S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.08.2021 um 10.30 UTC

Anfangs unbeständig, ab Donnerstag meist trocken und zunächst etwas wärmer.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 04.09.2021

Die Großwetterlage im atlantisch-europäischen Raum ist weiterhin geprägt durch
einen blockierenden Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik. Dieser wird direkt
gestützt durch tiefes Geopotenzial (LW-Tröge) etwa südlich von Grönland bis vor
Neufundland und dem umfangreichen Höhentief über dem östlichen Mitteleuropa.
Damit ergibt sich eine eher asymmetrische Omega-Konstellation. Diese wird
gestört durch die nördlich des blockierenden Rückens umgelenkte Frontalzone, die
ihrerseits im Verlauf über Skandinavien Tuchfühlung aufnehmen wird mit dem
kräftigen Höhentief über Osteuropa. An den Polarfrontjet gekoppelte kräftige
Advektionen führen in der Folge zur Ausprägung eines Langwellentroges mit der
Achse von Nordskandinavien bis nach Südosteuropa. Die Blockierung über dem
Ostatlantik bleibt derweil bestehen, allerdings erfolgt der Übergang von Regime
Blocking zu Atlantischer Rücken (siehe Anmerkungen Übersicht 24.08.2021).

Das Höhentief bleibt am Dienstag im Bereich Westpolen nahezu ortsfest liegen
(ICON gar etwas westlicher) und damit ändert sich der Wettercharakter gegenüber
den Vortagen nur wenig, d.h. es treten erneut zahlreiche Schauer oder kurze
Gewitter auf, die durch kurzwellige Anteile um das Höhentief gesteuert werden.
Die kurzwelligen Hebungsantriebe (gut zu erkennen in der Vertikalbewegung in 500
hPa) wiederum sind das Ergebnis von Advektionen um das Höhentief herum, die zu
Vergenzen des Horizontalwindes (vor allem in der mittleren, teils auch oberen
Troposphäre) führen. Die Temperatur in 850 hPa verharren bei etwa 5 bis 6 Grad.
Einzig im Westen und Nordwesten macht sich der Einfluss des Höhenrückens über
dem nahen Ostatlantik mit trockeneren Verhältnissen, etwas Sonne und etwa 20 bis
22 Grad bemerkbar. Die Schneefallgrenze in den Alpen liegt bei 2300 bis 2500 m.

Am Mittwoch zieht das Höhentief allmählich ost-/südostwärts und bekommt
Anschluss an den sich über Nord-/Nordosteuropa nach Süden bzw. Südosten
ausdehnenden Höhentrog (Ausbildung des LW-Trog, s.o.), wobei die Achse des
entstehenden Troges zum Tagesende Südosteuropa erreichen soll. Dadurch kann sich
die hochreichende blockierende Antizyklone bei Schottland zumindest nach IFS, in
gewisser Weise auch Nach GFS v.a. in der Westhälfte stärker bemerkbar machen.
Laut ICON hängt das Höhentief retrograd noch nach Westen zurück, wodurch der
Einfluss des Höhentiefs auf jeden Fall in der Osthälfte, teils auch noch Westen
und Südwesten Bestand haben könnte. Das Temperaturniveau steigt vor allem in der
Westhälfte leicht an, auf etwa 6 bis 8 Grad in 850 hPa. Kräftigere Niederschläge
in Form von Schauern und Gewittern werden demnach im Osten und Südosten noch bis
Mittwochabend simuliert.

Am Donnerstag verlagert sich das an den atlantischen Höhenrücken gekoppelte
Höhenhoch etwa knapp nördlich der Britischen Inseln. Gleichzeitig weitet sich
davon ausgehend ein Keil in Richtung Nordwestdeutschland aus (Achse des
Höhenrückens verläuft nun etwa vom südöstlichen Grönland bis nach Westeuropa).
Demgegenüber etabliert sich tiefes Geopotenzial über Nord- und Nordosteuropa. In
diesem breiten Korridor laufen in einer straffen Frontalzone einige Randtröge
über Skandinavien in Richtung östliches Mitteleuropa bis ans Schwarze Meer. Im
Südosten Deutschlands sind anfangs in der Höhe noch leichte Hebungsantriebe
übrig, so dass vereinzelte Schauer möglich sind. Sonst bleibt es wohl meist
trocken. Die 850-hPa Temperatur steigt leicht an, auf 7 bis 9 Grad, lediglich in
den Südwesten sickert vorderseitig eines flachen Troges mit Bodentief über
Frankreich noch etwas wärmere Luft ein (10 bis 12 Grad in 850 hPa), sodass dort
die Tagesmaxima bei entsprechender Einstrahlung auch die 25 Grad erreichen
können.

Am Freitag wird von IFS ein markanter Randtrog simuliert, der vom Nordmeer über
Skandinavien ins Baltikum ziehen soll. Daran gekoppelt ist eine kräftige
Bodentiefentwicklung. Dadurch stellt sich unser atlantischer Rücken mehr
meridional auf, gegenüber tiefem Geopotenzial von Nordskandinavien bis ins
Baltikum. Damit verstärkt sich die nordwestliche Strömung auch über
Mitteleuropa, wenngleich wir eher im Randbereich des Troges liegen sollen. Die
Südwesthälfte bleibt in der Peripherie der Hochdruckzone von den Britischen
Inseln bis nach Westeuropa. In den Norden und Osten (etwa bis zu den zentralen
Mittelgebirgen) fließt kühlere Luft polaren Ursprungs (wenn auch über den
Atlantik und die Nordsee) ein. Die 850-hPa-Temperatur geht in der Nordhälfte auf
3 bis 5, ganz im Nordosten auf um 2 Grad zurück, während letztere nach Süden und
Westen bei 7 bis 10 Grad liegt. Bis auf ein paar Schauer im Norden sowie ganz im
Süden sollte es trocken bleiben. Der Nordwestwind frischt im Norden und
Nordosten frisch bis stark auf mit steifen, exponiert vielleicht auch mal einer
stürmischen Böe.

Am Samstag rückt der Höhenrücken von den Britischen Inseln näher über die
Nordsee heran und der LW-Trog entsprechend weiter nach Nordosteuropa. Am Boden
weitet sich ein Hochkeil bis nach Südskandinavien bzw. Norddeutschland aus.
Damit gelangt bei uns die eingeflossene kühle Meeresluft unter Hochdruckeinfluss
und es sieht nach ruhigem und teils freundlichem Herbstwetter aus. Die
850-hPa-Temperatur liegt in der Nordhälfte bei 3 bis 5 Grad, im Süden und
Südwesten bei 6 bis 9 Grad, die 10 Grad-Isotherme kratzt dabei am Hochrhein. Die
Tagesmaxima liegen dann allgemein bei 16 bis 22 Grad, im Südwesten lokal bis 24
Grad.

Für die erweiterte Mittelfrist sieht es wie bereits am Dienstag (24.08.21)
angedeutet nach zunehmender Unsicherheit aus (mögliche Gründe: indirekter
Einfluss atlantischer tropischer Systeme auf die Frontalzone, bestehende
Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen in Teilen des Atlantiks, damit
insgesamt weiter rege zyklonale Prozesse vor Kanada und Neufundland. Diese
drücken sich auch aus in aktuell verstärkten meridionalen Wärmeflüssen in diesen
Bereichen, die stromab blockierend wirken). Möglich sind sowohl Szenarien für
einen Übergang bzw. Rückschritt in das Regime Europäisches Blocking als auch
Varianten für NAO negativ mit tiefem Geopotenzial über Skandinavien, anfangs
vielleicht noch Atlantischer Rücken, kurzum reden wir weiterhin in der Mehrzahl
über blockierende Wetterlagen.

Die Prognose des NAO-Index etwa nach dem 05.09.21 sieht aber auch einzelne
Member mit positivem Touch, mal schauen. Solche Lösungen finden sich sowohl im
aktuellen Hauptlauf des IFS (zyklonale Lage am Ende mit Trogdurchgang), als auch
in den Clustern und bei der erweiterten Vorhersage des IFS bzgl. der
Wahrscheinlichkeit für bestimmte Großwetterlagen (s.g. Weather Regime Frequency,
vom 26.08.21), allerdings in klarer Minderheit.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der neue IFS-Lauf weist insbesondere ab Donnerstag keine sonderlich gute
Konsistenz gegenüber den Vorläufen mehr auf. Die Umstellung der GWL auf
Atlantischen Rücken wird wahrscheinlicher, mit nordwestlicher Strömung und
Durchzug von Randtrögen über die Nordosthälfte. Einfluss hat diese Umstellung
auf die Temperatur (leichter Rückgang) und den Wind (v.a. Norden/Nordosten).
Bezüglich Niederschlag sieht es zumindest für die Südwesthälfte eher nach
trockenen Verhältnissen aus, wegen der Nähe zur Antizyklone nach Westen. Auch in
der Nordosthälfte ist noch nicht ganz klar, ob Deutschland eher am Rand der
Tröge über Osteuropa liegen wird, da auch der Rücken über dem Ostatlantik
unterschiedlich positioniert wird.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Der weiter oben beschriebene Ablauf wird im Großen und Ganzen von anderen
Globalmodellen wie ICON oder GFS ähnlich gesehen. Im Detail (genauerer
räumlicher und zeitlicher Ablauf) bestehen sicher Unterschiede, die Umstellung
der Großwetterlage (GWL) kommt aber zumindest bei diesen Modellen vor.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Cluster des IFS (t+120 bis t+168h) bestehen beim aktuellen Lauf nur noch aus
zwei gruppierten Clustern, die synoptisch ähnlich sind (Atlantischer Rücken,
Unterschiede bei Ausprägung und Lage von Randtrögen und auch des Höhenrückens).
Mehr zyklonaler Einfluss in Mitteleuropa ist ebenso auf dem Programm (zyklonale
Nordwestströmung) wie ein progressiverer Höhenrücken von den Britischen Inseln
her.

Beim Zeitschritt t+192 bis t+240 h hingegen existieren sechs gruppierte
Clusterlösungen, denen nur gemein ist, dass fast alle Lösungen mehr oder weniger
blockierende Verhältnisse beschreiben. In der deutlichen Minderheit sind
Clusterlösungen mit zyklonaler West- oder Südwestlage.

Die beschriebenen Umstände finden sich auch in den Rauchfahnen ausgewählter
Regionen (gemäß der beschriebenen Unterschiede, s.o.) wieder:

Norddeutschland: Zunächst bleibt die 850-hPa-Temperatur auf dem Niveau 5 bis 6
Grad (bis Mittwoch), danach kurzer Anstieg und ab Freitag gehen der Hauptlauf
und die Mehrzahl der Member auf etwa 2 bis 4 Grad zurück, Kontrolllauf und etwa
ein Viertel der Member steigen allerdings auf 7 bis 9 Grad an. Die
Niederschlagssignale gehen ab Mittwoch fast auch null (einzelne Schauer),
steigen aber am Wochenende wieder an. Das Geopotenzial in 500 hPa steigt ab
Dienstag bis Donnerstag kontinuierlich an, um danach bei der Mehrzahl der Member
(einschl. Haupt- und Kontrolllauf) wieder zu sinken. Allerdings gibt es auch
nicht geringe Anzahl an Membern, die nach dem Wochenende wieder ansteigen
(beschriebenes Europäisches Blocking).

Südwesten: Hier fällt bei Betrachten der 850-hPa-Temperatur ins Auge, dass
letztere eigentlich relativ konstant bei 6 bis 8 Grad liegt (bis
Mittwoch/Donnerstag), dann leicht ansteigt (bis Samstag auf etwa 9 bis 12 Grad,
um dann in der Tendenz leicht zu fallen (Mehrheit der Member sowie Haupt-und
Kontrolllauf). Eine gewisse Memberschar lässt allerdings auch hier die
Temperatur ab Freitag zurückgehen.
Deutliche Niederschlagssignale gibt es noch bis Mittwoch (abnehmende Tendenz),
danach soll es bis Wochenende meist trocken bleiben. Zu Beginn der übernächsten
Woche nehmen die Niederschlagssignale wieder deutlich zu (der Hauptlauf von IFS
lässt atlantischen Trog durchgehen, s.o.).
Bezüglich des Geopotenzials in 500 hPa besteht zunächst ebenso ein Trend zum
Anstieg (bis Freitag, danach soll es allmählich sinken).

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Zunächst ist nach der Probabilistik (Comso-LEPS, IFS-EPS, ICON-EU-EPS) die
Wahrscheinlichkeit von Starkregen/Dauerregen (20 bis 40 l/qm in wenigen Stunden
bzw. auch in 12 oder 24 h bis Mittwoch auch darüber) regional vor allem im Osten
(v.a. Erzgebirge, Harz) und Nordosten (Ostsee, Dienstag) sowie im Südosten
(hpts. Alpen) erhöht. Zudem sind bei kräftigen Schauern/ Gewittern sowohl
Starkregen 15 l/qm in kurzer Zeit als auch stürmische Böen (Bft 8) nicht
ausgeschlossen.

Ab Mittwoch/ Nacht zum Donnerstag schwächen sich die Regenfälle von Westen her
ab, so dass voraussichtlich ab Mittwochabend keine markanten Warnungen mehr
erforderlich sind.

Zum Freitag sind im Küstenumfeld sowie im Nordosten Böen der Stärke 8 nicht
völlig ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON, MOSMIX, GFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz