S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.12.2021 um 10.30 UTC

Zunehmend unbeständig, zu Weihnachten Grenzwetterlage möglich.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 25.12.2021

Am Dienstag, dem ersten Tag des Mittelfristzeitraums, liegen wir unter einer
nordwestlichen Strömung zwischen einem Höhenrücken über Westeuropa und einem
großen Langwellentrog über Nord- und Osteuropa. Durch einen Kurzwellentrog wird
die über Deutschland verlaufende Bodenhochdruckzone, aber auch der Höhenrücken
im Westen abgebaut und vor allem im Norden macht sich der Einfluss eines zum
Skagerrak ziehenden Tiefs mit leichten Niederschlägen, die teils als Schnee
fallen, bemerkbar.
Am Mittwoch verliert der Höhenrücken über Westeuropa weiter an Substanz, da er
von Norden und von Westen durch Tröge abgebaut wird. Es verbleibt aber ein Rest,
der negativ geneigt vom westlichen Mittelmeer über die Britischen Inseln nach
Nordwesten weist. Unter der leicht antizyklonalen nordwestlichen Strömung bei
uns halten sich vor allem über der Südhälfte Reste einer Hochdruckzone, während
der Norden von einem Tief über Dänemark und der Ostsee beeinflusst wird. Dabei
gelangt kalte Meeresluft nach Deutschland, die im Südwesten durch Absinken etwas
erwärmt wird.
Am Donnerstag läuft am Rand des nordosteuropäischen Langwellentroges ein
Kurzwellentrog nach Südosten ab und führt das Bodentief in die Ostsee. An dessen
Rand setzt sich die Zufuhr der kalten Meeresluft mit -5 bis -8°C in 850 hPa in
die Nordosthälfte Deutschlands fort. Nach Südwesten hin hält sich zunächst noch
schwacher Hochdruckeinfluss, bevor später auf der Vorderseite eines Tiefs über
dem Atlantik Warmluftadvektion im Südwesten zu Bewölkungsaufzug, möglicherweise
auch zu ersten Niederschlägen führen kann.
Am Freitag, Heiligabend, dreht die Strömung in der Höhe auf westliche Richtungen
und wird zyklonaler. Am Rand des Tiefs über der Ostsee gelangt in den Norden
kalte Meeresluft, während in den Süden vorderseitig eines Tiefs westlich von
Irland die Zufuhr von milden Luftmassen einsetzt. Dazwischen kann sich eine
Luftmassengrenze formieren, die sich, durch Wellenbildung aufgehalten, nur
langsam nordwärts bewegt. Während im Norden einige Schneeregenschauer unterwegs
sind, kommen im Süden und der Mitte Niederschläge auf, die an der Nordflanke
teilweise bin in tiefe Lagen als Schnee fallen, sonst aber bei Werten in 850 hPa
über 0°C bis in Lagen aber 1500m in Regen übergehen. Dazwischen wäre auch
gefrierender Regen möglich. In Gipfellagen der Mittelgebirge und in den Alpen
sind Sturmböen möglich. Die Entwicklung wird dann aber sehr unsicher, worauf in
der Folge noch eingegangen wird.
Am Samstag, dem ersten Weihnachtstag, verlagert sich das atlantische Tief unter
Abschwächung in Richtung Biskaya. Die Luftmassengrenze könnte dann langsam über
die Mitte nach Norden vorankommen, in Begleitung von teils länger anhaltenden
Niederschlägen. Im Norden wäre bei Zufuhr von kalter Luft Schneefall möglich, im
Süden ließe die milde Luftmasse subtropischen Ursprungs wohl nichts Anderes als
Regen zu. Dazwischen müsste auch gefrierender Regen ins Kalkül gezogen werden.
In Gipfellagen der Mittelgebirge und in den Alpen muss dann weiter Sturmböen
gerechnet werden. Die Lage der Grenze ist aber weiter sehr unsicher.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich unbeständiges, zyklonal geprägtes
Wetter an. Weiter ist eine Grenzwetterlage über Deutschland möglich mit Zufuhr
von kalter Luft und Schneefällen im Norden und mildes Wetter südlich davon. Wie
schon zum Ende der Mittelfrist ist das Ganze aber mit großen Fragezeichen
versehen und auch ein sehr mildes Szenario ist alles andere als vom Tisch.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des europäischen Modells ist zunächst brauchbar, es gibt aber
schon bis Donnerstag einige Abweichungen in den kurzen Wellen, die sich aber
noch in überschaubarem Rahmen bewegen. Ab Donnerstag, Freitag, also gerade dann,
wenn es spannend wird, laufen die letzten Lösungen deutlicher auseinander und
die Prognose wird extrem unsicher. Sahen die die gestrigen Läufe noch eine sehr
milde Südwestströmung bei uns, kann sich im aktuellen Lauf die milde Luft bei
weitem nicht mehr so forsch nach Norden durchsetzen und es ergäbe sich eine
Luftmassengrenze über uns mit großen Wetter- und Temperaturgegensätzen zwischen
Norden und Süden. Die Chancen auf weiße Weihnachten wäre somit zunächst mal
Norden gar nicht so schlecht, während es im Süden sehr milde Feiertage geben
könnte. Aber wie gesagt, die großen Fragezeichen bleiben.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch der Modellvergleich schafft da keine Abhilfe. Bis nächsten Mittwoch sind
die Modelle halbwegs auf einer Linie. Dann bröckelt die Einigkeit. Im ICON setzt
sich die sehr milde Luft schon Heiligabend recht weit nach Norden durch, das
Ganze beginnt mit Niederschlägen im Südwesten auch am Donnerstag am schnellsten.
GFS zeigt die Luftmassengrenze zunächst am weitesten südlich und Heiligabend
eine Welle über der Landesmitte mit Ostkurs. Dafür soll dann an den
Weihnachtstagen die Milderung nach Norden ausgreifen. Im europäischen Modell
wäre ein Tief am 2. Weihnachtstag genau über Deutschland positioniert.
Das Einzige was sicher scheint, ist der zunehmend unbeständige Wettercharakter,
die Strömungsverhältnisse und die beteiligten Luftmassen sind noch sehr vage. Es
wird aber spannend und warntechnisch interessant.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Anhand der Rauchfahnen diverser deutscher Städte stützen die Ensembles die
Aussagen der ungestörten Läufe. Vor allem die Kurven der Temperatur in 850 hPa
fächern aber ab Mittwoch deutlicher auf, während die Geopotentialabnahme und die
Niederschlagssignale den wechselhafteren Wettercharakter unterstreichen und von
den Ensembles recht einheitlich gezeigt werden. Es fällt auch auf, dass das
Temperaturniveau im Norden auch in den meisten Ensembles deutlich unter dem des
Südens liegt, also aus dieser Sicht dann schon einiges für die Luftmassengrenze
über uns spricht. Wo sie freilich liegt, bleibt offen.
Im Hauptmittelfristzeitraum bis +168h werden 3 Cluster gebildet, mit dem Haupt-
und Kontrolllauf im größten Cluster 1 (28 Member). Der 2. Cluster (13 Member)
deutet Richtung Feiertage etwas ruhigere Verhältnisse mit schwachem
Hochdruckeinfluss an, die gestrige milde Version mit der Südwestströmung zum
Ende findet sich in Cluster 3 (10 Member).
In der erweiterten Mittelfrist werden 2 Cluster gebildet, der Hauptlauf liegt
wieder in Cluster 1 (28 Member). Hier wird eine Westströmung angedeutet,
allerdings mit recht weit südlich verlaufender Frontalzone, also tendenziell
eher eine südliche Westlage. Cluster 2 tendiert eher zu einer Troglage bei uns.
Auch wenn sich die Ensembles zum großen Teil hinter den Hauptlauf stellen,
ändert dies nichts an den großen Unwägbarkeiten einer solchen Wetterlage.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Im Laufe der nächsten Woche treten zunehmend Niederschläge auf den Plan. Ab
Donnerstag kommen von Südwesten Schnee- und Regenfälle auf. Es sind an der
Luftmassengrenze markante Schneefälle, gefrierender Regen, aber auch Dauerregen
möglich und vor allem im südlichen Bergland kann es zeitweise stürmisch werden.

Im EFI sind noch keine Hinweise auf markantes Wetter zu finden. Die
Probabilsitik liefert zum Ende zumindest erste Signale für kräftige
Niederschläge, teils Regen, teils Schnee. Wo, welche Menge und in welcher Phase
auftritt ist sehr unsicher. Auch der Wind könnte eine prominentere Rolle
spielen, vielleicht auch mit Schneeverwehungen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS (EPS) Mos Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner