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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.04.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Bevorstehende Wetteränderung, am Sonntag aber noch mal etwas abgemildertes
Aprilwetter. Ab Montag von Südwesten her deutlich wärmer.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … hat sich das großräumige Potenzialmuster binnen kurzer Zeit von
zonal in meridional gewandelt. Wenn man so will werden weite Teile des
Ostatlantiks sowie Mittel- und Nordeuropa von einem großen Omega überdeckt,
wobei Deutschland aktuell die „Looserkarte“ gezogen hat. Heißt, wir befinden uns
unter der östlichen Säule des Omegas, einem veritablen Höhentrog, der mit für
Anfang April nicht außergewöhnlicher, aber schon bemerkenswerter Kaltluft
angefüllt ist. -2 bis -6°C auf 850 hPa, -30 bis
-35°C auf 500 hPa sind eine ordentliche Hausnummer, die die frische
eingeflossene, labil geschichtete maritime Polarluft hinreichend gut
klassifiziert. Und so ist es alles andere als ein Wunder, dass der heutige
Samstag geprägt war von klassischem Aprilwetter mit Schauern jeglicher Couleur,
die sich mit sonnigen Momenten abgewechselt haben bei Temperaturen meist unter
10°C und einem zumindest in der Mitte und im Norden lebhaften, in Böen
stürmischen Wind.

In der nun vor uns stehenden Nacht auf Sonntag beruhigt sich die Szenerie
allmählich, was verschiedene Gründe hat. Vordergründig ist der Tagesgang zu
nennen, denn mit Untergang der Sonne versiegt die Hauptantriebsquelle für
konvektive Umlagerungen. Hinzu kommt eine von Westen einsetzende Stabilisierung
der Schichtung, die einer wenn auch nur geringfügigen Progression des gesamten
Strömungsmusters geschuldet ist. So steigt die Temperatur auf 500 hPa in der
Südwesthälfte auf -30 bis -25°C an, während T850 in ganz Deutschland noch etwas
zurückgeht (-4 bis -8°C am Morgen). Kurzum, die Schauer- und Gewitteraktivität
lässt nach, kommt aber nicht völlig zum Erliegen. Bedingt durch erzwungene
Hebung sowie an der See durch küstenkonvergente und diabatische Impulse kommt es
im äußersten Norden sowie in den Mittelgebirgen und an den Alpen noch zu einigen
Schauern, die im Binnenland durchweg in fester Form fallen. Mit Ausnahme des
Alpenrands, wo noch einige Zentimeter, in Staulagen lokal vielleicht um 10 cm
zusammenkommen, hält sich Neuschneeakkumulation sehr in Grenzen. Glatt werden
kann es vor allem im Bergland trotzdem, weil zu möglichen Schneeschauern auch
noch die Komponente „gefrierende Nässe“ dazukommt (besonders dort, wo noch
Tagesnässe auf Straßen und Wegen vorhanden ist). Grundsätzlich tritt leichter
Frost vornehmlich im Süden und in der Mitte auf, während es im Norden bei
leidlicher Durchmischung weitgehend frostfrei bleibt.

Apropos Durchmischung, nicht nur das konvektive Geschehen ist auf dem Rückzug,
auch der Wind schaltet einen, wenn nicht zwei Gänge zurück. Der Luftdruck steigt
landesweit so an, dass der Gradient (zwischen dem Hoch REINER über Frankreich
und dem noch immer präsenten Tief NASIM über dem Bottnischen Meerbusen) beginnt
aufzufächern. Im Zusammenspiel mit einer zumindest partiell einsetzenden
Abkopplung der Grundschicht lässt der westliche Wind merklich nach. Das gilt
freilich nicht für die Küste, wo weiterhin Böen 7 Bft, an der Ostsee auch 8 Bft
zu erwarten sind. Ähnliches gilt für die üblichen exponierten Hochlagen einiger
Mittelgebirge (zentraler Bereich, Oberharz).

Sonntag … bleibt das meridionale Potenzialmuster selbstverständlich erhalten,
die Wellengeschwindigkeit ist aber nach wie vor mau. Oder mit anderen Worten,
sowohl dem Potenzial- als auch dem thermischen Trog fällt es schwer, sich von
uns zu verabschieden. Auf der anderen Seite bekommt dadurch der Rücken nur
wenige Möglichkeiten, sich nennenswert zu uns vorzuarbeiten. Unter dem Strich
kommt eine glatt konturierte nordwestliche Höhenströmung dabei heraus, aus der
keine großartigen Hebungsimpulse herausgelesen werden können.

Dass es trotz allmählicher Verlagerung des Bodenhochs nach Süddeutschland auch
morgen wieder zu Schauern kommt, liegt an der nach wie vor vorhandenen und vor
allem nach Nordosten hin (dort T500 z.T. immer noch um oder sogar etwas unter
-30°C) labil geschichteten polaren Luftmasse. Einmal mehr reichen Tagesgang und
Orografie, um teils gewittrige Schnee-, Regen- oder Graupelschauer zu
initiieren, die – weil sie nicht mehr ganz so hoch reichen – vielleicht etwas
weniger intensiv und auch etwas weniger zahlreich auftreten als heute. Die
meiste Sonne gibt es im südwestlichen BW unweit des Hochschwerpunkts, wo auch
die Schauerneigung am geringsten ist. Im Norden dürfte die Sonnenscheinbilanz
unmittelbar an der See am besten ausfallen.

Noch ein Satz zum Wind, der aus West bis Nordwest kommend im Norden und Osten
noch mal aufmuckt und in Böen Stärke 7 Bft, vor allem an der See und in höheren
Lagen sowie bei etwas kräftigerer Konvektion 8 Bft erreicht. Die Temperaturen:
zwischen 7°C in der Uckermark sowie in Ostbayern und bis zu 13°C am Oberrhein.

In der Nacht zum Montag kommt das Strömungsmuster weiterhin langsam,
andererseits aber auch sicher weiter ostwärts voran. Damit schreitet auch die
Stabilisierung unabhängig vom Tagesgang weiter fort. Im Gegensatz zur Vornacht
gehen die Schauer fast komplett in die Knie. Das gilt auch für den Wind, der
nicht nur im Binnenland, sondern auch an der Küste weitgehend zur Ruhe kommt.
Einzig an der Ostsee weht er am Morgen noch mäßig aus westlichen Richtungen,
eine Warnung erfordert das aber nicht. Gewarnt werden muss dagegen nochmalig
vor Frost und zwar für weite Teile des Landes. Glätte ist zwar stellenweise
möglich, dürfte aufgrund zunehmender Abtrocknung aber keine ganz große Rolle
spielen. Am ehesten frostfrei bleibt es im Nordosten, direkt an der See sowie
gebietsweise in Westdeutschland. Bei teils auflockernder Wolkendecke bilden sich
einige Nebelfelder.

Montag … bekommt der sich von Westen nähernde Rücken mehr und mehr ein Fuß in
die Tür bei uns, auch wenn die Hauptachse über weite Strecken des Tages noch
knapp westlich von uns verbleibt. Das sieht beim Bodenhoch anders aus, es
verlagert sich zum Balkan respektive dem östlichen Mitteleuropa. Zwischen dem
Hoch – es handelt sich immer noch um den Kollegen REINER – und einem neuen Tief
über dem nahen Atlantik (PAMELA, int. EVELYN) dreht der Wind zunehmend auf
Südost bis Ost, wobei Warnschwellen nicht erreicht werden. Niedertroposphärisch
wiederum dominiert eine südliche bis westliche Komponente, wodurch die
Temperatur auf 850 hPa insbesondere im Süden und Westen – zusätzlich zum
Absinken – einen deutlichen Satz nach oben macht. Am Abend stehen in den
genannten Gebieten 5 bis 10°C auf der Karte, während sich SH bzw. Ostsee und
Erzgebirge noch hartnäckige Minusgrade halten.

Wie auch immer, Tatsache ist, dass trotz hoher Wolkenfelder auch
Sonnenscheindauer und 2m-Temperatur in weiten Teilen des Landes sprunghaft
ansteigen. Im Rheintal geht´s hoch auf 18 oder lokal sogar 19°C (kann man heute
noch gar nicht glauben), während man im Nordosten z.T. noch bei hohen
einstelligen Maxima ausharren muss. Das liegt übrigens nicht nur an der kühleren
Luftmasse dort, sondern auch daran, dass der Wolkenanteil höher ist als im
großen Rest des Vorhersageraums. Wahrscheinlich laufen unterhalb der sich bei
800 hPa einstellenden Absinkinversion Quellungen breit, aus denen hier und da
sogar noch ein paar Tropfen fallen können.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich relativ wenig am großräumigen
Strömungsmuster, sieht man einmal von einer weiteren kleinen Progression nach
Osten hin ab. Nach Westen und Nordwesten hin werden vorderseitig der Warmfront
des o.e. Tiefs die Cirren dichter, gebietsweise driften auch schon ein paar
mittelhohe Wolkenschollen rein. Regen ist aufgrund der trockenen
Niedertroposphäre aber unwahrscheinlich. Umso wahrscheinlicher ist, dass bei
klarem oder nur gering bewölktem Himmel in der Osthälfte gebietsweise noch mal
leichter Frost auftritt.

Dienstag … gelangen wir vollends unter den Höhenrücken, während das in die
Länge gezogene Bodenhoch von der Ostsee bis hinunter zum östlichen Mittelmeer
verläuft. Als Konterpart fungiert im Westen weiterhin Madame PAMELA, die unter
Substanzverlust UK in Richtung Nordsee passiert (genau genommen ist es nicht das
Originaltief, sondern ein Teiltief, was für uns aber von peripherer Bedeutung
ist). Bei östlichen bis südöstlichen Bodenwinden setzt sich die landesweite
Erwärmung fort (T850 am Abend zwischen 5°C in Vorpommern und bis zu 14°C! in
Oberschwaben), was große Teile West- und Süddeutschlands in den Genuss von 20°C
oder sogar etwas darüber bringt (MOS-Mix bietet lokal sogar 25°C an, allerdings
könnten etwas dichtere Schleierwolken diesbezüglich dämpfend wirken). Mit 12 bi
17°C ist aber auch der Nordosten auf dem Vormarsch.

Wie schon angerissen, ziehen am Dienstag einige Schleierwolken durch, deren
Transparenz im Vorfeld immer etwas schwierig einzuschätzen ist. Vor allem im
Westen und Nordwesten können sie im Vorfeld der o.e. Warmfront durchaus dichter
ausfallen, während auf Europakurs befindlicher Saharastaub uns sehr
wahrscheinlich noch nicht erreicht. Insgesamt steht der Dienstag im Zeichen mehr
oder weniger sonnigen bis heiteren und trockenen Wetters mit frühlingshaften
Temperaturen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle sehnen sich wie die meisten Menschen nach Frühling und handeln
entsprechend. Kurz, die Umstellung der Wetterlage ist unstrittig,
Detailunschärfen nicht wirklich von Belang.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann