SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.04.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin wechselhaft mit Schauern und Gewittern, recht frisch und gebietsweise
windig.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … darf man sich in Zeiten, wo negative Schlagzeilen die
Nachrichtenwelt dominieren, als Meteorologe freuen, mal was Erfreulichen
verkünden zu dürfen: Es regnet, es hat geregnet und es wird regnen! Darauf haben
wir lange warten müssen und allein die Tatsache, dass der Wind gefühlt seit der
Steinzeit nun mal wieder aus Südwest bis West kommt (wenn auch noch nicht
überall) und feuchtere Luft vom Atlantik heranpustet, ist eine Note wert. Alles
gut also? – Mitnichten! Das große ABER folgt prompt und deckt schonungslos die
Schwächen auf, die der sehnlichst erwartete Wetterwechsel mit sich bringt. Regen
als solcher ist ja schön und gut, aber das, was das bisher extrem diffuse
Radarbild aufŽs Parkett gezaubert hat, lässt abgesehen von wenigen Ausnahmen
noch viele Wünsche offen. Aufsummiert über 12 h konnten heute Abend im Westen
und Süden wenigstens gebietsweise 5 bis 10 l/qm registriert werden und
süd-südöstlich von München gab es ein paar knackige Gewitter (Holzkirchen knapp
30 l/qm innert 1 h). Auch die numerischen Prognosen für die kommenden Tage –
summiert man beispielsweise die Mengen bis nächsten Sonntag auf – lassen nicht
überall den Tanz in den Mai zu einem Regentanz werden. So kann man in Teilen
Mittel- und Ostdeutschlands froh sein, wenn am Ende 10 l/qm oder etwas mehr –
noch mal, wir sprechen hier von der Gesamtsumme der ganzen Woche – in die Töpfe
respektive auf die ausgedörrten Böden fallen. Lächerlich! Dass die Natur ein
ungerechtes Wesen ist, wissen wir, und so wird es auch jetzt wieder laufen. Wie
so häufig dürften auch dieses Mal die Regionen südlich der Donau (vor allem zu
den Alpen hin) sowie das südliche BW am besten wegkommen, stehen akkumuliert
doch 30 bis 70 l/qm, punktuell (durch Stau, Gewitter oder konvektive
Verstärkungen) auch noch mehr auf der Karte. Bevor sich der Verfasser hier nun
aber zu viel in der Mittelfrist verliert, schnell zur aktuellen Lage der Nation

  • rein atmosphärisch betrachtet.

Geprägt ist die aktuelle Großwetterlage von einer relativ schwach ausgeprägten
west-südwestlichen Höhenströmung, die vom nahen Ostatlantik bis weit auf den
europäischen Kontinent reicht. Darin eingelagert sind kurzwellige
Trog-Keil-Strukturen, die den Wetterablauf zwar tapfer mitprägen, unter dem
Strich aber keinesfalls über ausreichend Dynamik verfügen, um das ganz große
Feuerwerk (was Ende April theoretisch durchaus schon mal möglich wäre)
abzufeuern. Hinzu kommt, dass auch die vom Atlantik, schwerpunktmäßig von der
Biscaya kommende maritime Luftmasse nur über einen begrenzten Energie- und
Wasserdampfgehalt verfügt und keinesfalls die Eigenschaften einer
„zündelfreudigen“ Subtropikluft aufweist, so dass das gesamte Setup etwas
provokant formuliert eher auf Tischfeuerwerk ausgerichtet ist. Nun besteht das
Wetter ja aber nicht nur aus Gewittern, sondern auch aus Schauern respektive
„normalem“ Regen, und da besteht in der kommenden Nacht in einigen Regionen des
Landes durchaus Hoffnung.
Da wäre zum einen der Süden und Südosten, ganz grob die Gebiete südlich der
Donau, wo sich nach Abzug eines kleinen Föhntiefs und anschließendem Durchzug
einer Druckwelle vorübergehend eine leidliche Gegenstromlage mit vertikaler
Windscherung (westliche bis nordwestliche, am Boden teils sogar nördliche Wind
bis etwa 600 hPa, darüber Süd-Südwest) einstellt. Die einströmende Luftmasse ist
kühler und stabiler als die Warmluft vom Tage, so dass anfängliche Gewitter
alsbald die Grätsche machen. Was übrig bleibt ist länger andauernder, weitgehend
skalig geprägter Regen (teils aus Verclusterung der Tageskonvektion), in dem
lokaler Starkregen (> 20 l/qm binnen weniger Stunden) zwar möglich ist, sich
warntechnisch aber nicht unbedingt aufdrängt. In der Fläche sollte man
akkumuliert über 12 h von 5 bis 15 l/qm, gebietsweise 15 bis 25 l/qm ausgehen,
stellenweise auch noch etwas mehr.
Zweiter „Hotspot“ in puncto Niederschlag betrifft Norddeutschland, wo sich eine
zonal exponierte Tiefdruckrinne mit eingelagerter, zur leichten Wellenbildung
neigender Luftmassengrenze befindet. Sie trennt die gemäßigte Atlantikluft (T850
3 bis 7°C) im Süden von kühlerer Ostseeluft (um 1°C) im äußersten Norden. In
bzw. an dieser sich langsam nach Norden verlagernden Rinne kommt es vor allem
auf der kalten Seite (Anacharakter) zu skalig motivierten Regenfällen, deren
Schwerpunkt sich bis Mittwochfrüh ausgehend von West- und Nordwestdeutschland
langsam über die Norddeutsche Tiefebene nordostwärts verlagert. Hier liegen die
apostrophierten Mengen zwischen 3 und 10 l/qm innert 12 h, nur lokal vielleicht
ein paar Millimeter mehr.
Bliebe abschließend noch der Korridor zwischen den beiden Regenstreifen im
Norden und Süden, der sich von West-Südwestdeutschland bis hinüber nach Sachsen
und BB erstreckt. Dort sind zwar noch einzelne Schauer und anfangs nach Westen
hin vielleicht ein vereinzeltes Gewitter am Start, vielerorts bleibt es aber
trocken.

Mittwoch … formiert sich knapp westlich von Irland das Tief ZLATINA (mittags
immerhin knapp unter 985 hPa im Kern), von dem aus sich eine Rinne über die
westliche und südliche Nordsee und Norddeutschland bis weit in den Westen und
Nordwesten Russlands erstreckt, wo die beiden Tiefs XENIA und (Geier)WALLI den
Ton angeben. Eingelagert in die Rinne ist ein kleines flaches Tief ohne Namen,
das sich die friesische Küste entlang zur Deutschen Bucht mogelt, um von dort
nach Norden abzudriften. Dabei „zieht“ das Tief auch die Rinne mehr und mehr
nach Norden, wodurch auch der anfänglich auf der kalten Seite noch auftretende
skalige Regen auf Kosten nachfolgender Schauer nordwärts abgeschoben wird.
Während im Norden der Luftdruck also vergleichsweise niedrig ist (auch wenn die
1000-hPa-Marke nicht unterschritten wird), hat die o.e. Druckwelle im Süden zur
Bildung eines flachen Hochkeils nahe 1010 hPa geführt. Damit sind die
Druckunterschiede zwischen Nord und Süd zwar nicht überbordend, mit Hilfe des
Tagesgangs reicht es aber, den südwestlichen Wind soweit in Schwung zu bringen,
dass er vor allem im Westen und Südwesten, teils auch in der westlichen Mitte
die eine oder andere steife Böe 7 Bft in den Windgeber schickt. In exponierten
Hochlagen ist auch mal Žne 8er-Böe dabei, bevor der Wind zum Abend hin allgemein
wieder nachlässt.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass von Westen her ein KW-Trog übergreift,
der den Vorhersageraum im Tagesverlauf unter leichtem Amplitudenverlust langsam
ostwärts überquert. Er sorgt auf der einen Seite für einen gewissen
Hebungsantrieb. Auf der anderen Seite trifft er dabei auf eine Luftmasse, die in
der mittleren Troposphäre vor und im Trog zwar noch ausreichend labil
geschichtet ist, sowohl bei der bodennahen als auch der gesamttroposphärischen
Feuchte aber Einbußen gegenüber heute hinnehmen musste. Die Ingredienzien und
auch die Überlappung selbiger für eine mögliche Gewitterlage lassen lediglich
biedere Hausmannskost denn top nourriture zu. Die größten Chancen auf einzelne
Gewitter gibt es im Tagesverlauf im Osten und Norden, grob nordöstlich der Elbe,
vielleicht aber auch etwas weiter westlich bis zur Weser ausgreifend, wo
Tagesgang und Trog(Vorderseite) einigermaßen harmonisieren. Dabei kommt als
begleitender Parameter am ehesten Starkregen (um oder etwas über 15 l/qm in
kurzer Zeit) in Frage, es dürften morgen aber auch gelbe Gewitterwarnungen auf
der Karte erscheinen.
Im Westen ist die Gewittergefahr nahe null, da es trogrückseitig zu einer
Stabilisierung und Abtrocknung der Luftmasse kommt (PPW unter 15 mm, spez.
Grundschichtfeuchte nur noch bei 6 g/kg). Und auch der Südosten hat trotz des
Hochkeils noch längere Zeit mit den skaligen Regenfällen aus der Nacht heraus zu
kämpfen (was heißt hier „kämpfen“, darf sich „erfreuen“), die sich bis zum Abend
nur langsam nach Oberösterreich und Südböhmen rausschieben. Vorher können
südlich der Donau durchaus noch mal 5 bis 15, lokal bis 20 l/qm zusammenkommen.

Ein Satz noch zur Temperatur, die im äußersten Norden bei Regen und noch längere
Zeit andauerndem Ost- bis Südostwind nicht über 9 bis 14°C hinauskommt. Nicht
viel wärmer wird es im regnerischen Südosten, wo das Erreichen der 15°C-Marke
eine kaum zu stemmende Herkulesaufgabe stellt. In dem breiten Streifen zwischen
den Kühlschränken steigt die Temperatur mit Hilfe zeitweiliger Einstrahlung auf
15 bis 21°C.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der KW-Trog ostwärts ab. Es stellt sich aber
nur kurz eine glatte Südwestströmung ein, bevor zum Morgen hin die nächste kurze
Welle, überlagert von KLA, im Westen anklopft. Ihr vorgeschaltet ist eine
teilokkludierte Kaltfront des nur wenig beweglichen Tiefs ZLATINA nahe Irland,
die es sich nicht nehmen lässt, schon relativ früh auf den Vorhersageraum
überzugreifen.
So sind die im Osten noch die letzten Schauer dabei, die deutsch-polnischen
Grenzkontrollen zu überwinden, da setzen im Westen schon neue, in diesem Fall
stratiforme Regenfälle ein. Sie breiten sich bis zum Morgen auf weite Teile der
Westhälfte, vielleicht auch noch etwas darüber hinaus aus. Meist bleiben die
12-h-Mengen unter 5 l/qm, lediglich in Staulagen ist etwas mehr rauszuholen.
Grund dafür ist besagte KLA, die die durchaus verheißungsvolle diffluente
Trogvorderseite (=> PVA) sowie die frontalen Hebungskomponenten erheblich
teilkompensiert.
Begleitend zum regen frischt der südwestliche Wind im Südwesten soweit auf, dass
südlich der Eifel einzelne Böen 7 Bft, im Hochschwarzwald sogar 8-9 Bft auf den
Plan treten.

Donnerstag … nähert sich ein breiter, aber sehr flacher Höhentrog vom nahen
Ostatlantik dem europäischen Kontinent an. Er ist gespickt mit kurzwelligen
Anteilen, die immer wieder aus dem Haupttrog in nordöstlicher Richtung
rauslaufen und dabei auch den Vorhersageraum überqueren. Als erster tut das das
o.e. Exemplar aus der Nacht, das quasi den stratiformen Regen auf seinem Weg
nach Osten überquert und ihm dabei zunehmend Schauercharakter verleiht. Vor
allem im äußersten Norden und Nordosten kann es aber noch für längere Zeit
skalig regnen. Rückseitig der Front strömt ein Schwall labil geschichteter, aber
auch stark abgetrockneter Meeresluft subpolaren Ursprungs zu uns, in der das
Potenzial konvektiver Umlagerungen zusehends abgewürgt wird. Dafür steigen die
Chancen auf sonnige Abschnitte insbesondere im Westen und in der Mitte. Im Süden
hingegen bleibt die Wolkenecke häufig geschlossen und im Südosten Bayerns regnet
es sogar bis in die Abendstunden (wieder leichter Gegenstrom).
Aus konvektiver Sicht wird es im nördlichen Drittel am interessantesten, wo die
Überlappung von Feuchte und Labilität (=> CAPE) am besten hinhaut. Dort
entwickeln sich einige Gewitter, die aufgrund veritabler Scherungsbedingungen
unmittelbar vor dem kurzwelligen Höhentrog sogar linienartig organisiert sein
können. Dabei stehen Böen 7-8 Bft, worst case 9 Bft auf Platz 1 der Liste
begleitender Elemente.
Überhaupt spielt der Südwest- bis Westwind in weiten Teilen des Landes eine
prominente Rolle. Wieder zieht ein kleines Teiltief über die Deutsche Bucht
nordwärts, auf dessen Südseite der Gradient vorübergehend ganz ordentlich
zulegt. Entsprechend breitet sich ein Starkwindfeld von Südwesten und Westen auf
weite Landesteile aus (außer Südosten), wobei Böen 7-8 Bft, in höheren Lagen 9
Bft auftreten, Tendenz zum Abend hin aber bereits wieder abnehmend.
Die Temperatur erreicht im Nordwesten und Süden z.T. nicht mal die 15°C-Marke,
sonst stehen 14 bis 19°C im Osten örtlich 20°C auf der Karte.

In der Nacht zum Freitag schwenkt abermals ein von Frankreich kommender KW-Trog
über den Südwesten und die Mitte nordostwärts. Dabei fällt schauerartiger und
mit einzelnen Gewittern durchsetzter Regen. Schauer und einzelne Gewitter auch
im Norden und Westen auf der diffluenten Vorderseite des sich immer weiter
annähenden Haupttrogs. Im Osten hingegen klart es gebietsweise längere Zeit auf,
was die Temperatur zumindest lokal in Gefrierpunktnähe bringen könnte. Im
Südwesten frischt der Wind erneut auf, am spürbarsten auf den Bergen (8,
exponiert 9 Bft).

Freitag … beginnt der Mai mit dem Tag der Arbeit, der vom Übergreifen des o.e.
Haupttrogs geprägt ist. Um es kurz zu machen, der Wetterablauf gestaltet sich in
der einfließenden subpolaren Meeresluft extrem wechselhaft mit Schauern und
Gewittern, in Teilen ziemlich windig (steuerndes Tief über der Nordsee) und eher
frisch mit 10 bis 18°C (höchste Werte im Osten).

Modellvergleich und -einschätzung

Die Grundfrisur sitzt, die Ondulationen noch nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann