S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.02.2022 um 10.30 UTC

Zunächst stürmisch und im Bergland teils kräftige Schneefälle. Zur Wochenmitte
vorübergehende Wetterberuhigung, dabei sehr mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 10.02.2022

Grob gesagt lässt sich die ab Sonntag beginnende Mittelfrist in drei Phasen
einteilen: Zunächst wechselhaft und windig, dann Hochdruckeinfluss, zum Ende der
nächsten Woche hin wieder wechselhaft. Dabei tauchen vorübergehend immer
häufiger zweistellige Höchsttemperaturen auf, was bei entsprechendem
Sonnenschein (vorbehaltlich irgendwelcher Stratus- bzw. Hochnebeldecken) wohl
die ersten Frühlingsgefühle weckt. Und auch wenn es zum Ende der kommenden Woche
wieder eine Abkühlung gibt, so meidet der Winter mitten im Hochwinter vorerst
unsere Gefilde.

Im Detail präsentiert uns der neueste Lauf des EZMW zum Beginn der Mittelfrist
am Sonntag zwischen hohem Geopotenzial über dem Nordostatlantik und einen von
Grönland und Kanada bis zur Ukraine reichenden Trogkomplex eine
west-nordwestliche Strömung, in der die Frontalzone eingebettet ist. Der Trog
ist mit einem Tief über dem Nordmeer und einem Randtief davon über Skandinavien
verbunden. Die Kaltfront dieses Randtiefs zieht von Norden her über Deutschland
hinweg und tauscht die recht milde Meeresluft durch etwas kühlere subpolare
Meeresluft aus. In 850 hPa sinken die Temperaturen dadurch auf 0 bis -6 Grad.
Bei guter Durchmischung durch den strammen Gradienten fällt die Abkühlung am
Boden allerdings kaum auf. Der Wind wird dagegen mit Sturmböen bis ins Tiefland
deutlich spürbar sein.

Am Montag wölbt sich über den Britischen Inseln ein Rücken auf, der nicht nur
die Frontalzone stört, sondern auch ein Bodenhoch über der Biskaya generiert.
Ein Keil davon schiebt sich nach Deutschland vor und stabilisiert das Wetter von
Westen her. Zuvor zieht aber noch die Warmfront eines neuen Tiefs über dem
Nordmeer nach Osten durch. Postfrontal strömen aus Westen milde Luftmassen mit
T850 hPa von 0 bis 4 Grad ein.

Bis zum Mittwoch verlagert sich der Rücken ost-südostwärts bis zum zentralen
Mittelmeer bzw. mit seiner Achse bis auf eine Linie Tschechien – Polen –
Baltikum. Das Bodenhoch wandert im Zuge dessen über die Alpen hinweg zum Balkan.
Mit entsprechender Strömungsdrehung auf Südwest findet nun sogar subtropische
Luft den Weg zu uns, was die T850 hPa auf 3 bis 8 steigen lässt. Vor allem
anfangs kräftige WLA dürfte jedoch für viele Wolken sorgen, bevor die
Sonnenscheinanteile ab Mittwoch etwas zunehmen.

Am Donnerstag gelangen wir dann auf die Vorderseite eines neuen Troges zwischen
Grönland und den Britischen Inseln. Der Rücken verabschiedet sich weiter nach
Osteuropa und Westrussland, womit auch der Einfluss des schwächer werdenden
Hochs über dem Balkan bzw. Südosteuropa nachlässt. Ein drittes Tief über dem
Nordmeer kann dann von Norden her nachmittags eine Kaltfront nach Deutschland
bringen. Diese kommt aber bis Freitag nur bis zur Mitte des Landes voran, sodass
die postfrontale Abkühlung auf T850 von 0 bis -5 Grad zunächst auf den Norden
beschränkt bleibt.

In der erweiterten Mittelfrist stößt ab Freitag ein weiteres Tief nach
Skandinavien vor und schiebt die über der Mitte liegende Kaltfront des vom
Nordmeer ins Baltikum ziehenden Tiefs nach Süden. Das neue Tief hat eine weitere
sich abschwächende Kaltfront im Gepäck, wobei die T850 hPa weiter zurückgehen,
im Norden zum Teil sogar auf unter -10 Grad. Mit vom Westen nachfolgendem
Rücken gelangt die kalte Luft rasch unter Hochdruckeinfluss. Angesichts
progressiver Verlagerung der Höhengebilde stellt sich die Frage der
Nachhaltigkeit dieses Kaltluftvorstoßes.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis zum Mittwoch ist die Konsistenz des heutigen 0 UTC-Laufs des EZMW zu seinen
beiden gestrigen Vorläufen generell hoch. Am Montag und Dienstag fällt jedoch
eine leichte Phasenverzögerung bei der Ostverlagerung der Höhengebilde auf,
sodass der Rücken langsamer zu uns kommt und die Milderung etwa 12 Stunden
zeitverzögert einsetzt.
Ab Donnerstag nimmt die Konsistenz deutlich ab, weil der neue Trog zwischen
Grönland und den Britischen Inseln kräftiger simuliert wird und die Kaltfront
des zugehörigen Tiefs bis in die Mitte Deutschlands vordringt. Nach gestrigem 0
UTC-Lauf blieb die Kaltfront nördlich von uns und Deutschland bei noch schwachem
Hochdruckeinfluss in der südwestlichen Strömung mit sehr milder Luft
(Temperaturdifferenz 8 bis 10 Kelvin in T850 hPa). Beim gestrigen 12 UTC-Lauf
wäre der Trog dagegen über Deutschland hinweggeschwenkt, die Kaltfront bis in
den Süden gezogen und nachfolgend Hochdruckeinfluss aufgekommen. Damit wäre es
zwar auch kälter geworden, aber nicht ganz so stark wie beim heutigen 0
UTC-Lauf.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie bei den Konsistenzbetrachtungen gibt es auch zwischen EZMW, ICON und GFS am
Montag und Dienstag Unterschiede beim Eintreffen der milden Luft. GFS ist mit
der Warmfront rund 6 Stunden schneller als die beiden anderen Modelle. Beim ICON
setzt sich zudem die milde Luft im Norden überhaupt nicht durch, weil die
Kaltfront des neuen Nordmeertiefs über Norddeutschland liegen bleibt bzw. dort
rückläufig wird. Beim EZMW tangiert diese Front nur den äußersten Nordosten
Deutschlands, beim GFS liegt sie wesentlich nördlicher. ICON belässt die Front
im Wochenverlauf über dem Norden, am Donnerstag zieht dann das zugehörige
Wellentief über die Nordsee nach Osten durch. Die deutliche Milderung bleibt
dadurch auf den Süden beschränkt.
JMA und GEM stellen sich heute als EZMW-Fans heraus, folgen sie doch weitgehend
den Vorhersagen des europäischen Modells.
NAVGEM simuliert zunächst ähnlich wie das ICON mit länger kalter Luft im Norden
nördlich der wellenden Front, am Mittwoch setzt sich dann aber doch auch bei
diesem Modell die warme Luft unter Hochdruckeinfluss durch.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles öffnen sich bei T850 hPa bereits am Montag
ein wenig, was noch einmal die Frage nach dem Zeitpunkt des Eintreffens der
milderen Luft herausstellt. Beim Geopot 500 hPa öffnen sich die Kurven dagegen
erst ab Donnerstagabend signifikant. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich zu
diesem Zeitpunkt bei beiden Parametern auf dem absteigenden Ast, innerhalb des
Medians aber auch in guter Gesellschaft. Insofern wird dieser Prozess vom
Ensemble gut bestätigt. Niederschlagssignale sind vor allem am Sonntag/Montag
sowie am Donnerstag/Freitag vorhanden.

CLUSTER:
Zwischen Dienstag und Donnerstag werden drei Cluster gerechnet, alle mit NAO
positiv als Regime und dem Rücken über uns. Bei C3 schwächelt dieser allerdings
früher als bei den anderen, was der (wellenden) Kaltfront etwas früher Zutritt
nach Deutschland verschaffen könnte.
Zwischen Freitag und Sonntag wird nur ein einziger Cluster angeboten (Übergang
atlantischer Rücken zur Blockierung). Damit wird dem deterministischen Lauf
erhöhte Sicherheit verliehen.

FAZIT:
Nach einem turbulenten Start am Sonntag und Montag steht der Milderung und
Wetterberuhigung mit fast frühlingshaften Anstrich zur Wochenmitte nicht viel im
Weg. Es gibt aber noch ein paar Fragen zu klären, beispielsweise wann die
Umstellung kommt und ob sie sich auch noch Norden durchsetzt. Ab Donnerstag
nimmt der Tiefdruckeinfluss wieder zu und die Temperaturen gehen zurück. EZMW
deutet sogar die Zufuhr sehr kalter Luft an, die allerdings wieder unter
Hochdruckeinfluss gerät und deren Nachhaltigkeit deutlich in Frage gestellt
werden muss.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND/STURM:
Am Sonntag zeigt EFI deutliche Signale für überdurchschnittlich starken Wind.
Die Ensembles reagieren mit hohen Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft 9 bis
ins Tiefland, lokal schwere Sturmböen Bft 10 sind gering wahrscheinlich. Auf den
Bergen sind orkanartige Böen Bft 11 oder Orkanböen Bft 12 zu erwarten.
Am Montag sind beim EFI ebenfalls Hinweise vorhanden, allerdings nicht mehr so
stark wie am Sonntag und vor allem nach Osten und Südosten hin. Bei den
Ensembles werden in der Osthälfte gute Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen
Bft 8,aber nur geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft 9 geliefert. Auf
den Bergen treten noch schwere Sturmböen Bft 10, anfangs auch orkanartige Böen
Bft 11 auf.
Am Dienstag können an der See und im Bergland noch stürmische Böen Bft 8 bzw.
exponiert Sturmböen Bft 9 bzw. auf den höchsten Gipfeln schwere Sturmböen Bft 10
vorkommen.

DAUERREGEN/SCHNEEFALL:
Am Sonntag bietet EFI beim Niederschlag insbesondere in der Nordhälfte deutliche
Signale an. Bei den Ensembles werden die Staulagen der meisten Gebirge mit hohen
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/m2 herausgearbeitet, im Harz und
Schwarzwald kann es lokal mehr als 50 l/m2 in 24 Stunden geben.
Allerdings liegt die Schneefallgrenze bei 500 bis 800 m, sodass gerade in den
Staulagen der meiste Niederschlag als Schnee fällt. EFI hat dafür im Bayerischen
Wald und an den Alpen erhöhte Werte. Die Ensembles reagieren mit hohen
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 10 bis 20 cm in 24 Stunden in den südlichen
und südöstlichen Mittelgebirgen, im Allgäu und Bayerischen Wald liegen zudem
gute Wahrscheinlichkeiten für mehr als 20 und noch geringe Wahrscheinlichkeiten
für mehr als 30 cm in 24 Stunden vor. Am Montag ergeben sich nur noch geringe
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 10 bis 20 cm Neuschnee in 24 Stunden im
Berchtesgadener Land.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler