S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Dienstag, den 08.02.2022 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.02.2022 um 10.30 UTC
Zunächst leicht unbeständig, am Wochenende freundlich und trocken, teils windig
bis stürmisch, zunehmend kühler mit strengem Nachtfrost an den Alpen. Ab Montag
Milderung
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 15.02.2022
Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Freitag schwenkt ein
markanter Kurzwellentrog eines Höhentiefs über der Ostsee südostwärs über
Deutschland hinweg. Bodennah korreliert der Trog mit einem Bodentrog, in dem
eine Kaltfront eingebettet ist, die wiederum schon etwa zur Mittagszeit die
Alpen erreicht. Während in der Höhe landesweit noch zyklonal
Strömungsbedingungen vorherrschen, kann sich bodennah das zu einem Rücken über
dem Atlantik und Nordwesteuropa gehörende Hoch in West- und Südwestdeutschland
schon mit antizyklonalem Einfluss bemerkbar machen. Aus Wettersicht sind
tagsüber somit südlich der Donau durch die schleifende Front noch längere Zeit
Schneefälle zu erwarten. Gleichermaßen induzieren PVA sowie diabatische
Einflüsse (an der See bzw. an den Küsten) vor allem im Norden und Osten
ausreichend Hebung, um einige Schauer auszulösen. Während diese im Nordseeumfeld
eher in flüssiger Form fallen, ist im Osten eher mit Schneeschauern zu rechnen.
Durch den Trog verschärft sich vorübergehend auch der Gradient, sodass im Norden
und Osten mit steifen bis stürmischen Böen, im Ostseeumfeld auch Sturmböen
gerechnet werden muss.
In der Nacht drängt der nachstoßende Rücken vom Atlantik her weiter gen Osten
und schiebt den Trog unter Verkürzung dessen Wellenlänge ostwärts. Die Achse des
Troges ist ausgangs der Nacht schließlich von der Ukraine bis zum Golf von Genua
zu verzeichnen. Durch den nachrückenden Rücken verlagert sich auch das Bodenhoch
ostwärts und liegt gen Morgen mit Schwerpunkt über Österreich. Absinken gräbt
dabei auch den letzten Hebungsimpulsen an den Alpen den Saft ab, sodass
landesweit die Niederschläge abklingen und sich die Wolken auflösen. In der
eingeflossenen Polarluft mit Werten in 850 hPa zwischen -6 und -11 Grad purzeln
die Tiefstwerte in der bodennahen Schicht bei Werten zwischen 0 und -8 Grad in
den frostigen Keller, über Schnee ist strenger Frost in Reichweite.
Am Samstag wird der Rücken über Westeuropa von Norden her schon wieder von einem
neuen, aufziehenden Trog abgehobelt. Dabei verliert er nicht an Wellenlänge und
im Verlauf auch an Amplitude. Da sich gleichzeitig auch die Achse des Rückens
nach Osten schiebt, verlagert sich korrelierend auch der Schwerpunkt des
Bodenhochs ostwärts und ist in der Nacht schon über Rumänien zu finden.
Resultierend verabschiedet sich auch der Hochdruckeinfluss allmählich
hierzulande. Stattdessen nähert sich das teils okkludierte Frontensystems eines
Islandtiefs an, welches in Verbindung zum erwähnten neuen Höhentrog steht. Bis
Montagfrüh setzt von Südwesten her Warmluftadvektion ein, sodass die
Temperaturen auf 850 hPa ausgangs der Nacht schon zwischen -2 und +3 Grad
liegen. Die Hebungsprozesse sind bis dahin aber noch limitiert, sodass zunächst
noch keine Niederschläge auftreten. Allenfalls erste hohe und mittelhohe Wolken
driften schon in den Nordwesten. Da ansonsten verbreitet nochmals eine klare
Nacht ansteht, sinken auch die Tiefstwerte nochmals ab und liegen erneut
zwischen 0 und -8 Grad, über Schnee auch darunter.
Der Sonntag und die Nacht zum Montag steht dann ganz im Zeichen des Troges, der
sich nach dem IFS von Nordwesten annähert und dessen Achse ausgangs der Nacht
etwa vom Ärmelkanal bis zu den Pyrenäen reicht. Bodennah kann sich der
korrelierende Bodentrog inklusive teils okkludiertem Frontensystem seinerseits
anpirschen und nachts auf den Westen übergreifen. Das Bodentief verlagert sich
dabei von Cornwall vor die Südspitze Norwegens. Aufgrund von frontogenetischen
Prozessen und PVA setzen nachts von der Nordsee bis zum Schwarzwald
Niederschläge ein, die bei rasch ansteigender Schneefallgrenze nur im höheren
Bergland noch als Schnee fallen. Im Umfeld des Frontensystems lebt auch der Wind
stark böig auf und erreicht im Bergland steife bis stürmische Böen. Die
Temperaturen auf 850 hPa schwanken dabei über den Tag hinweg um 0 Grad.
Am Montag greift unter Vergrößerung der Amplitude ganz langsam der Höhentrog auf
Deutschland über. Gleichzeitig kann sich über dem Golf von Genua ein
eigenständiges Drehzentrum in der Höhe ausbilden. Dieses stützt bodennah ein
Tief am gleichen Platz, welches der Region dort kräftige Niederschläge bringt.
Hierzulande ist es die Kaltfront des Tiefs über Skandinavien, die zusammen mit
PVA vertikale Umlagerungen anheizt und schauerartige Niederschläge generiert.
Diese verlieren jedoch auf den Weg nach Osten an Kraft und erreiche kaum noch
die Elbe. Allenfalls im Norden von Niedersachsen bis nach Mecklenburg-Vorpommern
reichen die Hebungsprozesse des Troges durchgehend für Niederschläge aus. Zwar
gehen die Temperaturen in 850 hPa wieder zurück und liegen in der Nacht zum
Dienstag zwischen 0 und -4 Grad, dies reicht allerdings nur dafür, dass bei
absinkender Schneefallgrenze die höheren Berglagen wieder Schneeflocken
beobachten können. Der Wind weht dabei spürbar, sollte aber nur im Bergland mit
Bft 7 bis 8, exponiert 9 warnwürdig werden. Auch die Konvektiven Umlagerung
können da keinen Offset bringen, da in der Krümmung der Strömung auch die
höheren Luftschichten keine signifikant stärkeren Winde liefern.
Am Dienstag verlagert sich der Trog mit seiner Achse ostwärts nach Polen.
Gleichzeitig wirbelt das Höhentief zwischen Korsika und Italien. Über dem
Atlantik und Westeuropa stehen sich hohes Geopotential im Süden und tiefes
Geopotential von Neufundland bis nach Skandinavien gegenüber. Resultierend kann
sich eine überwiegend zonal ausgerichtete kräftige Grundströmung ausbilden, die
schließlich von Westen auch Deutschland erreicht. Eingebettet in die Strömung
sind Kurzwellentröge sowie die korrelierenden Bodentiefs, die so über den
Atlantik rauschen. Die Warmfront eines dieser Tiefs nähert sich in der Nacht zum
Mittwoch an. Die vorlaufende, kräftige WLA setzt dabei schon Hebungsprozesse in
Kraft, sodass ab dem Dienstagabend im Norden und der Mitte Niederschläge
aufkommenden und sich ostwärts ausbreiten. Der Süden profitiert noch vom Rücken,
dessen Achse sich vom Atlantik über Südfrankreich bis in die Südalpen erstreckt.
Während die Temperaturen tagsüber in 850 hPa noch zwischen -2 und -6 Grad
liegen, sorgt die WLA für eine deutliche Erwärmung und ein Ansteigen der Werte
zum Mittwochmorgen auf -1 bis +4 Grad. Durch die Gradientverschärfung von Westen
lebt auch der Wind auf und erreicht im Westen und Nordwesten starke bis steife,
an der See und im Bergland stürmische Böen oder Sturmböen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufes ist bezüglich des gestrigen 12
UTC-Laufes als gut zu bezeichnen. Bis auf geringe Phasenunterschiede bei der
Verlagerung der Trog-Rücken-Strukturen werden die Geopotential- und
Luftdruckmuster vergleichbar abgebildet.
Die Konsistenz zum gestrigen 00 UTC-Laufes ist dagegen eher als schlecht
anzusehen. Zwar werden die großskaligen Strukturen ähnlich simuliert, im Detail
weichen die Läufe bei den Geopotential- und Luftdruckschemata jedoch signifikant
voneinander ab.
Schon zum Einstieg in den mittelfristigen Zeitraum weist der gestrige 00 UTC
Lauf des IFS über West- und Mitteleuropa eine deutlich größere Amplitude des
Troges auf, sodass auch die Verlagerung dieses langsamer gezeigt wird. Die
Amplitudenvergrößerung ist beim gestrigen 00 UTC-Lauf gleichzeitig der
Startschuss zu einem vorübergehenden Abschnürungsprozess, der schließlich am
Wochenende ein Höhentief im Bereich der Balearen liefert. Die neusten Läufe
wollen davon nichts wissen und zeigen allenfalls einen markanten Kurzwellentrog
über dem Alpenraum bzw. Norditalien. Einfluss auf das Wetter in Deutschland
haben diese Vorgänge jedoch nur bedingt. Allenfalls am Freitag verlagert sich
die Kaltfront samt deren Niederschläge nun schneller über Deutschland hinweg,
sodass rascher Hochdruckeinfluss dominiert.
Auch beim Übergreifen eines neuen Kurzwellentroges zum Montag ist der gestrige
00 UTC-Lauf des IFS erneut intensiver aufgestellt. Durch eine kürzere
Wellenlänge und etwas größere Amplitude des Bodentroges und somit stärkere
Meridionalisierung im Vergleich zu den beiden neusten Berechnungen zeigte der
gestrige 00 UTC-Lauf ein langsameres Übergreifen der Kaltfront samt deren
Niederschläge.
Ab Dienstag ist es dann der heutige IFS-Lauf, der einen Abschnürungsprozess über
Mitteleuropa zeigt, den vor allem der gestrige 00 UTC-Lauf nicht stützt. Durch
die Abschnürungstendenzen kann sich auf der Nordwestflanke in den neusten
Berechnungen ein Rücken vom Atlantik Richtung Britische Inseln ostwärts
aufbäumen, während der gestrige 00er Lauf schon den nächsten Kurzwellentrog über
Deutschland im Programm hatte.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Weitere betrachtete Globalmodelle simulieren vergleichbare großskalige
Strukturen, weichen aber im Detail mehr oder weniger stark vom IFS ab.
Das deutsche ICON-Modell zeigt dabei eine Zwischenlösung bezüglich des gestrigen
und aktuellen IFS-Laufes. Analog zum aktuellen IFS simuliert das ICON keinen
Abschnürungsprozess am Wochenende, weist aber ähnlich zum gestrigen 00 UTC-Lauf
des IFS eine stärkere Meridionalisierung, also größere Amplitude der Strukturen
auf. Einhergehend ist die Verlagerungsgeschwindigkeit der Felder langsamer als
bei den neusten Berechnungen des IFS, sodass der Hochdruckeinfluss hierzulande
länger bestand hätte.
Das amerikanische GFS zeigt zum neusten IFS-Lauf vergleichbare Strukturen,
wenngleich es ab Dienstag über Mitteleuropa keinen Abschnürungsprozess abbildet.
Das GEM zeigt zunächst eine Zwischenlösung zwischen dem aktuellen IFS-Lauf und
dem gestrigen 00 UTC-Lauf. Es deutet die Abschnürung an, vollzieht sie aber nur
kurz, um rasch wieder an die Strömung als Trog anzudocken. Insgesamt ist das GEM
dabei zum IFS leicht in der Phase verschoben und hinkt analog zum ICON dem IFS
etwas hinterher.
Das UKMO ähnelt stark den Strukturen des neusten IFS, ist im Verlauf aber
ebenfalls etwas langsamer in der Verlagerung.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen verschiedener Städte über Deutschland verteilt zeigen bis
einschließlich Montag einen gleichmäßigen und verhältnismäßig geringen Spread
bei der Temperatur in 850 hPa und dem Geopotential in 500 hPa. Somit kann von
einer konsistenten, recht guten Güte der Vorhersage ausgegangen werden.
Allenfalls am Wochenende gibt es ein paar Ausreißer hin zu kälteren
Verhältnissen. Ab Dienstag spreizt sich das Ensemble signifikant, sodass keine
oder kaum noch eine Aussage mehr getroffen werden kann. Der Haupt- und der
Kontrolllauf liegen bis dahin meist mittig im Ensemble im Bereich der höchsten
Auftrittswahrscheinlichkeit. Somit stützt das ENS die Prognose des aktuellen
IFS-Lauf und negiert die vorhergesagten Detailstrukturen des gestrigen 00
UTC-Laufes.
Die Unsicherheiten im IFS-ENS im Zeitraum von +72 bis +96h sind grundsätzlich
als gering anzusehen. Dennoch werden drei Cluster benötigt, um diese ausreichend
zu beschreiben. Die Cluster dabei alle dem Schema einer positiven NAO
zugeordnet, was auf die Strömungsstrukturen auf dem Atlantik zurückzuführen ist.
Über Mitteleuropa ist über alle Cluster ein Trog wetterwirksam, der sich von
Cluster zu Cluster in der Phase und auch Intensität leicht unterscheidet. Damit
geben die aufgeführten Cluster für Mitteleuropa genau diese Unsicherheiten
wieder, die auch durch die verschiedenen det. Läufe des IFS bzw. anderer
Globalmodelle zu verzeichnen waren.
Im Zeitraum von +120 bis +168h genügt ein einziges Cluster, um die Abweichungen
im ENS des IFS zu beschreiben. Resultierend kann innerhalb des IFS von einer
hohen Prognosegüte bezüglich der vom Hauptlauf beschriebenen Entwicklungen von
Sonntag bis Dienstagnacht ausgegangen werden. Abweichungen analog zum ICON
werden somit nicht oder nur teilweise vom IFS-ENS eingefangen.
In der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h sind schließlich 5 Grundmuster
nötig, um die Unsicherheiten innerhalb des ENS ausreichend zu erklären. Dies
passt damit auch zu den Rauchfahnen deutscher Städte, die ab Dienstag kaum eine
Vorhersagegüte aufwiesen. Die ersten vier Cluster sind wie schon die Cluster in
den vorangegangenen Zeiträumen dem Schema einer positiven NAO zugeordnet. Der
Haupt- und der Kontrolllauf befinden sich zusammen mit insgesamt 15 Member im
ersten Cluster. Allerdings sind Cluster 2 mit 14 und Cluster 3 mit 11 Mitglieder
nahezu gleichwertig im ENS vertreten. Die Unterschiede zwischen den ersten drei
genannten Lösungen sind dabei so groß, dass eine seriöse Vorhersage wie
beschrieben nicht möglich ist. Die wesentlichen Abweichungen betreffen die Phase
und die Amplitude der aufziehenden Tröge. Cluster 1 zeigt z.B. die nördlichste
Zugbahn der Kurzwellentröge und korrelierender Bodentiefs. Gleichzeitig fällt
die Amplitude der Störungen eher gering aus. Cluster zwei zeigt eine südlichere
Zugbahn, wobei die Amplitude der Tröge noch geringer simuliert wird. Das dritte
Cluster beschreibt hingegen die stärkste Meridionalisierung der Strömung über
Europa mit weit amplifizierten Trögen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Vom EFI gibt es für Mitteleuropa über den gesamten mittelfristigen Zeitraum
bezüglich des Modellklimas keine Hinweise auf überdurchschnittliche
Wetterereignisse.
Auch sonst wird von Freitag bis Dienstag eine eher warnarme Periode erwartet.
Am Freitag gibt es allenfalls im Nordosten vom ICON-EPS und C-LEPS geringe
Wahrscheinlichkeiten von 5 bis 25%, an der Ostsee sowie an der nordfriesischen
Küste nach ICON-EPS bis 50% für stürmische Böen oder Sturmböen.
Zudem gibt es an den Alpen Hinweise für mäßigen Schneefall. Demnach zeigen die
Modelle übereinstimmend einen Schneeanteil von 4 bis 15 mm (Median, Max).
Entsprechend zeigt auch die Schneeänderung des ICON 5 bis 15 cm Neuschnee in 12h
in der Region.
Am Wochenende treten mit geringer Wahrscheinlichkeit allenfalls in den Kammlagen
der Berge einzelne stürmische Böen auf, am Sonntag gibt es vom C-LEPS zusätzlich
an der Nordsee 15 bis 50, auflandig bis 70% Wahrscheinlichkeit für markante
Böen. In der Nacht zum Montag setzt in den Alpen Föhn ein, sodass in Hochlagen
ebenfalls Sturmböen zu erwarten sind. Zudem muss an den Alpen über Schnee in den
Nächten mit hoher Wahrscheinlichkeit mir strengem Frost gerechnet werden.
Am Montag verhält sich die Windlage analog zum Sonntag. In den höheren Lagen der
Alpen Föhn, in Kammlagen der Mittelgebirge Sturmböen und an der See einzelne
stürmische Böen gering wahrscheinlich.
Mit aufkommenden und südostwärts ausgreifenden Niederschlägen gibt es in Sachsen
und Bayern sowie im höheren Bergland der restlichen Mittelgebirge gebietsweise
Glatteisgefahr durch vorübergehenden gefrierenden Regen. Dies wird durch das
METRo-Modell sowie die Wettersignatur des IFS gestützt.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, bis Montag det. IFS/GFS/UKMO, für TT auch MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel