SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST ausgegeben am Montag, den 19.04.2021 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 19.04.2021 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Mit Ausnahme des Nordens Dienstag/Mittwoch gebietsweise Schauer und einzelne
Gewitter mit lokalem Starkregen und kleinem Hagel. Mittwoch/Donnerstag
Kaltfrontpassage, dabei vor allem an der See stürmische Böen.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
Aktuell … weist die großräumige Potenzialverteilung über weiten Teilen Europas
ein verhältnismäßig schwachgradientiges „High-over-Low“-Muster auf. Das
blockierende Höhenhoch verschiebt seinen Schwerpunkt zwar von Karelien ostwärts
nach Nordwestrussland, allerdings reicht ein Rücken über Finnland und die
Baltische See bis nach Südskandinavien. Dort mündet er in ein weiteres,
kleineres Höhenhoch über Südschweden. Bedrängt durch einen sich
amplifizierenden, von Island zum Nordmeer schwenkenden Höhentrog, sieht sich das
Hoch gezwungen, seinen Schwerpunk südwärts nach Dänemark zu verlagern. Zwischen
diesem Höhenhoch und einem umfangreichen Höhentiefdipol mit Kernen über dem
Balkan und Weißrussland herrscht über Deutschland eine sehr schwache, in der
mittleren und oberen Troposphäre antizyklonal konturierte nordöstliche
Höhenströmung vor. Auch im Bodenfeld bleibt die Druckverteilung an der Südflanke
einer umfangreichen Hochdruckzone, die ausgehend von einem kräftigen Hoch über
Nordwestrussland in Form eines Keils bis nach Südskandinavien und zur Nordsee
reicht, sehr flach. Mit schwacher östlicher bis nordöstlicher Strömung konnte
sich nun aber auch in der Mitte und im Süden wieder mildere Luft durchsetzen
(T850 zwischen 3 und 0 Grad).
Während der Norden in den „Genuss“ recht trockener Kontinentalluft kommt
(spezifische Grenzschichtfeuchte meist unter 5 g/kg) und nach einem sonnigen Tag
auch die Nacht klar und trocken verläuft, bleibt sonst feuchtere und zudem
leicht instabile Luft wetterbestimmend (spezifische Grenzschichtfeuchte 5-7
g/kg). In dieser konnten sich tagsüber gebietsweise Schauer und einzelne kurze
Gewitter entwickeln, die aufgrund fehlender dynamischer „Antriebe“ heute Abend
meist in sich zusammenfallen. Eine Ausnahme stellt der Osten da, wo mit
Übergreifen eines in der unteren Troposphäre (850 hPa) ausgeprägten Troges
schwache Hebungsantriebe generiert werden. Die dadurch von Polen her aufkommende
Schauertätigkeit erweist sich somit als „hartnäckiger“ und beschäftig uns
teilweise bis weit in die Nacht hinein. Auch einzelne Gewitter sind nicht
auszuschließen, die bei PPW’s von gut 15 mm und nicht allzu rascher Verlagerung
örtlich Starkregen bringen können. Auch in Südostbayern machen sich die
Hebungsanstriebe bemerkbar, die leichten Regenfälle bleiben dort aber ziemlich
sicher ungewittrig.
Der klare Norden kühlt in der Nacht natürlich am stärksten aus. Da man aber von
verhältnismäßig hohem Niveau „startet“, bleibt Frost eher die Ausnahme. Im
wolkigen Rest des Landes fällt die Abkühlung moderat aus, sodass sich leichter
Frost auf höheren Mulden der Mittelgebirge und den Alpenrand beschränkt. Wenn es
mal stärker auflockert, bildet sich zum Teil dichter Nebel.
Dienstag … kommt der o. e. Nordmeertrog Richtung Norwegische See und nördliche
Nordsee voran, wodurch das Höhenhoch über Dänemark abgebaut und als Höhenrücken
weiter nach Südosten abgedrängt wird. Abends reicht er über Norddeutschland und
Südschweden bis zur mittleren Ostsee. Derweil beginnt sich der südliche Kern des
Höhentiefdipols über dem Balkan aufzufüllen, während der nördliche Part über
Weißrussland ein wenig nordwärts zieht. Da sich gleichzeitig ein vom Ostatlantik
nordnordwestwärts nach Südgrönland
gerichteter Höhenrücken verstärkt, wird allmählich eine Umstellung der
Wetterlage zur einer Nordatlantikblockade eingeleitet.
Im Bodenfeld ändert sich an der schwachgradientigen Druckverteilung bei leichtem
Druckfall nur wenig. Insgesamt dreht die Strömung in der Grundschicht mehr auf
nördliche Richtungen. Dadurch kommt die trockene Luft im Norden noch etwas
südwärts voran. Auch im Süden und Südwesten trocknet die Luftmasse, bedingt
durch das stärkere Absinken, etwas ab. Über bleibt ein Korridor zwischen
Niederrhein, Ostbayern, Sachsen und Brandenburg, wo die weiterhin instabile
Luftmasse ausreichend Grenzschichtfeuchte aufweist, sodass im Tagesverlauf je
nach Einstrahlung 50 bis 200 J/kg ML-CAPE aufgebaut werden kann. ICON-D2
simuliert an der Oder sogar bis zu 500 J/kg, scheint die Grenzschichtfeuchte
aber zu überschätzen. Mit Erreichen der Auslösetemperatur von 12-15 Grad muss in
diesen Bereich ab dem Mittag mit erhöhter Schauertätgikeit gerechnet werden. Die
Prognosesoundings lassen durchaus auch hochreichende Konvektion vermuten, die
für das ein oder andere Gewitter gut sein dürfte. Bei PPW’s von gut 15 mm und
schwacher Scherung dürfte der lokale Starkregen im Fokus stehen, kleinen Hagel
sollte man bei der noch verhältnismäßig niedrigen Nullgradgrenze aber immer ins
Kalkül ziehen. Im Süden und Südwesten bedarf es orographischer Hilfe, sodass die
Konvektion vornehmlich über den Mittelgebirgen stattfinden dürfte. Im Norden
bleibt es trocken und vor allem Richtung Küste auch sehr sonnig.
An den thermischen Eigenschaften der Luftmasse ändert sich ansonsten nur wenig
(T850 hPa meist zwischen 0 und +3 Grad), insgesamt kann sich die Sonne im
Vergleich zum Vortag in der Mitte und im Süden aber häufiger zwischen den
Quellwolken durchsetzen, so dass es mit Höchstwerten zwischen 12 Grad am
Alpenrand und 18 Grad am Mittellandkanal insgesamt ein wenig milder wird.
In der Nacht zum Mittwoch dringt der Höhentrog von der Norwegischen See rasch
Richtung Südwestnorwegen vor und beginnt, wahrscheinlich forciert durch Um- und
Überströmungseffekte des Skandinavischen Gebirges, an der Südspitze Norwegens
abzutropfen. Der vorgelagerte Höhenrücken wird weiter abgebaut und südostwärts
abgedrängt, verläuft morgens mit seiner Achse über die Mitte Deutschlands nach
Südostschweden, während sich der umfangreiche Höhenrücken westnordwestlich der
Britischen Inseln weiter verstärkt und sich zu einem Höhenhoch etablieren kann.
Im Bodenfeld bildet sich im Lee des Skandinavischen Gebirges eine Tiefdruckzone
mit wahrscheinlich zwei Kernen über Mittelschweden und dem nördlichen Skagerrak
aus. Die Kaltfront des Tiefs erreicht morgens bereits
den Nordteil der Deutschen Bucht. Im Vorfeld bleibt die Druckverteilung über dem
Vorhersagegebiet weiterhin schwachgradientig, erst über der Nordsee verschärft
sich der Gradient, so dass dort der Wind aus Nordwest etwas auffrischt,
allerdings ohne Warnrelevanz.
Die Schauer und Gewitter vom Tage fallen ab dem Abend zunächst rasch in sich
zusammen, teils klart es auf, teils wandelt sich die Quellbewölkung in
Stratocumulus um. Gebietsweise bildet sich Nebel. Im Norden verläuft die Nacht
zunächst meist klar, bevor sich die Bewölkung mit Annäherung der Kaltfront von
der Nordsee her wieder verdichtet.
Ob die Schauertätigkeit schon Mittwochfrüh im Westen wieder auflebt und sogar
erste Gewitter auftreten, wie das ICON6 simuliert, ist noch fraglich.
Ähnlich wie in den Vornächten gibt es am ehesten in den Tälern der west- und
südwestdeutschen Mittelgebirge, aber auch in der Norddeutschen Tiefebene
gebietsweise leichten Frost, vielerorts aber Bodenfrost.
Da frontale Prozesse und PVA auf der diffluenten Trogvorderseite durch KLA
teilkompensiert wird, sodass sich die Bewölkung im Nordwesten gegen Morgen zwar
verdichtet, aber allenfalls ein paar Spritzer Regen zu erwarten sind.
Mittwoch … tropft der Höhentrog endgültig nach Jütland (ICON) bzw.
Südwestschweden (IFS, GFS) ab, das Trogresiduum schwenkt nach Südnordwegen. Das
Höhenhoch westnordwestlich von Irland kann sich weiter verstärken, so dass die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet nun endgültig auf Nordwest dreht. Sie
bekommt dabei vorübergehend auch einen zyklonalen „Touch“.
Das an das Höhenhoch gekoppelte Pendant im Bodenfeld mit Schwerpunkt knapp
nördlich von Schottland (1025 hPa-Isobare) weitet sich in Form eines Keiles über
Schottland, England und die westliche Nordsee Richtung Benelux und zum Abend hin
auch nach Westdeutschland aus. Der südliche Kern der mit dem Höhentrog
korrespondierenden Tiefdruckzone zieht vom Skagerrak nach Südschweden und liegt
nunmehr fast senkrecht unter dem Cut-Off. Die Kaltfront des Tiefs überquert bis
zum Abend die Norddeutsche Tiefebene, gefolgt von maritimer Polarluft arktischen
Ursprungs (-1 bis -5 Grad in 850 hPa, bei IFS und GFS sogar bis -7 Grad).
Da frontale Prozesse und PVA auf der diffluenten Trogvorderseite durch KLA
teilkompensiert werden, macht sich die Kaltfront nur durch ein schmales
Wolkenband bemerkbar, aus dem es allenfalls ein paar Spritzer Regen gibt.
Mittags und nachmittags setzt sich postfrontal auch wieder die Sonne durch, vor
allem an der Nordsee. Zwischen dem vordringenden Hochkeil und dem o. e. Tief
verschärft sich der Gradient allerdings im Tagesverlauf deutlich und der Wind
frischt besonders an der Nordsee und der westlichen Ostsee sowie im angrenzenden
Binnenland aus West bis Nordwest auf. Dabei gibt es steife, zum Abend hin an der
nordfriesischen Küste auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8).
Noch etwas mehr „Wetter“ gibt es allerdings präfrontal in den mittleren und
südlichen Landesteilen. Dort labilisiert die Luftmasse durch einsetzende, wenn
auch eher schwache Hebung sowie leichte Feuchteanreicherung in der Grenzschicht.
Mit Einstrahlung werden ähnliche CAPE-Werte wie am Vortag generiert (50-200
J/kg), auch die Auslösetemperatur sollte recht verbreitet erreicht werden. Die
Folge sind häufige Schauer und Gewitter, gebietsweise fällt auch schauerartiger
Regen. Bei PPW’s von gebietsweise 15 bis 18 mm und nach wie vor kaum
nennenswerter Scherung kann kleinräumig erneut Starkregen auftreten. Ob sich der
Schwerpunkt der Konvektion aber nun eher in der (südlichen) Mitte (ICON-EU, IFS)
oder in Süddeutschland (GFS) befindet, muss noch abgewartet werden.
Während präfrontal etwas mildere Luft in den Süden Deutschlands gelangen kann
und die Temperaturen mit Sonnenschein vor Einsetzen der Gewitter mit 14 bis 18
Grad gegenüber den Vortagen ansteigen, bleibt es im Norden mit 9 bis 13 Grad
dagegen kühler.
In der Nacht zum Donnerstag zieht das Cut-Off-Tief mitsamt des quasi
achsensenkrecht darunter liegenden Bodentiefs zur südlichen Ostsee (ICON) bzw.
Südschweden (GFS, IFS). Das Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln kann sich
- ebenso wie der über der Mitte Deutschlands allmählich nach Süden vorankommende
Keil – noch etwas verstärken, was zu einer weiteren Gradientverschärfung über
Norddeutschland führt. Während sich das im Binnenland nur küstennah bemerkbar
macht, gibt es an den Küsten von Nord- und Ostsee dagegen nun häufiger auch
stürmische Böen (Bft 8) aus West bis Nordwest, auf dem Brocken kann es Sturmböen
(Bft 9) geben.
Die Kaltfront kommt allmählich nach Süden voran, erreicht morgens in etwa die
Donau, läuft aber in den Hochkeil und erweist sich nach wie vor als kaum
wetterwirksam. Präfrontal fällt weiterhin gebietsweise schauerartiger Regen,
wobei anfangs auch noch Gewitter auftreten können.
Postfrontal sinkt die 850 hPa-Temperatur auf -2 bis -7 Grad und die Wolken
lockern vorübergehend stärker auf, bevor sich mit Übergreifend des Höhentroges
die Bewölkung von Nordwesten wieder verdichtet. Nach ICON-Lesart (Cut-Off
südwestlicher und näher am Vorhersagegebiet), entwickeln sich vor allem an den
Küsten sowie im Bereich der höhenkältesten Luftmasse im Nordosten (immerhin bis
-34 Grad in 500 hPa) einige Schneeregen- und Graupelschauer, ansonsten bleibt es
meist trocken. IFS und GFS belassen es auch im Norden und Nordosten bei nur
vereinzelten Schauern.
Frost tritt bevorzugt in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen
stellenweise auf, im Süden verhindert die Bewölkung, im Norden der Wind eine
stärkere Abkühlung.
Donnerstag … verlagert sich das Cut-Off nach Nordpolen (ICON) bzw. zur Ostsee
nahe Gotland (IFS, GFS). Das Höhenhoch erreicht ohne nennenswerte
Intensitätsänderung mit seinem Schwerpunkt die Irische See. Der vom Cut-Off
ausgehende, südwärts gerichtete Höhentrog schwenkt über die Osthälfte
Deutschlands nach Polen, Tschechien und Österreich. Dahinter stellt sich über
uns eine glatte nordnordwestliche Höhenströmung ein.
Zwischen dem mit dem Cut-Off korrespondierenden Tief über der Ostsee und dem vom
Hoch über den Britischen Inseln ausgehenden, nach Süddeutschland schwenkenden
Keil bleibt im Bodenniveau eine lebhafte nordwestliche Strömung erhalten. Der
Gradient über der Nordosthälfte fächert zwar tendenziell etwas auf, was aber im
Hinblick auf die Böigkeit des Windes durch die turbulente Durchmischung
überkompensiert wird. Somit sind dort verbreitet steife, in freien Lagen, bei
Schauern und an der See auch stürmische Böen (Bft 7-8) zu erwarten, auf dem
Brocken einzelne schwere Sturmböen (Bft 10). Weiter nach Südwesten zu bleibt der
Wind mäßig bis schwach.
Die Kaltfront zieht rasch über die Alpen ab, allerdings regnet es an den Alpen
staubedingt noch zeitweise, wenn auch unergiebig. Die Schneefallgrenze sinkt auf
rund 1000 m ab.
Über der Nordhälfte kommt im Tagesverlauf Konvektion in Gang, die aber nicht
sehr hochreichend ist. Meist bleibt es bei einzelnen Regen- und Graupelschauern,
in den nördlichen und östlichen Mittelgebirgen kann auch Schnee dabei sein. Die
Gewitterwahrscheinlichkeit ist gering. Im Tagesverlauf setzt von Westen
Stabilisierung ein und die Schauertätigkeit lässt nach.
Zwischen den staubedingten Niederschlägen an den Alpen und dem Schauerwetter
über der Nordhälfte kristallisiert sich im Süden und Südwesten eine
freundlichere und meist trockene Zone heraus.
In der polaren Luftmasse (T850 meist zwischen +1 und -6 Grad) werden nur noch
Höchstwerte zwischen 7 Grad in Vorpommern und knapp 15 Grad am Oberrhein
erreicht.
Modellvergleich und -einschätzung
Im Hinblick auf die synoptischen Basisfelder rechnen die Modelle sehr ähnlich.
Im Detail zeigen sich Unterschiede bei der Behandlung des Cut-Offs ab Mittwoch,
wenngleich sich die Prognoserelevanz in Grenzen hält (siehe Text).
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser