SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.06.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Freitag vor allem im Südosten nochmals kräftige Gewitter, Unwetter durch
heftigen Starkregen nicht ausgeschlossen. Am Samstag auch dort mit Passage einer
schwachen Kaltfront Luftmassenwechsel und Ende der „Sumpflage“.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines Höhenkeils, der
sich von der Iberischen Halbinsel über Frankreich und die Nordsee bis nach
Südskandinavien erstreckt und einen von den Azoren bis ins Vorhersagegebiet
reichende Hochdruckzone stützt. Der Keil wird zwar unterlaufen von zwei
kleinräumigen Höhentiefs, respektive Kaltlufttropfen (über der Bretagne und vor
der Küste Portugals), diese befinden sich aber so weit westlich, dass sie für
die Wetterentwicklung im Vorhersagegebiet nicht weiter relevant sind.
Flankiert wird der Keil von einem breit angelegten, aber ziemlich verwaschenen
Langwellentrog über Osteuropa. Daraus resultiert über Mitteleuropa eine schwache
nördliche Höhenströmung, innerhalb derer heute Abend und in der kommenden Nacht
erneut ein flacher kurzwellige Troganteil über das Vorhersagegebiet hinweg
südwärts geführt wird, der im Wesentlichen in der Verteilung der isentropen
Vorticity, aber kaum im 500 bzw. 300 hPa-Niveau auszumachen ist.
Aufgrund der geringen Luftdruck- und Potenzialgegensätze über Mitteleuropa
konnte in weiten Teilen des Landes seit mehr als einer Woche kein nennenswerter
Luftmassenwechsel stattfinden. Allerdings hat sich mit Vorstoß des
Bodenhochkeiles neben der Nordosthälfte inzwischen auch im Nordwesten und Westen
sowie in Teilen der Mitte eine etwas trockenere und vor allem stabiler
geschichtete Luftmasse durchgesetzt. Vom zentralen und östlichen
Mittelgebirgsraum an südwärts lagert aber nach wie vor eine recht feuchte und
potenziell instabile Luftmasse, wobei der Gehalt niederschlagsbaren Wassers
durch fortschreitende Entrainmentprozesse inzwischen von teils weit über 30 mm
auf nahe 25 mm zurückgegangen ist.
Somit gab es auch im heutigen Tagesverlauf – ausgehend von den Mittelgebirgen
bzw. lokalen Bodenkonvergenzen, aber vor allem nach Osten zu auch etwas
angefacht durch geringe, PVA-induzierte Hebung vorderseitig des kurzwelligen
Troganteils – in diesen Regionen vielerorts teils kräftige Gewitter mit – wenn
auch gegenüber den Vortagen geringerem – Potenzial für unwetterartigen
Starkregen.
Diese klingen im Laufe der Nacht zwar wieder ab, aber mit dem durchschwenkenden
Troganteil kann es vor allem im Südosten bzw. Süden Bayerns auch in der zweiten
Nachthälfte noch gebietsweise schauerartig regnen. Ansonsten lockern die Wolken
auf und innerhalb der feuchten Luftmasse bildet sich bevorzugt im Süden
gebietsweise Nebel.
Im Norden, Westen und in der Mitte verläuft die Nacht überwiegend gering bewölkt
oder wolkenlos. Dort kann es auf 13 bis 8 Grad abkühlen, im Süden bleibt es mit
16 bis 11 Grad etwas milder.

Freitag … verlagert sich innerhalb der recht weit nördlich, über den mittleren
Nordatlantik bis zur Norwegischen See reichenden Frontalzone ein Höhentrog über
Schottland hinweg bis zum Abend zur Nordsee. Dadurch wird der Höhenkeil unter
Verkürzung der Wellenlänge nach Südosten abgedrängt und greift auf West- bzw.
Norddeutschland über.
Im Bodenfeld wird die nach Deutschland reichende Hochdruckzone durch
trogvorderseitigen Druckfall abgebaut und nach Süden bzw. Südwesten abgedrängt.
Die Kaltfront des mit dem Höhentrog korrespondierenden Bodentiefs knapp östlich
von Island greift im Tagesverlauf von Nordwesten her auf die Nordsee über und
erreicht abends die Deutsche Bucht. Schwache dynamische Hebung im Vorfeld der
Front führt zumindest bis etwa 650 hPa zu einer Labilisierung der Luftmasse über
Norddeutschland und es kann mit etwas Einstrahlung auch ein wenig Cape generiert
werden. Die Grundströmung dreht auf Nordwest und die Luftmasse feuchtet von der
Nordsee her etwas an. Somit driftet allmählich Sc-Bewölkung in die Norddeutsche
Tiefebene, wobei sich mit zunehmender Labilisierung auch einzelne konvektive
Einlagerungen in Form kurzer Schauer entwickeln können. Für Gewitter sollte es
aber kaum reichen.
Weiter südlich wird die feuchte und potenziell instabile Luftmasse mit
Winddrehung auf West bis Nordwest nun doch mehr und mehr südostwärts abgedrängt,
zudem trocknet sie durch Entrainment weiter ab. Ausgehend von den Mittelgebirgen
reicht es dennoch nochmals für Schauer und Gewitter. Im Osten und Süden Bayerns
werden nochmals PPW-Werte von mehr als 25 mm simuliert, zudem werden mehr als
500 J/kg ML-Cape generiert. Bevorzugt an den Mittelgebirgen und in Alpennähe,
mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit auch im Schwarzwald und entlang der Alb
kann es – nicht zuletzt auch wegen der geringen Zuggeschwindigkeit – nochmals
für kräftige Gewitter und lokale Unwetter durch Starkregen bzw. größere
Hagelansammlungen reichen.
Zwischen der feuchtwarmen Luft im Südosten und der feuchteren Nordseeluft im
Norden dominiert im Bereich des Höhenkeiles Absinken und neben lockeren flachen
Quellwolken scheint vielerorts die Sonne. Schauer dürften sich in den Regionen
kaum mehr entwickeln. Im Vorfeld der Kaltfront liegen die 850 hPa-Temperaturen
nochmals zwischen 10 Grad im Norden und 14 Grad im äußersten Südwesten. Somit
dürften Höchstwerte zwischen 23 und 29 Grad erreicht werden, bei etwas
auffrischendem auflandigem Westwind bleibt es vor allem im Nordseeumfelde etwas
kühler.

In der Nacht zum Samstag greift der Höhentrog auf Südskandinavien und den Norden
Deutschlands über und weitet sich dabei nach Südosten aus. Der vorgelagerte
Höhenkeil wird Richtung Alpen abgedrängt, die Höhenströmung dreht damit über
weiten Teilen des Vorhersagegebietes auf Nordwest.
Im Bodenfeld bildet sich im Lee des Norwegischen Küstengebirges entlang des
Frontenzuges ein Randtief und zieht bis Samstagfrüh nach Nordschweden. Die
Kaltfront über der Nordsee kommt dank frontsenkrechter Komponente rasch nach
Südosten voran und greift auf Norddeutschland über. Die Schichtung im
Frontbereich bleibt stabil, so dass nicht mit konvektiven Umlagerungen zu
rechnen ist. Die frontale Hebung wird durch KLA teilkompensiert, zudem findet
die Frontpassage vor allem nach Westen zu in einem überwiegend antizyklonal
geprägten Umfeld statt, somit halten sich die frontalen Niederschläge in der
Norddeutschen Tiefebene in Grenzen, maximal fallen 1 bis 3 mm in 12 Stunden, am
ehesten noch im Nordosten. Im Vorfeld der Front weiten sich dichte Wolkenfelder
bis etwa zum Nordrand der Mittelgebirge aus, postfrontal lockern die Wolken im
Nordseeumfeld später wieder auf.
Der der Front folgende Bodentrog greift morgens auf die westliche Ostsee über,
wodurch es vor allem im Nordosten zu einer Gradientverschärfung kommt und der
Wind postfrontal mit Winddrehung auf Nordwest auffrischt. Für warnrelevante Böen
reicht es aber wohl (noch) nicht, lediglich auf dem Brücken kann es schon
präfrontal einzelne stürmische Böen (Bft 8) aus West bis Südwest geben.
In der Mitte und im Süden verläuft die Nacht dagegen wetter- und warntechnisch
ruhig, die letzten Schauer und Gewitter im Südosten lösen sich in der ersten
Nachthälfte rasch auf. Insgesamt setzen sich auch dort etwas trockenere
Luftmassen durch, so dass die Nebelwahrscheinlichkeit etwas geringer ausfallen
dürfte. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 und 11 Grad.

Samstag … kommt der Höhentrog nur noch langsam ostwärts, zur mittleren und
südöstlichen Nordsee, voran und weitet sich über Polen allmählich nach Süden
aus. Gleichzeitig greift vom nahen Ostatlantik her ein breit angelegter
Höhenrücken auf die Britischen Inseln über und wölbt sich – gestützt durch
kräftige WLA vorderseitig eines Höhentroges mit Drehzentrum über der Irmingersee

  • nordwärts bis nach Island auf. Dadurch steilt die nordwestliche Höhenströmung
    über dem Vorhersagegebiet auf.
    Die Kaltfront kommt rasch nach Süden voran und erreicht am Abend bereits
    Süddeutschland. Sie erweist sich nach Westen zu im Einflussbereich des dorthin
    vorstoßenden Azorenhochkeiles nur als wenig wetterwirksam. Dort macht sie sich
    wohl lediglich anhand durchziehender dichterer Wolkenfelder bemerkbar, aus denen
    es aber höchstens nur gebietsweise ein wenig regnet. Nach Osten zu, aber auch im
    Stau der zentralen Mittelgebirge können dagegen 1 bis 5 mm fallen.
    Mit Passage und postfrontal frischt der Wind aus Nordwest auf, in freien Lagen
    Nord- und Ostdeutschlands kann es steife Böen (Bft 7) geben, in den Kamm- und
    Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge stürmische Böen (Bft 8),
    auf dem Brocken und Fichtelberg eventuell Sturmböen (Bft 9) geben. Auch entlang
    der vorpommerschen Ostseeküste sind mit Durchschwenken eines Bodentroges
    vorübergehend stürmische Böen möglich.
    Im präfrontalen Bereich halten sich vor allem im Südosten Bayerns noch Reste der
    labilen Luftmasse mit PPW-Werten knapp über 25 mm, wobei mit etwas Einstrahlung
    gebietsweise um 500 J/kg ML-Cape generiert werden können.
    Bevorzugt in den ostbayerischen Mittelgebirgen und am östlichen Alpenrand
    entwickeln sich somit erneut zumindest vereinzelte, teils kräftige Gewitter.
    Gegenüber den Vortagen dürfte das Potenzial für unwetterartigen Starkregen bei
    allgemein wohl etwas höherer Zuggeschwindigkeit (immerhin um 25 kn in 850 hPa)
    aber nur gering ausfallen, bei mäßiger hochreichender Scherung (um oder knapp
    über 20 m/s in 0 bis 6 km) sind dagegen organisierte Strukturen mit
    kleinkörnigem Hagel und markanten Böen nicht ausgeschlossen.
    Vor allem im Südwesten scheint dagegen häufig die Sonne und auch an den Küsten
    bzw. im angrenzenden Binnenland setzt sich postfrontal wieder zeitweise die
    Sonne durch, während sich in der Norddeutschen Tiefebene unterhalb einer
    Absinkinversion in etwa 900 hPa gebietsweise dichtere Sc-Bewölkung halten kann.
    Der Kaltfront folgt ein Schwall maritimer Polarluft, in 850 hPa sinkt die
    Temperatur auf 3 Grad im Nordosten und 7 Grad im zentralen Mittelgebirgsraum,
    während im Süden und Südwesten präfrontal nochmals 11 bis 14 Grad erreicht
    werden. Dort liegen die Höchstwerte zwischen 23 und 29 Grad, sonst zwischen 20
    und 24 Grad, an den Küsten und in der Norddeutschen Tiefebene dagegen oft nur
    zwischen 17 und 20 Grad.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Höhentrog Richtung Baltikum und Weißrussland
voran. Der Höhenrücken überquert die Britischen Inseln und erreicht morgens die
Nordsee, er wird zunehmend von WLA überlaufen, die sich dann auch in
Norddeutschland bemerkbar macht. Die Höhenströmung über Deutschland steilt
weiter auf und dreht auf Nord bis Nordwest.
Im Bodenfeld weitet sich der Azorenhochkeil über die Mitte und den Süden
Deutschlands weiter nach Osten aus und verstärkt sich. Die Kaltfront überquert
die Alpen, löst sich aber nach Westen zu unter Hochdruckeinfluss auf. Vor allem
im Stau der Alpen kann etwas Regen fallen, nach Osten zu eventuell auch bis an
die 10 mm (IFS von 00 UTC, ICON-EU von 12 UTC dagegen fast komplett trocken).
Postfrontal bleibt es meist trocken, wobei sich nördlich der Divergenzachse des
Hochkeils unterhalb der Absinkinversion über weiten Teilen Nord- und
Ostdeutschlands mehr oder weniger dichte Bewölkung ausbreitet, die nur
gebietsweise stärker auflockert. Der Gradient fächert von Südwesten nur zögernd,
in Vorpommern so gut wie gar nicht auf, dennoch flaut der Wind tagesgangbedingt
ab. Somit gibt es entlang der vorpommerschen Küste weiterhin steife, exponiert
auch stürmische Böen aus Nordwest, auf dem Brocken und dem Fichtelberg kann es
noch stürmische Böen, eventuell auch Sturmböen geben.
Die Temperatur in 850 hPa sinkt postfrontal auf 1 Grad im Nordosten und 10 Grad
am Hochrhein. Somit steht allgemein eine recht frische Nacht ins Haus, vor allem
aber dort, wo es längere Zeit gering bewölkt ist, am ehesten im Westen. Die
Tiefstwerte liegen somit meist zwischen 13 und 8 Grad, in den westlichen
Mittelgebirgen kann es auf nahe 5 Grad abkühlen.

Sonntag … kommt der Höhenrücken nur noch zögernd nach Osten voran und
erstreckt sich am Abend von Frankreich über die Nordsee bzw. Nordwestdeutschland
bis nach Mittelskandinavien.
Er stützt den nach Mitteleuropa gerichteten Azorenhochkeil, wobei sich eine
eigenständige Hochdruckparzelle über Nordwestdeutschland etablieren kann. An
deren Nordostflanke gelangt bodennah noch relativ feuchte Nordseeluft in die
Norddeutsche Tiefebene bzw. in die Osthälfte, so dass sich unterhalb einer
Absinkinversion in etwa 900 bis 850 hPa noch gebietsweise dichtere SC-Bewölkung
halten kann. Insgesamt sollte diese im Tagesverlauf aber von Westen her
zunehmend größere Lücken bekommen.
Auch im Südosten ist es noch teils bewölkt, an den Alpen fallen morgens
eventuell letzte Regentropfen. Im Tagesverlauf setzt sich aber auch dort die
Sonne durch, wobei sich dann Quellwolken bilden, es sollte aber weitgehend
trocken bleiben.
Ansonsten scheint bei nur wenigen flachen Quellwolken vielerorts die Sonne, vor
allem im Südwesten.
Im Nordosten weht noch spürbarer Nordwestwind mit einzelnen steifen Böen an der
vorpommerschen Ostseeküste sowie auf dem Erzgebirgskamm, dieser flaut aber am
Nachmittag und Abend weiter ab.
Innerhalb der eingeflossenen kühleren Meeresluft (in 850 hPa zwischen 2 Grad im
Nordosten und 11 Grad im Südwesten) werden im Norden und Osten Höchstwerte
zwischen 18 und 23 Grad erreicht, im Süden und Westen dagegen 22 bis 27 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Die Gewitter-„Sumpflage“ neigt sich nun endgültig ihrem Ende entgegen. Morgen
besteht noch ein geringes Potenzial für Unwetter-Starkregen in den süddeutschen
Mittelgebirgen und an den Alpen, was von allen hochauflösenden Modellen ähnlich
angedeutet wird. Eine Vorabinformation drängt sich dafür aber nicht mehr auf.
Sowohl IFS (von 00 UTC) als auch der aktuelle GFS-Lauf simulieren mit der
Kaltfrontpassage in der Nacht zum Sonntag am Alpenrand etwas höhere
Niederschlagsmengen als ICON-EU.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff