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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 13.04.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Nach Kaltfrontdurchgang erneut Hochdruckeinfluss. Kommende Nacht Frost, an den
Alpen etwas Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland in einer gepflegten und hochreichenden
nordwestlichen bis nördlichen Strömung, mit der auf ziemlich direktem Wege eine
Portion arktischer Polarluft in den Vorhersageraum gesteuert wird. In den
äußersten Süden ist die Kaltluft allerdings noch nicht vorgestoßen (T850 noch +2
bis +6°C). Bis Mitternacht sollte die Sache aber erledigt sein, wenn die
entsprechende Kaltfront die Alpen erreicht, wo sie sich bis morgen auflösen
wird. Rückseitig geht die Temperatur in 850 hPa verbreitet auf -5 bis -9°C
zurück, einzig im Südwesten bleibt die Luft mit -1 bis -5°C etwas moderater
temperiert.
Treibende Kräfte für den heutigen Luftmassenwechsel sind auf der einen Seite das
kräftige Tief TANJA über Finnland (um 990 hPa), wo es aktuell beginnt, sich
aufzufüllen. Auf der anderen Seite steht NIKOLAS, ein veritables Hoch mit
Zentrum über UK/Irland (etwas über 1030 hPa), der sehr gut mit TANJA
zusammenarbeitet. Beide werden übrigens von den entsprechenden Potenzialgebilden
in der Höhe ge- und unterstützt. Im Falle TANJA von einem Trog mit
abgeschlossenem Höhentief, der sich von Nordeuropa über das östliche
Mitteleuropa weit nach Süden ausgebildet hat und das auch immer noch tut. Im
Falle NIKOLAS von einem langgestreckten Höhenrücken, der vom Seegebiet westlich
der Azoren via Europäisches Nordmeer bis nach Spitzbergen reicht. Das Ergebnis
ist wie gesagt eine von Skandinavien bis nach Mitteleuropa reichende nördliche
Strömung, mit der eben nix anderes als Kaltluft zu uns gelangen kann.
Was nun die weitere Entwicklung angeht, wird NIKOLAS auf Kosten von TANJA mehr
und mehr das Heft des Handelns in die Hand nehmen, kurz, die einfließende
Polarluft gelangt in den nächsten Tagen rasch unter Hochdruckeinfluss. Dass das
nicht überall „Affenhochglanz“ zur Folge hat, wird später noch zur Sprache
kommen. Bereits jetzt lässt sich jedenfalls vielerorts Druckanstieg beobachten,
demzufolge sich ein vom Hochschwerpunkt bis zu den Alpen gerichteter Keil
ausbildet, der schlussendlich mitverantwortlich für das baldige Aus der
Kaltfront zeichnet. Zunächst aber darf sie noch ein bisschen von dem zeigen, was
sie so drauf hat: anfangs im Süden noch schauerartiger Regen, präfrontal letzte
Gewitter und in der Nacht mit Hilfe der Orografie an den Alpen etwas Schneefall
bis etwa 700/600 m runter. Viel Schnee wird es nicht geben, oberhalb rund 1000 m
vielleicht bis 5 cm, exponiert und selektiert maximal 10 cm. Das Zeitfenster ist
kurz, nur wenige Stunden wird es schneien, bevor der Spuk am Morgen schon wieder
vorbei ist.
Postfrontal entwickeln sich vor allem nach Osten hin, also dort, wo man dem
Höhentrog am nächsten und die Luftmasse am labilsten ist, ein paar wenige
Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer. Viel wird es aber nicht sein, was da
unten so ankommt. Zum einen ist die Luftmasse in der Grundschicht ziemlich
trocken (Taupunkte anfangs -5 bis -12°C!, später wieder höher), zum anderen
trocknet sie durch Absinken auch von oben mehr und mehr ab (PPW gerade mal rund
5 mm). Apropos Absinken, diesbezüglich ist man im Westen und Süden bereits
weiter als im Osten. So hat sich zwischen 800 und 900 hPa eine Inversion
etabliert, unter der in der Nacht von der Nordsee und den Niederlanden her
stratocumulusartige Bewölkung landeinwärts driftet und sich bis in den Westen
sowie Teile der Mitte ausbreitet. Vor allem im Nordwesten wird dadurch
vielerorts eine Abkühlung auf unter 0°C verhindert. In den Landesteilen
hingegen, wo es längere Zeit aufklart, geht die Temperatur häufig in den
leichten Frostbereich zurück, und mit Frost in Bodennähe muss ohnehin verbreitet
gerechnet werden.
Bliebe abschließend noch der Wind, der – aus Nordwest bis Nord kommend – im Zuge
allmählicher Gradientaufweichung sowie tagesgangbedingt am Abend im Binnenland
rasch einknickt. An der See hingegen bleibt er noch längere Zeit lebhaft
unterwegs mit Böen 7-8 Bft, Tendenz in der zweiten Nachthälfte von Westen her
(also Nordsee, westliche Ostsee) nachlassend.

Dienstag … erweitert NIKOLAS seinen Horizont dahingehend, dass er sich weiter
nach Südosten bis zum Balkan ausbreitet. An Ende des Tages steht eine schmale,
fast wurstförmige Hochdruckzone zu Buche, die von Irland via Germany bis nach
Albanien reicht und von einer 1025-hPa-Isobare umhüllt wird. Aber nicht nur
unten, auch in höheren Luftschichten nimmt der antizyklonale Einfluss zu. So
wird der knapp östlich von uns liegende Trog in kleinen Schritten nach Osten
abgeschoben. Gleichzeitig etabliert sich über UK/Irland ein eigenständiges
Höhenhoch, das sich allmählich in Richtung zentrales Mittelmeer ausweitet und
auch über dem Vorhersageraum das Potenzial ansteigen lässt.
Kurzum, die eingeflossene Polarluft kommt unter Hochdruckeinfluss zur Ruhe und
vornehmlich durch andauerndes Absinken steigt die Temperatur
niedertroposphärisch sukzessive an. Am Ende des Tages reicht die Spanne auf 850
hPa von -5°C im Bereich der Oder bis rund +4°C an der Grenze zu unseren
westlichen Nachbarn. Trotz dieser Erwärmung dürfte der Tag selbst von uns eher
als kühl wahrgenommen werden, zumal wir ja von den letzten Tagen anderes gewohnt
sind. So wird die Tageshöchsttemperatur in den meisten Regionen zwischen 7 und
12°C liegen, im Oberrheingraben z.T. etwas darüber, im mittleren und höheren
Bergland darunter.
Wettertechnisch wird morgen nicht allzu viel geboten, allerdings ist die
Wolkenverteilung nicht ganz gerecht. So dauert der Nachschub überwiegend
geschlossener, mit nur wenigen Lücken gespickter SC-Bewölkung von der Nordsee
an, was insbesondere dem Nordwesten zum Nachteil gereicht. Je näher die Wolken
dem Mittelgebirgsraum kommen, desto größer die Chancen für Auflockerungen oder
gar Aufheiterungen. Im großen Rest des Landes stellt sich überwiegend eine
Mischung aus Sonnenschein und sich im Tagesverlauf bildender, unterschiedlich
dichter Quellbewölkung ein (typisch für frische Kaltluft mit reichlich
Einstrahlung), die nicht höher als die etwa zwischen 850 und 750 hPa liegende
Absinkinversion kommen. Laut MOS gibt es die meisten Sonnenstunden im äußersten
Nordosten (Vorpommern) sowie im äußersten Südwesten (Südbaden).
Etwas Wind gibt es morgen auch, allerdings in den meisten Fällen mit angezogener
Handbremse. Nordöstlich der Divergenzachse des Hochkeils, also grob in der
Nordosthälfte, kommt der Wind aus Nordwesten, wobei zwischen Oderhaff und
Fischland-Darß sowie von Nordfriesland bis hinüber nach Fehmarn für einige
Stunden sogar eine kleine Windwarnung 7 Bft fällig werden dürfte. Sonst bleibt
die Luftbewegung unterhalb der Warnschwelle, im Süden und Westen aus Nord bis
Nordost.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nur wenig an der Druck- und
Potenzialkonstellation. Die niedertroposphärische Erwärmung kommt weiter voran,
zum Morgen findet man nur noch von Sachsen bis nach Oberfranken sowie im
östlichen Bayern leicht negative T850-Werte. Derweil treten im Westen die ersten
„+7er“ auf den Plan. Blenden lassen sollte man sich davon allerdings nicht,
läuft die Sache in der Grundschicht ganz anders ab. Ausstrahlung und damit
einhergehende Entkopplung der untersten Luftschichten sorgen in weiten Teilen
des Landes für einen Temperaturrückgang bis in den leichten, punktuell sogar in
den mäßigen (etwas unter -5°C) Frostbereich. Ausgenommen davon sind die meisten
Flussniederungen, diverse Hanglagen sowie größere Städte (innen) West- und
Südwestdeutschland. Weitgehend frostfrei bleibt es auch nördlich der
Divergenzachse etwa vom Emsland bis hinüber zur Oder und Neiße, wo der auf West
bis Südwest rückdrehende Wind nicht nur Antifrost-Aversionen hegt, sondern zudem
auch Wolkenfelder übers Land treibt, die eine stärkere Ausstrahlung verhindern,
aus denen andererseits aber auch kein Regen fällt. An der Ostsee, vorübergehend
auch an der nordfriesischen Küste wird der Wind sogar so lebhaft, dass er in
Böen Stärke 7 Bft, auf Rügen vielleicht sogar mal 8 Bft erreicht.

Mittwoch … weitet sich die vergleichsweise schmale, aber mitten über
Deutschland verlaufende Hochdruckzone noch etwas aus. Zum Mittagstermin
erstreckt sie sich vom Seegebiet knapp südwestlich Islands bis nach Trabzon bzw.
zum Bosporus. Der korrespondierende Höhenrücken reicht zur gleichen Zeit vom
zentralen Mittelmeer über weite Teile Mitteleuropas bis hinaus zum Ostatlantik.
Nördlich davon schwingt die Frontalzone ihre Hüften, ohne dabei aber
nennenswerten Einfluss auf unser Wetter zu nehmen. Einzig im äußersten Norden
und Nordosten induziert leichte, den Höhenrücken umlaufende WLA einige mal mehr,
mal weniger dichte Wolkenfelder, die aber noch Platz lassen für einige
Sonnenstunden.
Ansonsten scheint in Deutschland einmal mehr verbreitet die Sonne von einem
häufig leicht bewölkten (lockere Quellungen unterhalb von 900 hPa), teils sogar
wolkenlosen (äußerster Süden und Südwesten) Himmel. Obwohl der thermische
Aufschwung in 850 hPa weiter andauert (am Abend stehen verbreitet 6 bis 9°C auf
der Karte), dürfte die 20°C-Marke allenfalls im Südwesten, am ehesten im
Oberrheingraben angekratzt werden. Meist liegen die Tageshöchstwerte zwischen 12
und 19°C, wobei es im äußersten Norden am kühlsten bleibt. An Küsten- und
Inselabschnitten mit auflandigem Wind wird es sogar mit den tief angesetzten
12°C schwer, diese zu erreichen.
Der westliche Wind frischt im Norden und Nordosten soweit auf, dass es von der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste bis hinüber nach Vorpommern für steife
Böen 7 Bft, teils sogar stürmische Böen 8 Bft reicht.

In der Nacht zum Donnerstag schwächt sich die Hochdruckzone zwar geringfügig ab,
bleibt für unser Land aber wetterbestimmend. In der Konsequenz bedeutet das
einen gering bewölkten oder klaren Himmel, unter dem es nun aber nicht mehr ganz
so stark abkühlt wie in den Nächten zuvor. Mit anderen Worten, die Frostgefahr
(vor allem die in der Luft) nimmt ab, so dass sich negative Tiefstwerte im
Wesentlichen auf einige Senken und Täler im Süden und in der Mitte beschränken.
Mit Frost in Erdbodennähe muss hingegen weiterhin verbreitet gerechnet werden.
Derzeit noch unsicher ist das genaue Verhalten einer Kaltfront, die zu einem von
Mittelnorwegen via Bottenbusen gen Karelien ziehenden Tief gehört. Sie soll sich
von Norden her langsam dem Nordrand des Vorhersageraums nähern. Ob die (tiefe)
frontale Bewölkung schon auf SH und MV übergreift, wie von ICON und IFS (jeweils
von 00 UTC, aber Bestätigung durch ICON von 12 UTC) prognostiziert, muss
abgewartet werden. Fakt ist, dass es an der Ostsee windig bleibt mit Böen 7-8
Bft an der vorpommerschen Küste.

Donnerstag … präsentiert uns die großräumige Wetterkarte ein wunderschönes
Viererdruckfeld. Tiefdruckgebieten im finnisch-russischen Grenzbereich sowie
westlich der Iberischen Halbinsel stehen Hochs nordwestlich Irlands (NIKOLAS)
sowie über Südosteuropa gegenüber. Während das nördliche Pärchen versucht,
Kaltluft aus hohen Breiten nach Süden zu verfrachten, will das südliche Pärchen
genau das verhindern, indem es mit Warmluft aus südlichen Breiten dagegenhält.
Deutschland befindet sich inmitten der vier Druckgebilde im sogenannten
Sattelpunktbereich, der von schwachen Luftdruckgegensätzen geprägt ist. Die Zone
mit der stärksten Frontogenese liegt knapp nördlich des Vorhersageraums an der
o.e. Kaltfront, wo sich die thermischen Gegensätze (Baroklinität) immer mehr
verstärken.
Schlussendlich greift die Kaltfront am Donnerstag auf Norddeutschland über, wo
sie langsam aber sicher südwärts vorankommt. Da sie das auf antizyklonaler Spur
tut und auch nur wenig dynamische Unterstützung aus der Höhe erfährt, beschränkt
sich ihre Wetterwirksamkeit auf ein dichtes Wolkenband, aus dem aber so gut wie
kein Regen fällt. Weitaus imposanter als beim Wetter fällt das thermische Wirken
der Front aus. So sinkt die Temperatur in der postfrontal einfließenden
maritimen Polarluft bis zum Abend im äußersten Norden auf etwas unter den
Gefrierpunkt (in 850 hPa wohlbemerkt), während es gleichzeitig in der Mitte und
im Süden noch +7 bis +10°C sind. Und so verwundert es am Ende niemanden, dass
die 2m-Temperatur im Norden nur noch auf 12 bis 17°C hochgeht, mit Winddrehung
auf Nordwest an einigen Küstenabschnitten auch noch darunter. Im großen Rest des
Landes hingegen erwärmt sich die Luft auf 18 bis 24°C.
Wettermäßig scheint abseits der frontalen Bewölkung im Norden häufig die Sonne.
Allerdings zeichnet sich im Südwesten eine allmähliche Feuchtezunahme bei
gleichzeitiger Labilisierung der Luftmasse ab, was nicht nur die Wolkenbildung
im Laufe des Tages fördert, sondern auch die Schauerwahrscheinlichkeit etwas
ansteigen lässt.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen ziehen die Modelle an einem Strang. Hinsichtlich des
Übergriffs der Kaltfront am kommenden Donnerstag bleibt ICON das progressivste
Modell.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann