande bringt. Am wahrscheinlichsten wäre nach der Clusterung
und dem EPS-Mittel folgend eine leicht mäandrierende südwestliche Strömung, aber
keine Trogpassage. Wie beim EPS des GFS wird auch hier der Spread ab Freitag
rasch größer. Ab dem Wochenende ist die Entwicklung unsicher. Was sich jedoch
herausarbeiten lässt, ist ein im Süden nur geringer, im Norden eher
ausgeprägterer Temperaturrückgang. Nach dem Clustering gemäß Großwetterlagen
wäre ein Übergang von antizyklonalen Nordostlagen zu einer Hochlage über den
Britischen Inseln als wahrscheinlichstes Szenario zu erwarten. Ein alsbaldiges
Ende der Trockenheit ist demnach nicht in Sicht.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
In der Nacht zum Dienstag und bis in den Dienstagvormittag hinein wird der
Westen und dort vor allem das westliche Bergland von schauerartigen
Niederschlägen erfasst. Mit nur sehr geringer Wahrscheinlichkeit kann sehr
kleinräumig und örtlich begrenzt Starkregen auftreten. Bis einschließlich
Donnerstag sind dann keine markanten Wettergefahren zu erwarten. Am Freitag
können sich über dem Nordwesten und Westen Gewitter entwickeln, Unwetter sind
nicht auszuschließen. Details sind noch unsicher.
Basis für Mittelfristvorhersage
EPS, anfangs MOS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann