S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 13.04.2020 um 10.30 UTC

Großwetterlage: HNa/HNFa
Im Nordosten eher kühl und trocken, im Süden und Südwesten eher mild und etwas
feuchter bei zum Wochenende leicht zunehmender Gewittergefahr.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 20.04.2020

Gleich zwei schlechte Nachrichten für die aufblühende Natur als „Key Messages“
vorweg:
(1) Nicht nur die Kurz- sondern auch die Mittelfrist bleibt von antizyklonalem
Wettergeschehen dominiert. Die wenigen Niederschläge treten lediglich regional
(am ehesten im Süden und Südwesten) auf, was vielerorts eine Verschärfung der
Trockenheit bedeutet!
(2) Ein bisschen Spannung ist im Hinblick auf die Temperaturentwicklung geboten.
Zwischen Südwest und Nordost bauen sich über Mitteleuropa im Laufe der Woche
vermutlich größere Temperaturgegensätze auf. Die Lage der Luftmassengrenze ist
dabei unklar. Allerdings schlägt das Pendel der Mittelfrist-Modellwelt für das
kommende Wochenende jüngst immer mehr Richtung „kühl“ aus, zumindest im
Nordosten – mit dann entsprechend wieder zunehmender Nachtfrostgefahr!

Die mittelfristige Wetterentwicklung wird maßgeblich durch ein Blocking der
Marke „High-over-Low“ über dem nahen Nordostatlantik und Westeuropa geprägt. Die
beiden Verantwortlichen sind ein hochreichendes Cut-Off, das am Donnerstag mit
Kern knapp westlich vom Kap Finisterre liegt, und ein sich nördlich Richtung
Grönland aufwölbender Rücken. Das mit dem Rücken korrelierende Hoch mit
Schwerpunkt über dem Seegebiet südlich Island richtet einen Keil zur Nordsee und
Nordwestdeutschland. Strom ab des Blockings stößt ein Trog von der Grönlandsee
über Skandinavien nach Osteuropa vor, welcher am Boden mit einem umfangreichen
Sturmtiefkomplex mit Zentren über Nordwestrussland und Karelien korreliert.
Südlich davon hält ein Rücken dagegen, der sich von Nordafrika ins zentrale
Mittelmeer erstreckt und sich dort in zwei Äste Richtung Frankeich und Balkan
aufteilt. Die Druckkonstellation kann als „Viererdruckfeld“ interpretiert
werden, wobei sich der Sattelpunkt über Mitteleuropa befindet. Über Deutschland
können sich in der Folge veritable Temperaturgegensätze aufbauen: Während der
Norden und Nordosten in eine nördliche Strömung in den Zustrom polarer
Meeresluft gelangt, verbleibt der Süden und Südwesten in subtropischen
Luftmassen (T850 zwischen 0 Grad in Vorpommern und 10 Grad ganz im Südwesten und
Süden).

Am Freitag erweist sich die Strömungskonfiguration als leicht progressiv. Das
Cut-Off verlagert sich in Richtung Keltischer See und richtet einen
langgestreckten Trog zu den Kanaren. Das blockierende Hoch wandert ins Nordmeer,
die Achse des nach Südosten gerichteten Keils liegt nun über Nord- und
Nordostdeutschland. Während der Höhentrog über Nordwestrussland abtropft und
sich dort einnistet, schwenkt der westliche Ast des von Nordafrika ausgehenden
Rückens nach Benelux und zur Nordsee. Deutschland verbleibt im Bereich des
Sattelpunktes der Viererdruck-Konstellation, wobei sich die Temperaturgegensätze
zwischen Südwest und Nordost noch etwas verschärfen (T850 zwischen -2 und +11
Grad).

Am Samstag bleibt die Zirkulation durch eine nun eigenständige Höhenantizyklone
über dem nördlichen Nordmeer blockiert. Flankiert wird sie von dem
nordwestrussischen Tiefkomplex und von einer neuen Austrogung über dem
Nordatlantik, die den Nordteil des ehemaligen Cut-Offs integriert und als
Randtrog Richtung Britischer Inseln und Biskaya steuert, während der Südteils
nach Marokko abtropft. Der von Nordafrika zum zentralen Mittelmeer gerichtete
Rücken schwenkt mit seiner Achse nach Deutschland. Das Temperaturgefälle
zwischen Südwest und Nordost bleibt erhalten, wobei die wärmere Luftmasse wieder
ein Stück Boden nach Nordosten gut macht.

Die Luftmassengrenze erweist sich im antizyklonalen Umfeld als meist
wetterinaktiv (von Wolkenfeldern abgesehen). Am ehesten am Samstag könnte es
diagonal über Deutschland zu etwas Regen kommen, da frontale Prozesse zunehmend
durch WLA unterstützt werden. Im Süden und Südwesten beginnt die Luftmasse im
Verlauf langsam zu labilisieren, infolgedessen Schauer und einzelne Gewitter
(vielleicht mit lokalem Starkregen) auftreten können. Weiter nordöstlich, auf
der kalten Seite der Luftmassengrenze, trocknet die Luft dagegen weiter ab,
sodass jeglicher Niederschlag ausbleiben dürfte. Dort wird in der trocken-kühlen
Luftmasse dafür der Nachtfrost (zumindest in Bodennähe) wieder auf dem Plan
gerufen. Ansonsten steht (von teils starken Böen am Donnerstag und Freitag im
Ostseeumfeld) wahrscheinlich nichts warnwürdiges auf der Agenda.

Ob ab Sonntag (wie vom dem neusten IFS-Lauf simuliert) kurzwellige Troganteile
beginnen, die blockierende Antizyklone über dem nördlichen Nordmeer zu
unterlaufen und von Westen auf Deutschland überzugreifen, ist unsicher. Dann
würden verbreiteter schauerartige, mitunter kräftige und gewittrige Regenfälle
die Südhälfte Deutschlands erfassen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Hinblick auf die großräumigen Strukturen rechnet das IFS über weite Strecken
der Mittelfrist erstaunlich konsistent. Da sich Deutschland aber ausgerechnet im
Bereich einer markanten Luftmassengrenze befindet, sorgen kleinste Veränderungen
der Strömungskonfiguration zwischen den vergangenen Modellläufen für
prognoserelevante Unterschiede, insbesondere im Hinblick auf die
Temperaturverteilung. In erster Näherung ergibt sich für die Nordosthälfte einen
Hang zu trocken-kühler, in der Südwesthälfte zu etwas feuchterer und milder
Witterung mit zum Wochenende leicht zunehmender Schauer- und Gewitterneigung.
Größere Unterschiede zeigen sich ab Sonntag. Im Gegensatz zum neuen IFS-Lauf
rechneten die Vorgänger das blockierende Hoch etwas südlicher (Skandinavien
statt nördlichem Nordmeer), sodass dieser nicht oder nur in abgeschwächter Form
von kurzwelligen Trögen unterlaufen werden konnte.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bei ICON ist das Blocking sichtbar nach Westen verschoben. Entsprechend liegt
die Luftmassengrenze weiter im Südwesten. Zumindest nach ICON kämen weite Teile
Deutschlands bis zum Wochenende in den „Genuss“ der trocken-kühlen Luftmasse.
GFS spielt den „Vermittler“ und stellt gewissermaßen eine Zwischenlösung dar.
Ab Sonntag simulieren GFS und ICON in etwa das, was von den gestrigen IFS-Läufen
angedacht wurde, nämlich ein kräftiges blockierendes Hoch über
Nordmeer/Skandinavien und Deutschland überwiegend im Zustrom eher kühler,
trockener Kontinentalluft.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im IFS-EPS spiegelt sich die Problematik durch die Lage der Luftmassengrenze
wieder. In den Rauchfahnen der 850-hPa-Temperatur verlaufen im Südwesten und
Nordosten bis einschließlich des kommenden Wochenendes recht eng. Während sie
sich im Südwesten auf einem Plateau (um +10 Grad Celsius) befinden, stürzen sie
im Nordosten schon am Donnerstag ab und befinden sich nachfolgend in einem Tal
(um -2 Grad Celsius). In den Regionen dazwischen weiten sich die Rauchfahnen
insbesondere am Freitag schon deutlich auf.
Zunehmende Niederschlagssignale sind im Süden und Südwesten ab Freitag,
insbesondere am Wochenende erkennbar, nehmen nach Nordosten dann aber rasch ab,
um ganz um Nordosten quasi zu verschwinden.

Ab Sonntag nimmt der Spread allgemein zu, wobei der der deterministische
IFS-Lauf ganz gut in den Schwerpunkt der EPS-Temperaturverteilung eingebettet
ist. Dieser deutet im Südwesten einen allmählichen Temperaturrückgang an, im
Nordosten dagegen kaum Veränderungen, dafür dort bei insgesamt etwas zunehmenden
Niederschlagssignalen.

Der Zeitraum +72-96h wartet mit der maximalen Anzahl von 6 Clustern auf, die
alle der Klasse „Atlantic Ridge“ angehören und durchweg das Viererdruckmuster
(tiefes Geopotenzial westlich Iberische Halbinsel und Nordwestrussland, hohes
Geopotenzial südlich Island und zentrales Mittelmeer) rechnen.
Im Zeitraum +120-168h schrumpft das EPS auf 2 Cluster, die beide eine
Transformation zu „Blocking“ vollziehen. Bei C2 (25/51, inkl. det. Lauf) wird
das Blocking über dem nördlichen Nordmeer simuliert, sodass kurzwellige Tröge
von Westen Deutschland auf die Pelle rücken können. Bei C1 (26/51) setzt das
Blockling südlicher an und ist kräftiger, sodass es der zyklonale Einfluss von
Westen schwerer hat.

FAZIT: Großräumig betrachtet ist die Sache bis Samstag klar. Wo genau die
Luftmassengrenze liegt, kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden. Der
eher trocken-kühle Nordosten scheint aber ähnlich wahrscheinlich zu sein wie der
etwas feuchtere und deutlich mildere Südwesten.
Die Entwicklung ab Sonntag, insbesondere im Hinblick auf die Fragestellung
„Tiefdruckeinfluss von Westen oder doch trockenes, von Kontinentalluft geprägtes
Hochdruckwetter“ ist offen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Wetterlage lässt kaum Spielraum für markante Wettererscheinungen. Nicht ganz
von der Hand zu weisen ist ein leicht zunehmendes GEWITTERrisiko ab Freitag im
Süden und Südwesten, wenngleich STARKREGEN durch den doch noch recht limitierten
Feuchtegehalt der Luftmasse allenfalls ganz lokal und mit eher geringer
Wahrscheinlichkeit anzutreffen sein dürfte.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det., -EPS und -MIX.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser