SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.02.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Kaltfrontpassage mit nachfolgendem Hochdruckeinfluss. In den Mittelgebirgen und
an den Alpen etwas Schneefall, im Norden, Westen und in der Mitte gebietsweise
windig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … lohnt sich ein kurzer Rückblick auf das Jahr 2021, genau genommen
auf den 10. Februar 2021. Auszug gefällig: morgendliche Tiefstwerte -26,7°C
Mühlhausen (TH), -23,1°C Göttingen (NI), -19,9°C Bad Hersfeld (HE)… (keine
einzige Station im Plus); Tageshöchstwerte -13,2°C Zinnwald-Georgenfeld (SN),
-10,4°C Hof (BY), -1,5°C Helgoland (SH)!! (leichte Plusgrade nur im äußersten
Süden und Südosten). Und heuer? – Leichter Nachtfrost in der Südhälfte, dafür in
Teilen Nord- und Ostdeutschlands Startwerte von 7 oder 8°C+. Und tagsüber
südlich der Donau verbreitet zweistellige Temperaturen lokal nahe 15°C,
Dauerfrost deutschlandweit Fehlanzeige. Was ein Unterschied. Da lässt es sich ja
gut an, dass aktuell eine Kaltfront auf dem Weg ist, Deutschland von Nordwest
nach Südost zu überqueren und die Temperaturen wieder etwas zu stutzen.
Allerdings sind und bleiben wir von einem Kaltlufteinbruch wie vor Jahresfrist
weiterhin meilenweit entfernt, auch mittelfristig. NAO-positiv bis zum Abwinken
bei weiter zunehmender Tageslänge und immer weniger Restwinter (klimatologisch
betrachtet) – schwer vorstellbar, dass da noch mal was Nachhaltiges kommt.

Zurück zur aktuellen Lage, wo ein positiv geneigter, also nach Südwesten
zurückhängender Potenzialtrog dabei ist, von Westen her auf Mitteleuropa
überzugreifen. Auf seiner Rückseite steuert er mit nordwestlicher Strömung ein
kleines frontenloses Tief (SARAI) mit warmem Kern von der westlichen Nordsee in
Richtung Elbmündung, wo es am Morgen mit rund 1010 hPa im Kern anlanden soll.
Auf seiner Süd-, noch signifikanter aber auf seiner Westflanke frischt der von
Süd über West auf Nordwest bis Nord drehende Wind merklich auf und erreicht in
der Spitze schwere Sturmböen 10 Bft. Allerdings dürften Böen dieser
Größenordnung auf niederländischer Seite bleiben (Westfriesische Inseln)
verbleiben. Bei uns läuft es am Morgen auf Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft auf und
an der Deutschen Bucht (vor allem auf ostfriesischem Hoheitsgebiet) sowie im
nordwestlichen Niedersachsen hinaus. Durch zunehmende Labilisierung (T850 bei
-5°C, T500 runter auf bis zu -34°C) produziert die gute SARAI im Nordwesten
zudem ein paar Regen-, Schneeregen-oder Graupelschauer, die beim Erreichen der
nördlichen und westlichen Mittelgebirge in einzelne Schneeschauer übergehen.
Weiter östlich, etwa von SH bis hinunter zur Prignitz und ins östliche
Niedersachsen kühlt es bei längerem Aufklaren auf etwas unter den Gefrierpunkt
ab.

Abgesetzt vom geschehen rund um das kleine Tief schleppt sich die Kaltfront
einer flachen, von Polen gen Belarus abziehenden Welle (TANYALAK) zögerlich über
die mittleren Landesteile gen Süden. Zwar dreht der Wind unmittelbar hinter
Front kurzzeitig auf Nordwest. Durch das starke Zurückhängen des Höhentrogs
mangelt es aber an ausreichend Schubkomponente, um die Frontpassage mit etwas
mehr Pepp auszustatten. Im Gegenteil, der Wind, der tagsüber präfrontal
wenigstens gebietsweise auf sich aufmerksam gemacht hat (Böen 7 Bft, höhere
Lagen mehr), baut immer weiter ab. Dafür rückt der frontale Niederschlag mehr
und mehr in den Fokus. Durch den Anacharakter der Kaltfront fällt ein Großteil
des Niederschlags auf der kalten Seite, wo T850 auf rund -5°C zurückgeht.
Entsprechend sinkt die Schneefallgrenze von Norden her auf 600 bis 400 m. Bis
Freitagfrüh bzw. -vormittag kommen oberhalb 600 m 1 bis 5 cm, in den östlichen
und zentralen Mittelgebirgen in Staulagen örtlich bis zu 10 cm Neuschnee
zusammen. Darunter reicht es wohl nur für eine ganz dünne Auflage oder
Schneematsch, wobei es aber gleichwohl glatt werden kann.

Freitag … schwenken Potenzial- und Temperaturtrog südostwärts über den
Vorhersageraum hinweg. Im Norden und in der Mitte geht T500 vorübergehend auf
etwas unter -34°C zurück, was bei gleichzeitig rund -5°C auf 850 hPa eine
veritable Labilität bedeutet. Das Tief zieht etwa entlang der Elbe südostwärts,
wobei es sich deutlich auffüllt bzw. schlussendlich zu einem Bodentrog
degeneriert. Derweil hat die Kaltfront die Alpen erreicht, wo sie kurz innehält,
sich letztlich aber doch für eine Überquerung entscheidet. Postfrontale KLA
lässt den Druck ansteigen, wobei sich der Keil eines Hochs mit Zentrum über der
Bretagne (hallo INGO) bis ins Alpenvorland vorschiebt.

Zum Wetter, wo sich der frontale Niederschlag im Süden mehr und mehr an die
Alpen zurückzieht. Zwar stellt sich keine echte Staulage ein, trotzdem schneit
es für einige Stunden am Stück. Die Schneefallgrenze sinkt bis in die Täler,
wobei bis zum Nachmittag 1 bis 5 cm, in höheren Staulagen bis 10 cm, im Allgäu
bis zu 15 cm Neuschnee zusammenkommen können. Im Bayerischen Wald sind am
Vormittag ebenfalls 1 bis 5 cm drin. Dagegen bleibt es im Südwesten im Bereich
des Hochkeils nach Abzug der letzten frontalen Niederschläge weitgehend trocken
mit einigen sonnigen Abschnitten.

Vom Süden weiter in die Mitte und den Norden, wo Trog und Tief die Szenerie
beherrschen – weitgehend zumindest. Die in der maritimen Polarluft vorhandene
Labilität wird mit Hilfe des Tagesgangs verstärkt in konvektive Umlagerungen
umgesetzt, die sich in Form von Regen-, Graupel- und Schneeschauern
widerspiegeln. Dabei verlagert sich die Hauptaktivität von Nordwesten bis in die
östliche Mitte, bevor mit Druck- und Potenzialanstieg sowie
mitteltroposphärischer Erwärmung (bei gleichzeitig niedertroposphärischer
Abkühlung auf -7/-8°C auf 850 hPa) eine deutliche Stabilisierung eintritt.
Oberhalb etwa 400 m fallen die Schauer durchweg in der festen Phase, viel
Neuschnee ist aber nicht zu erwarten (oberhalb 600 m vielleicht 1-3 cm, lokal
(Stau) bis 5 cm). Und was ist mit Gewittern? – Drängen sich nicht auf (kaum
MU-CAPE), in gut geschertem Umfeld und leidlicher Dynamik um das Tief herum wäre
der eine oder andere Blitz keine ganz große Überraschung.

Stichwort Dynamik, womit wir beim Wind wären. Das Windmaximum korreliert
deutlich mit der Zugbahn des kleinen Tiefs und tritt nach wie vor auf seiner
Süd- und Westflanke auf. Folglich sind vor allem die westlichen und
nordwestlichen Landesteile sowie die Mitte (Ostwestfalen/Südniedersachsen über
Nordhessen und Sachsen-Anhalt bis nach Thüringen), wo der von Südwest über West
auf Nordwest drehende Wind in Böen Stärke 7-8 Bft erreicht. An der Nordsee,
teils aber auch im Binnenland sind anfangs sogar Sturmböen 9 Bft nicht
ausgeschlossen, wenn das auf 925 hPa bis zu 45 Kt reichende Windmaximum
heruntergemischt werden sollte. Zum Nachmittag hin nimmt die Wahrscheinlichkeit
für Sturmböen, zunehmend aber auch für stürmische Böen ab, weil der Gradient
zusehends aufweicht und die Höhenwinde immer schwächer werden.

Wenig bis keine Schauer, dafür umso mehr Sonnenstrahlen kommen im äußersten
Norden (Teile SHs und MVs) an, wo die Luftmasse durch Überströmung der
norwegischen Gebirge abgetrocknet ankommt (Skandinavienföhn). Trotz Einstrahlung
geht die Temperatur aber nicht über 6°C hinaus, was auch sonst vielerorts das
Maß der Dinge ist. Insgesamt reicht die Spanne von 4 bis 9°C, die 0°C-Grenze
pendelt sich bei 600 bis 800 m ein.

In der Nacht zum Samstag zieht der Höhentrog endgültig aus Deutschland heraus.
Der freiwerdende Platz wird sofort von einem flachen Rücken eingenommen, der
sich von Westeuropa bis zu uns vorarbeitet. Auf dem Vormarsch ist auch das
korrespondierende Bodenhoch INGO, das sein Zentrum nach Süddeutschland verlagert
(um 00 UTC etwas über 1035 hPa). Die eingeflossene Polarluft beruhigt sich,
letzte Schneeschauer in und an den Alpen, in den ostbayerischen Mittelgebirgen
sowie im Erzgebirge ziehen spätestens in der zweiten Nachthälfte ab.

Ansonsten klart es verbreitet auf, so dass die Temperatur in den leichten bis
mäßigen Frostbereich zurückgeht. An den Alpen ist über frisch gefallenem Schnee
auch strenger Frost möglich. Die Nebelneigung hält sich in der relativ trockenen
Luft in Grenzen, trotzdem kann sich hier und da Reifglätte bilden. Dort, wo noch
Restnässe vom Tag vorhanden ist (also am ehesten nach Osten und Südosten hin),
kann örtlich gefrierende Nässe auftreten.

Samstag … wandern Rücken und Bodenhoch (INGO) langsam über Deutschland hinweg
gen Osten. Am Ende des Tages erreicht das Hoch Rumänien, was den guten INGO aber
nicht daran hindert, unser Wetter am Samstag über weite Strecken zu bestimmen.
Der Wind dreht zurück auf Süd bis Ost und frischt zum Abend hin auf der Nordsee
soweit auf, dass erste Böen 7 bis 8 Bft um Süd auf den Plan treten (zuerst auf
Helgoland, den Halligen und den Nordfriesischen Inseln). Ansonsten setzt sich
verbreitet die Sonne durch, lediglich im Norden und Westen tauchen vorderseitig
des nächsten Höhentrogs WLA-bedingte hohe und mittelhohe Wolkenfelder auf. Zwar
steigt die Temperatur niedertroposphärisch an auf rund -2°C im Nordosten und bis
zu +3°C im Westen, im 2m-Niveau hält sich die Erwärmung aber in Grenzen. 2 bis
8°C stehen auf der Karte mit den höchsten Werten am Niederrhein.

Die Nacht zum Sonntag verbringen wir unter einer schwachen südwestlichen
Höhenströmung, die ohne jegliche Inspiration vor sich dahinfließt. Am Boden
bewirkt fortwährender Druckfall eine kontinuierliche Gradientzunahme, die bei
stabiler Schichtung aber nur auf See sowie in höheren Lagen eine spürbare
Windzunahme zur Folge hat. Dort erreicht der südliche Wind in Böen 7-8 Bft, in
exponierten Hochlagen 9 Bft. Darüber hinaus gibt es wenig zu berichten: Es
bleibt trocken, es ziehen einige hohe und mittelhohe Wolken durch, im Nordwesten
bleibt es gebietsweise frostfrei. Dafür steht im Südosten mäßiger, an den Alpen
lokal strenger Frost auf der Karte.

Sonntag … vergrößert der Höhentrog über dem nahen Atlantik seine Amplitude
anstatt den Weg nach Osten anzutreten. Folglich verbleibt Deutschland auf der
Vorderseite. Schwache WLA lässt weiterhin hohe und mittelhohe Wolken über den
Norden und die Mitte ziehen, die mitunter auch mal dichter werden, es bleibt
aber trocken. Mit jedem Kilometer weiter nach Osten und Süden steigen die
Chancen auf längeren Sonnenschein. Der südliche Bodenwind (Hoch Ukraine,
Tiefdruckrinne UK/Irland bis Norwegen) lebt zwar etwas auf, bleibt aber meist
unterhalb der Warnschwellen. Böen 7-8 Bft beschränken sich vor allem auf die
offene See nebst einiger Küstenstriche sowie auf höhere Lagen. Mit 6 bis 13°C,
am Oberrhein bis zu 15°C wird es wieder milder.

Modellvergleich und -einschätzung

GFS und IFS lassen das kleine Tief am Freitag etwas weiter westlich und auch
nicht ganz so tief aufschlagen bzw. durchziehen. Damit wird insgesamt auch etwas
weniger Wind simuliert. Ansonsten ist die Entwicklung unstrittig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann