SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.04.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Mittwoch in der Mitte und im Süden einzelne Gewitter mit Starkregen. Danach
mit „antizyklonaler“ Kaltfrontpassage Polarluftvorstoß mit zunehmender
Nachtfrostgefahr. An See zeitweise stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … kommt Bewegung in die Großwetterlage. Die Umstellung von einer
„High-over-Low“-Blockade über Kontinentaleuropa zu einer Nordatlantikblockade
ist bereits in vollem Gange.
Maßgeblich verantwortlich ist ein sich verstärkender Höhenrücken über dem nahen
Nordostatlantik, der sich zu einem kräftigen Höhenhoch mit Schwerpunkt
westnordwestlich von Irland etabliert. Stromab kommt es zu einem Kaltluftvorstoß
über dem Nordmeer. Der resultierende, sich amplifizierende Höhentrog schwenkt
bis Mittwochfrüh nach Südwestnorwegen. Dem Höhentrog vorgelagert ist ein Rücken,
der unter starkem Konturverlust südostwärts geführt wird und mit seiner Achse
Mittwochmorgen über die Mitte Deutschlands nach Südostschweden reicht.
Im Bodenfeld bildet sich im Lee des Skandinavischen Gebirges ein Tief aus,
dessen Kaltfront morgens die Deutsche Bucht erreicht. Im Vorfeld bleibt die
Druckverteilung schwachgradientig, erst über der Nordsee verschärft sich der
Gradient, so dass dort der Wind aus Nordwest auffrischt, allerdings ohne
Warnrelevanz. Während im Norden trockene und mit Winddrehung auf Nordwest
bereits präfrontal etwas kühlere Luft herangeführt wird (T850 auf 0 bis -1 Grad
sinkend), bleibt ansonsten feuchtere und recht milde Luft wetterbestimmend (T850
zwischen 1 und 4 Grad).
In der feuchten und zudem leicht instabilen Luftmasse kam tagsüber insbesondere
in einem Streifen vom zentralen Mittelgebirgsraum nach Südosten sowie in Teilen
Sachsens und Brandenburgs Konvektion in Form von Schauern und einzelnen
Gewittern in Gang. Da sie dynamisch aber völlig „unmotiviert“, also rein
tagesgangbedingt sind, fallen die Schauer und Gewitter im Laufe des späten
Abends rasch in sich zusammen. Zwar klart es hier und da auf, gebietsweise hält
sich aber SC-Bewölkung, teils bildet sich Nebel und Hochnebel. Entsprechend
moderat fällt die Abkühlung aus, sodass sich Frost wohl auf höheren
Mittelgebirgslagen und den Alpenrand beschränkt.
In der trockenen Luft im Norden geht es nach sonnigem Tag in eine zunächst klare
Nacht, in der es deutlich stärker auskühlen kann. In dafür prädestinierten Lagen
der Norddeutschen Tiefebene (z. B. rund um die Lüneburger Heide) besteht somit
erhöhte Frostgefahr, am Boden könnte es sogar knapp in den mäßigen Frostbereich
gehen. Erst ausgangs der Nacht verdichtet sich die Bewölkung von der Nordsee her
mit Annäherung der Kaltfront.

Mittwoch … tropft der Höhentrog nach Südschweden ab, der Resttrog schwenkt
ostwärts ins Nordmeer. Das Höhenhoch nordwestlich von Irland kann sich weiter
verstärken, so dass die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet auf Nordwest
dreht und am Rande des designierten Cut-Offs einen zyklonalen Touch bekommt.
Das mit dem Höhentrog korrespondierende Tief kann sich noch etwas verstärken,
gelangt aber über Südschweden allmählich unter das Pendant in der oberen
Troposphäre. Die Kaltfront des Tiefs überquert bis zum Abend
die Norddeutsche Tiefebene, gefolgt von maritimer Polarluft
arktischen Ursprungs (-1 bis -5 Grad in 850 hPa). Zudem kann sich, bedingt durch
kräftige Kaltluftadvektion und Luftdruckanstieg, postfrontal ein Keil des mit
dem Höhenhoch in Verbindung stehenden Bodenhochs knapp nördlich von Schottland
über die Nordsee nach Nordwestdeutschland ausweiten.
Da frontale Prozesse und die positive Vorticityadvektion auf der Trogvorderseite
durch Kaltluftadvektion weitgehend kompensiert werden, macht sich die Kaltfront
nur durch ein Wolkenband bemerkbar, aus dem ein paar Spritzer Regen fallen.
Mittags und nachmittags setzt sich postfrontal wieder zeitweise die Sonne durch.
Zwischen dem vordringenden Hochkeil und dem Tief verschärft sich der Gradient
über dem Norden deutlich und der Wind frischt besonders an der Nordsee und der
westlichen Ostsee sowie im angrenzenden Binnenland aus West bis Nordwest auf.
Dabei gibt es steife, zum Abend hin an der nordfriesischen Küste stürmische Böen
(Bft 7 bis 8).
Auf eine andere Art und Weise lebhaft gestaltet sich das Wetter präfrontal in
der Mitte und im Süden. Dort labilisiert die Luftmasse durch schwache Hebung
sowie leichte Feuchteanreicherung in der Grenzschicht. Mit Einstrahlung wird
wieder etwas ML-CAPE (100-300 J/kg) erzeugt, auch die Auslösetemperatur (meist
12 bis 15 Grad) sollte wieder erreicht werden. Die Folge sind Schauer und
einzelne Gewitter. Bei PPW’s um 15 mm und ohne nennenswerte Scherung kann
kleinräumig Starkregen oder kleinkörniger Hagel auftreten. Am Alpenrand fällt
die Schauertätigkeit mangels Grenzschichtfeuchte zunächst noch geringer aus.
Erst zum Abend wird es feuchter, zudem macht sich ein weiteres kleines, von
Frankreich in den Alpenraum ziehendes Höhentief bemerkbar, sodass aus den Alpen
heraus Gewitter bis in das Alpenvorland ausgreifen könnten. Diese Entwicklung
ist aber unsicher und wird zurzeit nur von den deutschen Modellen favorisiert.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Cut-Off-Tief mitsamt des fast senkrecht
darunter liegenden Bodentiefs zur südlichen Ostsee nahe Gotland. Der vom
Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln zur Mitte Deutschlands reichende Keil
verstärkt sich noch etwas, was zu einer weiteren Gradientverschärfung über
Norddeutschland führt. Während sich das im Binnenland nur küstennah (mit
weiteren Böen Bft 7 aus West bis Nordwest) bemerkbar macht, gibt es an den
Küsten von Nord- und Ostsee nun häufiger stürmische Böen (Bft 8) aus West bis
Nordwest, auf dem Brocken kann es Sturmböen (Bft 9) geben.
Die Kaltfront kommt nach Süden voran und erreicht morgens etwa die Donau,
erweist sich aufgrund mangelnder dynamischer Unterstützung aber weiterhin als
wenig wetterwirksam. Bevorzugt im Osten bringt sie geringfügigen Regen, in
Kammlagen der Mittelgebirge vielleicht auch die ein oder andere nasse Flocke.
Präfrontal fällt dagegen teils schauerartiger Regen, insbesondere im
Alpenvorland sind über die Nacht hinweg noch einzelne, eingelagerte Gewitter mit
dem ein oder anderen lokalen Starkregenereignis möglich.
Postfrontal sinkt die 850 hPa-Temperatur auf -2 bis -7 Grad und die Wolken
lockern stärker auf, bevor mit Übergreifen des von dem Cut-Off ausgehenden,
südwärts gerichteten Höhentroges die Bewölkung wieder zunimmt. Vor allem an den
Küsten sowie im Bereich der höhenkältesten Luftmasse im Nordosten (-32 bis -36
Grad in 500 hPa) sind einige Schneeregen- und Graupelschauer zu erwarten,
ansonsten bleibt es meist trocken.
Frost tritt bevorzugt in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen
stellenweise auf, im Süden verhindert die Bewölkung, im Norden der Wind eine
stärkere Abkühlung.

Donnerstag … verlagert sich das Cut-Off Tief zum Baltikum. Das Höhenhoch
kräftigt sich noch etwas, der Schwerpunkt liegt über der Irischen See. Hinter
dem nach Polen und Tschechien abziehenden Trog stellt sich über uns eine recht
glatte nordnordwestliche Höhenströmung ein.
Zwischen dem mit dem Cut-Off korrespondierenden Tief über der Ostsee und dem vom
Hoch über den Britischen Inseln ausgehenden, nach Süddeutschland schwenkenden
Keil bleibt im Bodenniveau eine lebhafte nordwestliche Strömung erhalten.
Der Gradient über der Nordosthälfte fächert etwas auf, was aber im Hinblick auf
die Böigkeit des Windes durch die turbulente Durchmischung überkompensiert wird.
Somit sind dort steife, in freien Lagen, bei Schauern und an der See stürmische
Böen (Bft 7-8) zu erwarten, auf dem Brocken einzelne Sturmböen (Bft 9).
Ansonsten bleibt der Wind mäßig bis schwach.
Die Kaltfront zieht rasch über die Alpen ab, allerdings regnet es an den Alpen
staubedingt zeitweise, anfangs auch noch schauerartig verstärkt. Mehr als 10
mm/12 h kommen aber kaum zusammen. Die Schneefallgrenze sinkt zum
Abend auf rund 1200 m ab.
Im Osten und Nordosten kommt am Rande der ostwärts abziehenden höhenkältesten
Luft nochmal Konvektion in Gang, die aber nicht mehr sonderlich hochreichend
ist. Es bleibt bei wenigen Regen- und Graupelschauern. Für Gewitter dürfte es
eher nicht reichen.
Ansonsten setzt von Westen rasch deutlichere Stabilisierung ein, sodass es
zwischen dem frontalen Geschehen an den Alpen und dem Schauerwetter im Nordosten
und Osten überwiegend trocken bleibt. Während es nördlich der Mittelgebirge bei
breitlaufenden Quellwolken oft wolkig bleibt, kann sich vor allem zwischen Main
und Donau durch stärkeres Absinken unter dem Hochkeil die Sonne längere Zeit
zeigen.

In der Nacht zum Freitag ändert sich an der großräumigen Geopotenzial- und
Luftdruckverteilung wenig. Deutschland bleibt unter einer nordnordwestlichen,
nach Nordosten und Osten zu durch einen südwärts schwenkenden, kurzwelligen
Troganteil leicht zyklonal konturierten Höhenströmung.
Im Bodenfeld verstärkt sich der diagonal vom Westen in den Südosten verlaufende
Hochkeil noch etwas, was den Gradienten im Norden und Osten aufrecht hält.
Tagesgang bedingt beschränken sich die warnwürdigen Böen (Bft 7, exponiert 8)
aber auf die unmittelbaren Küstenregionen.
Während es im Süden und Westen sowie ganz im Norden teils aufklart, hält sich
dazwischen gebietsweise tiefe Sc-Bewölkung, aus der aber kaum Niederschlag
fällt. Allenfalls im leicht zyklonalen Umfeld im Osten und Nordosten werden
einzelne Regen- und Schneeregenschauer generiert.
Vor allem unter dem Keil in der Südwesthälfte kann es bei windschwachen und
klaren Verhältnissen gebietsweise leichten Frost geben, leichter bis mäßiger
Bodenfrost tritt dort flächendecken auf. Ansonsten sorgen Wind und/oder
Bewölkung zumindest in 2-m-Höhe für zarte Plusgrade.

Freitag … verlagert sich das Cut-Off nach Südfinnland, das Höhenhoch nach
Südengland. Zwischen dem Höhenhoch und dem vom Cut-Off nach Rumänien gerichteten
Höhentrog fächert die nordnordwestliche Höhenströmung über Deutschland etwas
auf. Kurzwellige Troganteile sorgen im Nordosten und Osten für ein gewisse
zyklonale Färbung.
Im Bodenniveau bleibt Deutschland unter dem Keil des Hochs mit Schwerpunkt über
der nordwestlichen Nordsee. Die Achse schiebt sich langsam nach Nordosten,
wodurch der Gradient im Norden und Osten allmählich auffächert. Der Nordwestwind
frischt mit dem Tagesgang aber nochmal gebietsweise stark böig auf (Bft 7),
womit auch der Zustrom maritimer Polarluft noch nicht abreißt (T850 zwischen -2
und-7 Grad). Im Süden und Westen herrscht überwiegend schwacher Wind aus
nördlichen bis östlichen Richtungen. Dort erwärmt sich die Luft bedingt durch
das Absinken etwas (T850 zwischen -1 und +3 Grad).
Das stärkere Absinken sorgt im Süden und Südwesten zudem für freundliches, teils
sonniges Wetter, auch an der See zeigt sich längere Zeit die Sonne. Ansonsten
geht die dichte Sc-Bewölkung in starke Quellbewölkung über, die erst im
Nachmittagsverlauf vermehrt auflockert. Eine geringe Schauerneigung besteht im
Osten, sonst bleibt es trocken.
Die Erwärmung schlägt im Südwesten auch in den Höchsttemperaturen zu Buche (15
bis 18 Grad), ansonsten bleibt’s mit 9 bis 14 Grad ziemlich frisch für die
Jahreszeit.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle zeigen sehr ähnliche Ergebnisse. Es sind keine
prognoserelevanten Unterschiede auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser