SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 26.04.2020 um 10.30 UTC
Nach langer Durststrecke mal wieder Regenfälle und auch einzelne Gewitter.
Intensität und Regionalisierung noch mit Unsicherheiten.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 03.05.2020
Keine Frage, der heutige Blick (war aber auch in den letzten Tagen schon so) auf
die Vorhersagekarten entbehrt nicht eines gewissen Charmes. Man mag es kaum
glauben, dass die Atmosphäre nach wochenlanger Hochdrucklastigkeit, wiederholt
trockenen Luftmassen, nördlichen oder östlichen Winden, Nachtfrost usw. auch
noch andere Spielvarianten beherrscht. Die Natur wird es freuen, auch wenn es am
noch nicht terminierten Ende der nun bevorstehenden Wetterphase sicherlich
Enttäuschungen geben wird (Stichwort Regen). Die Vorhersagemeteorologen freut es
auch, können sie doch endlich mal wieder was anderes als ständig nur „sonnig und
trocken“ zu Papier bringen.
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Mittwoch befindet
sich Deutschland auf der Vorderseite eines breiten Höhentrogs über dem nahen
Ostatlantik, dem ein abgeschlossenes und hochreichendes Tief knapp westlich
Irlands zu eigen ist. Entsprechend herrscht über dem Vorhersageraum eine
südwestliche Höhenströmung, in die ein nordostwärts schwenkender KW-Trog
eingelagert ist. Korrespondierend dazu findet man im Bodendruckfeld eine
rinnenartige Struktur, die mit feuchter und nicht allzu warmer Atlantikluft
gefüllt ist (T850 2 bis 6°C). Der KW-Trog sorgt für einen synoptisch-skaligen
Hebungsantrieb, demzufolge es zu schauerartigen und teils gewittrigen
Regenfällen kommt. Der meiste Regen soll im Westen fallen, wo über die Fläche
verteilt 5 bis 15 l/qm innert 24 h simuliert werden. Im Norden sowie in Teilen
Südwestdeutschlands dagegen soll wenig bis nix runterkommen.
Im weiteren Verlauf der Woche rückt uns dann der Haupttrog immer dichter auf die
Pelle, wobei er eine zunehmend negative Achsstellung einnimmt. Die Hauptpassage
erfolgt am Freitag, allerdings verbleiben wir am Wochenende zunächst noch im
stark nach Nordwesten zurückhängenden Teil des Troges. Erst im Laufe des
Sonntags gelangt Deutschland mehr und mehr auf die Vorderseite eines breiten
Höhenrückens, der sich unter Intensivierung (meint zunehmender Amplitude) von
Westeuropa her nähert. Damit steigt auch der Luftdruck, nachdem zuvor bei
flacher Druckverteilung eine rinnenartige Isobarenstruktur das Bild bestimmt.
Rinne und Höhentrog sorgen von Donnerstag bis Samstag für weitere Regenfälle
unterschiedlicher Intensität mit einzelnen Gewittern, teils schauerartig, teils
auch mal länger andauernd. Vor allem am Freitag soll es im Bereich eines kleinen
Tiefs bzw. der stärksten Konvergenz im Nordosten länger andauernd und
schauerartig verstärkt kräftig regnen (gebietsweise 50 bis 65 l/qm in 24 h). Am
Sonntag deutet sich dann eine deutliche Abnahme der Regenwahrscheinlichkeit an.
Abschließend noch ein Blick in die erweiterte Mittelfrist von Montag bis
Mittwoch, wo möglichweise die erste Hitzewelle des Jahres auf der Agenda steht.
So begibt sich der Höhenrücken genau über Mitteleuropa, während die
korrespondierende, leicht nach Osten versetzte und gar nicht mal so stark
ausgeprägte Hochdruckzone in Richtung nahes Osteuropa wandert. Für uns
resultiert daraus eine südliche Strömung, mit der sehr warme bis heiße Luft
afrikanischen Ursprungs über und an den Alpen vorbei bis nach Deutschland
gelangt. Bis Mittwoch 00 UTC steigt demnach die 850-hPa-Temperatur auf Werte
zwischen 10°C an der Grenze zu Dänemark und bis zu 20°C!! im Süden. Während der
Norden anfällig für zyklonale Störungen bleibt (den Rücken umlaufende WLA =>
zeitweise Regen), dürften im Süden Sonnenschein und Hitze mit Temperaturen
jenseits der 30°C-Marke zuschlagen. Na denn „Prost Mahlzeit“!
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Im Grunde kann man den jüngsten Modellläufen von IFS (ECMF) eine gute Konsistenz
attestieren. So ist die bevorstehende Änderung hin zu einer tiefdruckbestimmten
Großwetterlage mit feuchten Luftmassen vom Atlantik und wiederholten,
gebietsweise kräftigen und teils gewittrigen Regenfällen in trockenen Tüchern
(kräftige Regenfälle in trockenen Tüchern, das hat was).
So weit, so gut, das Problem ist nur, dass sowohl das Timing als auch die
räumliche Verteilung der überwiegend flachen Tiefdruckgebiete von Lauf zu Lauf
etwas variieren, was aber einen nicht unbedeutenden Einfluss auf das
Niederschlagsverhalten hat. Oder mit anderen Worten, wann es wo genau wie viel
regnet, wird jedes Mal anders simuliert, so dass belastbare Detailaussagen kaum
möglich sind. Ein Beispiel: Akkumuliert bis nächsten Sonntag (3. Mai) 24 UTC
sollen nach dem aktuellen 00-UTC-Lauf von heute im nördlichen Brandenburg 60 bis
75 l/qm Regen fallen (schön wär´s). Sowohl die gestrige 12-UTC- als auch die
00-UTC-Version hatten für die gleiche Region 0 bis 10 l/qm, vereinzelt bis 15
l/qm auf der Karte. Von daher üben wir uns in Bescheidenheit, hangeln uns von
Tag zu Tag und freuen uns, dass es überhaupt mal regnet
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Wesentlich andere Ideen haben die für gewöhnlich an dieser Stelle begutachteten
Globalmodelle (ICON, GFS, GEM UKMO) auch nicht. So gesehen ist die unmittelbar
bevorstehende Änderung der Großwetterlagen auch von dieser Seite bestätigt.
Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung liegt der Teufel auch beim
Modellvergleich im Detail. Phase, Timing, Intensität sind die klassischen
Schlagworte, die in diesem Zusammenhang meist genannt werden. Jedes Modell hat
da so seine eigenen Vorstellungen, die sich – wie wir oben gelernt haben, es
aber auch schon vorher wussten – von Tag zu Tag und von Lauf zu Lauf ändern
können. Von daher macht es wenig Sinn (Stichwort Aufwand-Nutzen-Verhältnis), die
einzelnen Unterschiede hier ad infinitum zu diskutieren.
Nur so viel, es fällt auf, dass GFS hinsichtlich des Timings der synoptischen
Systeme meist die Nase vorn hat, sprich, am progressivsten simuliert. Gleiches
gilt für die potenzielle Gewitteraktivität, die von GFS eigentlich fast immer
überproportional gefördert wird. Und auch bei den Niederschlägen überhaupt setzt
GFS andere Schwerpunkte. So wird der IFS-Peak von Freitag im Nordosten nicht
unterstützt, stattdessen wird am Freitag und Samstag sehr viel Regen im Süden
Bayerns und BWs gerechnet (Schleifzone mit konvektiven Verstärkungen). ICON
wiederum legt bei der RR-Simulation eher eine dezente Zurückhaltung an den Tag.
Interessanter Zusatzaspekt: Beide nordamerikanische Modelle sehen wie IFS zu
Beginn der übernächsten Woche den Höhenrücken über Mitteleuropa sowie warme bis
heiße Luft von Süden. GFS ist dabei am wenigsten heiß und lässt die Lage in
seiner ureigen nassforschen Art auch rasch, sprich schon am Dienstag wieder
zusammenfallen (kräftige Kaltfront mit nachfolgendem Höhentrog).
FAZIT: Die Großwetterlage passt, die Details insbesondere zum Niederschlag noch
nicht. Vor allem auf die dieser Tage sicherlich häufig gestellte Frage „wieviel
regnet es (wann) bei mir vor Ort?“ tut man sich zumindest aus heutiger Sicht
schwer.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen eigentlich über
die gesamte Zeitleiste hinweg einen vergleichsweise gut gebündelten Verlauf. Das
ganz große Delta ist selbst zum Ende hin nicht zu erkennen, auch wenn der Spread
freilich zunimmt. Ab Freitag nehmen das Potenzial, ab Samstag dann auch die
Temperatur tendenziell zu bei gleichzeitig leicht abnehmender Signaldichte für
den Niederschlag. Der operationelle Lauf markiert dabei den oberen Rand der
Kurvenschar, was nichts anderes heißt, dass es dieser mit der Hitzewelle
besonders gut meint. Am Beispiel „Berlin“ ist gut zu erkennen, dass die vom
Hauptlauf für den Nordosten prognostizierten hohen Regenmengen am Freitag einen
Ausreißer nach oben darstellen.
Die Clusterung macht für den Zeitraum T+120…168h (Freitag bis Sonntag) drei
Schubladen auf (20 Fälle, 18 + HL/KL, 13), die sich aber stark ähneln. CL 1
simuliert die beteiligten Systeme etwas progressiver, CL 3 etwas flacher
(bezogen auf die Amplitude). Ab Montag (T+192…240h) reduziert sich die Anzahl
der Cluster auf eins. Dabei wird ganz klar der Höhenrücken über Mitteleuropa
gezeigt. Man erkennt aber auch mit bloßem Auge, dass der Norden und Nordwesten
anfällig für zyklonale Störfeuer sind.
FAZIT: Auch deterministisch steht der Generalkurs. Fragezeichen ergeben sich
beim Timing der Wellen sowie bei der Niederschlagsverteilung (-intensität).
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Die von der Numerik gelieferten Wahrscheinlichkeiten für signifikante
Wettererscheinungen halten sich in Grenzen. Probabilistisch sind keine hohen
Indikatoren für Stark- oder Dauerregen vorhanden. Gleichwohl gibt es die
synoptische Lage her, dass irgendwo und irgendwann mal Starkregen auftritt.
Gebietsweise ist auch mal stärkerer bzw. ergiebiger Regen möglich, wie einige
Modelle zeigen, allein Zeit, Raum und Quantität sind das Problem.
Für Wind/Sturm sind die Signale ebenfalls dünn, trotzdem gilt auch hier, dass
gerade von der konvektiven Seite mal eine stürmische Böe oder Sturmböe auftreten
kann. Aus dem Gradienten heraus scheint nur wenig möglich zu sein.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann