SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.08.2020 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Auf Gewitter mit Starkregen folgt vorübergehend Wetterberuhigung, bevor die
Hitze einen neuen Anlauf nimmt.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
Aktuell … nimmt die Modifizierung der Wetterlage über Europa und dem
Ostatlantik Fahrt auf. Als Ziel soll sich erneut eine Omegastruktur ausbilden,
bei jedoch die Kräfte nicht gleichwertig verteilt sind. Auf dem Weg dahin wird
als Ausgangsprozess das Höhentief, welches sich von der Iberischen Halbinsel
nordwärts verlagerte, am heutigen Abend und in der Nacht zum Dienstag vom
Höhentief westlich der Britischen Inseln langsam geschluckt. Übrig bleibt als
Artefakt in einem breit aufgestellten Langwellentrog ein kurzwelliger Anteil,
dessen Achse am Abend von Benelux bis nach Tschechien reicht. Genau dieser nimmt
im nun Fahrt auf und wird mit der Strömung unter Verkürzung der Wellenlänge
nordostwärts gesteuert.
Ausgangs der Nacht soll sich demnach die Achse des Kurzwellentroges schon vom
Emsland bis zur Neiße erstrecken und somit allmählich zonalere Strukturen
einnimmt. Bodennah korreliert der Kurzwellentrog mit einer schwachen
Tiefdruckrinne, die sich von Norddeutschland nach Polen verschiebt. Eingebettet
in diese Struktur liegt in den potentiell instabilen heißen Luft weiter eine
Konvergenzlinie (Feuchtekonvergenz). Zudem befeuert PVA auch der Trogvorderseite
die Gewittertätigkeit vor allem in dem Streifen von der Nordsee bis nach
Sachsen. Im Fokus stehen dort weiter Multizellen mit Back-Building. Somit
besteht bei PPW-Werten zwischen 30 und 45 mm erhöhtes Potential für heftigen
Starkregen, eng begrenzt auch extremen Starkregen, die auch im mehrstündigen
Intervall auftreten können. Bei CAPE-Werten am Abend von 500 bis 900 J/kg nach
ICONnest und weiter kaum nennenswerter Scherung sollte meistens kleinkörniger
Hagel zu verzeichnen sein. Vereinzelt kann bei hochreichenden Einzelzellen auch
Hagel bis 3 cm nicht ausgeschlossen werden. Der Wind spielt überwiegend eine
untergeordnete Rolle. Allerdings muss vor allem im Übergang zwischen trockener
und feuchter Luft im Osten, der bodennah teilweise noch eine signifikante
Inverse-V-Struktur aufweist, noch mit Sturmböen gerechnet werden, schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen werden.
Die Dry-Line, welche die trockene Luft aus Osten von der feuchten Luft im Westen
trennt, wird dabei ebenfalls nach Osten geschoben und verliert zudem an Kontur.
Zudem können auf der Westseite der feuchten Luft ebenfalls konvergente
Strukturen im Bodenfeld beobachtet werden, die gestützt von geringen
Hebungsimpulsen auch wiederholt Gewitter mit Starkregenpotential hervorrufen.
Dienstag … verlagert sich der Kurzwellentrog weiter nordostwärts. Die Achse
des Troges soll dabei am Abend etwa über Schleswig-Holstein und Oder liegen.
Gefolgt wird der Kurzwellentrog von einem weiteren kurzwelligen Anteil, der
nachmittags auf den Südwesten Deutschlands übergreift und in der Nacht den
Südteil des Landes ostwärts überquert und dabei mit dem Kurzwellentrog
verschmilzt. Als Folge vergrößert sich die Wellenlänge und Amplitude. Beide
Konstrukte sorgen schließlich für Hebung, wobei die stärksten vertikalen
Umlagerungen im Nordosten und Osten zu verzeichnen sind. Genau in diesem Bereich
liegt weiter auch die feuchte, gesättigte Luft mit PPW-Werten zwischen 30 und 40
mm. Auch die CAPE-Werte sind bei Werten zwischen 300 und 900 J/kg zum Vortag
vergleichbar. Potentiell instabil zeigt sich die Luftmasse auch noch in Bayern,
wobei die Feuchte schon deutlich reduziert ist. Aufgrund der höheren
Temperaturen kann sich dort aber das CAPE sogar bis 1100 J/kg aufschwingen.
Interessant könnte es dort somit ab dem Abend werden, wenn von Westen die
dynamischen Hebungsimpulse des kurzwelligen Anteils in die Region hineinlaufen.
Während weiter westlich, in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und dem westlichen
Baden-Württemberg meist markante Gewitter auf dem Programm stehen sollten,
können im südöstlichen Baden-Württemberg und in Bayern auch mehrere
unwetterartige Entwicklungen möglich sein. Beim Stichwort Unwetter muss aber vor
allem der Nordosten und Osten genannt werden. Bei den herrschenden Bedingungen
steht der heftige Starkregen dort auf jeden Fall im Fokus.
Etwas gedämpft werden die Entwicklungen im Süden von bodennah zunehmenden
leichten antizyklonalen Verhältnissen. Dafür müssen wir einen Blick gen Westen
werfen. Das ausgeprägte Höhentief westlich der Britischen Inseln verlagert sich
unter allmählicher Amplifizierung südwärts. Dabei stützt es vorderseitig einen
zunächst noch schwachen Rücken, der sich über dem Ostatlantik bis zu den
Britischen Inseln beginnt aufzubäumen. Bodennah fördert der Rücken schwachen
Hochdruckeinfluss mit beschriebenen leichten antizyklonalen Verhältnissen und
entsprechend eine geringe Wahrscheinlichkeit für (Unwetter-)Gewitter. Ein
weiterer dämpfender Punkt ist ein gewisses Feuchteminimum, welches sich vom
nördlichen NRW bis nach Hessen und den Norden von Rheinland-Pfalz ausmachen
lässt.
Mittwoch … ist schließlich der östliche Ast des Omegas erstmals zu erkennen.
Ausgehend von Nord- und Ostsee kann sich ein Langwellentrog bis in den östlichen
Mittelmeerraum ausdehnen, dessen Achse etwa von der deutschen Ostseeküste bis
nach Griechenland lokalisiert werden kann. Der westliche Teil des Omegas
verlagert sich bei weiterer leichter Amplifizierung stetig südwärts. Bezüglich
des östlichen Astes ist das Höhentief über dem Ostatlantik überrepräsentiert.
Zwischen beiden Trögen stärkt sich der Rücken, dessen Achse von den Balearen zum
Ärmelkanal reicht. Bodennah korreliert der Rücken mit einer schwach ausgeprägten
Hochdruckzone, die sich ausgehend vom zentralen Mittelmeerraum über ganz
Deutschland ausbreitet. Der Trog im Osten steht dagegen mit einer Tiefdruckrinne
in Verbindung, die sich von Polen und Weißrussland bis zum Schwarzen Meer
erstreckt. Unter Hochdruckeinfluss klingt das Gewitterpotential am Mittwoch
nahezu landesweit ab. Allenfalls im äußersten Nordosten nahe der Trogachse
werden weiter Hebungsimpulse simuliert, die anfangs von der östlichen Ostsee bis
zur Oder noch ausreichen, vertikale Umlagerungen generieren um einzelne Gewitter
zu auszulösen. Bei PPW-Werten zwischen 25 und 35 mm ist der (heftige) Starkregen
weiter der Warnparameter Nr. 1.
In der Nacht wird es dann aus Westen schon wieder spannend. Der Rücken scheint
leider nicht sehr nachhaltig zu sein. Dessen Achse schwenkt bis zum
Donnerstagmorgen schon über den Westen und Nordwesten Deutschlands hinweg und
liegt ausgangs der Nacht etwa von Korsika über die Schweiz hinweg bis zur
östlichen Nordsee. Somit gelangt der Westen schon auf die Vorderseite des
nachstoßenden Langwellentroges in eine südwestliche Grundströmung. Am Boden
korreliert das Höhentief westlich von Irland mit einem Tief am gleichen Ort.
Ausgehend von diesem zieht sich ein teils okkludierter Frontenzug
südsüdwestwärts. Die zugehörige Warmfront soll dabei ausgangs der Nacht den
Westen erreichen. Davor wird die Westhälfte allerdings schon von WLA geflutet.
Den stärksten Hebungsantrieb simulieren die Modelle im Nordwesten des Landes, wo
auch die stärkste WLA zu verzeichnen ist. Die Folge sind teils schauerartig
verstärkte Regenfälle. Aber auch von NRW bis zum Oberrhein gibt es erste
Niederschlagssignale.
Donnerstag … nähert sich von Westen die Kaltfront des Tiefs westlich von
Irland an. Allerdings nimmt der Frontenzug eine zu den Isobaren quasiparallele
Lage ein, sodass es ihr zunehmend an Schub nach Osten fehlt. Auf der Vorderseite
kann mit einer kräftigen südwestlichen Grundströmung sehr warme bis heiße
Subtropikluft bis nach Deutschland transportiert werden. Entsprechend steigen
die Temperaturen in 850 hPa am Donnerstag auf Werte zwischen 12 Grad bei Rügen
und bis 21 Grad im Südwesten. Am Boden gehen diese Werte schließlich mit sehr
warmen bis heißen 26 bis 34 Grad einher. Nennenswerte Hebungsimpulse zeigt das
ICONnest tagsüber allerdings nur im Bereich der zur Ostsee abziehenden Warmfront
mit vorderseitiger WLA, wo weiter Regenfälle simuliert werden. Ganz ohne
vertikale Umlagerungen geht es aber auch im Westen und Südwesten nicht. Da sich
die Rückenachse weiter nach Osten schiebt und sich ausgangs der Nacht zum
Freitag schon vom Alpenraum bis nach Rügen zieht, werden diverse schwache
kurzwellige Anteile wirksam, die gebietsweise geringe Niederschlagssignale
produzieren. Die Kaltfront verspürt aber auch in der Nacht noch kein Interesse,
sich nach Osten zu verlagern und hängt weiter vor der Küste der Beneluxstaaten
fest. Somit bleibt es auch in der Nacht sehr warm, teils tropisch bei
Tiefstwerten von 21 bis 15 Grad. Allenfalls im Südosten kann weiter gut gelüftet
werden.
Modellvergleich und -einschätzung
Die großskaligen Strukturen werden von den Modellen vergleichbar wiedergegeben.
Anfangs gibt es allenfalls geringe Unterschiede bei der räumlichen Einordnung
der Konvektion und auch deren Intensität. Ab Donnerstag gibt es zudem geringe
Abweichungen in der Verlagerung des okkludierten Frontenzuges. Diese liegen
schließlich in den Höhenstrukturen begründet.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel