S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Donnerstag, den 10.02.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.02.2022 um 10.30 UTC
Tiefdruckdominiertes und teils niederschlagsreiches Wetter mit unterschiedlich
temperierten Luftmassen, dabei zeitweise windig bis stürmisch.
Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 17.02.2022
Schaut man sich die Großwetterlagen in der ab Sonntag beginnenden Mittelfrist
an, so findet man einen Tummelplatz für Westwetterlagen vor: WZ, SWz, NWz, Ws
und Wa sind dort prominent vertreten. So dürfen wir eine von vielen
Tiefdruckgebieten geprägte und damit abwechslungsreiche sowie teils nasse und
windige (oder sogar stürmische) Mittelfrist mit unterschiedlich temperierten,
aber nie richtig kalten Luftmassen erwarten.
Im Detail präsentiert uns der neueste Lauf des EZMW am Sonntag einen Trog über
dem Nordostatlantik, der sich von Grönland bis ins Seegebiet westlich der
Britischen Inseln erstreckt und mit einem Randtrog über dem Nordmeer verbunden
ist. Ein flacher Rücken zieht zwischen diesen beiden über Frankreich und die
Britischen Inseln nach Osten durch. Mit dem Trog westlich der Britischen Inseln
ist ein Tief mit Zentrum mittags knapp südlich von Irland verbunden, auf dessen
Vorderseite sich Deutschland in einer südwestlichen Strömung mit milder Luft
(T850 hPa zwischen 0 und 2 Grad) befindet. Während nach Süden hin durch den
Rücken noch Zwischenhocheinfluss herrscht, liegt die Warmfront des Tiefs
schleifend über Norddeutschland.
Am Montag kommen Trog und Tief in die Nordsee voran, womit die Warmfront über
Norddeutschland nach Norden herauszieht, anschließend aber von Westen her die
Kaltfront Deutschland überquert. Die postfrontal aus Nordwesten einfließende
Meereskaltluft subpolaren Ursprungs senkt die T850 hPa zwar auf -3 bis -6 Grad,
bodennah gibt es bei guter Durchmischung und vorher hohem Temperaturniveau (zum
Teil zweistellig) allerdings nur eine moderate Abkühlung. Weil auch der Gradient
zunimmt, rückt das Thema Wind wieder auf die Agenda.
Am Dienstag folgt dem weiter nach Osten ziehenden Trog ein weiterer, diesmal
jedoch recht schmaler Trog. Dieser hat ebenso ein Tief im Schlepptau, wobei sich
über der Nordsee ein Teiltief bildet. Ausläufer dieses Tiefs erfassen
nachmittags den Nordwesten Deutschlands, nachdem zuvor vorübergehender
Zwischenhocheinfluss in Deutschland herrschte.
Am Mittwoch erreicht der schmale Trog bereits das Baltikum, womit auch das
Bodentief dorthin zieht und die Ausläufer bis in den Süden und Osten vordringen.
Die Kaltfront geht dabei über der Mitte Deutschlands in die Warmfront eines
weiteren (Sturm-) Tiefs mit Zentrum abends südöstlich von Island über. Dieses
Tief ist an einem weiteren, diesmal aber mächtigen Trog bei Neufundland und
Grönland bzw. dessen vorgelagertem und zum Bodentief achsensenkrechten
Drehzentrum gekoppelt. Das Bodentief hat damit kaum noch Entwicklungschancen.
Der Gradient verstärkt sich im Zuge dessen über Deutschland wieder, was nicht
nur starken Wind erwarten lässt, sondern mit westlicher Strömung auch milde Luft
mit T850 hPa von 3 bis 8 Grad zu uns bringt.
Am Donnerstag ziehen Drehzentrum und Tief in der nach wie vor progressiven
Großwetterlage schon nach Skandinavien weiter, sodass die nachfolgende Kaltfront
des Tiefs bei Strömungsdrehung auf Nordwest bis in den Süden Deutschland
vorstoßen kann. Dadurch sinkt die T850 hPa wieder auf 0 bis -5 Grad. Der
Gradient ist nach wie vor stark, was einen weiteren windigen Tag bringen dürfte.
In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag bleiben wir zunächst in der
nordwestlichen Strömung, die im Süden vorübergehend unter Hochdruckeinfluss
gerät. Am Samstag beehrt uns dann jedoch abermals ein weiteres Tief mit seinen
Ausläufern. Es führt wieder mildere Luft mit T850 hPa von 0 bis 5 Grad heran.
Der Wind lässt zum Wochenende hin allerdings deutlich nach, da der Gradient
deutlich auseinandergezogen wird.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der neueste 0 UTC-Lauf des EZMW lässt keine Zweifel an der westwinddominierten
und teils windigen Wetterlage aufkommen, schraubt aber wie bei solchen
Konstellationen nicht unüblich an den Details. Ein solches fällt vor allem am
Donnerstagabend ins Auge, wobei der gestrige 0 UTC-Lauf dort ein Sturmtief über
Norddeutschland hinweg nach Osten führte. Im heutigen Lauf ist davon nichts mehr
zu sehen, stattdessen verbleiben wie in der allerdings straffen nordwestlichen
Strömung hinter dem Skandinavientief. Bereits der gestrige 12 UTC-Lauf sah das
schon so. In der erweiterten Mittelfrist erreicht nach neustem Lauf am Samstag
ein weiteres Tief Deutschland, in den Vorläufen lag es noch westlich von uns.
Dadurch hätte der Zwischenhocheinfluss länger angehalten.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
GFS ist dem EZMW meist sehr ähnlich, Unterschiede gibt es insbesondere am
Montag, wenn das Tief nach GFS rascher in die nördliche Nordsee zieht und der
Gradient deshalb nicht ganz so kräftig ist.
Diese Variante bietet auch ICON am Montag an. Danach werden die Unterschiede
deutlich größer, was nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung der
quantitativ ähnlichen Niederschläge und Temperaturverläufe, sondern vor allem am
Mittwoch durch einen deutlich geringeren Gradienten zum Ausdruck kommt.
GEM ist dem GFS, NAVGEM dem EZMW am nächsten.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
RAUCHFAHNEN:
Das Hin und Her beim Wetter spiegelt sich auch in den Rauchfahnen des
EZMW-Ensembles wider. Dabei sind die Kurven bis einschließlich Montag eng, ab
Dienstag öffnen sie sich jedoch deutlich. Haupt- und Kontrolllauf liegen dann
zuweilen nicht mehr im Median. Das Ensemble kann den deterministischen Lauf also
nur bis Montag bestätigen, danach besteht Luft für Spekulationen. Die vielen
Niederschlagsausschläge bestätigen allerdings den dominierenden
Tiefdruckeinfluss.
CLUSTER:
Zwischen Dienstag und Donnerstag werden 4 Cluster mit NAO positiv-Regime
gebildet. Differenzen gibt es insbesondere in den Trogkonstellationen, was auch
am Boden Änderungen bei den beteiligten Tiefdruckgebieten nach sich zieht. C2
und C4 zeigen einen etwas stärkeren Zwischenhocheinfluss, C3 dagegen ein noch
stärkeres Tief mit stärkerem Gradienten und daher mehr Wind am Mittwoch.
Zwischen Freitag und Sonntag werden 3 Cluster ausgegeben, die weiterhin beim
Regime NAO positiv verharren und die Westwinddrift noch einmal unterstreichen.
Bei C3 (11 Mitglieder) wird am Donnerstagabend/Freitag ein neues Sturmtief
simuliert, was der gestrigen 0 UTC-Lösung des EZMW entspricht. Diese ist damit
also noch nicht ganz vom Tisch.
FAZIT:
Das bis in die erweiterte Mittelfrist tiefdruckdominierte Wetter mit
zeitweiligen Niederschlägen, unterschiedlich temperierten Luftmassen und teils
starkem Wind ist sicher, an den Details muss vor allem ab Dienstag aber noch
gefeilt werden. Am Mittwoch ist stürmisches Wetter recht sicher, in welcher
Stärke muss sich erst noch zeigen. In der erweiterten Mittelfrist besteht
Potenzial für ein weiteres Sturmereignis.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND/STURM:
EFI liefert fast jeden Tag Signale für starken Wind in Deutschland, am
deutlichsten am Montag und am Mittwoch. In den Ensembles liegen am Montag im
Westen, Norden und in der Mitte erhöhte Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen
Bft 8 bis ins Tiefland vor, und noch geringe Wahrscheinlichkeiten für lokal
Sturmböen Bft 9 in der nördlichen Mitte. Nach vorübergehender Abnahme nehmen die
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen Bft 8 am Mittwoch wieder zu, am
Donnerstag (EFI geht nur bis zum Mittwoch) auch für Sturmböen. Nach Norden hin
gibt es dann erhöhte Wahrscheinlichkeiten für schwere Sturmböen Bft 10, zur
Küste hin für orkanartige Böen Bft 11. Am Freitag gilt dies erneut für den
Nordwesten Deutschlands. Im Bergland treten wie immer noch stärkere Böen auf.
DAUERREGEN:
Am Mittwoch und Donnerstag reagiert EFI mit allerdings nur schwachen Signalen
für überdurchschnittlich viel Regen, insbesondere im Norden Deutschlands. Bei
den Ensembles finden sich jedoch kaum Hinweise für mehr als 30 l/qm in jeweils
24 Stunden.
GEFRIERENDER REGEN:
In der Nacht zum Montag und am Montagvormittag besteht im östlichen und
südöstlichen Mittelgebirgsraum Glättegefahr durch gefrierenden Regen.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-ENS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler