S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.07.2021 um 10.30 UTC

Am Wochenende Trogdurchgang, danach kühlere Westwetterlage.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 03.08.2021

Am Freitag erstreckt sich ein kräftiger Höhenkeil über dem Atlantik bis nach
Grönland. Stromabwärts entwickelt sich ein Trog, dessen Achse von Skandinavien
bis zur Iberischen Halbinsel reicht. Der vergleichsweise schwache Polarfrontjet
verläuft über die nordwesthälfte Deutschlands nordostwärts bis zum Baltikum.
Dabei liegt eine quasistationäre wenig aktive Luftmassengrenze über Deutschland.
Während in den Nordwesten kühle Polarluft mit 850-hPa-Temperaturen um 7 °C
wirksam ist, liegt über dem Südwesten eine feuchte Subtropikluftmass mit
850-hPa-Temperaturen um 15 °C. Der Temperaturgradient ist dabei stark
aufgefächert, sodass sich die genaue Position der Front nicht verorten lässt.
Von Großbritannien kommend schwenkt ein eingelagerter, sich abschwächender
Kurzwellentrog über die Nordsee und erreicht am Abend den Nordwesten
Deutschlands.
Vorderseitig steilt die Strömung etwas auf, sodass die Subtropikluftmasse noch
Norden etwas an Raum gewinnt. Im Tagesverlauf bauen sich in ihre bis zu 1500
J/kg an CAPE auf. Bei erhöhter Scherung können sich im Süden Deutschlands dabei
wieder kräftige Gewitter bilden. Weiter nördlich bleibt die Strömung stabil.
Erst später greifen im Zusammenhang mit dem aufziehenden Trog Schauer und kurze
Gewitter auf den Nordwesten über.
In der Nacht zum Samstag kommt der Trog weiter ostwärts voran, wobei die
Luftmassengrenze wieder etwas nach Süden gedrückt wird.

Am Samstag befindet sich Deutschland im Einflussbereich des Langwellentroges,
von dem ein weiterer Teiltrog über die Britischen Insel südostwärts schwenkt.
Während sich im Norden in der Höhenkaltluft des Troges kräftige Schauer und
Gewitter bilden, sind im Süden noch die Reste der subtropischen Luftmasse
(850-hPa-Temperatur ~ 11 °C) wirksam. Dort können sich bei moderatem CAPE
ebenfalls wieder einige Schauer und Gewitter bilden. Inwieweit diese von einem
nachrückenden Bodenhochkeil unterdrückt werden, ist noch fraglich. In der Mitte
setzt sich voraussichtlich kompensatorisches Absinken durch.

Am Sonntag zieht der angesprochene Teiltrog über Frankreich bis zur Schweiz. Auf
seiner Vorderseite erfassen kräftige konvektiv durchsetzte Niederschläge den
Alpenraum. Von dort aus greifen sie ins Alpenvorland aus. Weiter nördlich
dominiert Schauerwetter im Einflussbereich des Langwellentroges.

Bis zum Montag zieht der Trog ostwärts ab. Anschließend stellt sich eine
Westwetterlage ein, die im Bodendruckfeld überwiegend antizyklonal geprägt ist.
Während sich im äußersten Süden die Reste der Warmluft mit 850-hPa-Temperaturen
um 10 °C halten, ist ansonsten maritime Polarluft wirksam (850-hPa-Temperatur
~7°C).
Zur Mitte der neuen Woche trogt ein neuer Langwellentrog über Westeuropa aus.
Auf seiner Vorderseite gelangt Deutschland in eine südwestliche Strömung wobei
schwülere Luftmassen herangeführt werden. Somit wächst wieder das Potenzial für
schwere Gewitter.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der Läufe ist alles in allem recht gut. Unterschiede beschränken
sich im Wesentlichen auf Phase und Amplitude der kurzen Wellen. Dies betrifft
dann natürlich auch die Entwicklung am Freitag, wo der neue das kleine Sturmtief
aus den Vorläufen nicht berechnet. Die Entwicklung in groben Zügen ist
unstrittig, auch der Umstand, dass die Strömung mittelfristig eher auf westliche
Richtungen dreht

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON und GFS zeigen im Wesentlichen keine großen Unterschiede zum ECMWF. Bei
beiden Modellen fehlt ebenfalls das kleine Sturmtief am Freitag.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die ECMWF-Rauchfahnen sind über dem gesamten Vorhersagezeitrum relativ stark
gebündelt. Einige leichte Phasenverschiebungen gibt es noch beim Trogdurchgang
am Freitag. Auch scheint noch nicht sicher, in wie weit die Warmluft nach Norden
vorankommt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Prognosen in der Mittelfrist bis auf
kleinere Phasenverschiebungen bis Dienstag relativ sicher sind. Von einer
möglichen schweren Gewitterlage am Freitag im Süden herrscht am Wochenende
Trogeinfluss, der den Auftakt zu einer kühleren Witterungsphase gibt. Auch der
Übergang zu einer antizyklonalen Westlage scheint gesichert. Wahrscheinlich
stellt sich dann ab Mitte der Woche wieder eine Trogvorderseite mit Erwärmung
und erhöhtem Gewitterpotenzial ein.
Wirft man in den Clusteranalysen einen Blick in die erweiterte Mittelfrist, so
setzt sich in allen Clustern die negative Geopotenzialanomalie über West- und
Mitteleuropa fort, mit der Tendenz zu West- bzw. Südwestlage. Es bleibt also
voraussichtlich auch weiterhin wechselhaft.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Freitagnachmittag zeigen die Ensemble-Soundings für den Süden 500- 1000 J/kg
CAPE mit ~20 m/s DLS bei überwiegend glatten Hodographen und wenig CIN. Gut
organisierte Gewitter mit größerem Hagel und Orkanböen sind somit
wahrscheinlich.
Auch das kleine Sturmtief ist noch nicht ganz vom Tisch. Die ENS zeigen größere
Unsicherheiten beim Bodendruck im Bereich des Ärmelkanals. Derzeit ist aber nur
an den Küsten bzw. in kräftigeren Schauern im Norden von stürmischen Böen
auszugehen.
Am Wochenende nimmt das Gewitterpotenzial im Süden etwas ab. Die Gewitter im
Norden sollten abgesehen von lokalem Starkregen und Sturmböen wegen geringen
CAPE-Werten größtenteils harmlos sein. Vereinzelte Überentwicklungen auf Grund
hoher Scherung sind nicht ausgeschlossen.

Bezüglich des Dauerregens am Alpenrand am Sonntag bestehen noch größere
Unsicherhieiten. Die Wahrscheinlichkeit für unwetterartige Mengen ist zwar
gering, für markanten Dauerregen liegen die ENS-Wahrscheinlichkeiten bei etwa
30% was bei der langen Vorhersagdauer schon ein deutliches Zeichen ist.

Zum Ende der nächsten Woche nimmt das Unwetterpotenzial durch Gewitter nach
derzeitigem Stand mit erhöhter Wahrscheinlichkeit wieder zu.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ICON, MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold