S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.03.2022 um 10.30 UTC

Unter Hochdruckeinfluss zunächst weiter trocken und sehr mild, zum Ende von
Norden etwas kühler sowie ggf. leicht wechselhaft.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 28.03.2022

Diese Mittelfrist wird weiterhin von überwiegendem Hochdruckeinfluss geprägt,
anfangs
noch mit der Großwetterlage (GWL) Hoch über Mitteleuropa (HM), allerdings zum
Freitag bereits im Übergang zur GWL Hoch Britische Inseln (HB). Zum Wochenende
erfolgt zudem im atlantisch-europäischen Raum der allmähliche Übergang zur
übergeordneten Wetterlage Atlantischer Rücken (AtR), die auch in der Weather
Regime Frequency bzw. Probabilistik des IFS (Balkendiagramm, Stand 17.03.2021)
dann vermehrt auftaucht.

Anfang der kommenden Woche erscheinen dort auch gewisse Wahrscheinlichkeiten für
NAO negativ (Trog über Skandinavien/Nordosteuropa vs. Blocking im Bereich
Grönland/teils auch Arktisbereich. Letztere werden einerseits gestützt durch
die aktuelle Vorhersage des NAO/AO-Index (gemäß NOAA, Stand 21.03.2022), wobei
der Memberspread doch recht groß ist und die negative Abweichung im Mittel nur
leicht ausfallen soll. Andererseits sehen auch die aktuellen Clusterlösungen des
IFS (Stand:21.03.22, 0 UTC) zu Beginn der nächsten Woche die atlantische GWL NAO
negativ bei derzeit nur einem gruppierten Cluster!

Wie bereits in der Übersicht vom 19.03.22 angedeutet, sei nochmals darauf
verwiesen, dass sich zum Anfang dieser Woche ein so genanntes Major Warming
(SSW) in der mittleren Stratosphäre ereignet hat, wodurch sich eine vollständige
Windumkehr des zonal gemittelten zonalen Windes in 60 Grad Nord und 10 hPa auf
Ost vollzogen hat. Neueste stratosphärische Prognosen deuten darauf hin, dass es
sich dabei bereits um das so genannte Final Warming handelt (demnach soll der
zonal gemittelte zonale
Wind in 10 hPa/ 60 Grad Nord laut Definition innerhalb der nächsten zehn
Folgetage nicht mehr auf West zurückdrehen).

Da allerdings der zonal gemittelte zonale Wind in 60 Grad Nord und 100 hPa
(untere Stratosphäre) zunächst noch überdurchschnittlich stark ist und auf West
verbleiben soll (aktuell ca. 10 bis 15 m/s laut IFS-Prognose bis zum Ende der
Woche), sollte der unmittelbare Impact der Stratosphärenerwärmung auf die
Troposphäre zunächst limitiert bleiben. Normalerweise führt ein SSW wie auch das
Final Warming zu
einer stärkeren Tendenz bezüglich NAO bzw. AO negativ.

Mit dem gesagten weiter oben könnte sowohl der Spread der Ensemblemember als
auch der Betrag der negativen Abweichung beim NAO-Index (siehe oben) zumindest
ansatzweise erläutert werden. In diesem Zusammenhang ist auch unsicher, wie
lange diese wenn auch nicht so stark ausgeprägte Auswirkung auf die Troposphäre
(durch hohes Geopotenzial im Bereich Grönland/Arktis) andauern wird.

Nun noch kurz zu den wenigen Highlights an den konkreten Tagen der Mittelfrist
sowie eine Trendvorhersage darüber hinaus.

Am Donnerstag und Freitag stellt sich die GWL in Mitteleuropa auf Hoch Britische
Inseln (HB) um, wobei sich eine Hochdruckzone von den Britischen Inseln bis ins
östliche Mitteleuropa erstreckt. Dazu amplifiziert sich der Rücken über dem
nahen Ostatlantik zusehends, gleichzeitig kann sich durch dieses antizyklonale
wave breaking stromab über Nordskandinavien ein Langwellentrog herausbilden.
Darin eingebettet verstärkt sich ein Tief am linken Jetausgang einer baroklin
gestrafften Frontalzone über Nordskandinavien zum Samstag hin. Dieses Tief zieht
unter weiterer Verstärkung am Samstag in Richtung Nordwestrussland. Gleichzeitig
verlagert sich der ostatlantische Rücken auf der Südwestseite der weiterhin
straffen Frontalzone über Skandinavien zonal leicht progressiv, gestützt durch
veritablen Jet-Stream in der mittleren und oberen Troposphäre im Bereich der
Frontalzone. Dadurch verbleibt Deutschland am Samstag wohl weitgehend unter
antizyklonalem Einfluss in einer nordwestlichen, nach Süden um das Hoch herum in
einer nordöstlichen Strömung. Der nordwestliche Wind könnte lediglich an der
Ostsee sowie ganz im Nordosten mal stärker auffrischen. An dieser prinzipiellen
Konstellation soll sich auch am Sonntag nicht viel ändern.

Zum/am Montag allerdings zieht der Langwellentrog ostwärts über Russland etwas
progressiver, gleichzeitig etabliert sich zunehmend eine Zone hohen
Geopotenzials sowie hoher Luftdruck von Island in Richtung Grönland. Auf deren
Ostflanke wäre damit ein breiteres Ausfließen arktischer Luftmassen in südliche
Richtung möglich. Ein in den sich so neu formierenden Langwellentrog über
Skandinavien eingelagertes Randtief soll dabei über Südskandinavien ostwärts
ziehen, wobei auf dessen Rückseite mit eher nordwestlicher Strömung kältere
Luft, damit im Prinzip „maritime“ Polarluft einsickern könnte (850
hPa-Temperatur am Abend im Norden bei ca. -6 bis -8 Grad, bis etwa in die Mitte
Deutschlands hinter der Kaltfront immerhin auch so 0 bis -3 Grad). Der hohe
Norden Deutschlands liegt dann südlich der Trogspitze des LW-Troges. Das ruft
trotz der recht trockenen Luftmasse Schauer, vielleicht auch das ein oder andere
Graupelgewitter auf den Plan mit Windböen, an der Küste ggf. auch stürmischen
Böen (Bft 8) aus nordwestlicher Richtung. Landeinwärts hält sich die
Schauertätigkeit mangels Hebungsimpulsen an der wenig wetteraktiven ersten
Kaltfront in Grenzen. In der Nacht könnten an der zweiten und in Verbindung mit
einem Randtrog etwas aktiveren Kaltfront ein paar mehr Schauer dran sein, die
teils als Schnee oder Graupel fallen dürften. Dienstagmorgen könnte dahinter
ganz im Norden/Nordosten die -10 Grad-Isotherme in 850 hPa anklopfen.

In der erweiterten Mittelfrist soll zunächst die großräumige Struktur Trog
Skandinavien/Nordosteuropa und Rücken über dem nördlichen Ostatlantik erhalten
bleiben. Allerdings ergäben sich daraus für Mitteleuropa sowohl die Muster Nord
antizyklonal (Na) bzw. Hoch Nordmeer antizyklonal (HNa) als auch das Muster Nord
zyklonal (Nz). Auch die Muster Hoch Britische Inseln (HB) oder Hochbrücke
Mitteleuropa (BM) sind erneut denkbar.

Alles in allem also erstmal keine Niederschlagsbringer, allenfalls die Nord-
bzw. Nordosthälfte könnte mal leichte Niederschläge bekommen. Zudem ist es dort
zeitweise windig. Die Tageshöchstwerte sind vor allem in der Nordhälfte
niedriger, bei Aufklaren wird bzw. bleibt auch Frost ein Thema.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der neue IFS-Lauf weist bis zum Wochenende eine gute Konsistenz auf. Dann
ergeben sich synoptische Unterschiede zu den Vorläufen in Bezug auf die
Rücken-Trog-Struktur naher Ostatlantik vs. Skandinavien und Nordosteuropa. Im
neuen Lauf schwenkt im Verlauf eine Kaltfront mit leichter Trogunterstützung von
Norden herein. Darin gekoppelt wären neben einer deutlicheren
Gradientverschärfung im Norden auch leichte Niederschläge, die so in den
Vorläufen nicht vorhanden sind.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die beschriebene Entwicklung wird im Wesentlichen auch durch andere
Globalmodelle wie ICON oder GFS gestützt. Unterschiede ergeben sich generell in
der Progressivität und Ausprägung bzw. Amplitude der planetaren Wellen, was sich
unter anderen bei der Simulation bestimmter Bodentiefentwicklungen
widerspiegelt. Die allgemein simulierte GWL wird dadurch zunächst nur wenig
beeinträchtigt, eher das genaue Timing.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bei den gruppierten Clustern t+120 bis +168 h (Samstag bis Montag) existieren
zwei Clustergruppen, die sich zunächst nur wenig unterscheiden. Zum Ende
allerdings geht das mehrheitliche Cluster (Haupt- und Kontrolllauf) auf die
beschriebene Variante Atlantischer Rücken (AtR) über, während Clustergruppe zwei
die Zone hohen Geopotenzials von den Britischen Inseln bis ins südliche
Osteuropa aufrechterhält. Demnach blieben wir komplett weiter unter
antizyklonalem Einfluss.

Im Zeitschritt t+192 bis +240 h (Dienstag bis Donnerstag) bleibt nur noch ein
gruppiertes Cluster übrig mit klarer NAO negativ Struktur. Hierbei ist
festzuhalten, dass dabei anfangs hohem Geopotenzial im Bereich Grönland/Arktis
tiefes Geopotenzial über Skandinavien und Nordosteuropa gegenübersteht.
Allerdings verlagert sich das hohe Geopotenzial im Verlauf allmählich von
Grönland mehr in Richtung Nordkanada. Damit könnte die Strömung südlich davon im
Nordatlantik langsam wieder zyklonaler werden. Dieser Umstand könnte zumindest
die Niederschlagsneigung wieder erhöhen, vielleicht.

Zum Abschluss noch die Rauchfahnen, wieder willkürlich gewählt für einen Ort im
norddeutschen Flachland, recht mittig.

Bezüglich 850-hPa-Temperatur ist der Rückgang ab dem Wochenende erkennbar,
obwohl Haupt- und Kontrolllauf erstmal auf höherem Niveau verbleiben (ca.+4 bis
+5 Grad), der Spread ist allerdings nach unten deutlich stärker ausgeprägt, bis
zu einem Minimum von -10 Grad am Montag, Dienstag und Mittwoch ziehen auch
Haupt- und Kontrolllauf nach, bis etwa -8 bis -9 Grad. Dann geht aber auch der
Spread wieder deutlich nach oben (wahrscheinlich der Trägheit von Determinismus
vs. Probabalistik geschuldet).

Wenn man auf den Niederschlag schaut, sieht man bis zum Wochenende nichts bis
fast nichts, danach sind bis Mitte der kommenden Woche jeden Tag leichte
Niederschläge drin (Haupt- und Kontrolllauf), einschl. geringer
Wahrscheinlichkeiten für größere Niederschlagsmengen (Ensemble-Spread).

In Bezug auf das Geopotenzial in 500 hPa ändert sich bis Wochenende außer einem
leichten Abfall (bei zunehmendem Spread) wenig, ab Sonntag geht der Trend jedoch
deutlicher nach unten, wobei einzelne Member wohl auch eindeutig mehr zyklonale
Varianten zulassen, wohingegen Haupt- und Kontrolllauf nicht so mitgehen (eher
moderater Abfall bei stark zunehmendem Spread zur Wochenmitte hin).

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Im gesamten Mittelfristzeitraum voraussichtlich keine warnwürdigen
Wettererscheinungen, außer der anhaltenden Trockenheit und regional sehr hohen
Waldbrandgefahr.

Am Wochenende sind im Küstenumfeld stürmische Böen (Bft 8) aus nordwestlicher
Richtung nicht ganz ausgeschlossen.

Am Montag/ Nacht zum Dienstag sind ganz im Norden einzelne Graupelgewitter mit
stürmischen Böen (Bft 8) aus nordwestlicher Richtung nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, GEFS, MOSMIX, NOAA

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz