SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.04.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Bis Sankt Nimmerlein tagsüber sonnig, nachts klar, und trocken, trocken,
trocken. Das warŽs, liebe Freunde, die kürzeste Übersicht ever. Schönen Abend
noch…

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … …also gut, ganz so billig will sich der Verfasser dann doch nicht
aus dem – im wahrsten Sinne des Wortes – Staube machen. Staub ist übrigens ein
guter Einsteiger in die Übersicht, wird dieser doch gemeinhin mit Trockenheit in
Verbindung gebracht. Und davon gibt es dieser und auch nächster Tage reichlich,
nein, überreichlich.
Zur Lage, die klar und deutlich im Zeichen des äußerst voluminösen (Breite und
Höhe) Hochs ODILO über Nordeuropa steht. Sein Schwerpunkt befindet sich über dem
Ostteil der Norwegischen See bzw. dem westlichen norwegischen Festland mit etwas
über 1035 hPa. Da der gute ODILO von dort aber weit nach Osten (und Südosten)
ausgreift, kann der Großwetterlage guten Gewissens das Attribut HNFa (Hoch
Nordmeer Fennoskandien antizyklonal) verliehen werden. Auf der Südflanke des
Hochs wird bei uns eine östliche Strömung generiert, mit der sehr trockene und
gar nicht mal so warme (im äußersten Osten auf 850 hPa gerade mal um 0°C)
Kontinentalluft herangeführt wird.
Und damit der Ostwind auch mit ordentlich „Steam“ bei uns in Deutschland
ankommt, hilft ein Tief – Gott zum Gruße VERA – über dem westlichen Mittelmeer
(Hauptkern heute Abend mit etwas unter 1000 hPa knapp westlich Sardiniens)
kräftig mit, über Deutschland einen veritablen Luftdruckgradienten aufzubauen
(heute Abend rund 20 hPa zwischen Rügen und Kaiserstuhl). Dieser sorgt vor allem
tagsüber mit Unterstützung des Tagesgangs (Stichwort Sonnenböigkeit) für einen
ziemlich flotten und böigen Ost-Nordostwind, der nicht nur im Bergland die eine
oder andere stürmische Böe 8 Bft aufs Parkett zaubert. Nachts hingegen verliert
der Wind in tiefen Lagen deutlich an Power, was im Wesentlichen der
abkühlungsbedingten Abkopplung der Grundschicht von der Grenzschicht unterhalb
der Absinkinversion (bei rund 850 bis 900 hPa) geschuldet ist. In der kommenden
Nacht kommt als weiterer Parameter noch eine leichte Gradientauffächerung dazu,
die vor allem auf Druckanstieg im Südwesten zurückzuführen ist (Delta p morgen
früh nur noch etwa 15/16 hPa).
Während also der Wind in tiefen Lagen nachlässt, legt er in exponierten Kamm-
und Kuppenlagen der südlichen und zentralen Mittelgebirge (+ Oberharz) mit Hilfe
von Low-Level-Effekten eher noch etwas zu (Spitzenböen meist 8/9 Bft, im
Hochschwarzwald vielleicht sogar mal Žne schwere Sturmböe 10 Bft).
Noch mal zurück zu VERA, dem Mittelmeertief. Dieses sorgte heute insbesondere
südlich der Alpen für einen kompakten und sehr gut ausgeprägten Wolkenstreifen,
der von der Türkei bis Nordspanien/Südfrankreich reichte. Auch einige Regionen
nördlich des Alpenhauptkamms bekamen davon etwas ab. So konnte vor allem in der
Frühe und am Vormittag in Teilen Bayerns und BWs ein imposanter Cirrocumulus
beobachtet werden (dafür musste für einige Stunden auf direkte Sonnenstrahlung
verzichtet werden, aber man kann eben nicht alles haben), der nicht so häufig am
Himmel zu sehen ist (vor allem in dieser großflächigen Ausdehnung).
Mitverantwortlich für diese Wolkenart ist u.a. Saharastaub, der von Lady V.
(also dem Tief) reichlich aus gleichnamiger Wüste angezapft wurde und auch noch
wird.
In der Nacht zum Mittwoch wird am Ende auf deutscher Seite allerdings nicht mehr
viel übrigbleiben von den Cirren, so dass es in großen Teilen des Landes
sternenklar bleibt. Dafür tauchen im äußersten Nordosten in der zweiten
Nachthälfte von der Ostsee her ein paar tiefe Wolken auf, was gerade im
Randbereich von Hochs immer mal passieren kann. Mit oder ohne Wolken, Luftfrost
ist kein großes Thema mehr, dafür kühlt es aber in Bodennähe insbesondere in der
Osthälfte und im Süden häufig auf 0°C oder etwas darunter ab.

Mittwoch … ändert sich an der grundsätzlichen Konstellation gar nicht mal so
viel. Nach wie vor ist „High-over-Low“ Trumpf – im Norden ODILO, im Süden VERA.
Beide Protagonisten müssen allerdings einen gewissen Substanzverlust hinnehmen,
der im Falle von ODILO auch das korrespondierende Höhenhoch betrifft. Von der
1030-hPa-Isobare wird am Ende des Tages über der Norwegischen See nicht mehr so
viel übrigbleiben, gleichzeitig verschwindet aber auch die 1010-hPa-Isobare über
dem westlichen Mittelmeer.
Dass damit bei uns in Deutschland eine weitere Gradientaufweichung des
Luftdrucks einhergeht, ist evident. Zum Datumswechsel dürften es nur noch rund
10 hPa zwischen dem äußersten Norden und dem äußersten Südwesten sein, ungefähr
die Hälfte der aktuellen Differenz. Trotzdem reicht es tagsüber noch mal für
einen aufmuckenden Ost-Nordostwind, weil der Tagesgang dem schleichenden
Gradientverlust entgegenwirkt. Vornehmlich in einem von Westdeutschland bis nach
Ostbayern reichenden Korridor erreicht der Wind vielfach Stärke 7 Bft, in
exponierten Lagen sowie in einigen Hochlagen 8 Bft. Insgesamt fällt der Wind
aber schon etwas schwächer als heute aus und zum Abend hin dürfte es dann zu
einer spürbaren Abschwächung kommen.
Noch kurz ein paar Takte zum Wetter. Die Charakteristik der weiterhin von Osten
advehierten trockenen Luftmasse ändert sich kaum. So lösen sich die anfänglich
von Nordosten noch etwas nach Süden ausbreitenden Wolken im Tagesverkauf
weitgehend auf und auch sonst herrscht meist Fehlanzeige auf dem Ceilometer.
Stattdessen reicht es verbreitet für 13,5 h, exponiert sogar 14,0 h Sonnenschein

  • vielmehr geht (astronomisch) nicht. Trotzdem, die ganz große Hitze bricht
    nach wie vor nicht aus, auch wenn es tendenziell etwas wärmer wird als heute. So
    geht es morgen hoch auf 17 bis 24°C mit den höchsten Werten den Rhein und seinen
    Nebenflüssen entlang (vielleicht blinkt da und dort eine 25,0°C auf, was
    mindestens für einen offiziellen Sommertag erreicht werden muss). Kühler mit 11
    bis 16°C bleibt es an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bzw. im küstennahen
    Binnenland, wo der kühle Seewind (kein klassischer Seewind als Folge direkter
    thermischer Zirkulation) noch eine gewisse Wirkung zeigt.

In der Nacht zum Donnerstag fächert der Gradient weiter auf, so dass der Wind
mit Ausnahme einiger exponierter Hochlagen (Böen 7-8 Bft) keine Rolle mehr
spielt. Bei klarem Himmel tritt gebietsweise leichter Frost in Bodennähe auf,
während Luftfrost allenfalls in einigen Erzgebirgstälern noch mal gemessen wird.

Donnerstag … schwächt sich das Hoch über der Norwegischen See weiter ab. Der
korrespondierende Höhenrücken wird wiederholt von kurzwelligen Trögen umlaufen,
die nach dem bekannten Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ am Abbau
desselbigen arbeiten – mit überschaubaren Erfolgen. Derweil baut sich
west-südwestlich bereits ein neuer Rücken auf, auf dessen Vorderseite der
Luftdruck steigt. Somit beginnt sich das Bodenhoch von Westen her zu
regenerieren, auch wenn der auf Meereshöhe reduzierte Absolutdruck unterhalb der
1030-hPa-Schwelle verbleibt.
Für das Geschehen vor Ort ist ohnehin viel wichtiger, dass wir im Bereich eines
langgestreckten Hochkeils liegen, der von Nordwesteuropa bis zum Schwarzen Meer
reicht. Dabei sind die Luftdruckunterschiede derart gering, dass windmäßig nicht
mehr viel zu holen ist, zumindest aus warntechnischer Perspektive. Der Wind, der
noch weht, kommt weiterhin aus östlichen Richtungen, was die Advektion trockener
Kontinentalluft aufrecht hält (Taupunkte häufig negativ). Lediglich dort, wo der
Wind von der See her weht, sind die Taupunkte etwas höher (teils über +5°C, aber
kaum über +10°C), und auch ganz im Süden wird die Luft allmählich etwas
feuchter. Das könnte über dem Südschwarzwald sowie über den (Vor)Alpen für ein
paar gequälte Cumulanten reichen, mehr aber auch nicht. Im Norden ist die
Schichtung dafür zu stabil, dafür tauchen dort vor einem der o.e. KW-Tröge ein
paar Schleierwolken am Himmel auf.
Doch nicht zu viel der Würdigung für die Ausnahmen, grundsätzlich scheint auch
am Donnerstag wieder von morgens bis abends die Sonne von einem weitgehend
wolkenlosen Himmel. Bei 850-hPa-Temperaturen von 4 bis 9°C steigt die
2m-Temperatur verbreitet auf 19 bis 24°C, im Westen und Südwesten stellenweise
auf 25 oder 26°C. Auch hier gibt es natürlich Ausnahmen, Sie wissen schon,
Inseln und Küstenabschnitte mit auflandigem Wind…

Kommen wir zur Nacht auf Freitag, immerhin schon dem letzten dieses Monats. Zwar
zerbröselt der Bodenhochkeil etwas und auch die Höhenströmung auf der
Ost-Nordostflanke des nach wie vor westlich von uns präsenten Rückens wird etwas
zyklonaler, trotzdem, echter Tiefdruckeinfluss sieht anders aus. So breiten sich
die hohen und mittelhohen Wolken aus dem Norden gerade mal in Richtung Mitte
aus, was in den genannten Gebieten ein etwas anderes Himmelsbild zur Folge hat
als die Nächte zuvor. In Süddeutschland bleibt die Nacht gering bewölkt oder
klar, wobei nach wie vor Bodenfrostgefahr besteht.

Freitag … gelangt Deutschland zunehmend zwischen den o.e. Höhenrücken über
West- und einen breiten Trog über Nordosteuropa. Dabei baut sich über dem
Vorhersageraum eine leicht zyklonal konturierte nordwestliche Höhenströmung auf,
mit der kurzwellige Troganteile südostwärts gesteuert werden. Auch bodennah
nimmt die Szenerie zunehmend zyklonale Formen an, weil der Hochkeil als solcher
selbst mit Fantasie kaum noch auszumachen ist und wir in die Nähe eines
Bodentrogs gelangen, der sich ausgehend von einem Tief knapp nördlich des
Finnischen Meerbusens (12 UTC) südwestwärts erstreckt.
Nun wissen wir aus Erfahrung, dass nicht überall, wo zyklonal draufsteht, auch
zyklonal drin ist. Mit anderen Worten, es wird tendenziell zwar wolkiger als an
den Vortagen, trotzdem setzt sich auch immer wieder die Sonne durch. Und trocken
bleibt es für die meisten auch. Ob für alle, ist noch nicht ganz raus. Vor allem
GFS, ein ewig optimistischer Pionier auf dem Sektor „Konvektion“, simuliert für
das südliche Bayern und BW am Nachmittag nicht wenige Schauer und Gewitter. Wenn
da mal nicht wieder der schon lange bekannte positive Feuchtebias zuschlägt.
Wahrscheinlicher scheint ein Szenario, wonach Konvektion eher inneralpin
ausgelöst wird, ohne sich nachhaltig nach Norden auszubreiten. Wie auch immer,
die Hoffnung stirbt zuletzt, wir werden sehen.
Tatsache ist, dass temperaturmäßig im äußersten Norden mit auflebendem und auf
Nordwest drehenden Wind (in SH vielleicht sogar einzelne Böen 7 Bft) bei 14 bis
19°C Schluss ist, wohingegen sonst 20 bis 25°C, im Südwesten punktuell 26 oder
gar 27°C angepeilt werden.

So, doch etwas mehr geworden, als ursprünglich mal geplant, aber nun, was
sollŽs. Jetzt reichtŽs allerdings. Tschüss!

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modellunterschiede sind gering und liegen im handelsüblichen
Toleranzbereich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann