S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 11.08.2021 um 10.30 UTC

Wechselhaft und allmählich kühler. Alpenrand anfangs lokale Unwettergefahr durch
heftige Gewitter. Küsten und Kammlagen zeitweise böiger bis stürmischer
Westwind.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 18.08.2021

Die Mittelfrist gestaltet sich recht unauffällig, ist jedoch weiterhin mit
größeren Unsicherheiten behaftet.

AO/NAO sind nahe der Nulllinie und bei einer zirkumpolaren Wellenzahl von k=4
ist auch mit keiner substanziellen Verlagerung der Wellen zu rechnen. In der Tat
beeinflusst uns diese Mittelfrist über eine umfangreiche Rossby-Welle über
Skandinavien, die bis nach Mitteleuropa reicht und sich kaum von der Stelle
bewegt. Zum Ende der Mittelfrist (Beginn der kommenden Woche) erwärmt sich der
Trog bzw. füllt sich dieser allmählich auf, sodass mit Amplitudenverlust eine
eher zonal ausgerichtete Höhenströmung über Europa etabliert wird – etwas,
worauf die Mehrzahl der Member trotz anhaltender Bifurkation innerhalb der
NAO-Vorhersage hindeuten.
Da sich der troposphärische Polarwirbel im kanadisch-skandinavischen Sektor
insgesamt etwas abschwächt, nimmt die Tendenz für cut-offs zu – beginnend mit
einem antizyklonal brechenden Trog über dem Nordostatlantik. Diese Vorgänge
sorgen für weiterhin anhaltende und rasch zunehmende Unsicherheiten innerhalb
der Numerik.

Die anfangs über Südwesteuropa liegende kräftige subtropische Hochdruckzelle
wandert die Mittelfrist über in Richtung Atlantik, sodass sich die bis dahin
anhaltende Hitzewelle allmählich abschwächen sollte und mit der momentan
gezeigten Druckkonfiguration wäre gar ein nachhaltiger Abkühlungstrend in Teilen
des zentralen und östlichen Mittelmeers vorstellbar – die wohl erfreulichsten
Aussichten dieser Mittelfrist.

Zum Beginn der Mittelfrist, am Samstag, den 14. August 2021, liegt eine
schleifende Kaltfront des skandinavischen Tiefdruckkomplexes über Süddeutschland

  • grob gesagt zwischen Donau und Alpenrand. In deren Umfeld liegt noch eine
    feucht-labil geschichtete Luftmasse, sodass bei hohem CAPE und guter
    Windscherung organisierte Konvektion bis in den Unwetterbereich durch Hagel und
    Starkregen zu erwarten ist.
    Sonst entwickeln sich tagsüber im Norden nur einzelne Schauer, während es über
    der gesamten Mitte bei viel Sonnenschein trocken bleibt.
    In der Nacht zum Sonntag nähert sich dem Norden eine Welle von England und lässt
    dort die Niederschlagstätigkeit erneut aufleben, während sonst die Gewitter des
    Tages rasch in sich zusammenfallen (oder es bleibt weiterhin trocken) und es
    wird eine ruhige Sommernacht erwartet.

Am Sonntag ändert sich an dieser Wetterdreiteilung wenig, wenngleich es im Zuge
der Wellenpassage im Norden auch für längere Zeit und konvektiv verstärkt regnen
kann. Mit Passage der Welle wird in der Nacht zum Montag eine weitere Kaltfront
über die Mitte in den Süden Deutschlands geführt. Zudem etabliert sich über
England bis nach Dänemark eine markante Trogachse in 500 hPa, die in der Folge
ostwärts vorankommt.

Am Montag wird die energiereichste Luftmasse am Alpenrand südwärts abgedrängt
und nachfolgend erwartet uns mit Passage des Höhentroges ein wechselhafter Tage
mit vielen Schauern und einzelnen markanten Gewitter, wobei besonders bei
Gewitterpassage stürmische Böen oder Sturmböen auftreten können (dank der
kräftigen Höhenströmung).

Am Dienstag und Mittwoch beeinflusst der Höhentrog noch besonders
Norddeutschland, wo wiederholt Fronten mit teils konvektiv verstärkten
Niederschlägen von West nach Ost ziehen. Nach Südwesten zu dominiert hoher
Luftdruck, sodass dort die Niederschlagsneigung gering ausfällt.

Die Höchstwerte gehen von anfangs um 30 Grad im Süden zum Beginn der kommenden
Woche deutschlandweit auf etwas über 20 Grad zurück und der West- bis
Südwestwind frischt besonders im Umfeld der Küsten und auf exponierte Berglagen
stark böig bis stürmisch auf (Bft 7 bis 8).

Man erkennt an der sehr allgemein gehaltenen Beschreibung, dass die Diskrepanzen
innerhalb der Modellwelt (nicht nur bei IFS) noch viel zu groß sind, um genaue
Schwerpunkte zu setzen. Der grobe Ablauf mit der Trogpassage ist zwar bei IFS
unstrittig, variable Geometrie im 500 hPa Geopotenzialfeldes macht jedoch die
Prognosen über mögliche Niederschlagsschwerpunkte wie auch den exakten Ablauf
der Abkühlung noch sehr unsicher.

In der erweiterten Mittelfrist schwächt sich der Langwellentrog über
Skandinavien zwar ab, bleibt jedoch das steuernde Medium. Somit wird es zwar
wieder milder mit sommerlichen Werten um 25 Grad, doch es bleibt auch
wechselhaft – im Norden mehr als im Süden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die gesamte Mittelfrist wird von einem skandinavischen Trog geprägt, dessen Lage
zwar sicher, dessen Geometrie im Geopotenzialfeld jedoch noch sehr unsicher ist.
Entsprechend ergeben sich noch größere Diskrepanzen.

Konstant wird die zögernde Trogpassage des umfangreichen Langwellentroges
gezeigt, die eine wechselhafte und sukzessiv kühlere Mittelfrist zur Folge hat.
Probleme innerhalb der Numerik bereitet der über dem Nordostatlantik abtropfende
Südteil des Troges, der zunächst als cut-off, später als offene Welle mit
nachlassender Amplitude vorhergesagt wird und das mit leicht retrograder
Verlagerung. Alles Zutaten für erhebliche Unsicherheiten innerhalb der Numerik
und somit auch beim IFS.
Daher ergibt sich zum kommenden Wochenbeginn noch ein sehr uneinheitliches Bild
mit erheblichen Phasenverschiebungen der Wellen.

Insgesamt verläuft die Mittelfrist wechselhaft und von Nord nach Süd sukzessive
kühler – besonders in Süddeutschland, wo wir bei heißen 30 Grad starten und zum
Dienstag/Mittwoch auf 22 bis 25 Grad abkühlen. Dieser eher gemächliche
Temperaturrückgang fällt jedoch nicht nur bei anderen Modellen, sondern auch bei
einzelnen IFS-Läufen noch deutlicher aus.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch innerhalb der internationalen Numerik ergeben sich rasch anwachsende
Fehler, die besonders durch den Abtropfprozess westlich von Irland entstehen.
Besonders eindrücklich sieht man diese Unsicherheiten bei der Betrachtung des
850 hPa Temperaturfeldes, wo sich über Deutschland teils Unterschiede von mehr
als 10 Kelvin aufbauen. Je nach Geometrie im Geopotenzialfeld kann sich auch
eine kräftige Gewitterlage etablieren (GFS ab Sonntag). In allen Modellen sind
die Sprünge jedoch noch so groß, dass man keine gesicherte Trendaussage treffen
kann, in welche Richtung es gehen mag.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis zum Ende der Mittelfrist ergeben sich 6 Cluster mit dem klimatologischen
Überhang „Atlantikrücken“. Dabei konzentriere ich mich auf die jeweils am
stärksten besetzten (drei) Cluster. Hier fällt auf, dass die größten
Unsicherheiten in der Geometrie des Troges zu finden sind, wenngleich alle
jedoch ein recht zügiges Durschwenken andeuten. Aus der Warte wäre eine größere
Gewitterlage für weite Bereiche Deutschlands in der Tat eher unwahrscheinlich.
In der Folge (erweiterte Mittelfrist) nehmen die Unsicherheiten mit 4 von 5
recht ähnlich stark besetzten, jedoch mit variablen Wellenmustern behafteten
Clustern weiter zu, weshalb keine zielführende Aussage über die weitere
Entwicklung getroffen werden kann.

Schaut man sich noch zusätzlich das GEFS an, so erkennt man, dass die im det.
Lauf offerierte Gewitterlage Anfang kommender Woche in der Tat stärker gestützt
wird, die Diskrepanzen aber auch hier erheblich sind. Man sollte wohl oder übel
noch einige Läufe abwarten, inwieweit das angenommene antizyklonale
Wellenbrechen umgesetzt wird bzw. mit welcher Intensität der Trog nach Europa
vorankommt.

Die Meteogramme des IFS-EPS zeigen deutschlandweit einen allmählichen
Abkühlungstrend, wenngleich die Memberspreizung weiterhin erheblich ausfällt.
Dennoch sieht ein mäßig-warmes Temperaturniveau recht wahrscheinlich aus. Zudem
treten im Norden durchweg Niederschläge auf, die zeitweise auch kräftig
ausfallen können, während sonst die Ausschläge beim Niederschlag erst ausgangs
des kommenden Wochenendes zunehmen – dann eher auf Basis von Schauern/Gewittern
(geringer Median mit hohen Maxima).
Die Rauchfahnen (850 hPa Temperatur bzw. 500 hPa Geopotenzial) sind zum Beginn
am Samstag noch gebündelt, laufen jedoch in der Folge auseinander, wobei sich
die größten Unsicherheiten im 500 hPa Geopotenzialfeld ergeben.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER (UNWETTER):

Gehen wir nach IFS, dann besteht am Samstag und Sonntag zwischen Donau und
Alpenrand ein erhöhtes Potenzial für kräftige Schauer und Gewitter. Lokale
Unwetter durch Hagel und Starkregen sind dabei wahrscheinlich (MLCAPE bei 1 bis
2 kJ/kg und hochreichende Scherung von rund 15 m/s). Der EFI „CAPE“ ist dabei
stärker als „CAPEshear“ erhöht und deutet auf die ggf. sehr labile Luftmasse
hin.
In der Folge nehmen die Wahrscheinlichkeiten für Unwetter ab, dann können jedoch
deutschlandweit einzelne markante Gewitter mit kräftigen Böen auftreten (Bft 8
bis 9).
Nach GFS/GEFS bestünde zum Wochenbeginn das Potenzial einer überregionalen
Unwetterlage, aber hier gibt es noch erhebliche Unsicherheiten (IFS-EPS etwas
stabiler als GEFS und daher wird letzteres momentan weniger stark gewichtet).

WIND (STURMBÖEN):

Besonders im Küstenumfeld wird vom IFS-EPS wiederholt mit erhöhten
Wahrscheinlichkeiten für stürmische oder Sturmböen hantiert (Bft 8 oder 9) und
auch wenn das der Auflösung wegen momentan nicht explizit gezeigt wird, besteht
dieses Potenzial auch auf exponierten Berglagen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX, GEFS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy