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SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.12.2021 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Von Norden Vorstoß arktischer Polarluft mit nachfolgendem Druckanstieg und
Dauerfrost (nachts teils streng). In der Mitte Luftmassengrenze mit
Niederschlägen, teils Schnee. Im Süden und Südwesten mildes Weihnachtsfest.
Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
Aktuell … hält sich die Wetterentwicklung – wenn man so will in
weihnachtlicher Gehorsamkeit – an die Vorgaben, die die Numerik der Natur
vorgegeben hat. Wäre ja auch noch schöner, wenn sich die Atmosphäre am Heiligen
Abend nicht daran halten würde;). Also, im Norden sind gleich zwei Kaltfronten
auf dem Vormarsch in Richtung Süden, wobei es aufgrund des nur noch geringen
Abstands wohl spätestens in der Heiligen Nacht zu einer Vereinigung kommen wird.
Noch haben beide aber ihre Berechtigung: Während das erste Exemplar zwar schon
kältere, aber noch recht feuchte Luft heranführt (Taupunkte um 0°C), veredelt
Numero zwo den Luftmassenwechsel mit einen schon als krass zu bezeichnenden
Absturz der Taupunkte teils bis in den zweistelligen Minusbereich. Wichtiger als
die eher akademische Frage ob ein oder zwei Fronten ist vielmehr die Tatsache,
dass mit markanter Winddrehung auf Nord bis Nordost trocken-kalte Polarluft
arktischen Ursprungs (xA) in den Norden und Nordosten strömt (Rückgang T850 bis
zum Morgen auf -9 bis -12°C!). Der Temperaturrückgang ist signifikant und
bereits seit heute Mittag deutlich erkennbar. Mittlerweile (18 UTC) hat die
Frostgrenze etwa eine Linie Wesermündung-Braunschweig-Berlin erreicht, punktuell
auch schon etwas darüber hinaus. Da es mit dem andauernden Druckanstieg
(Hochkeil des Nordmeerhochs BELINDA greift von der Nordsee her auf
Norddeutschland über) von Norden her immer mehr aufklart, wird die advektive
Abkühlung in den nächsten Stunden strahlungsbedingt noch forciert. Kurzum, bis
zum Morgen sinken die Temperaturen verbreitet in den mäßigen Bereich zwischen -5
und -10°C und dort, wo Schnee liegt, ist strenger Frost bis zu -15°C drin. Wow,
knackiger Frost und Schneedecke in der Heiligen Nacht, Herz, was willst du mehr.
Um den Norden und Nordosten abzuschließen, noch zwei Bemerkungen. Zum einen
Vorsicht auf Straßen und Gehwegen, wenn nämlich die Restnässe der nach Süden
abziehenden Niederschläge gefriert. Für die Regionen, wo Letzteres erst relativ
spät der Fall ist und keine wirkliche Abtrocknung mehr erfolgen kann, wurde
sogar eine markante Glättewarnung (gefrierende Nässe) herausgegeben, die ggf.
noch etwas nach Süden ausgedehnt werden muss. Punkt 2 betrifft den anfangs an
der Ostsee noch forschen und stark böigen nördlichen Wind, der aber schon jetzt
beginnt an Substanz einzubüßen, so dass die Warnungen nicht verlängert werden
müssen.
Vom Norden und Nordosten in den großen Rest des Landes, wo es zunächst mal die
im Laufe der Nacht wahrscheinlich nur noch solo auftretende Kaltfront zu
würdigen gilt. Diese kommt bis in die mittleren Landesteile voran, die
0°C-Isotherme auf 850 hPa (die aber nicht zwingend mit der Bodenfrontposition
zusammenfällt) erreicht bis 06 UTC eine Linie Eifel-RMG-Oberpfalz. Mit der Front
verlagert sich auch der zugehörige Niederschlagsstreifen immer weiter Richtung
Mitte, wobei die Schnee- gegenüber den Regenanteilen zwar zunehmen, auf der
anderen Seite die Intensität aber immer weiter abnimmt. Zusätzlich
verkompliziert wird die ganze Angelegenheit dadurch, dass im Laufe der Nacht von
Frankreich und BeLux her – in der Warmluft und abgesetzt vom o.e. frontalen
Geschehen – Regenfälle ostwärts über RP und Südhessen hinweg bis hinüber zum
Bayerischen Wald ausgreifen. Impulsgeber ist ein extrem flacher KW-Trog, der mit
der westlichen Höhenströmung ostwärts gespült wird. Dabei gelangt er in die
konfluente Deformationszone des Geopotenzials (nach Osten höhere
Windgeschwindigkeiten als im Westen), was die Hebung noch verstärkt. Wie auch
immer, erst in den Morgenstunden bzw. spätestens am Vormittag kommt es zu einer
Verschmelzung der Niederschlagsgebiete (bzw. dem, was vom frontalen Teil noch
übrig ist). Und wo fällt nun Schnee? Im Wesentlichen aus dem nördlichen
Niederschlagsgebiet, das in einem Streifen vom südlichen
NDS/Ostwestfalen/Sauerland über Nordhessen, Thüringen und das südliche
Sachsen-Anhalt bis hinüber nach Sachsen und am frühen Morgen auch dem nördlichen
Bayern 1 bis 3 cm, lokal um 5 cm Neuschnee bringt.
Ansonsten bliebe nur noch zu sagen, dass der Regen ganz im Süden schwächer wird,
der Süden und Westen frostfrei bleiben und der stürmische Wind in den Hochlagen
allmählich an Drive verliert (am längsten noch in den Hochlagen der Alpen
aktiv).
Samstag … dürfen sich weite Teile der Nordhälfte über einen sonnigen und
frostigen ersten Weihnachtstag freuen. Von der Ostsee bis hinunter zum
Erzgebirge, von der Nordsee bis nach Nordhessen bzw. zum Münsterland wird es
trotz Einstrahlung nicht wärmer als -4 bis 0°C, lediglich auf den Inseln kann
zumindest teilweise und formell ein Eistag vermieden werden. Produzentin des
tollen Winterwetters (Neid aus dem RMG) ist besagte BELINDA, die sich als
schlauchförmiges Hoch vom Nordmeer über Norddeutschland bis zum östlichen
Mitteleuropa erstreckt und dabei sehr fruchtbar mit der frisch eingeflossenen
Kaltluft interagiert. Dabei stört es auch wenig bis gar nicht, dass das Hoch von
einer zyklonal konturierten west-nordwestlichen Höhenströmung südlich eines
umfangreichen nordeuropäischen Höhentiefs überlagert ist.
Ab der nördlichen Mitte südwärts hat es sich dann alsbald erledigt mit dem
Sonnenschein. BELINDA verliert von ihrer Strahlkraft, stattdessen übernimmt die
inzwischen bis zur südlichen Mitte vorangekommene, in eine schmale
Tiefdruckrinne eingebettete Luftmassengrenze das Geschehen. Diese arbeitet
insbesondere am Vormittag weihnachtlich-harmonisch mit der durchziehenden
flachen Welle zusammen, was in einigen Regionen leidlich erkleckliche
Niederschläge von 5 bis 10 mm, lokal sogar etwas mehr zur Folge hat. Ausgenommen
ist der äußerste Süden von Südbaden und Schwaben bis hinüber zum Alpenrand bzw.
ins Chiemgau, wo wenig bis nichts fällt und sich die Wolkendecke mitunter sogar
dünn oder gar perforiert präsentiert. Im Niederschlag sind beide Phasen
vertreten, im nördlichen Teil Schnee, nach Süden hin Regen. Akkumuliert über den
Tag (am Nachmittag schwächen sich die Niederschläge mit Abzug der Welle ab)
kommen vom zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum übergreifend bis nach
Oberfranken und die Oberpfalz immerhin 1 bis 5 cm, punktuell sogar um oder etwas
über 10 cm Neuschnee zusammen. Während im Norden und Osten Dauerfrost herrscht,
erwärmt sich die Luft äußersten Süden stellenweise auf Werte um +10°C.
In der Nacht zum Sonntag verlagert sich die Deformationszone im Potenzialfeld
mehr und mehr nach Osten, wodurch kaum noch skalige Hebungsimpulse vorhanden
sind. Im Gegenteil, von Westen nähert sich sogar ein flacher Rücken, der zu
einer weiteren Beruhigung des Niederschlagsgeschehens beiträgt. Trotzdem, im
Süden kann es auch in der Nacht gebietsweise noch etwas regnen oder schneien,
wobei sich die feste Phase gegenüber dem Tag noch etwas nach Süden verlagert.
Viel Neuschnee steht nicht auf der Karte, wohl aber (teils markante) Glätte
(etwas Neuschnee, vielfach aber gefrierende Nässe), weil die Frostgrenze bis
etwa zu einer Linie untere Donau (+/-)-Odenwald-Eifel vorrückt. Nur
süd-südwestlich davon bleibt es frostfrei, wenn man mal die Alpentäler
extrahiert. Im Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte hingegen tritt
verbreitet mäßiger bis strenger Frost auf.
Sonntag … verschiebt sich der Schwerpunkt der Bodenhochdruckzone zum östlichen
Mitteleuropa. Gleichwohl hat die gute BELINDA – gestützt durch den o.e. Rücken –
noch genügend Aktien im deutschen Portfolio, um dem Norden und Osten einen
zweiten sonnigen und dauerfrostigen Weihnachtstag zu spendieren.
Anders hingegen die Situation im Süden und Westen des Landes, wo sich von
Westeuropa her ein negativ geneigter KW-Trog nähert, der den Luftdruck fallen
lässt. Im Isobarenfeld spiegelt sich das in Form einer breiten Rinne wider, in
die eine gammelige, für uns irrelevante Okklusion eingebettet ist. Wichtiger ist
die Tatsache, dass die bis dato in den leichten Weihnachtsschlummer verfallene
Luftmassengrenze von der Rinne „geweckt“ und als Warmfront langsam nach
Nordosten geschoben wird. Kein leichtes Unterfangen, gilt es doch gegen die
blockierende Wirkung von Hoch BELINDA sowie den bodennah aus dem Hoch
ausfließenden Südostwind (über der Deutschen Bucht einige Böen 7 Bft)
anzukämpfen.
Während also in der unteren Troposphäre mit auf Südwest drehendem Wind mildere
Luftmassen vergleichsweise ungehindert nordostwärts vorankommen (die
0°C-Isotherme auf 850 hPa erreicht bis zum Abend etwa eine Linie
Emsland-Oberpfalz), hält sich weiter unten eine kalte und entkoppelte
Grundschicht mit verbreitet negativen Tagestemperaturen und gefrorenen Böden.
Klingt verdammt nach notwenigen Voraussetzungen für gefrierenden Regen mit
Glatteis, aber sind diese auch hinreichend? Abwarten heißt hier die Devise, denn
noch ist nicht klar, wie intensiv die im Tagesverlauf von Frankreich und BeLux
übergreifenden Regenfälle ausfallen und vor allem wie progressiv sie sich geben.
Außerdem gilt es, das vertikale Feuchteprofil zu berücksichtigen, das zunächst
recht trocken ausfallen dürfte, was es den Niederschlägen erschwert, den Boden
zu erreichen. Kurzum, die Glatteisgefahr dürfte sich zumindest tagsüber noch
sehr in Grenzen halten.
In der Nacht zum Montag geht nicht nur das Weihnachtsfest 2022 zu Ende,
modellübergreifend wird auch ein Vorankommen des Niederschlags nach Osten und
Nordosten apostrophiert. Weite Teile Nord- und Ostdeutschlands dürften aber noch
ausgespart bleiben. Ansonsten schiebt sich die niedertroposphärische Warmluft
weiter über die kalte und vielfach frostige Grundschicht, was die
Wahrscheinlichkeit für gefrierenden Regen mit Glatteis erhöht. Nach heutiger
Lesart könnte vor allem ein von Nordwestdeutschland über die Mitte bis in den
Norden und Osten Bayerns reichender Streifen betroffen sein, mögliche Unwetter
inklusive. Allerdings erscheint es aufgrund der schon genannten Unwägbarkeiten
und zunehmender Modellunterschiede wenig zielführend, an dieser Stelle schon zu
sehr ins Detail zu gehen. Nur so viel noch, im Nordosten steht gebietsweise die
dritte Nacht hintereinander mit strengem Frost auf der Karte.
Montag … nur noch kurz im Telegrammstil: Aus- bzw. Auflaufen der
Luftmassengrenze/Warmfront im Nordosten mit nachlassendem Niederschlag, trotzdem
anfangs noch gebietsweise Glatteisgefahr und nochmals ein Eistag. Sonst weitere
Milderung, häufig hochnebelartig bewölkt, weitgehend trocken. Am Nachmittag
nächster Anlauf einer neuen Warmfront von Frankreich her, im Südwesten
einsetzender Regen. Klare Weichenstellung in eine milde bis sehr milde
Mittelfrist!
Modellvergleich und -einschätzung
Die Christmette ist gelesen, keine weiteren Anmerkungen. Allen Anhängerinnen und
Anhängern dieses Bulletins „Frohe Weihnachten“!
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann